Arianische und katholische Bestattungsformen (Archäologie)

El Quijote

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Würde man anhand eines Grabes erkennen, ob der Bestattete - oder sagen wir mal diejenigen, die ihn Bestatteten - arianisch oder katholisch war/en?

Hintegrund der Frage: In einem spanischen Wikipedia-Artikel zur katalanischen Stadt Cambrils las ich folgende Passage:

El lugar del actual Cambrils vivió la misma suerte de Tarragona. En 476, tras la caída del Imperio Romano, Tarraco y todo su terriotorio fue ocupada por los visigodos y el rey Eurico. No existe evidencia de destrucción y al parecer la captura de la ciudad fue relativamente tranquila. Es probable que los visigodos se hicieran cargo de las estructuras de poder existentes imponiendo una clase superior delegada, posiblemente hispano-romanos en lugar de godos. La existencia de tumbas cristianas en este periodo parecen confirmarlo.
(Cambrils - Wikipedia, la enciclopedia libre )

Übersetzung: Cambrils erlebte dasselbe Schicksal wie Tarragona. 476, nach dem Fall des römischen Reichs, wurde Tarraco und sein ganzes Territorium (gemeint ist wohl die römische Provinz Tarraconense) von den Westgoten und ihrem König Eurich besetzt. Es scheint, als sei die Besatzung relativ ruhig vonstatten gegangen. Wahrscheinlich übernahmen die Westgoten die bereits existierenden Machtstrukturen und setzten (in der Verwaltung) eine höhere Klasse ein, wahrscheinlich Hispanorömer anstatt Goten. Die Exstenz christlicher Gräber in dieser Zeit scheint das zu bestätigen.

Wenn man arianische und katholische Gräber nicht voneinander unterscheiden kann, dann ist die Passage Quatsch. Bzw. selbst dann wäre sie Quatsch aber im Falle der Ununterscheidbarkeit geradezu zu 150 %.
 
Gab es nicht unter Theoderich in Italien das Verbot, kostspielige Grabbeigaben bei der Bestattung einzusetzen? (wenn auch um die Unsitte der Grabräuberei zu verringern) Allerdings betrifft das evtl eher noch synkretistische Traditionen als christliche, wobei es egal ist, ob arianisch oder nicht.
(eine Übersetzung wäre hilfreich)
 
Gab es nicht unter Theoderich in Italien das Verbot, kostspielige Grabbeigaben bei der Bestattung einzusetzen? (wenn auch um die Unsitte der Grabräuberei zu verringern) Allerdings betrifft das evtl eher noch synkretistische Traditionen als christliche, wobei es egal ist, ob arianisch oder nicht.
Das Verbot ist mir nicht bekannt (was nicht heißt, dass ich es in Abrede stellen wollte), aber interessant. Merowingische Reihengräberfelder sind ja voll von Tand - über den sich die Archäologen freuen, weil die ganzen Grabbeigaben u.a. die Datierung erleichtern. Die Merowinger waren im Übrigen (nach Chlodwigs Taufe) katholisch.
 
Allerdings macht der Artikel den Gegensatz christlich-heidnisch auf und nicht arianisch-katholisch. Etwas seltsam. Vielleicht lohnen dazu viele Gedanken gar nicht.

Dass die Franken noch Chlodwig katholisch waren, ist eine zu allgemeine Aussage. Da muss jede Gegend einzeln betrachtet werden. Ich erinnere nur an Bonifatius.

Bei der Zuordnung von Gräbern ist zudem eine gewisse Vorsicht angebracht. Da war Vieles eher Mode als Glaube und es müsste dann Hinweise geben, dass es in der Tarrconensis anders war als in Gallien und Italien.
 
schwer zu sagen, ob Waffen in den Gräbern hochrangiger Krieger (Warlords, "Offiziere" fränkischer, gotischer, burgundischer etc Truppen) von christianisierten Gentes einen paganen Traditionshintergrund haben, ich weiß es nicht. Gräber mit Waffen und weiteren Beigaben finden sich in merowingischen und gotischen Grablegen des 6.-8. Jhs., wobei sich wenn ich mich recht entsinne arianische und "katholische" eigentlich nicht unterscheiden. ...hm irgendwo (Katalog der Mannheimer Frankenausstellung?) hatte ich gelesen, dass beigabenlose Körperbestattungen des 5. Jhs. im Merowingerreich den "romanischen" Bevölkerungsteilen zugeordnet werden. Was mir noch durch den Kopf geht: die Westgoten kamen als Arianer nach Spanien, die Langobarden nach Italien, beide konvertierten irgendwann - an den Gräbern lässt sich das aber nicht ablesen.
 
