Bismarck, der größte Politiker?

1870, also vor dem Krieg war die deutsche Wirtschaft schon an Frankreich vorbei gezogen, nur beim Bankenwesen nicht.
Kommt sicherlich auch drauf an, welche Bereiche man betrachten mag und ob man von den absoluten Produktionsleistungen oder denen pro Kopf ausgehen will.
Letztendlich war die wirtschaftliche Leistung Frankreichs und Deutschlands jedenfalls in der unmittelbaren Zeit nach der Reichgründung noch einigermaßen nah bei einander, so dass man von deutscher Seite hier nicht klar im Vorteil gewesen wäre und somit Österreich sicherlich das Zünglein an der Waage häütte sein können, wäre es zur Konfrontation gekommen.

Es gibt ja zwei Ebenen, einmal das Verhältnis der annektierten Gebiete zu Deutschland und einmal das Verhältnis der annektierten Gebiete zu Frankreich und damit die Chance einen Ausgleich zu erzielen. Dieser Ausgleich hätte mehr wirtschaftliche Zusammenarbeit bringen können, eine weniger fokussierte französische Politik und im Gegenzug weniger Bedarf an rein militärischen Investitionen wie z.B. die Festung Metz oder die Kanonenbahn.

Das ein Verzicht auf die Annexion und eine andere Lösung durchaus ein gewisses Maß diplomatischer und wirtschaftlicher Rendite hätte bringen können ist eine Sichtweise mit der ich persönlich durchaus konform gehe, Bismarck und Zeitgenossen aber wohl nicht, habe mir erlaubt dazu entsprechendes abzutippen (werde es auf Wunsch auch gerne per Scan liefern, sobald ich wieder ein brauchbares Gerät zur Hand habe):

Dokument Nr. 292:

Runderlaß an die Missionen: Gründe für die Fortführung des Krieges (urspr. Konzept Abeken)

W.6b, 493 f. Nr. 1801.

Reims, den 13. September 1870.

Durch die irrtümliche Auffassungen über unser Verhältnis zu Frankreich, welche uns auch von befreundeten Seiten zukommen, bin ich veranlaßt, mich in folgendem über die von den verbündeten deutschen Regierungen geteilten Ansichten seiner Majestät des Königs auszusprechen.

Wir hatten in dem Plebiszit und den darauf folgenden, scheinbar befriedigenden Zuständen in Frankreich die Bürgschaft des Friedens und den Ausdruck einer friedlichen Stimmung der französischen Nation zu sehen geglaubt. Die Ereignisse haben uns eines Besseren belehrt, wenigstens haben sie gezeigt, wie leicht die Stimmung der französischen Nation in ihr Gegenteil umschlägt.

a‘ Die der Einstimmigkeit nahe Mehrheit der Volksvertreter, des Senats und der Organe der öffentlichen Meinung in der Presse haben den Eroberungskrieg gegen uns so laut und nachdrücklich gefordert, daß der Mut zum Widerspuch den isolierten Freunden des Friedens fehlte, und daß der Kaiser Napoleon Seiner Majestät keine bewußte Unwahrheit gesagt haben dürfte, wenn er noch heut behauptet, daß der Stand der öffentlichen Meinung ihn zum Kriege gezwungen habe a‘‘.

Angesichts dieser Tatsache dürfen wir unsere Garantien nicht in französischen Stimmungen suchen. Wir dürfen uns nicht darüber täuschen, daß wir uns infolge des Krieges auf einen baldigen neuen Angriff von Frankreich und nicht auf einen dauerhaften Frieden gefaßt machen müssen, und daß ganz unabhängig von den Bedingungen, welche wir etwa an Frankreich stellen möchten. Es ist die Niederlage an sich, es ist unsere siegreiche Abwehr ihres frevelhaften Angriffs, welche die französische Nation uns nie verzeihen wird. Wenn wir jetzt ohne alle Gebietsabtretungen ohne jede Kontribution, ohne irgend welche Vorteile als den Ruhm unserer Waffen aus Frankreich abzögen, so würde doch derselbe Haß, dieselbe Rachsucht wegen der verletzten Eitelkeit und Herrschsucht in der französischen Nation zurückbleiben, und sie würde nur auf den Tag warten, wo sie hoffen dürfte, diese Gefühle mit Erfolg zur Tat zu machen. b‘ Es war nicht der Zweifel der Gerechtigkeit unserer Sache, nicht Besorgnis, daß wir nicht stark genug sein möchten, was uns im Jahre 1867 von dem uns schon damals nahe genug gelegenen Kriege abhielt, sondern die Scheu, gerade durch unsere Siege jene Leidenschaften aufzuregen und eine Ära gegenseitiger Erbitterung und immer erneuter Kriege heraufzubeschwören, während wir hofften, durch längere Dauer und aufmerksame Pflege der friedlichen Beziehungen beider Nationen eine feste Grundlage für eine Ära des Friedens und der Wohlfahrt beider zu gewinnen. Jetzt, nachdem man uns zu dem Kriege, dem wir widerstrebten, gezwungen hat, müssen wir dahin streben, für unsere Verteidigung gegen den n ä c h s t e n Angriff der Franzosen bessere Bürgschaft als die ihres Wohlwollens zu gewinnen b‘‘.

