Ethnogenese der Deutschen.

Rassisch grenzten sich die Germanen also nicht ab, sagst Du.

Na doch, genau das sage ich. Offenbar ist die Stelle wirklich unklar formuliert.
Ich meine, sowohl die Franken, als auch die Langobarden und Wandalen waren sich ihrer Andersartigkeit bewusst und betonten diese auch gegenüber den unterworfenen romaniserten Volkschaften.

(Dass sie dies aber taten, stellt keine welthistorische Ausnahme dar. Wie von Stilicho durchaus richtigerweise angedeutet, hat auch das zu Unrecht "imperial" genannte Japan im Zweiten WK eine solche Herrenrassenpolitik betrieben.)

Allerdings unterscheidet es die oben genannten germanischen Stämme von den (wahrhaftig) imperialen Römern, die es verstanden die gallische Göttin Sequana mit dem griechischen Apollon zu vermählen; sowohl die Götter des Tiber als auch die des Orontes in ihr Weltreich zu integrieren.

Warum wollten diese Germanen keine fremden Götter annehmen und sich nicht mit fremden Völkern vermischen? Weil sie Rassisten waren, im wahrsten Sinne des Wortes. Und die gesamte heidnische Welt der Antike, von Griechen über Kelten bis hin zu Juden, dachte ebenso wie die Germanen dass Religion immer auch eine rassische Ausdrucksform eines Volkes sei. Das hat Biturigos weiter oben bereits angedeutet:

Gesellschaft und (ethnische) Religion sind immer nur in engster Symbiose anzutreffen

So beruhte die Politik des europäischen Altertums im Wesentlichen auf rassisch-ethnischer Konfrontation.

Es bedurfte eines imperialen Synkretismus, nämlich der kosmopolitischen Vielfalt des spätrömischen Reiches, um diese engstirnige "identitäre" Provinzialität zu überwinden. Dieser römische Kosmopolitismus wurde anschliessend selbst transzendiert: nämlich durch die christliche Kirche, die ihn schliesslich zum Universalismus erhob. Tatsächlich hat die Kirche seit jeher den Kosmopolitismus aufgrund seines ungeordneten, chaotischen Charakters abgelehnt, ohne jedoch jemals in die Kleinlichkeit der provinziellen Partikularismen zurückzufallen.

Universalismus (gr. katholikos) ist ein dritter Weg: jenseits des rechtsidentitären Provinzialismus und des linksliberalen Kosmopolitismus. Universalismus bedeutet, allen Menschen eine Botschaft zu senden, die über soziale und ethnische Grenzen hinausgeht und für alle gleichermaßen verständlich bleibt. Der Universalismus leugnet keine Unterschiede; er hat den Anspruch, eine Art Triumphbogen der Menschheit zu sein. Weiss nicht ob das Bild jetzt klar nachvollziehbar ist. :D

Um auf deine argwöhnische Frage zurückzukommen, Biturigos: als Christ und Franzose reihe ich mich selbstverständlich in die keltisch-lateinische Tradition des römischen imperialen Universalismus ein. Dass es verschiedene Menschenrassen gibt, ist evident; dass es nur in einer multiethnischen, imperialen Nation wie Frankreich zur vollen Entfaltung der rassisch-ethnischen Partikularismen kommen kann, ist ebenso evident.

Insofern liegt mir nichts ferner, als die germanisch-heidnische Stammesideologie, die Deutschland, aber auch andere germanische Länder wie etwa England bis vor Kurzem beherrschte.

Ich halte es tatsächlich keineswegs für einen Zufall, dass sich dieser Gedanke im nur oberflächlich romanisierten Deutschland so lange und mit so grausigen Konsequenzen halten konnte: im NS kam wirklich noch der uralte germanische Stammes- und Rassengedanke zum Ausdruck.
Einem Franzosen erscheint die Stammesideologie suspekt: jedes Kind weiss hier, dass am Anfang unserer Geschichte zwei Völker stehen, Gallier und Römer (+ Franken). Das macht es den vermeintlichen Reinblütlern etwas schwerer als anderswo.

Andererseits darf man auch nicht vergessen, dass die mittelalterliche Weiterführung des römischen Universalismus nicht zuletzt auch den christlichen Germanen zu verdanken ist, wie man etwa an den herrlichen, katholisch-imperialen Liedern der Edda und eigentlich der gesamten Skaldendichtung sehen kann. In der nordischen Skaldenepik wurde ja das alte germanische Heidentum christlich transzendiert - ganz so, wie auch die lokalen Identitäten der unzähligen Völker des Imperium romanum innerhalb des Reiches zu einer imperialen Einheit verschmolzen.

Aber genug der Digression.
 
Ich danke dir, Biturigos, für die stimulierenden Perspektiven.
Allerdings möchte ich auf ein paar Schwachstellen zu sprechen kommen.

Während die Lex Salica vor allem im Rahmen ihres Wergeldkatalogs das Bild einer relativ homogenen Gesellschaft ohne adelige Spitze zeichnet

Das stimmt nicht. Aus der Lex salica geht ganz im Gegenteil das Bild einer heterogenen Gesellschaft, mit nicht nur einer, sondern gar zwei adeligen Oberschichten hervor!

