Literatur-Empfehlungen: Halluzinogene im Aztekenreich

HannaT

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Ich konnte im Netz nur vage Informationen zum Thema Halluzinogene im Aztekenreich und allgemein in vor-kolonialen Kulturen Lateinamerikas finden, obwohl diese in selbigen Quellen als wichtiger Bestandteil von Ritualen bezeichnet werden. Literaturquellen zu dem Thema Kultur der Azteken gibt es wie Sand am Meer und daher suche ich Literaturquellen, die genauer auf diese Rituale eingehen. Vielen Dank schon mal für jede Antwort.
 
Verschiedene Datura-(Stechapfel)-Arten wurden von verschiedenen Ethnien der Wüstengebiete verwendet. Eine kurze Anmerkung, leider nicht mehr, findest du bei Alfredo López Austin und Leonardo López Luján in Mexico's Indigenous Past. Oklahoma 2001, spanisches Original México 1996.
 
vielleicht die Lehren des Don Juan?

Da steht aber nichts über den Gebrauch von Halluzinogenen bei den Azteken drin, und die Drogenerlebnisse die der Autor unter Anleitung und Begleitung des Curanderos Don Juan sind wohl eher literarische Fiktion, als brauchbarer "Reiseführer" für halluzinogene Trips. Die Berichte über Peryote- Kaktus und Yerba ganz offensichtlich ein Datura-Gerwächs erscheinen noch einigermaßen authentisch, aber Psilos zu rauchen ist reichlich abstrus.


Wer nach Mexiko fährt, nur um sich so einen Mist wie Peyote und Datura einzupfeifen hat für mich nicht mehr alle Latten am Zaun. In freier Wildbahn ist der Peyote übrigens sehr selten geworden, weil sich alle möglichen Gringos, die auf den Spuren von Castaneda wandelten, darüber hergemacht haben. Die Native American Church darf Peyote legal nehmen, und Meskalin ist durchaus ein stark wirkendes, aber kein starkes Halluzinogen. Die Menge, die ein gesunder Erwachsener für einen Trip braucht, von 300-500 mg aufwärts, könnte mit LSD eine Großstadt, mit Psilocybin einen keinen Betriebsausflug auf die Reise schicken. Mit anderen Worten, man muss eine Menge Peyote oder San Pedro Katkeen in sich reinschaufeln, um überhaupt etwas zu merken. Ich bin ja, auf dem Gebiet sehr experimentierfreudig und liberal, aber so etwas ekelhaftes habe ich nie wieder kennengelernt.
Burroughs schreibt in Junkie, dass ein Amerikaner, der von Opiaten abgeturnt hat, in Mexiko ungeheure Mengen an Peyotebuttons futterte und am Ende starb mit Symptomen die der Kinderlähmung ähnlich war. Datura ist durchaus eine starke Droge, aber auch sehr toxisch, im Nu ist ein Überdoosierung erreicht, die zwar nicht tödlich, aber enorm unangenehm ist. Mundtrockenheit, Weitsichtigkeit und Lichtempfindlichkeit, weil sich die Pupillen nicht zusammenziehen sind die dominierenden Wirkungen. Wirkstoffe sind Scopolamin und Atropin, die in der (Augen)Medizin verwendet werden, also die gleichen wie bei manchen Hexensalben. Im Umgang mit Nachtschattengewächsen ist äußerste Vorsicht empfohlen. Zur Nachahmung ist nicht zu raten! In richtiger Dosierung kann aber Scopolamin oder Atropin Krämpfe lindern, als Rauschdroge zu hedonistischen Zwecken kann man nur dringend abraten.

Der Bericht von Gordon Wasson, der im Hochland von Oaxaca den Pilzkult wiederentdeckte ist weitaus authentischer, als Carlos Castaneda. Die einzige europäische Quelle über Halluzinogene ist der Franziskaner Bernardino de Sahagun, der über den Gebrauch von Peyote und von Teonanacatl (Nahuatl Fleisch der Götter=Psilos.) berichtet. Dass es diese "Magic Mushrooms" tatsächlich gab, hielten viele Ethnobotaniker für Mumpitz, bis Wasson sie wiederentdeckte und Albert Hofmann der Vater des LSD Psilocybin und Psilocyn daraus isolierte. Psilosybin ist wohl von allen Halluzinogenen das mit den wenigsten Nebenwirkungen und am angenehmsten. Starke Dosen halten genauso lange an, wie LSD oder Meskalin. wenn man lebendes Myzel hat, ist es relativ leicht, Psilocybe cubensis oder mexicana auf Roggen zu züchten, niederländische Headshops bieten fertige Zuchtsets an. In der Bundesrepublik ist es seit 1908 leider verboten.