Die Garantien, welche man nach dem Jahre 1815 gegen dieselben französischen Gelüste und für den europäischen Frieden in der Heiligen Allianz und anderen in europäischen Interesse getroffenen Einrichtungen gesucht hat, haben im Laufe der Zeit ihre Wirksamkeit und Bedeutung verloren, so daß Deutschland allein sich schließlich Frankreichs hat erwehren müssen, nur auf seine eigene Kraft und seine eigenen Hilfsmittel angewiesen. c‘ Eine solche Anstrengung wie die heutige darf der deutschen Nation nicht dauernd von neuem angesonnen werden; und wir sind daher gezwungen, materielle Bürgschaften und die Sicherheit Deutschlands gegen künftige Angriffe zu erstreben, Bürgschaften, zugleich für den europäischen Frieden, der von Deutschland eine Störung nicht zu befürchten hat c‘‘. Diese Bürgschaften haben wir nicht von einer vorrübergehenden Regierung Frankreichs, sondern von der französischen Nation zu fordern, welche gezeigt hat, daß sie j e d e r Herrschaft in den Krieg gegen uns zu folgen bereit ist, d‘ wie die Reihe der seit Jahrhunderten von Frankreich gegen Deutschland geführten Angriffskriege unwiderleglich dartut.

Wir können deshalb unsre Forderungen für den Frieden lediglich darauf richten, Frankreich den nächsten Angriff auf die deutsche und namentlich die bisher schutzlose süddeutsche Grenze dadurch zu erschweren, daß wir die Grenze und damit den Ausgangspunkt französischer Angriffe weiter zurückverlegen und die Festungen, mit denen Frankreich uns bedroht, als defensive Bollwerke in die Gewalt Deutschlands zu bringen suchen.

Ew. Pp. Wollen sich, wenn Sie befragt werden, in diesem Sinne aussprechen. d‘‘

a‘ Anfang, eigenhändiger Zusatz Bismarcks
a‘‘ Ende des eigenhändigen Zusatzes
b‘ Beginn eigenhändiger Korrekturen Bismarcks
b‘‘ Ende der eigenhändigen Korrekturen
c‘ Durch eine Anzahl eigenhändiger Korrekturen und Zusätzen Bismarcks, teils im ersten Konzept, teils im Reinkonzept.
c‘‘ Ende der Korrekturen und Zusätze
d‘ Eigenhändige Ergänzung Bismarcks im ersten Konzept Abekens
d‘‘ Ende der Eigenhändigen Ergänzung

Bismarck, Otto von: Werke in Auswahl, Acht Bände, Jahrhundertausgabe zum 23. September 1862, Rein, Gustav Adolf u.a. (hrsg.), Band 4, „Die Reichsgründung“, unveränderter reprographischer Nachdruck, Darmstadt, 2001, ursprünglich erschienen Darmstadt, 1968, S. 533-535.

Ist zwar nich ausschließlich auf Bismarcks alleinigem Mist, sondern lediglich unter seiner Mitwirkung gewachsen und sicherlich auch nicht völlig unkritisch zu sehen, lässt aber für mich doch darauf schließen, dass man auf preußischer Seite Revanche Frankreichs auch ohne Annexionen fürchtete.
Der Gedanke, dass es in Frankreichs Interesse sein musste wenigstens den Status von 1870 wieder herzustellen und die süddeutschen Gebiete wieder heraus zu lösen und unter österreichischer Protektion haben zu wollen, liegt ja durchaus nahe.
Insofern sicherlich Spekulatius ob die Annexion selbst notwendig oder bereits die Vereinigung mit den süddeutschen Staaten hinreichend war um in Frankreich Revanchegelüste zu wecken.


Die Nichtbeteiligung der Bevölkerung an der Annektion geht ja über die Entscheidung zur Annektion weit hinaus, was ja auch die deutschsprachige Bevölkerung in der großen Ablehnung Deutschlands bestärkte (der Kulturkampf kam zusätzlich hinzu). Das Nachlassen der Ablehnung nach Bismarcks Tod zeigt, wo Bismarck eher keine Stärken hatte (vgl. Strangthema), auch wenn er natürlich nicht für alle Probleme verantwortlich war. Vieles haben andere Politiker genauso gesehen.
Richtig und das geht ja noch bis in das späte Kaiserreich (Zabernaffäre) hinein.

Bei den französischen Muttersprachlern haben sich die Probleme nicht einfach ausgewachsen, hier blieben gegenseitiges Misstrauen und damit auch Revanchegelüste.
Nicht unbedingt nur bei den Muttersprachlern. Die politische Diskriminierung Elsass-Lothringens dadurch als "Reichsland" von den internen Entscheidungsfindungsprozessen der innerdeutschen Politik weitgehend ausgeschlossen zu sein, war sicherlich auch nicht dazu angetan im deutssprachigen städtischen Bürgertum besondere Begeisterung hervor zu rufen.

Mit Österreich meinte ich Cisleithanien, d.h. Böhmen wäre nicht so schnell russischem Einfluss unterworfen gewesen. Galizien hingegen wohl schon eher. Aber da verlassen wir wohl den Einflussbereich Bismarckscher Politik...
Stellt sich auf der anderen Seite aber auch die Frage, in wie weit das zusammen zu halten gewesen wäre. Galizien halte ich eigentlich auf Grund der starken polnischen Bevölkerung im Westen in Anbetracht der russischen Polen-Politik für keinen, für russlands Einfluss besonders anfälligen Kandidaten. Ob aber Böhmen, wo die Spannungen ja auch vor dem Weltkrieg schon ganz erheblich waren auf Dauer in einem cisleithanischen Verband verblieben wäre, halte ich für fraglich und die Probleme mit Italien wegen der südwestlichen Peripherie hätte das auch kaum gelöst.
In einem Szenario des Zerfalls der Donaumonarchie würde ich da eigentlich eher die Tendenz weiteren Zerfalls mit entsprechender Sogwirkung sehen wollen, ist da kontrafaktisch aber ohnehin eine rein akademische Diskussion (die ich nichts destoauch ohne weiteres weiterführen würde, dann allerdings um den Faden nicht zu strapazieren per PN).
 
Nachdem ich nun noch einmal alles in meinem Bücherschrank durchgelesen habe, was annähernd Richtung Einigungskriege geht, muss ich meine Aussage zu Mülhausen zurück ziehen. Ich kann zu meinen Aussagen hierzu keinerlei Belege finden.