Ein Beispiel unter vielen:

XLI. DE HOMICIDIIS INGENUORUM
1. Si quis ingenuum Francum aut barbarum qui lege salica vivit, occiderit, cui fuerit adprobatum, VIIIM dinarios, qui faciunt solidos CC, culpabilis judicetur.
2. Si vero eum in puteum aut sub aqua miserit, aut de rammis aut de quibuslibet rebus celaturus texerit, XXIVM dinarios, qui faciunt solidos DC, culpabilis judicetur.
[...]
7. Si vero Romanum tributarium occiderit, solidos LXIII culpabilis judicetur.


Hieraus geht hervor, dass klar unterschieden wird zwischen Franken (sowie ominösen »Barbaren, welche unter dem salischen Gesetze leben«) einerseits, und »Römern« andererseits. Die Strafe für den Mord eines Franken fällt zudem um einiges höher aus als die Strafe für den Mord eines tributären Römers.

An weiterer Stelle wird auch zwischen fränkischem und römischem Adel, sowie dem einfachen Volk und Sklaven, Priestern, usw. unterschieden. Der Mord an einem Sklaven kostete 35 Solidi; der Mord an einem fränkischen Adeligen 600 Solidi; an einem römischen Adeligen 300 Solidi; an einem Bischof 900 Solidi. (Ein Ochse kostete damals 2 Solidi und ein Pferd ungefähr 12 Solidi.)

Viele Elemente, die als Beleg für ein fränkisches Sakralkönigtum hergehalten haben, wie Abstammungslegenden, die langen Haare der reges criniti, - die Nutzung des Reisewagens entpuppt sich als Übernahme des cursus clabularis hoher römischer Provinzialbeamter - brachen als Beleg genuin germanisch-heidnischer Tradierungen weg.

Ganz unten der Siegelring Childerichs - zum Siegeln von lateinischen Verwaltungs- Dokumenten, in Latein die Aufschrift Childirici Regis, ohne jede ethnische Attributierung wie fränkischer oder germanischer König....

Becher sagt es doch selbst: [Die Franken] beherrschten ehemalige römische Provinzen, ehemalige römische Untertanen und standen in einem – angesichts der räumlichen Entfernung – regen Austausch mit den römischen Kaisern, selbst als diese nur noch im Osten residierten.

Somit ist es nur natürlich, dass sie römische Bräuche und insbesondere Herrschaftssymbole und -riten übernahmen oder adaptierten. Inwieweit die langen Haare oder der Reisewagen als exklusiv römisch einzustufen sind entzieht sich meinem Verständnis.
Die Taufe Chlodwigs zeigt doch schon zur Genüge, dass die Franken nicht nur (wie von den Vorrichtungen der Lex salica suggeriert) sich abzugrenzen verstanden, sondern durchaus auch fähig waren, sich an die römisch-imperialen Verhältnisse im Lande anzupassen.

Übrigens war das merowingische Königtum erblich; das steht völlig ausser Frage und wird hoffentlich auch von Herrn Becher nicht angezweifelt...
 
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Du hattest geschrieben
im NS kam wirklich noch der uralte germanische Stammes- und Rassengedanke zum Ausdruck.

Die Stämme gab es längst nicht mehr. Einige Stammesnamen sind teilweise in Namen von Territorialeinheiten (Herzogtümern) erhalten geblieben, hätten aber längst keine Bedeutung mehr im Sinne einer „Abstammungsgemeinschaft“. Das ist erst wieder im national bis nationalistischen Diskurs seit dem 19. Jhdt. Jahrhundert in anachronistischer Weise wieder aufgegriffen worden. Das hatte also keine Tradition, war eben nicht „uralt“.
 
Das mit den Homonymen solltest du, Witiko, mittlerweile doch mitbekommen haben. Jedenfalls nehme ich dir nicht ab, dass du das Schloss in der Tür nicht vom Schloss auf dem Berg unterscheiden kannst. Daher dürftest du auch wissen, dass niemand wissen kann, wie ein Cherusker seinen Stamm und die Germanen insgesamt sah, es aber auf jeden Fall anders war als deine Stammesgedanken.
 
Die Stämme gab es längst nicht mehr. Einige Stammesnamen sind teilweise in Namen von Territorialeinheiten (Herzogtümern) erhalten geblieben, hätten aber längst keine Bedeutung mehr im Sinne einer „Abstammungsgemeinschaft“.

Ich hab mich wohl wieder ungeschickt ausgedrückt, Verzeihung.

Was ich meinte war, dass nicht die Stämme an sich (Baiern, Sachsen, Thüringer, usw.) in ihrer antiken Form in Hitlerdeutschland wiederbelebt wurden. Ich meinte, dass der Stammesgedanke, also die sozialgeschichtliche, weitgehend unbewusste Erinnerung (auf einer kollektiv-psychokulturellen Bewusstseinsebene) an gewisse Klanstrukturen und -erlebnisse, stellenweise noch wach war in Deutschland. Das erkläre ich unter Anderem mit der unvollständigen bzw. fehlenden Romaniserung und dem fehlenden positiven Einfluss des römischen imperialen Schmelztiegels.