Eventuell steht in Louis Lewin Phantastica etwas mehr. Der Volksverlag Linden gab 1980 einen Neudruck an. Ich kann miich an den Titel nicht erinnern, aber Christian Rätsch hat darüber Bücher geschrieben. Das Problem ist, dass man nicht viel darüber weiß, außer, dass im alten Mexiko folgende Halluzinogene verwendet wurden:

Psilos (Psilocybe mexicana, evtl. Psilocybe cubensis) mit den Wirkstoffen Psilocybin und Psilocyn, Ololuiqui, eine Windenart der Gattung Ipomea purpurea, evtl. Ipomea tricolor mit dem Wirkstoff Lysergsäureamid und Peyote (Lophophora williamsii) mit dem Wirkstoff Meskalin.
 
Die Berichte über Peryote- Kaktus und Yerba ganz offensichtlich ein Datura-Gerwächs erscheinen noch einigermaßen authentisch,
Argentinisch yerba (argentische Aussprache "scherba") von span. hierba ('Kraut', vgl. latein. herba, engl. herbs) bezeichnet das Gesöff, was wir als "Mate" bezeichnen, dabei ist die Mate eigentlich das Gefäß, aus der man die yerba trinkt. Mate (recipiente) - Wikipedia, la enciclopedia libre Man trinkt die Mate duch die bombilla, das ist eine Art Strohhalm mit einem Sieb unten dran, damit man keine Blätter oder Holzstückchen einsaugt. Bombilla ist im Übrigen auch die Glühbirne.
 
Da steht aber nichts über den Gebrauch von Halluzinogenen bei den Azteken drin
Das ist natürlich erst einmal völlig richtig, ich meins auch nicht unbedingt wörtlich; Don Carlos ist kein Azteke, sondern Yaqui, wobei für mich aztekisch eher ein politischer Begriff ist als ein kultureller, ich würd sagen mexikanisch täts für meine Zwecke eher treffen, und ich hab mir auch bei der Lektüre Castanedas des öfteren gedacht dass er das nicht selbst erlebt sondern irgendwelche Geschichten vom Hörensagen spekulativ zusammengestoppelt hat, wenn man das entsprechend filtert kann man vielleicht die Grundlagen einer Religion die mit Hilfe von Drogen den Menschen entwickelt erkennen.
 
wobei für mich aztekisch eher ein politischer Begriff ist als ein kultureller, ich würd sagen mexikanisch täts für meine Zwecke eher treffen
Wobei México eigentlich von "Me:schika" als Eigenbezeichnung der Azteken kommt und bis zur Unabhängigkeit des Vizekönigreichs Nueva España von Spanien nur die Ciudad de México, also das aztekische Tenochtitlán bezeichnete und erst dann auf das ganze Bundesgebiet übertragen wurde. Sprach-Kulturell gehören die Azteken/Meschika zur uto-aztekischen Sprachfamilie, deren Verbreitungsgebiet sich von den Wüsten im Südwesten der USA bis in an den Rand der mesoamerikanischen Regenwälder verteilt (wobei Sprecher anderer Sprachfamilien ebenfalls in diese Gebiete vordrangen, so gehört z.B. das Apache und Navajo zur athanapaskischen Sprachfamilie, welche eigentlich in Westkanada ihren Ursprung hat - die Hopi dagegen, deren Reservat aber von Navajo-Reservationen umgeben ist, gehören zur utoaztekischen Sprachfamilie, ebenso, wie die Paiute in Nevada; die Chumash (Kalifornien) scheinen eine isolierte Sprache zu sprechen.
Ich schreibe auf die Sprachfamilien reduziert, weil ich von den indianischen Kulturen zu wenig Ahnung habe, als dass ich über kulturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede irgendwelche belastbaren Aussagen machen könnte. Wenn man die zentralmexikanischen Ethnien zusammenfassen möchte, dann sagt man wohl am besten Nahua.
 
Hier zwar keine Literaturquelle und auch nicht Azteken sondern
allgemein in vor-kolonialen Kulturen Lateinamerikas
Vor einigen Jahren geisterte eine Meldung durch die Presse, dass Kinder im Inkareich bis zu einem Jahr vor ihrer Opferung mit Alkohol und Koka (ok, auch nicht wirklich halluzinogen) darauf vorbereitet wurden. Ich kann nicht beurteilen, inwiefern die für mich teilweise sehr reißerisch wirkenden Meldungen so zutreffend sind.
 