Interessant ist zu dem Thema jedoch die Behandlung der Stadt Nizza durch die französische Administration 1870/1871. Nizza wollte nach einer Volksabstimmung mehrheitlich zu Italien gehören. Frankreich verweigerte dies der Stadt. Gleichzeitig verlangte man von Preußen, dieses sollte die Volksmeinung im Elsass und Lothringen akzeptieren und die beiden Länder bei Frankreich belassen. Das war nun nicht gerade überzeugend von französischer Seite argumentiert.
 
Nachdem ich nun noch einmal alles in meinem Bücherschrank durchgelesen habe, was annähernd Richtung Einigungskriege geht, muss ich meine Aussage zu Mülhausen zurück ziehen. Ich kann zu meinen Aussagen hierzu keinerlei Belege finden.

Dann bedanke ich mich trotzdem und werde selbst nochmal die Bibliothek etwas durchstöbern, weil mich das Thema dann doch sehr interessiert.:)

Interessant ist zu dem Thema jedoch die Behandlung der Stadt Nizza durch die französische Administration 1870/1871. Nizza wollte nach einer Volksabstimmung mehrheitlich zu Italien gehören. Frankreich verweigerte dies der Stadt. Gleichzeitig verlangte man von Preußen, dieses sollte die Volksmeinung im Elsass und Lothringen akzeptieren und die beiden Länder bei Frankreich belassen. Das war nun nicht gerade überzeugend von französischer Seite argumentiert.
Im Bezug auf Frankreich kann man diese Inkonsequenz sicher auch daran festmachen, dass sich dort während des gesamten 19. Jahrhunderts reichliche Sympathisanten für die Sache der polnischen Unabhängigkeit/Freiheit fanden, während man zeitgleich die Rheingrenze und zeitweise eine Vereinnahmung Luxemburgs und der Wallonie anpeilte.
Ganz ähnlich, wollte man den Bogen dieser Tradition etwas weiter spannen, verhielt es sich ja auch im Bezug auf den versailler Vertrag, wenn man sich die Argumentationsweise der Deutschen und Polen mal anschaut, wo für verschiedene Gebiete ja auch sehr unterschiedliche Argumentationsparadigmen verwendet wurden. Von Muttersprache über Brauchtum, Konfession hin bis zu historisierenden Konstruktionen im Bezug auf mittelalterliche Herrschaften.
Insofern überrascht mich das nicht wirklich, sondern bestätigt eigentlich nur meine Auffassung, den Nationalbegriff des 19. Jahrhunderts (vielleicht besser die Nationalbegriffe) für eine sehr schwammige Angelegenheit zu halten.

Ich bedanke mich aber trotzdem für die Annekdote, die mir so nicht bekannt war und nach der ich mich möglicherweise noch mal etwas sauberer mit dem italienischen Irredentismus befassen muss. Das Nizza und Savoyen 1860 an Frankreich abgereten wurden um die Lombardei "auszulösen" (auch eins sehr interessanter Fall von Akzeptanz der jeweiligen Volksmeinung), war mir bekannt, auch dass zur Bestätigung dieser "Transaktion" Plebiszite angesetzt waren, nur meinte ich bislang mich erinnern zu können, gelesen zu haben, dass diese positiv für Frankreich ausfielen. Deswegen hatte ich die Forderungen der Irredentististen im Bezug auf diese beiden Territorien immer für vollkommen gegenstandslos weil ohne Resonanz in der betreffenden Region gehalten. Scheint dann aber wohl ein Irrtum von meiner Seite her zu sein, dürfte ich auch da freundlicher Weise noch einmal um einen Literaturnachweis bitten?


Wo das Thema der Volksmeinung aber gerade auf dem Tisch liegt, ist es vielleicht auch noch einmal interessant Bismarck und sein politisches Wirken unter diesem Paradigma etwas näher zu beleuchten, denn so weit ich das übersehen kann, war er da nicht minder inkonsequent, was das betrifft, als seine französischen Pendants.
Da hat man auf der einen Seite, die intern mehr oder minder vorwiegend militärisch begründete Annexion Elsaß und Lothringens oder auch dinge, wie das Sozialistengesetz, die eine eindeutige Absage an das Konzept der Nation und das Volk als nationale politische Größe darstellen, andererseits aber eben auch keinen Hardcore-Legitimismus, wie ihn viele seiner frühen Weggefährten (die Gerlachs, Thadden, Kleist-Retsow etc.) noch weitgehend vertraten.
 
Ich bedanke mich aber trotzdem für die Annekdote, die mir so nicht bekannt war und nach der ich mich möglicherweise noch mal etwas sauberer mit dem italienischen Irredentismus befassen muss. Das Nizza und Savoyen 1860 an Frankreich abgereten wurden um die Lombardei "auszulösen" (auch eins sehr interessanter Fall von Akzeptanz der jeweiligen Volksmeinung), war mir bekannt, auch dass zur Bestätigung dieser "Transaktion" Plebiszite angesetzt waren, nur meinte ich bislang mich erinnern zu können, gelesen zu haben, dass diese positiv für Frankreich ausfielen. Deswegen hatte ich die Forderungen der Irredentististen im Bezug auf diese beiden Territorien immer für vollkommen gegenstandslos weil ohne Resonanz in der betreffenden Region gehalten. Scheint dann aber wohl ein Irrtum von meiner Seite her zu sein, dürfte ich auch da freundlicher Weise noch einmal um einen Literaturnachweis bitten?
Habe ich aus

Franz Herre
"Anno 70/71"
Köln 1970.

Das Buch ist zu dem angesprochenen Thema sicherlich nicht ideale Literatur.