Du hast also recht: es gibt keine bewusste, politisch und historisch fassbare Kontinuität zwischen antiken Stammesstrukturen und der nationalistisch-völkischen "neugermanischen" Romantik. Aber dass es auch heute noch recht markante regionale Unterschiede zwischen deutschen Ländern (der Name ist da schon bezeichnend) gibt, weist doch auf eine Art "inoffizielle" Beständigkeit gewisser Vorstellungen hin.

Das schlägt sich zum Beispiel auch in den Staatsstrukturen nieder: das föderale Deutschland mit seiner doch sehr stammesartig anmutenden Gliederung ist somit ganz anders organisiert als das imperiale, zentralistische Spanien (oder Frankreich, oder Russland, etc.)

Diese "monoethnische", multi-provinzielle Komponente ist also aus meiner Sicht teilweise mitschuldig am anfänglichen Erfolg des Nationalsozialismus, der ja gerade an solche primären Stammes- und Klansinstinkte appellierte. In dem Sinne wäre statt "Drittes Reich" so etwas wie "Erste Stammeskonföderation" eine viel treffendere Bezeichnung gewesen.
 
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Welchen Beweis hast du denn, das sich germanisch sprechende Gentes in der Spätantike als zusammengehörig betrachteten?

In der Spätantike (ab etwa dem IV. Jhd.) hab ich keinen solchen Beweis. Da hatten sich die verschiedenen Germanenstämme bereits sprachlich und religiös zu sehr voneindander entfernt. Man kann sie höchstens aus heutiger Perspektive, also in historisch-linguistischer Hinsicht als Germanen betrachten. (Wobei wir zwischen Süd- und Nordgermanen unterscheiden müssen; ich denke schon dass Dänen und Norweger im IX. Jhd. sich als kulturell zusammengehörig ansahen.)

In der Antike jedoch, also etwa vom VI. Jhd. v. Chr. (Abgrenzung zur keltischen Latène) bis etwa ins IV. Jhd. unserer Zeit, müssen sich die Germanen aufgrund sehr ähnlicher Sprache, Bräuche und Religion als (kulturelle, nicht politische) Einheit begriffen haben. Dafür gibt es zahlreiche Hinweise, angefangen bei Caesar und Tacitus, bis hin zur Onomastik und Archäologie.

Dass es trotz eines fehlenden gesamtgermanischen "Wir"-Gefühls nach dem IV. Jhd. die Nachfahren antiker germanischer Stämme waren, welche das ostfränkische Reich und letztlich Deutschland begründeten, steht allerdings ausser Zweifel. Daher sind die Ahnen der Deutschen, entgegen Riothamus' Aussage, sehr wohl "Germanen". Was denn sonst?

kein germanischer Rex sagte, du Justian, ich komme übrigens aus Jastorf, und mein Urgroßvater war ein freier Bauer....

:D Das ist zweifelsohne richtig - aber wie du sagst, ging es hier vor allem um den politischen Nutzen einer solchen (erfundenen) Genealogie. Dass sich die Germanen in Wirklichkeit als von den Römern getrennte Ethnie begriffen, zeigt ja schon der Umstand, dass solche Stammbäume überhaupt erst benötigt wurden.

Athanarich soll in Bezug auf die großen und prachtvollen Gebäude und Straßen gemeint haben, nun sehe er, was er oft mit ungläubigen Ohren vernommen habe. Staunend herumblickend betrachtete er die vielen Schiffe, die prachtvollen Wälle und die Menschen (populi) verschiedenster Herkunft (diversarum gentium), die wie Wasserströme unterschiedlichen Ursprungs in einem Becken zusammenflossen. So überliefert es Jordanes im 6.Jahrhundert - für ganz unrealistisch halte ich dieses Bild nicht.

Nö, ich auch nicht. Dass das Römische Reich multiethnisch war, ändert aber nichts an der Tatsache, dass der werte Athanarich ja wohl einen römisch gekleideten, kürzlich eingebürgerten Landsmann von einem alteingesessenen Römer zu unterscheiden in der Lage war.

Die Gallier der Provinz Narbonensis (Allobroger, Helvier, Vokontier, Volcae) fielen auch nicht ab

Die Narbonensis war ja auch schon seit längerer Zeit römisch. So erstaunlich ist das also nicht.

viel Politik, selbst in einer Situation, in der es doch ausschließlich um die Freiheit Galliens (besser: ihres Adels) zu gehen schien.

Dass es nur im Interesse des Adels lag, gegen Caesar zu kämpfen, ist eine unhaltbare These. Wer war denn in erster Linie den Massakern durch römische Legionen ausgesetzt? Das Volk. Man geht von über einer Million Toten aus in diesem Krieg; das werden wohl kaum alles Edelleute gewesen sein. Die mehr als 300 000 Mann starke Armee des Vercingetorix wird wohl auch nicht nur aus Adeligen bestanden haben. Oder wurden die alle von den kapitalistischen gallischen adeligen Ausbeutern gezwungen, gegen andere kapitalistische römische Ausbeuter zu kämpfen? ;)

Meiner Ansicht nach gab es so etwas wie einen Pangallizismus

Warum dann keinen Pangermanismus?
 
