(Römische) Keramikscherbe datieren

romanus00I

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Hallo zusammen!

Ein Bekannter hat vor kurzem im Griechenlandurlaub auf Amorgos auf dem Gelände des antiken Minoa (heute Katapola) einem Scherbenhaufen ein Stück Keramik entnommen und mir mitgebracht (wohlgemerkt ohne dass ich ihn darum gebeten hätte; Keramik entspricht nicht meinem Interessenschwerpunkt und ich finde es etwas kritisch, etwas aus antiken Fundorten "einfach so" zu enthnehmen). Er trat daraufhin mit der Frage an mich heran, wie alt das Bruchstück denn sei.

Eine Kommilitonin, die ich kontaktiert habe, versicherte mir, das Stück könne antik sein (obwohl ich auch eine neuzeitliche Herkunft in Betracht gezogen habe). Da der Hafen von Minoa in römischer Zeit eine gewisse Bedeutung erlangte, habe ich einmal vermutet, dass es sich um ein Artefakt aus römischer zeit handeln könnte. Meine Versuche das Stück genauer zu datieren sind jedoch gescheitert. Zwar habe ich schon einmal getöpfert, doch ich studiere Geschichte (und nicht Archäologie), und antike Keramik ist für mich ein Buch mit Sieben Siegeln.

Deshalb wollte ich euch einmal fragen, ob ihr das Stück eher für neuzeitlich oder eher für antik haltet, und ob es vielleicht möglich wäre, den Zeitraum der Entstehung näher zu bestimmen.

Bilder von der Scherbe findet ihr im Anhang.

PS: Vielleicht passt das Thema besser in "Archäologie" (obwohl dies sicher für eine Scherbe zu hoch gegriffen ist). In diesem Fall bitte ich die Moderatoren, das Thema zu verschieben.
 

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@romanus00I

„und ob es vielleicht möglich wäre, den Zeitraum der Entstehung näher zu bestimmen.“

Du nimmst den Scherben, bürstest ihn kräftig ab; danach mit Handschuhen der Medizintechnik ergreifen und mit getrockneter Pressluft abblasen.

Sodann legt Du das Teil auf eine sehr präzise Waage, die Du mit einem sauberen Sandkorn kalibrierst.

Das Gewicht notieren.
Dann brauchst Du einen sauberen Ofen. In den legst Du das Teil rein und gehst eine Zeit lang deutlich über 100 °C. Das in den Kapillaren eingelagerte Wasser wird so ausgetrieben.
Dann weiter auf 500°C um auch das chemisch gebundene Wasser zu entfernen.

Nach der Abkühlung wiegst Du nach gleicher Sorgfalt erneut und stellst eine Differenz fest.

Jetzt musst Du nur noch die Luftfeuchtigkeit in einem zu berücksichtigenden Rahmen konstant halten und das Ding über einen machbaren Zeitraum fortlaufend wiegen, um zu sehen mit welcher Geschwindigkeit dieses Wasser absorbiert.

Das funktioniert deshalb in menschlich kurzer Zeit, weil sich das Wasser nur proportional der 4. Wurzel dieser einlagert.
Datierung von Tonkeramik und die mögliche Nutzung als Klimaarchiv

Eigentlich ganz einfach …:D:D

Allerdings solltest Du darauf achten, dass die Scherbe nach ihrer Enstehung nicht von einer Fliegerbombe getroffen wurde:
„Problematisch für die neue "Rehydroxylationsdatierung" ist, dass sie anfällig für eine besondere Form von Verunreinigung ist: Für einen der untersuchten historischen Lehmziegel ergab sie ein Alter von 60 Jahren – er stammt aus einem Gebäude, das im Zweiten Weltkrieg von einer Fliegerbombe getroffenen wurde. Die Hitze des Feuers hatte die "innere Uhr" auf Null gesetzt.“
https://www.spektrum.de/news/neue-methode-macht-keramik-datierbar/995780

Es gibt auch andere Methoden ..
- Thermolumineszenzdatierung.
Das geht so: Wenn das frisch gebrannte Keramikstück herumliegt, dann ist es der natürlichen Radioaktivität ausgesetzt. Diese hebt Elektronen der beinhalteten Elemente auf höhere Energieniveaus die in gewisser Weise eingefroren sind. Wenn Du dann die Probe richtig heiß machst, fallen die Elektronen auf das ursprüngliche Level* zurück, ebenso wie beim Brennen der Keramik. Die Uhr wird wieder auf Null gesetzt

Daraus erkennen wir dann das Alter, (falls die Probe nicht aus Chernobyl oder dem Bikini Atoll stammt).
Auch hier ist, wie bei der anderen Uhr, das „Nullen“ derselben entscheidend.
http://www.geomorph.uni-bayreuth.de/de/ressourcen/Lumineszenz/Wagner_etal_03.pdf - PDF-Seite 3, Grafik.