Vor einiger Zeit habe ich mich mit der

https://de.wikipedia.org/wiki/Pariser_Friedenskonferenz_1946

befasst. Es ging mir damals um den italienischen Friedensvertrag mit den Allierten. Dabei bin ich auf Texte aus italienischen Quellen gestolpert, welche die Abtretung von Savoyen und Nizza 1859/1860 kritisch hinterfragten. Demnach wären die damaligen Abstimmungen manipuliert gewesen. Ob dies so seine Richtigkeit hat, kann ich mangels entsprechender Literatur nicht beurteilen.
 
Dabei bin ich auf Texte aus italienischen Quellen gestolpert, welche die Abtretung von Savoyen und Nizza 1859/1860 kritisch hinterfragten. Demnach wären die damaligen Abstimmungen manipuliert gewesen. Ob dies so seine Richtigkeit hat, kann ich mangels entsprechender Literatur nicht beurteilen.

Ich fürchte, zu jedem Befragungsergebnis der letzten 150 Jahre, unabhängig vom Ausgang, finden sich Manipulationsvorwürfe. :D

Eine Recherche (Dissertation Berkeley) hierzu mit Kontext:
The Daily Plebiscite: Political Culture and National Identity in Nice and Savoy, 1860-1880
Da scheinen sogar die Schweizer aktiv (manipulativ? :D) geworden zu sein.
 
Ich würde dem Beitrag von @thanepower noch hinzusetzen wollen, dass man auch die Art der Realisierung der kleindeutschen Lösung durchaus sehr kritisch sehen kann.

Zum einen war der Weg, den Bismarck gerade mit dem Krieg gegen Österreich einschlug ein verdammt riskanter. Er hatte hier insofern Glück, dass ein Großteil der Zeitgenossen ohnehin von einem Sieg Österreichs ausging, denn anders ist kaum zu erklären, warum eine rechtzeitige französische Intervention zur Verhinderung einer verfestigten preußischen Hegemonie in Norddeutschland unterblieb.

Napoleon hatte weder gegen eine Ausdehnung Preußens bis zum Main noch gegen eine Konsolidierung Österreichs in Deutschland etwas einzuwenden. Er wollte der lachende Dritte sein und dem Sieger seine Kompensationsforderungen präsentieren.

Des Weiteren ist anzumerken, das Frankreich 1866 erst begann seine Truppen aus Mexiko abzuziehen. Es kann also bezweifelt werden, ob Frankreich im deutschen Bruderkrieg hätte entscheidend eingreifen können. Aber wie gesagt, das wollte Napoleon nicht.
 
In Ergänzung meine obigen Beitrages.

Wer sollte denn überhaupt Österreich militärisch gegen Preußen unterstützen? Russland, nach der Erfahrung des Krimkrieges, ganz sicher nicht.
Großbritannien stand Preußen durchaus nicht unsympathisch gegenüber, solange das Gleichgewicht Europas nicht berührt würde. In den Augen der Engländer galt Napoleons Frankreich, als das Land, was man in Auge behalten muss.

Und grundsätzlich zur kleindeutschen Lösung zitiere ich einmal den österreichischen Gesandten am Franfurter Bundestag Friedrich Graf Thun. Dieser äußerte 1851 gegenüber Bismarck: "Ein überwiegender Einfluß Österreichs in Deutschland liege nun einmal in der Natur der Dinge, solange sich Österreich ohne Selbstsucht Deutschland hingebe. Dies müsse auch Preußen tun, ansonsten könne das jetzige gute Einvernehmen nicht ein Friede, sondern nur ein Waffenstillstand genannt werden. Das war die Geisteshaltung der Österreicher und es wird deutlich, das Österreich niemals seine Vormachtstellung abgeben würde. Selbst eine Gleichberechtigung mit Preußen kam nicht in Frage, obwohl dieses in Österreich in Sachen Wirtschaftskraft und Modernität kräftig aufholte bzw. wohl Österreich überholt hate.
 
Des Weiteren ist anzumerken, das Frankreich 1866 erst begann seine Truppen aus Mexiko abzuziehen. Es kann also bezweifelt werden, ob Frankreich im deutschen Bruderkrieg hätte entscheidend eingreifen können. Aber wie gesagt, das wollte Napoleon nicht.
Da würde mich interessieren, woher du das hast, dass Frankreich keine adäquarten Truppen zur Verfügung gehabt hätte.
Die ersten Kontingente gingen ab Mai 1866 zurück, auch wenn der Krieg bereits im Juni ausbrach, bis er endete, war es immerhin die zweite Augusthälfte und das auch nur, weil er ja relativ zügig abgebrochen wurde.
Sind immerhin drei Monate, wenn der Krieg sich noch etwas hingezogen hätte, hätten es auch 6 werden können. Durchaus genug wenigstens Teilkontingente nach Europa zurück zu verbringen.

Davon ab, soweit ich weiß, betrug die Mannstrke der Franzosen in Mexiko niemals mehr als 40.000 Mann.
Selbst wenn noch größere Kontingente in Nordafrika standen, die man über das Mittelmeer aber relativ schnell hätte zusammenziehen können, ist das nur ein Bruchteil der französischen Truppen, die das außerhalb des Landes stand.

Genaue Zahlen zur Mannstärke der französischen Armee habe ich leider ad hoc gerade nicht parat. Laut Wiki, hätten Frankreich wohl an die 100.000 ad hoc zur Verfügung gestanden:
Deutsch-Französischer Krieg – Wikipedia

Sicherlich nicht genug um mal eben im Alleingang Preußen an die Wand zu drücken, aber wie ich meine durchaus genug (ist ja nicht so, als wre von den österreichischen Streitkräften nichts mehr übrig gewesen), um im Verein mit den verbliebenen österreichischen Truppen hinhaltend Zeit für die Rückführung der außerhalb Frankreichs stehenden Truppen zu verschaffen.

Kommt hinzu, dass Preußen ja durchaus noch nicht die Möglichkeiten von 1870/1871 hatte und zudem, so lange der Krieg lief, ja auch nicht umhin kam einen guten Teil seines aktiven Heeres als Besatzungstruppen in den geschlagenen Kleinstaaten zurück zu lassen.