Zur Spätantike und frühem Mittelalter
Das ist nicht mein Fachgebiet, das vorweg, ich habe auch die römischen Quellen nicht selbst gelesen, und verlasse mich auf die Historiker*innen, die ich zitiere.

Die Kontroverse um den fränkischen Adel:
"die Merowinger »ihre gesamte Ämterhierarchie von dux und comes über tribunus
bis hinunter zu centenarius und decanus dem römischen Militär [entlehnten] und [...] aufgrund dessen in der Lage [waren], die römische Provinzialbevölkerung zum Militärdienst heranzuziehen.«
Stefan Esders, Treueidleistung und Rechtsveränderung im frühen Mittelalter,2005


Für die Antrustionen, das königliche Gefolge, wurde genauso wie für andere Gruppen der trustis dominica, die galloromanischen convivae regis, ein dreifach hohes Wergeld verlangt. Als edelfrei (Edelfreie oder Edelinge) wurden diejenigen bezeichnet, die sich von den anderen Freien durch die Zahlung des dreifachen Wergeldes unterschieden. Eine Hypothese ist, dass es sich bei der Auffassung, es handele sich bei diesen Personen per se um Adlige, um eine Übertragung von Vorstellungen des 19. Jahrhunderts auf das frühe Mittelalter handelt.Das wird detailliert anhand der überlieferten Dokumente begründet von Heike Grahn-Hoek: Die fränkische Oberschicht im 6. Jahrhundert. Studien zu ihrer rechtlichen und politischen Stellung. Sigmaringen 1976

Diese Hypothese wird kontrovers diskutiert, ihr liegen auch unterschiedliche Definitionen von "Adel" zugrunde: wirtschaftliche Oberschicht oder ein rechtlich fixierter Geburtsstand. Vermutet wird, dass die fränkischen Kleinkönige bei der Besetzung von Ämtern auf ihre Gefolgsleute zurückgriffen, die sich ausgezeichnet hatten, und das dieser Amts-und Dienstadel, dazu gehören auch die oben genannten Antrustionen, die Tendenz hatte, seine Ämter erblich werden zu lassen; anderseits zeigen historische Beispiele, dass die politisch-militärische Spitzengruppe in der Lage war die Macht des Königs einzugrenzen, und sich sogar als Königsmacher betätigen konnte. Die von Gregor von Tours als Franci bezeichnete Gruppe von Gefolgsleuten müssen also selbst Gefolgschaftsführer gewesen sein.

Matthias Becher schreibt, dass es nach den historischen römischen Quellen (Sulpicius Alexander, Frigiredusund Orosius), auf die sich auch drei Generationen später Gregor von Tours bezieht, kein ursprüngliches, altes fränkisches Königtum gegeben hat. Die Quellen kennen nur duces, allenfalls regales. Daher schreibt dann Gregor von Tours, dass die Franken ihren König erst im römischen Reich über sich gesetzt hätten, der aus ihrer vornehmsten Familie stammte. Diese Formulierung ist interessant, gerade nach dem Tod eines Herrschers waren die Nachfolger auf diesen engsten Kreis angewiesen, insbesondere wenn mehrere potentielle Erben vorhanden waren (Brüder und Söhne). Beispiel von Becher:
"Sie ist etwa auch in seinem Bericht über die Nachfolge des 533 verstorbenen Königs Theuderich von Reims zu beobachten. Dessen Brüder wollten sein Reich übernehmen und seinen Sohn Theudebert von der Herrschaft ausschließen.Sed ille muneribus placatis a leodibus suis defensatus est et in regnum stabilisatus.
Theudebert musste sich die Unterstützung seiner leudes erkaufen, die nicht selbstverständlich war: Sie hätten sich ebenso gut seinen Oheimen anschließen können."

Trotzdem schreibt becher, dass diese Franci keine eigenständigen Herrschaftsträger waren - sie wählten immer aus der merowingischen Familie den Nachfolger aus, der ihnen Vorteile versprach - ihre Königsnähe war ein Teil des Einflusses, der ihre Herrschaft über andere erst ermöglichte.