Ich will ja nicht unken, aber ich halte die Chancen wirklich fundierte Informationen über den Gebrauch von Halluzinogenen im alten Mexiko zu finden für ziemlich gering. Dass Halluzinogene wie Pilze der Gattung Psilocybe, Peyote, Ololuiquim vielleicht auch Ayahuasca (Banesteriopis Caapi) den mexikanischen Kulturen bekannt waren halte es zwar für sehr wahrscheinlich, und es erscheint plausibel, dass die mexikanischen Kulturen möglicherweise sie im Rahmen von a) religisiösen Riten, b) als eine Art Initiationsritual, c) einfach aus hedonistischen Gründen, d) aus einer Mischung dieser Motive heraus solche Substanzen genommen haben. Aber das sind eben auch Dinge, die im Verborgenen blühen, über die man nicht mit Menschen spricht, die kein Verständnis dafür haben, die man nicht einfach irgendjemandem fremdem erzählt. die meisten dieser Substanzen sind auch nicht so ohne weiteres in beliebiger Menge produzierbar, mit Ausnahme von Psilos, die lassen sich, wenn man weiß wie es geht und wenn, ja wenn man lebendes Myzel hat, relativ leicht züchten. Hat man keins, muss man sie sammeln. Halluzinogene Pilze wachsen auch in Mitteleuropa, und viele wissen nicht, dass der heimische spitzkegelige Kahlkopf sehr potent ist. Der lässt sich aber nicht züchten wie p. cubensis oder p. mexicana. P. cyanescens, p. azurescens, und p. bohemica wachsen gut auf Holz Hat man zufällig Myzel und Pappe oder Rindenmulch, könnte man sie bei günstigem Klima im Freilandbau kultivieren und sie kommen immer wieder. Dazu braucht es fast professionelle Pilzzuchtkenntnisse.
Manche Indianerstämme suchen Peyote, als würden sie auf die Jagd gehen. Ich habe mal gelesen, dass in Mexiko manche Indianer den Hirsch als Symbol für Peyote abbilden. Es gibt Kannen, mit Hirschmotiven, die stilisierte Peyotebuttons im Maul tragen. Es gab vor etlichen Jahren mal eine ziemlich teure Buchreihe "Rausch und Realität" das wurde Anfang der 1980 er Jahre anlässlich einer Ausstellung im Rautenstrauch Jost Museum herausgegeben und findet sich oft in Bibliotheken in ethologischen oder volkskundlichen Seminaren. Christian Rätsch hat viel dazu veröffentlicht, und der versteht auch etwas von der Materie. In den USA hab ich mal so einen schmalen Band unter Pseudonym Oss/Oric über Pilzzucht gelesen. Die Jungs die das geschrieben haben wussten zwar, wovon sie reden, haben aber zuviel genascht und die These vertreten, dass Außerirdische den Pilzkult gebracht haben.

Also wer sich auf dem Gebiet auf die Suche begibt, der findet auch irgendetwas- aber die Schlussfolgerungen sind eben mehr oder weniger spekulativ. Man weiß nur dass, aber wie und weshalb, man weiß es nicht.
 
In freier Wildbahn ist der Peyote übrigens sehr selten geworden, weil sich alle möglichen Gringos, die auf den Spuren von Castaneda wandelten, darüber hergemacht haben.

Im Norden von Chile gibt es aber noch jede Menge davon. Aussterben wird der Kakturs also nicht - wenn es trocken genug ist, wächst der von alleine.
 
Im Norden von Chile gibt es aber noch jede Menge davon. Aussterben wird der Kakturs also nicht - wenn es trocken genug ist, wächst der von alleine.

In Holland verkaufen sie ihn in Coffeeshops. so wirklich hat sich Peyote aber nicht durchgesetzt. In den 1970ern war das Interesse größer, und die native american Church hatte wohl tatsächlich Schwierigkeiten, genug Peyote für Rituale zu bekommen. In Südamerika gibt es noch den San Pedro Kaktus, der viel größer wird. Bevor sich herumgesprochen hat, dass der auch Meskalin enthält, wurde er viel zum veredeln verwendet. Manche Kakteenliebhaber propfen Peyote auf San Pedro auf. der Kaktus enthält dann weitaus mehr Meskalin, als der San Pedro und wächst deutlich stärker, als der Peyote.
 
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