Wäre auch zu fragen, wie sich, Stichwort Hannover im Fall einer französischen Intervention die Briten dazu verhalten hätten. Auch wenn die Personalunion mit Hannover passé war, ein britischer Einflussverlust musste mit einer potentiellen Annexion Hannovers ja doch unweigerlich einher gehen.



Sicherlich, dass Napoléon durchaus bereit war einen norddeutschen Bund zu akzeptieren, ist mir durchaus klar, aber eben nicht ohne Kompensation.
Die andere Frage aber ist, wer garantierte denn Napoléon gegenüber, dass es, wäre dieser Krieg fortgesetzt worden und hätten Preußen und die italienischen Verbündeten, die Österreicher noch weiter aufgerieben und weitere Territorien besetzt, dass es bei überschaubaren Annexionen und einem Zusammenschluss bis zur Mainlinie geblieben wäre?
Respektive, dass man preußischerseits nicht versucht hätte, aus einem Sieg noch mehr heraus zu schlagen?

Wenn man sich da etwa vergegenwärtigt, dass die Hohenzollern in vornapóleonischer Zeit, ja durchaus auch mal recht beachtlichen Territorialbesitz in Franken hatten, halte ich das für so abwegig nicht.
 
Mit einer Quelle kann ich derzeit leider nicht dienen, da fast mein ganzer Literaturbestand in Umzugskartons in einem Storage untergebracht ist.

Ich habe nicht von adäquaten französischen Truppen geschrieben, sondern in Frage gestellt, das Napoleon hätte entscheidend eingreifen können. Und wie schon ausgeführt: Napoleon hatte gar nicht die Absicht. Er kokettierte mal mit Preußen, mal mit Österreich. Er wollte hinterher seine Entschädigung für das Stillhalten kassieren. Das ist entscheidend.

Ich meine auch, das es zwischen Napoleon und Bismarck schon Gespräche gegeben hat und Bismarck Luxemburg als Kompensation in Aussicht gestellt hatte.

Aber der Krieg war schnell beendet, Anfang Juli 1866 war die Messe zugunsten Preußen gelesen.

Ein Krieg ist immer riskant, aber es bestand eben nicht die Gefahr, das daraus ein europäischer Konflikt werden würde. Bismarck war Realpolitiker und konnte wie kaum ein anderer außenpolitische Lagen analysieren und entsprechend Handeln.
 
Mit einer Quelle kann ich derzeit leider nicht dienen, da fast mein ganzer Literaturbestand in Umzugskartons in einem Storage untergebracht ist.

Ich habe nicht von adäquaten französischen Truppen geschrieben, sondern in Frage gestellt, das Napoleon hätte entscheidend eingreifen können. Und wie schon ausgeführt: Napoleon hatte gar nicht die Absicht. Er kokettierte mal mit Preußen, mal mit Österreich. Er wollte hinterher seine Entschädigung für das Stillhalten kassieren. Das ist entscheidend.

Nein, entcheident ist nicht, dass er seine Entschädigung für sein Stillhalten kassieren wollte, sondern dass er daran glaubte, dass dies ohne weiteres möglich sein würde.
Mit Sardinien-Piemont konnte er so verfahren, weil selbiges keine Aussicht hatte den Krieg gegen Österreich allein aussichtsreich fortzusetzen und selbst das entgleiste ja dann in den in dieser Form unter Einschluss Mittel- und Süditaliens nicht geplanten italienischen Nationalstaat.

Davon auszugehen, dass er seine Kompensation bekommen würde, war am Ende nichts anderes, als eine hübsche Wette auf Bismarcks guten Willen und darauf, dass er denn auch in der Lage sein würde, den Abbruch des Krieges zügig und zu moderaten Konditionen durchzusetzen.
Was aber, wenn sich die preußischen Siege so verselbstständigt hätten, dass Bismarck sich mit seiner Position den Krieg abzubrechen im Zuge einer allgemeinen Euphorie so isoliert hätte, dass das nicht durchzusetzen gewesen wäre?
Was auf der anderen Seite, hätte sich der Krieg dermaßen zäh gestaltet und wären die Verluste dabei so hoch gewesen, dass ein größerer Annexionsfrieden her gemusst hätte um König, Landtag und Öffentlichkeit zu befriedeigen?

Ich würde meinen, hätte das andere Verläufe genommen, hätte Napoléon III seinen Standpunkt da durchaus noch ändern können, sofern er den Eindruck gewonnen hätte, dass Bismarck nicht in der Lage oder willens sein würde, die gegenseitigen Vereinbarungen auch durchzusetzen.
Die Möglichkeit einzugreifen hätte er auch mit den noch in Frankreich stehenden Truppen durchaus gehabt. Sicherlich nicht die, als eine Art deus ex machina mal eben Preußen über den Haufen zu werfen, durchaus aber diejenige selbiges in die Defensive zu drängen und seine Expansionsabsichten zu behindern.

Ich meine auch, das es zwischen Napoleon und Bismarck schon Gespräche gegeben hat und Bismarck Luxemburg als Kompensation in Aussicht gestellt hatte.

Das wird wohl jedenfalls hinsichtlich Luxemburgs der Fall gewesen sein. Ich weiß darüber hinaus, dass Herrman Oncken in den 1920er Jahren auch mal etwas von Abreden betreffs der Wallonie und gegebenenfalls Grenzkorrekturen am Rhein postuliert hat, habe allerdings keine Ahnung, ob das mittlerweile in irgendeiner Form bestätigt oder wiederlegt wurde, indess, vorstellen kann ich es mir durchaus, Luxemburg allein nimmt sich als potentielle Kompensation für die Eingliederung Sachsens, Hannovers und eines Großteils von Hessen, ja doch ungewöhnlich bescheiden aus.