Das hohe Wehrgeld für den Bischof und Priester in der lex salica betrifft zuerst die senatorische galloromanische Oberschicht, für die das Bischofsamt eine gesellschaftliche Option war (wie auch Gregor von Tours / Georgius Florentius, Bischof in Tours, aus einer senatorischen Familie aus der Auvergne stammte).
Dies spricht - vermittelt über die lex salica - nicht für eine fränkische Superioriät, sondern eine enge Symbiose zwischen galloromanischer und fränkischer Oberschicht, und eine insgesamt hierarchisierte Gesellschaft nach Rangfolge.
Die Entstehung des Königtums der Franken kann mit inneren Dynamiken der fränkischen Gefolgschaftsverbände, gleichzeitig auch mit ihrer Integration ins römische Imperium begründet werden, in dem sie Verwaltungs- Herrschaftsfunktionen, und militärische Ränge und Aufgaben übernahmen. Das fränkische Königtum war bis zu Chlodwig noch durch die Anerkennung durch den oströmischen Kaiser und Imperator angewiesen. Diese Verschränktheit "germanischer" Quellen der Herrschaft (Gefolgschaftswesen) mit römischen Strukturen (Militär, Provinzverwaltung, der wirtschaftlichen Oberschicht und der christlichen Organisation) macht die Genese des fränkischen Königtums aus.
Mit den Feldzügen gegen die Sachsen traten später die christlichen fränkischen Herrscher den heidnischen Barbaren wie die Rechtsnachfolger des weströmischen Reiches entgegen, um sie der christilichen Reichordnung einzugliedern, und ihre königslose "germanische" Verfassung zu zerschlagen.
 
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Diese Verschränktheit "germanischer" Quellen der Herrschaft (Gefolgschaftswesen) mit römischen Strukturen (Militär, Provinzverwaltung, der wirtschaftlichen Oberschicht und der christlichen Organisation) macht die Genese des fränkischen Königtums aus.

Ganz recht. Aus der Lex salica und Quellen wie dem von dir erwähnten Gregor von Tours geht jedoch dabei klar hervor, dass sich die Franken sowohl von der gallorömischen Oberschicht als auch von der Gesamtbevölkerung deutlich abgrenzten. Dass der gallorömische Klerus als religiöse Instanz auch im fränkisch dominierten Gallien eine Vormachtstellung genoss, liegt auf der Hand. Wie etwa im indischen Kastensystem stehen die Priester in der indoeuropäischen Gesellschaft an der Spitze, noch über dem Adel.
Dass die Franken eine politische Allizanz sowohl mit der Kirche als auch mit der gallorömischen, städtischen Oberschicht eingingen, steht ausser Zweifel, bedeutet aber noch lange nicht, dass die Franken dabei ihr Germanentum aufgaben.

Dass man zwischen fränkischem und gallorömischem Adel unterschied, und das Wergeld für Ersteren deutlich höher ausfiel (ganz zu schweigen vom einfachen Volke) beweist zur Genüge dass es im fränkischen Gallien ein "genuin fränkisches" Element gab.
 
Eine Abgrenzung zwischen "Sprache" und "Dialekt" ist doch nach rein sprachlichen Kriterien überhaupt nicht möglich.
...
In diesem Fall haben wir ein Dialektkontinuum, das von Portugal bis Belgien läuft, mit Sprachen wie Portugiesisch-Galicisch-Asturisch-Kastilisch-Aragonesisch-Katalanisch-Okzitanisch-Frankoprovenzalisch...
Ist das nach sprachlichen Kriterien jetzt alles ein "Volk"? Oder sind es doch mehrere Völker, und wenn ja - wie viele?

Es ist offensichtlich, dass Portugiesen und Belgier weder nach 1. noch nach 2. ein gemeinsames Volk bilden. Es müssen also mehrere Völker sein.

Nun wäre doch die Frage zu beantworten: Wie viele Völker sind das eigentlich?
Hier mal zwei Karten:
https://upload.wikimedia.org/wikipe.../Romance_20c_en.png/1280px-Romance_20c_en.png
Romanische Sprachen – Wikipedia




Ich bin aber nicht sicher, ob du bei einem Ukrainer lächelndes Wohlwollen auslöst, wenn du Ukrainisch als »regionale Sprachvarietät« des Russischen definierst.
Du löst bei einem Serben auch kein Wohlwollen aus, wenn Du seine Sprache als "Kroatisch" bezeichnest und umgekehrt.

Ein besonderes Schauspiel boten die grotesken Früchte des Sprachenstreits übrigens während der Friedensverhandlungen in Dayton 1995. Dort gab es sechs Sprachkanäle auf den Kopfhörern - die ersten drei für Englisch, Französisch und Russisch, der vierte für "Bosnisch", der fünfte für "Kroatisch" und der sechste für "Serbisch". Für die drei letzten Kanäle gab es jedoch nur einen Dolmetscher. Auf jedem war exakt die gleiche Übersetzung zu hören.
Nationalstaat wider Willen

dass diese Invasion nicht friedlich ablief, wie man es bei zwei kulturell und sprachlich verbrüderten Ethnien erwarten würde
Wie friedlich so etwas abläuft, konnte man bei kulturell und sprachlich verbrüderten Ethnien wie z. B. in Jugoslawien vor nicht allzulanger Zeit studieren.


Auch umgekehrt wird ein Schuh draus: die heutigen in der Türkei lebenden Menschen sind fast alle Nachkommen von byzantinischen Reichsbürgern (Griechen, Armenier, Georgier, Syrer, usw.). Genetisch gesehen ist der Anteil der Altaï-Türken in der Türkei verschwindend gering.
Altaï-Türken?
Warum sollten die "genetisch" überhaupt in der Türkei in nennenswertem Anteil vertreten sein?


Nun ja, es ging ja auch nicht um die Frage nach der »Urheimat«, sondern generell um den Siedlungsraum der (Proto-)Germanen.