In den Katalogen zur Varusschlachtausstellung wurden diese Zuordnungen jedenfalls heftig und überzeugend kritisiert.
 
Mir ist aus der intensiven Beschäftigung mit der wissenschaftlichen Literatur zum 'Arianismus' dieses Jahr auch nichts dergleichen bekannt. Siehe dekumatland.
 
Ich meine, dass im Rheinland nach der fränkischen Landnahme die fränkischen Gräber von denen der romanischen Bevölkerung noch unterscheidbar waren.

Ich habe hier noch etwas zu den Unterschieden gefunden: Germanen und Romanen im Merowingerreich


Ich weiß allerdings nicht, ob sich diese Unterschiede nur auf die Periode beziehen, bevor die Franken zum Christentum übergetreten sind. Die andere Frage wäre, ob es solche Unterschiede in der Begräbniskultur auch zwischen den Goten und den Romanen auf der iberischen Halbinsel gegeben hat.
 
Allerdings macht der Artikel den Gegensatz christlich-heidnisch auf und nicht arianisch-katholisch. Etwas seltsam. Vielleicht lohnen dazu viele Gedanken gar nicht.

Deshalb schrieb ich, dass die Passage im Falle der Ununterscheidbarkeit zu 150 % Quatsch sei. Eben weil sie neben der Ununterscheidbarkeit noch von völlig falschen Voraussetzungen ausginge. Ich befürchte fast, dass das der Fall ist.
 
Der spanische Wikipedia-Artikel zu Cambrils behauptet ja, dass eine friedliche Übernahme Cambrils durch die Westgoten und die Beibelassung der Verwaltung bzw. die Einsetzung örtlicher Magnaten daran ablesbar sei, dass man christliche Gräber gefunden habe.
- das geht von der falschen Vorstellung als Voraussetzung aus, dass die Westgoten heidnisch gewesen wären. Sie waren aber Christen, eben arianische und nicht katholische. Damit ist der Satz schon zu 100 % Quatsch.
- wenn sich zudem arianische und katholische Bestattungen nicht voneinander unterschieden, wäre der Satz zusätzlich fehlgeleitet.
- zudem könnten die westgotischen Bestattungsplätze auch anderswo gelegen haben (wobei ich schon häufiger mal etwas über westgotische Nekropolen in Spanien gelesen habe, aber mich nie damit auseiandergesetzt, ob das einfach nur eine Datierung ist oder auch eine "ethnische" Einordnung, ich bin da auch bisher nie tiefer eingestiegen)
 
Über arianische Gräber weiss ich leider nichts.
Es besteht kein direkter Zusammenhang, aber der Faden lässt Erinnerungen an meine Vorlesungen in byzantinischer Kunstgeschichte hochkommen. Da war mal von einem gewissen (ostgotischen) Baptisterium der Arianer (in Ravenna) die Rede. Das Gegenstück dazu ist das orthodoxe Baptisterium der Kathedrale, anhand dessen sich einige feine Unterschiede zwischen arianischer und römisch-orthodoxer Kunst des V. Jhd. vergleichen lassen. Z. B. ist das arianische Baptisterium schlichter: die Wände sind nicht bemalt. Die byzantinische Kunst geizt im Gegensatz dazu nicht an prunkvollen Dekorationen, vor allem in goldener Farbe (der Farbe des Paradieses), welche das Königreich hinter dem Himmel und die Herrlichkeit Christi symbolisieren.
Die Kuppel allerdings ist bemalt (sie zeigt die Taufe Jesu); wobei aber auffällig ist, dass der Heiland vollständig nackt abgebildet ist. Das ist ein wenig merkwürdig und unüblich. Auch wird Jesus bartlos abgebildet... auch das war damals (etwas weniger) unüblich.
Andererseits lässt sich auch im orthodoxen Pendant ein heidnischer Einfluss ausmachen, etwa in Form der Personifizierung des Flusses Jordan.
Kann jetzt nur vermuten, dass es möglicherweise ähnlich geartete Unterschiede in der Bestattungskultur von Orthodoxen und Arianern im westgotischen Spanien gibt.
Na ja... Ausser diesem mageren Einwurf habe ich aber nichts beizutragen...
 
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