Aber der Krieg war schnell beendet, Anfang Juli 1866 war die Messe zugunsten Preußen gelesen.

Ganz so gelesen sehe ich die nicht. Im Süden konnten sich die Österreicher ja doch ganz ordentlich behaupten.
Die Preußen siegten recht spektakulär in Nordböhmen und am Main. Hätten sie das aber auch tiefer in österreichischem und Süddeutschen Territorium so hingekommen, wo ihnen die überlegenen Aufmarschmöglichkeiten und Nachschubwege abgingen?

Ist ja nicht so, dass von der österreichischen Armee nach Königgräz nichts mehr übrig gewesen wäre.
Wie ich das sehe, wäre da, wäre militärische Hilfe von Seiten einer der anderen Großmächte in Aussicht gewesen, hätte man durchaus hinhaltend weitermachen können, von österreichischer Seite her.


Ein Krieg ist immer riskant, aber es bestand eben nicht die Gefahr, das daraus ein europäischer Konflikt werden würde. Bismarck war Realpolitiker und konnte wie kaum ein anderer außenpolitische Lagen analysieren und entsprechend Handeln.

Aber durchaus nicht diktatorisch.

Die Frage ist, hätte sich der Krieg länger hingezogen, das konnte er ja, als er den Schritt zum Krieg ging, so nicht wissen, wäre es dann so ohne weiteres möglich gewesen zu einem relativ moderaten Frieden mit Österreich und den Süddeutschen Staaten zu kommen oder nicht?
 
Um auf die Ausgangsfrage zu kommen, bemühe ich Jacob Burckhardt seine Weltgeschichtlichen Betrachtungen.
Für Burckhardt gehört zur historischen Größe Einzigartigkeit und Unersetzlichkeit. Er schreibt, "Der große Mann ist ein solcher, ohne welchen uns die Welt unvollständig schiene, weil bestimmte große Leistungen
nur durch ihn innerhalb seiner Zeit und Umgebung möglich waren und sonst undenkbar sind; er ist wesentlich verflochten in den großen Hauptstrom der Ursachen und Wirkungen." Dies trifft wohl auf Bismarck zu.
 
Nein, entcheident ist nicht, dass er seine Entschädigung für sein Stillhalten kassieren wollte, sondern dass er daran glaubte, dass dies ohne weiteres möglich sein würde.

Wieso nein?

Wenn Napoleon etwas wollte, hie eben eine Kompensation, dann wird er auch daran geglaubt haben. Alles andere wäre Unsinn.
 
Wieso nein?

Wenn Napoleon etwas wollte, hie eben eine Kompensation, dann wird er auch daran geglaubt haben. Alles andere wäre Unsinn.

Warum? Nur weil ich gerne im Lotto gewinnen würde, gehe ich noch lange nicht zwangsläufig davon aus, dass das funktioniert.
Und nur weil ich bei einer vielverpsrechenden Ausgangslage davon ausgehe, dass ich bekomme, was ich will, heißt doch lange nicht, dass eine Veränderung der Situation nicht meine Ansicht tangieren kann, wie realistisch meine Chancen sind.
Warum hätte das bei Napoléon anders sein sollen?

Er hatte definitiv Abreden mit Österreich und sehr wahrscheinlich auch welche mit Preußen, Garantien, dass die dafür verantwortlichen Regierungschefs bei Fälligkeit in der Position sein würden deren Inhalte ggf. gegen Widerstände durchzusetzen hatte er keine, Garantien, dass jene überhaupt gewillt wären das zu tun ebenfalls nicht.
 
Napoleon hatte nur die Alternative entweder sich auf die Absprachen zu verlassen oder militärisch einzugreifen. In den Gesprächen mit den Österreichern und Preußen wird er den Eindruck gewonnen haben, das er sich auf die Abmachung verlassen kann. Es ist aber doch festzuhalten, das er von Bismarck keine definitive Zusage erhalten hatte.
 
Um auf den Krieg zu kommen.

Das preußisches Heer verfügte über die bessere Heeresorganisation. Das preußische Eisenbahnnetz war deutlich besser ausgebaut, als das von Österreich. Es war so möglich, schneller und umfassender große Mengen an Truppen von A nach B zu bringen. Der preußische Generalstab mit Moltke an der Spitze war den Österreichs überlegen. Der Generalstab Österreich hatte beispielsweise keinen direkten Zugriff auf die eigenen Truppen auf dem Schlachtfeld. Das ist Fakt, das andere ist Spekulation im Sinne von was wäre wenn....
 
Um auf den Krieg zu kommen.

Das preußisches Heer verfügte über die bessere Heeresorganisation. Das preußische Eisenbahnnetz war deutlich besser ausgebaut, als das von Österreich. Es war so möglich, schneller und umfassender große Mengen an Truppen von A nach B zu bringen. Der preußische Generalstab mit Moltke an der Spitze war den Österreichs überlegen. Der Generalstab Österreich hatte beispielsweise keinen direkten Zugriff auf die eigenen Truppen auf dem Schlachtfeld. Das ist Fakt, das andere ist Spekulation im Sinne von was wäre wenn....

Und ebenfalls Fakt ist, dass das Preußische Eisenbahnnetz den Preußen aber nur nutzte, so lange die Kampfhandlungen wenigstens in Grenznähe stattfanden.
Sowohl das, als auch die Tatsache, dass sich die preußische Generaltität als fähiger erwies, als die Österreichische und auch, dass das Zündnadelgewehl letztendlich ohne größere Probleme unter Realbedingungen gut funktionierte, sind Erkenntnisse ex post.
Das konnte Bismarck in Sachen Risikokalkulation nicht fest mit einplanen, als der Schritt zum Krieg getan wurde.