Mit "Urheimat" ist sicher der Siedlungsraum der ersten Germanen gemeint. Was sonst?
 
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Nun wäre doch die Frage zu beantworten: Wie viele Völker sind das eigentlich?

Du hast es ja selbst anhand der Karten beantwortet. Dass es in imperial-universalistischen Staaten wie Frankreich oder Spanien nicht nur eine Ethnie gibt, wie das in metaprovinziellen Stammes-Bündnissen wie z. B. Deutschland der Fall ist, dürfte ja bekannt sein.

Du löst bei einem Serben auch kein Wohlwollen aus, wenn Du seine Sprache als "Kroatisch" bezeichnest und umgekehrt.

Das ist in dem Fall ziemlich egal, da im Gegensatz zu Russisch und Ukrainisch, sprachlich gesehen Serbisch und Kroatisch nunmal das gleiche sind. Dass man dennoch von zwei unterschiedlichen Ethnien ausgeht, liegt hier an anderen Faktoren (etwa religiösen). Wie ich schon mehrmals geschrieben habe, ist Sprache eine notwendige, jedoch nicht die einzige Bedingung, um ein Volk als solches zu charakterisieren.

Wie friedlich so etwas abläuft, konnte man bei kulturell und sprachlich verbrüderten Ethnien wie z. B. in Jugoslawien vor nicht allzulanger Zeit studieren.

Das sind sie eben nicht - kulturell verbrüdert. Die Kroaten sind Katholiken, die Bosnier Muslime, die Serben sind orthodox.

Altaï-Türken?
Warum sollten die "genetisch" überhaupt in der Türkei in nennenswertem Anteil vertreten sein?

Weil die Türken (Rum-Seldschuken usw.) ursprünglich aus dieser Region kamen.

Mit "Urheimat" ist sicher der Siedlungsraum der ersten Germanen gemeint. Was sonst?

Die Urheimat ist das Gebiet, wo die Ethnogenese stattgefunden hat. Das Siedlungsgebiet der Protogermanen (also nicht der "ersten" Germanen) ist somit nicht unbedingt deckungsgleich.
 
Das liegt vermutlich daran, dass keltisches Handwerk, Kunstobjekte, Wertgegenstände bzw. keltische Kultur ganz allgemein in hohem Ansehen standen, und daher Gegenstand regen Handels waren.

Das geht noch viel weiter. Das Zusammenleben in einem Oppidum und dessen wirtschaftliche Vernetzung mit dem weiteren Umland setzt andere Organisationsstrukturen und andere gesellschaftliche Spielregeln voraus als das Leben in verstreuten Weilern und Gehöften.
 
Witiko, anscheinend kannst du dir die unterschiedlichen Höhen der lex salica nur aus einer Superiorität der Franken, einem ethnisch begründeten Abgrenzungsbedürfnis erklären - widersprichst dir aber, in dem du der galloromanischen Oberschicht (dem Hofgefolge, den Bischöfen) selbst eine vom Gesetz begründeten besonderen Schutz (Vormachtstellung) zuerkennst. Was Becher mit fehlenden Wergeld für den fränkischen Adel meint, ist, dass im Vergleich zum Freien (den Leudes) nur dem königlichen Gefolge ein dreifach höheres Wergeld zugesprochen wird, außer diesem Dienstadel keine andere Oberschicht (der Franci) herausgehoben wird. Er zieht einen Vergleich zu anderen Leges, in denen dies anders wäre, und hebt dies als Besonderheit der lex salica hervor.
Mir würde noch eine andere Erklärung für das verdoppelte Wergeld für Straftaten der Freien einfallen:
- erstens könnte es sich nach wirtschaftlicher Potenz richten - aufällig ist zum Beispiel, dass die gleichen Straftaten im Paktus und Leges Allamanorum wesentlich geringer ausfallen (weniger wirtschaftliche Potenz?)
- ein zweiter Grund könnte sein, dass die merowingischen Könige mit dem verdoppelten Wergeld für Straftaten an freien Franken gegenüber freien Galloromanen ihre direkten Gefolgsleute belohnen, schützen und ihr Treueverhältnis stärken wollten;
- ein dritter Grund könnte auch sein, wenn wie allgemein vermutet die Rechtssammlungen und Wergeldfestsetzungen dazu dienen sollten, die archaische Blutrache und Selbstjustiz der Sippen einzudämmen, die verdoppelten Wergelder viel eher diesen Zweck erfüllen können. Ob dieses Wergeldsystem wirklich funktioniert hat (Becher schildert einen Fall, in dem nach Anerkennung der auferlegten Buße sich der Geschädigte trotzdem am Täter rächte, und ihn erschlug), ist zumindest zweifelhaft, dass die galloromanischen Bürger wahrscheinlich wenig stark zu archaischen Blutfehden neigten, würde ich annehmen.

Diese möglichen Erklärungen für die Abstufungen des lex salica stehen einer Vorstellung, das sie in jedem Fall eine Ungleichheit vor dem Gesetz, einen geringeren Wert der Leben darstellen, die ethnisch begründet sind, entgegen - einer sozialen Ungleichheit zwischen Freien und Unfreien bzw. Sklaven ausgenommen, die in jeder antiken Gesellschaft existierte.
 