Dann gibt es noch die: https://www.spektrum.de/lexikon/geowissenschaften/optisch-stimulierte-lumineszenz-datierung/11624
Da dürfte das vorher empfohlene kräftige Abbürsten der Oberfläche eher schädlich sein..

Also es gibt schon Methoden.
Man könnte wenigstens feststellen ob die Scherben des Fundortes sehr neu oder sehr alt sind.
:)

* und geben dabei ein typisches Muster des Lichtspektrums ab.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe zwar selber von der Scherbendatierung keinen blassen, aber m. W. kann man doch von einem größeren Stück, wie Du es ja eingestellt hast, auf die ganze Keramik schließen. Da sich verschiedene Keramikstile im Laufe der Zeit abgewechselt haben, dürfte man dieses Stück doch einigermaßen datieren können.

Falls sich hier keiner das zutraut, könntest Du Dich vielleicht an das Römisch-Germanische Museum in Köln oder an die Gegenstück in Trier oder Mainz wenden.
 
Ich habe zwar selber von der Scherbendatierung keinen blassen, aber m. W. kann man doch von einem größeren Stück, wie Du es ja eingestellt hast, auf die ganze Keramik schließen. Da sich verschiedene Keramikstile im Laufe der Zeit abgewechselt haben, dürfte man dieses Stück doch einigermaßen datieren können.

Genau, so dachte ich mir das. Aber leider weiß ich da auch nicht mehr als du. Vielleicht können da andere Foristen weiterhelfen?

Falls sich hier keiner das zutraut, könntest Du Dich vielleicht an das Römisch-Germanische Museum in Köln oder an die Gegenstück in Trier oder Mainz wenden.

Sollte ich denen einfach eine Mail schreiben mit den Fotos im Anhang? Oder was würdest Du tun?
 
Genau, so dachte ich mir das. Aber leider weiß ich da auch nicht mehr als du. Vielleicht können da andere Foristen weiterhelfen?



Sollte ich denen einfach eine Mail schreiben mit den Fotos im Anhang? Oder was würdest Du tun?

Das würd ich machen. Vermutlich hat @El Quijote mehr Ahnung, was das sein könnte oder wen man da am besten fragen könnte.
 
Ich bin ja auch kein Archäologe. Ich sehe nur, dass das Teil gleichmäßig und wohl oxidierend gebrannt ist. Außerdem denke ich, dass der Ton entweder mit organischem Material (Stroh z.B.) oder Muschelkalk gemagert wurde, weil von einer Magerung nichts zu sehen ist, aber kleine Löcherchen, die als Negative der Magerung zu deuten sind. Außerdem scheint es sich um Drehscheibenkeramik zu handeln. Ich denke vom kretischen Chalkolithikum bis zum 20. Jhdt. könnte es sich um fast alles handeln.
 
Guten Morgen,

@romanus00I

das lässt sich herausfinden. In der Antike wurde als Flussmittel Feldspat-Sand eingesetzt, während ab dem Frühmittelalter (6.-8. Jh.) mit Quarz-Sand gemagert wurde.

Zitat: " Der feldspatreiche Sand wurde in der römischen Zeit als Magerungsmittel der Keramik eingesetzt. Dies änderte sich im frühen Mittelalter. Statt Feldspat-Sand wurde dann quarzreicher Sand genutzt und bis ins hohe Mittelalter verwendet."

Quelle: Wenxing Xu - "CHARAKTERISIERUNG ANTIKER KERAMIK UND IHRER HERSTELLUNGSTECHNIKEN MIT MINERALOGISCHEN METHODEN AM BEISPIEL MAYENER GEBRAUCHSKERAMIK" (Mainz, 2012)

Nach dem Foto zu urteilen könnte es sich evtl. um eine Randscherbe einer großen einhenkeligen römischen Kanne mit abgedrehtem Rillendekor handeln. Als Vergleich - siehe Anhang.

Grüße
 

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    römische Kanne mit Rillendekor 3. Jh..jpg
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Guten Morgen,

@romanus00I

das lässt sich herausfinden. In der Antike wurde als Flussmittel Feldspat-Sand eingesetzt, während ab dem Frühmittelalter (6.-8. Jh.) mit Quarz-Sand gemagert wurde.

Zitat: " Der feldspatreiche Sand wurde in der römischen Zeit als Magerungsmittel der Keramik eingesetzt. Dies änderte sich im frühen Mittelalter. Statt Feldspat-Sand wurde dann quarzreicher Sand genutzt und bis ins hohe Mittelalter verwendet."

Quelle: Wenxing Xu - "CHARAKTERISIERUNG ANTIKER KERAMIK UND IHRER HERSTELLUNGSTECHNIKEN MIT MINERALOGISCHEN METHODEN AM BEISPIEL MAYENER GEBRAUCHSKERAMIK" (Mainz, 2012)

Nach dem Foto zu urteilen könnte es sich evtl. um eine Randscherbe einer großen einhenkeligen römischen Kanne mit abgedrehtem Rillendekor handeln. Als Vergleich - siehe Anhang.

Grüße

Danke für deine Recherche! Das hilft mir auf jeden Fall weiter.
 