Letztendlich, sollte man solche Schritte, meine ich zumindeste, dann schon auch daran messen, was die Verantwortlichen zu dem Zeitpunkt, als sie den Schritt gingen, wissen konnten.
Bismarck konnte Preußen insofern im Forteil wissen, dass die Mobilisierung und der Aufmarsch reibungsloser vonstatten gehen würde und er konnte darauf rechnen, das unter normalen Bedingungen das Zündnadelgewehr einen erheblichen Vorteil bringen würde, was dann möglicherweise hinreichend wäre, die nummerische Überlegenheit Österreichs und seiner Verbündeten auszugleichen.

Er konnte auch an Moltkes Prinzipien glauben, aber was die in der Praxis wert waren, wusste er vorher nicht, zur Generalprobe für diese Unternehmung taugte die begrenzte Auseinandersetzung mit Dänemark ja nicht unbedingt.


Im Hinblick auf Frankreich konnte er hoffen, dass Napoléon III an seine Kompensation glaubte und nicht bereit sein würde, diese mit Waffengewalt einzufordern, sofern er ihn darum prellte, was er ja beabsichtigte.
 
Das konnte Bismarck in Sachen Risikokalkulation nicht fest mit einplanen, als der Schritt zum Krieg getan wurde.

Das habe ich auch nirgends behauptet.

Letztendlich, sollte man solche Schritte, meine ich zumindeste, dann schon auch daran messen, was die Verantwortlichen zu dem Zeitpunkt, als sie den Schritt gingen, wissen konnten.

Sicher.


Bismarck konnte Preußen insofern im Forteil wissen, dass die Mobilisierung und der Aufmarsch reibungsloser vonstatten gehen würde und er konnte darauf rechnen, das unter normalen Bedingungen das Zündnadelgewehr einen erheblichen Vorteil bringen würde, was dann möglicherweise hinreichend wäre, die nummerische Überlegenheit Österreichs und seiner Verbündeten auszugleichen.

Dafür hatte Bismarck ja mit Italien den temporären Vertrag abgeschlossen.




Im Hinblick auf Frankreich konnte er hoffen, dass Napoléon III an seine Kompensation glaubte und nicht bereit sein würde, diese mit Waffengewalt einzufordern, sofern er ihn darum prellte, was er ja beabsichtigte.

Ich bin mir gar nicht sicher, ob das Bismarck wirklich von vornherein beabsichtigt hatte. Die deutsche Öffentlichkeit lief Sturm und auch der König war nur sehr mäßig amüsiert.
 
Ich bin mir gar nicht sicher, ob das Bismarck wirklich von vornherein beabsichtigt hatte. Die deutsche Öffentlichkeit lief Sturm und auch der König war nur sehr mäßig amüsiert.

Das aber die Öffentlichkeit sturmlaufen würde, war völlig kalkulierbar, so lange war die Rheinkrise dann schließlich auch noch nicht her. Warum sollte sich die öffentliche Meinung hinsichtlich der Abtretung von aktuellen oder ehemaligen Bundes-Territorien denn verändert haben, noch dazu, wo das dem Zweck diehnte vor allem Preußen zu stärkern, auf Kosten der Souveränität anderer Teilstaaten und ihrer Bewohner, die sicherlich im Besondern über die Preußische Wehrgesetzgebung auch nicht besonders erfreut waren?

Er musste also entweder davon ausgehen, gegen den Druck der Öffentlichkeit anregieren zu können oder von vorn herein inkauf nehmen, den dritten Napoléon zu prellen.
Napoléon III. wiederrum musste davon ausgehen, dass Bismarck auch zum Ende des Krieges hin noch willens und politisch stark genug sein würde, der Öffentlichkeit in den Deutschen Staaten, dem König und dem Landtag diese Kompenstion zu verordnen.

Entweder das oder aber er hätte mindestens in Erwägung ziehen müssen, die notfalls mit Waffengewalt durchzusetzen, was sich, so lange der Krieg noch lief und Preußen mit Österreich beschäftigt war einfacher bewerkstelligen lassen musste, als später.

Insofern hat Bismarck am Ende sicherlich alles richtig gemacht aber ausgemacht, war das von den Vorrassetzungen her sicherlich nicht.
 
. Schon diese Kriege gegen Dänemark sicherte er sich ab durch das Stillhalten der Briten in diesem 'Erbfolgestreit'. Auch seine Bündnispolitik zeigte diese Stärke deutscher Politik der Absicherung (Russlandbindung). Während das Volk und auch die Soldaten) glaubten, dass der König diesen Krieg führt, waren es die Kriege Bismarcks.

Die Engländer haben durchaus zur Kenntnis genommen, das es die Dänen gewesen waren, die die Londoner Protokolle aus dem Jahre 1852 gebrochen haben. Anzumerken ist auch, das die Bevölkerung von Schleswig gar nicht zu Dänemark gehören wollte.
Die Engländer haben sich jedenfalls im Zuge der Londoner Verhandlungen nach Kräften bemüht, die Niederlage der Dänen begann sich schon klar und deutlich abzuzeichnen, für Dänemark noch zu retten, was zu retten war. Nur, die Dänen waren sehr starrköpfig, da sie ihre eigene Situation grandios verkannten und immer noch annahmen, die Engländer würden es schon für sie richten. Doch dazu gab es jedoch keinen Anlass.

Die deutsche Einheit war nicht nur ein Anliegen Bismarcks, sondern auch der deutschen Bevölkerung.
 
In diesem Kontext ein paar Worte zu der Krise mit Bezugspunkt England:. Der belgische König hatte sich schon mehrfach an die englische Königin Victoria mit der Bitte gewendet, auf Wilhelm I. einzuwirken, das Bismarck schon mehrfach Napoleon III. Belgien angeboten habe.