Die genetische Übereinstimmung zwischen Schimpanse und Mensch beträgt 99,4%.
Dennoch aber stammt der Mensch nicht vom Schimpansen ab, könnte aber doch der Fruchtfliege* entstammen, denn diese teilt immerhin ca. 50% unseres genetischen Codes.
Na, vielleicht doch eher die Maus mit 99% ?
Denn, wie ähnlich die uns ist, hat Walt Disney mit bahnbrechender Arbeit gezeigt.

Ouuuh: 45 Prozent der Deutschen haben genetisch gesehen keltische Wurzeln


*Das ist dieses winzige Vieh welches in unsere Fruchtsäfte und Rotweine scheißt und vielleicht auch deshalb uns nicht unähnlich ist.
 
Warum dann keinen Pangermanismus?
Ich sehe keinen Anlaß, einen Pangermanismus aus Quellen oder archäologischen Funden begründen zu können. Du sprichst von einem kulturellen, keinem politischen Zusammengehörigkeitsgefühl "der Germanen" - woran erkennst du dies bei Cäsar oder Tacitus?
Es gibt zwei Stellen bei Tacitus, aus denen man ein religiöses und kulturelles Zusammengehörigkeitsgefühls zwischen Stämmen ablesen kann: die Schilderung des Semnonenhains (Germania 39) und der gemeinsame Kult einer Erd- und Fruchtbarkeitsgöttin Nerthus (Germania 40); während dieser Feierphase herrscht ein Landfrieden oder eine heilige Waffenruhe bei den beteiligten Stämmen.
Beide Schilderungen beziehen sich jedoch nur auf den suebischen Stammesverbund, innerhalb dieses Bundes ist mir ad hoc auch kein Krieg bekannt. Beide von Tacitus geschilderten Riten (Menschenopfer für einen namentlich nicht genannten Gott im Semnonenhain, die Wagenprozession der Nerthus-Göttin (an der Ostsee?) verharren jedoch im religiösen Bereich.

Dem möchte ich die Textstellen zu den Versammlungen bei den Carnuten gegenüberstellen:
"Zu einer bestimmten Zeit des Jahres tagen die Druiden an einem geweihten Ort im Gebiet der Carnuten, das man für das Zentrum von Gallien hält. Von allen Seiten kommen dort alle zusammen, die einen Streitfall auszutragen haben, und unterwerfen sich den Entscheidungen und Urteilen der Druiden." Caes. b.g. VI, 13,10
Brunaux ist der Auffassung, dass bei dieser Versammlung hauptsächlich Konflikte zwischen politischen Verbänden und Stammesgemeinschaften zur Sprache kamen und debattiert wurden - daher hätten diese Versammlungen nicht nur einen rechtlichen, sondern auch einen politischen und diplomatischen Charakter.
Camille Jullian hat diese Versammlungen mit den losen Städteverbünden in Griechenland, die sich um ein Heiligtum wie Delphi gebildet hatten, den sogenannten Amphiktyonen verglichen, und meinte dass ähnlich wie bei der Amphiktyonie von Delphi die gallischen Versammlungen eine religiöse, politische und juristische Funktion hatten. Es muss bei den beteiligten Gentes Galliens eine gemeinsame Rechtsvorstellung akzeptiert worden sein, eine Akzeptanz der institutionalisierten Rechtsprechung als Ergebnis der Controversae der druidischen Versammlung: "Sie nämlich entscheiden fast allen privaten und öffentlichen Streit, und auch wenn ein Verbrechen begangen ist, ein Mord, geschehen, wenn über eine Erbschaft oder eine Grenze Streit herrscht, fällen sie das Urteil und setzen Belohnungen und Strafen fest. Fügt sich ein einzelner oder ein Stamm ihrem Spruch nicht, so schließen sie ihn von den Opfern aus. Diese Strafe ist für Gallier die schlimmste, denn wer mit diesem Bann belegt ist, gilt als Frevler und Verbrecher, alle gehen ihm aus dem Weg und fliehen Begegnung und Gespräch, um sich durch Berührung kein Unheil zuzuziehen." (b.g.VI 13)

Die politischen Gemeinschaften müssen sich von diesem institutionellen Bezugsrahmen auch Vorteile versprochen haben, zum Beispiel Recht auf einem friedlichen Weg zu erlangen, Konfliktlösungen durch die Vermittlung anerkannter, regelnder Instanzen zu erreichen - die Verabredung einer heiligen Waffenruhe (in Griechenland auch während der panhellenischen olympischen Spiele) war vielleicht eine erste Regelung, von deren Sinnhaftigkeit "alle" überzeugt waren.
In Fesques (Haute Normandie) wurde eine Anlage gefunden, bei der ein Hügel mit insgesamt 11 Hektar Fläche mit einem Graben umgeben wurde. Auf dem Hügel wurde ein kleines Heiligtum entdeckt, in dem nach den Funden religöse Zeremonien vollzogen wurden. Am Rand der Anlage waren zahlreiche Galgen errichtet worden. Datiert wird Fesques auf das Ende 3.Jahrhundert bis Ende des 2.Jahrhundert BC. Anscheinend wurden auch Festessen auf dem Gelände veranstaltet - die bisherige These der französischen Archäologie ist, dass hier im Rahmen der belgischen Stämme Zusammenkünfte ereignet hatten.
E. Mantel (sous la direction de), Le sanctuaire de Fesques «Le Mont du Val aux Moines», Seine-Maritime, 1997 - Persée