Keramik entspricht nicht meinem Interessenschwerpunkt und ich finde es etwas kritisch, etwas aus antiken Fundorten "einfach so" zu enthnehmen).

Es ist nicht einfach nur etwas kritisch, es ist schlicht und ergreifend illegal und wird mit Recht von griechischer Seite geahndet. Insofern sollte dieser Pfad am besten geschlossen werden, ohne dir selbst per se böse Absichten unterstellen zu wollen.
 
Es ist nicht einfach nur etwas kritisch, es ist schlicht und ergreifend illegal und wird mit Recht von griechischer Seite geahndet. Insofern sollte dieser Pfad am besten geschlossen werden, ohne dir selbst per se böse Absichten unterstellen zu wollen.

Diese Bedenken habe ich natürlich auch, aber ich hoffe dass aus meinem Eingangspost hervorgeht dass ich die Scherbe nicht entfernt habe und erst im Nachhinein überhaupt von ihr erfahren habe; gleichzeitig wurde ich mit der Frage nach dem Alter konfrontiert, die mich ebenfalls neugierig machte.
 
das lässt sich herausfinden. In der Antike wurde als Flussmittel Feldspat-Sand eingesetzt, während ab dem Frühmittelalter (6.-8. Jh.) mit Quarz-Sand gemagert wurde.

Zitat: " Der feldspatreiche Sand wurde in der römischen Zeit als Magerungsmittel der Keramik eingesetzt. Dies änderte sich im frühen Mittelalter. Statt Feldspat-Sand wurde dann quarzreicher Sand genutzt und bis ins hohe Mittelalter verwendet."

Quelle: Wenxing Xu - "CHARAKTERISIERUNG ANTIKER KERAMIK UND IHRER HERSTELLUNGSTECHNIKEN MIT MINERALOGISCHEN METHODEN AM BEISPIEL MAYENER GEBRAUCHSKERAMIK" (Mainz, 2012)
Gemagert wurde mit dem, was vor Ort zu haben war. Was für Mayener Keramik galt, galt noch lange nicht für Keramik anderer Orte. Selten wurde das Mittel für Magerung weit gehandelt. Das galt vielleicht für Graphit, aber der ist hydrophob und war deshalb insbesondere für Kochtöpfe interessant, wobei bemerkenswert ist, dass wir Graphit als Magerungsmittel vom Neolithikum bis in die unmittelbar vorrömische Eisenzeit finden und dann erst wieder im Mittelalter. Wenn also in Mayen eine neue bzw. andere Sandgrube verwendet wurde, um Magerungssand zu gewinnen, dann hat das bestimmte Gründe, die in Mayen zu suchen sind (etwa Agotation der älteren Lagerstätte, neue Werkstatt mit neuer Tradition, Bevölkerungswechsel).
 
Gemagert wurde mit dem, was vor Ort zu haben war. Was für Mayener Keramik galt, galt noch lange nicht für Keramik anderer Orte.

Eben. So bezieht sich der von Hermundure verlinkte Beitrag -siehe Überschrift - nur auf Mayener Keramik.

Ansonsten wäre dieses Beispiel von der iberischen Halbinsel eine hübsche (Bracarenser) Mischung aus römischer Antike und Frühmittelalter, nämlich Feldspat und Quarzsand:
9DB75389-A534-42B9-B859-295059606486.jpeg


Quelle: Prudencio et. al., Raw Material Sources for the Roman Bracarense Ceramics
 
Wäre es nicht sinnvoll Deinen Freund zu fragen wo der Scherbenhaufen lag dem er das Teil entnommen hat? Wichtig für Datierungen sind doch auch Fundzusammenhänge und es gibt Grabungsberichte. Sicher ist es nicht richtig aus einem Ausgrabungsfeld Stücke mitzunehmen. Aber ich gehe nicht davon aus, dass er in eine laufende Grabung eingebrochen war und dort etwas mitgenommen hatte, sondern dass es sich hier um eine bereits abgeschlossene Grabunge gehandelt hatte. Wenn das Relikt archäologisch so hoch wertvoll gewesen wäre und nicht als Schutt betrachtet worden wäre, dann hätte man es wohl auch nicht auf dem Feld liegen lassen.
Da Du Dich bisher selbst nicht strafbar gemacht hast, wäre es der korrekteste Weg, wenn Du Dich mit den dortigen Stellen in Verbindung setzen würdest. Schlimmstenfalls könnten sie Dich auffordern die Scherbe zurück zu schicken. Aber die sicherste Auskunft bekommst Du dort und das ist der korrekteste Weg.
Wenn Du allerdings eine Sache behältst von der Du selbst ausgehst sie sei auf unlautere Weise an Dich geraten und gestohlen worden, dann wäre das die Unterstützung einer Straftat und könnte Dich selbst in Schwierigkeiten bringen. Schreibe die dortigen Archäologen an und Du wirst sehen, das sind meistens auch Menschen und Du lebst auf der sicheren Seite.
 
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