Gleichzeitig bedeutete die gallische Amphiktyonie bei den Carnuten nicht, dass es eine politische Einheit gegeben hat; es war vielmehr ein Forum, auf den nach anerkannten Regeln Konflikte ausgetragen und Spannungen ohne kriegerische Auseinandersetzung abgebaut wurden. Ob diese pangallischen Institutionen unter der Bedingung des sich verstärkenden Einflusses fremder Akteure wie der Römischen Republik noch funktionierte?
Unten Fund einer 1,05 m hohen wahrscheinlich in einem Fanum aufgestellten bronzene Hirschstatue, gefunden 30 km südöstlich von Orleans, dem antiken Cenabum, Hauptort der Carnuten, als Teil des Schatzfundes von Neuvy-en-Sullias.
http://musees.regioncentre.fr/sites/default/files/fichiers/tresor_corrige_2013.pdf
390px-Tr%C3%A9sor_de_Neuvy-en-Sullias_Cerf.jpg
 
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Du hast es ja selbst anhand der Karten beantwortet.
Hier habe ich noch eine Karte, da sind alle Sprachen Frankreichs namentlich aufgeführt:
Sprachen in Frankreich – Wikipedia

Demnach hätten wir in Frankreich 36 "Völker" (sprachlich definiert).

Um das mal mit deutschen Verhältnissen zu vergleichen:
https://kristianmitk.files.wordpress.com/2013/09/deutsch_linguasphere2.png


Das ist in dem Fall ziemlich egal, da im Gegensatz zu Russisch und Ukrainisch, sprachlich gesehen Serbisch und Kroatisch nunmal das gleiche sind. Dass man dennoch von zwei unterschiedlichen Ethnien ausgeht, liegt hier an anderen Faktoren (etwa religiösen).
Vor einigen Jahrhunderten haben sich in Deutschland Protestanten und Katholiken bis aufs Messer bekämpft. Das waren dann wohl auch zwei unterschiedliche Ethnien?


Die Urheimat ist das Gebiet, wo die Ethnogenese stattgefunden hat. Das Siedlungsgebiet der Protogermanen (also nicht der "ersten" Germanen) ist somit nicht unbedingt deckungsgleich.

Die Diskussion drehte sich ursprünglich um den "Ausgangspunkt des germanischen Kultur". Im letzten Beitrag hattest Du das noch mit "Siedlungsraum der (Proto-)Germanen" umschrieben. Das hatte ich als die Gegend verstanden, in der aus Proto-Germanen Germanen wurden. Also "Urheimat".

Das können natürlich zwei ganz verschiedene Gegenden sein.

Dass Du jetzt "Urheimat" plötzlich mit "Ethnogenese" assoziierst, ist wieder ein ganz anderer Aspekt. Ob es jemals eine "germanische Ethnogenese" gegeben hat, ist ja gerade strittig. (Dagegen ist die Existenz einer proto-germanischen Sprache überhaupt nicht strittig.) Versuch doch mal, auseinanderzuhalten:
- Sprachgeschichtliche Vorgänge (eine Sprache ändert sich in jeder Generation unmerklich, das Althochdeutsche ist für die Sprecher des Neuhochdeutschen eine Fremdsprache!)
- Kulturen als Konstrukte der Archäologen, die regionale Merkmale zusammenzufassen versuchen
- Ethnogenese als Entwicklung eines Zusammengehörigkeitsbewusstseins. (Ethnogenese lässt sich weder mit sprachwissenschaftlichen noch mit archäologischen Methoden nachweisen, mit genetischen Methoden erst recht nicht.)

off topic:

Weil die Türken (Rum-Seldschuken usw.) ursprünglich aus dieser Region kamen.
Die Rum-Seldschuken haben sich sicher nie im Altai herumgetrieben.
Die kamen aus der Gegend zwischen Kaspischem Meer und Aralsee (rot), die Altai-Region habe ich grün markiert:
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Du erwähnst, dass Portugiesen und Belgier "offensichtlich" keine eigenen Völker seien.
Im Kontext ging es um Mehrsprachigkeit. Oder doch nicht?
Hier liegt wohl ein Missverständnis vor:
Es ist offensichtlich, dass Portugiesen und Belgier weder nach 1. noch nach 2. ein gemeinsames Volk bilden. Es müssen also mehrere Völker sein.

Witiko meint, dass Portugiesen und Belgier nicht zusammen ein einziges Volk bilden, obwohl man zwischen Portugals und Belgien von Dorf zu Dorf spazieren kann, ohne auf eine harte Sprachgrenze zu treffen.
 
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