Merkwürdigerweise schien man in London von den preußisch-französischen Tauziehen hinsichtlich Belgien/Luxemburg nicht oder nur unzureichend unterrichtet zu sein. Man war schon wenig begeistert, dass Bismarck so gar keine Anstalten zeigt, den §5 des Prager Friedens umzusetzen. In der britischen Presse fantasierte man darüber, das sich Schweden und Preußen über eine Aufteilung Dänemarks geeinigt hätten. Darüber hinaus gab es genügend Probleme in Kreta uns Rumänien, die die Aufmerksamkeit der Regierung verlangten. Man wollte/musste verhindern, das Napoleon III. mit Russland gemeinsame Wege suchte. Auch Österreich war hier rege. Und dann lastete der Druck einer möglicher kriegerischen Auseinandersetzung mit den USA auf England. In den USA war nämlich die habeas-corpus Akte aufgehoben worden und die in den USA lebenden Iren beschlossen in Kanada einzufallen.

Am 02.Januar 1867 allerdings warnte Lord Stanley die Preußen, in dem er unmissverständlich klarstellte, Belgien sei für Großbritannien ein sehr delikater Gegenstand. Bismarck nahm die Warnung ernst und richtete seine Politik entsprechend ein. Lord Lyons notierte zu den französischen Kompensationsforderungen: „Ich höre, in Frankreich ist jedermann von der Idee besessen, dass das Land keine Verteidigungsmittel besitzt (bei 600.000 Soldaten) und das die gegenwärtig beratende Budgetkommission die notwendige Vermehrung der Streitkräfte auf mindestens 400.000 Mann einschätzt. Die Franzosen waren solange daran gewöhnt, von schwachen Staaten umgeben zu sein, daher betrachten sie die bloße Nachbarschaft einer gleich starken Macht, schon als eine Bedrohung ihres Landes.“

Im März kam dann das Gerücht vom bevorstehenden Verkauf Luxemburgs durch den Großherzog. Es bewahrheitete sich sehr schnell. Lord Stanley, der dazu neigte, sich neutral zu halten, akzeptierte das französische Recht zum Erwerb und gab dies den französischen Botschafter auch entsprechend zu erkennen. Gegenüber den preußischen Botschafter Bernstorff versuchte er zu vermitteln. Just zu diesem Moment wurde der Öffentlichkeit die Schutz- und Trutzbündnisse des Norddeutschen Bundes mit den Süddeutschen Staaten bekannt. Als Lord Stanley von Bismarck dahingehend aufgeklärt wurde, das seit einiger Zeit zwischen Frankreich und Preußen bereits hierüber verhandelt würde, Napoleon III. ganz offenkundig die Geduld verloren hatte und nun mit einem Trick versuchte, Fakten zu schaffen, war dieser bestürzt und stimmte nunmehr Bismarck zu.

Bismarck wandte sich nun an die Öffentlichkeit und sprach am 01.April im Reichstag zu der Thematik. Am 02.April wandte er sich an England, Russland und Österreich als Mitunterzeichner des Vertrages von 1839, ersetzte hierbei voraus, das die belgische und luxemburgische Frage miteinander verkuppelt sind.

Die deutsche Öffentlichkeit reagierte wie erwartet; ein Mittragen des Verkaufs war hier ganz sicher nicht zu erwarten.

Bismarck gab zu verstehen, dass er den Krieg nicht fürchte. Das war natürlich auch an die Adresse Englands gerichtet, damit dieses aus seiner Reserve heraustrat. Lord Stanley ließ sich aber nicht beeindrucken und ließ sich schon gar nicht auf ein Bündnis mit Preußen. Bismarck setzte seine Bemühungen noch eine Zeit, erfolglos, fort.

Inzwischen ließ Napoleon durch agent provcateurs in Luxemburg fleißig zündeln. Bismarck und Napoleon III. bemühten sich nunmehr um die Gunst der Mächte. Es lag Krieg in der Luft.

Anfang April gab der niederländische König seine Absicht auf, Luxemburg zu verkaufen. Nun rückte die preußische Garnison im Herzogtum im Mittelpunkt des Interesses. König Wilhem I. war nicht willens diese abzuziehen; nur war auch klar, dass Napoleon III. sich sicher nicht eine einseitige Demütigung gefallen lassen würde.

Es war der Zeitpunkt gekommen, wo England aus seiner Reserve trag, allerdings nicht zugunsten Preußens. Disraeli wies Lord Loftus, britischer Botschafter in Berlin, an, Bismarck wissen zu lassen, das die Weigerung Luxemburg zu räumen, nur so verstanden würden könne, das Preußen ein Angriffskrieg gegen Frankreich plane und Luxemburg als Stützpunkt für den Angriff verwendet werden soll. Auch wurde an die französische Flotte erinnert, die den preußischen Handel erheblich schaden könnte. Das hatte Bismarck sicher nicht erwartet gehabt. Aber das reichte der britischen Königin Victoria noch nicht. Sie griff selbst zur Feder und ermahnte Wilhelm I. mit Nachtdruck.

Ende April schlug Peterburg dann eine Konferenz der betroffenen Mächte in London vor. Auf dieser Konferenz wurde dann das Folgende beschlossen. Frankreich darf Luxemburg nicht erwerben, Preußen muss seine Garnison abziehen und die Garantiemächte des Londoner Vertrages von 1839 sollen über die Einhaltung des Vertrages wachen.

Hier hat England dann allerdings den Bock abgeschossen. Man hatte für sich beschlossen, diese Garantie praktisch, obwohl man den Vertrag unterzeichnet hatte, nicht zu gewähren. Lord Stanley fand einen für England angenehmen Ausweg. Es wurde ein „Kollektivgarantie“, das bedeutet, im Streitfalle, müsse ein Beschluss aller beteiligten Mächte herbeigeführt werden. Im Klartext: Diese Garantie war nicht viel wert.

Als Quelle dienten unter anderen, Oncken, Rheinpolitik, Bismarck Gesammelte Werke Bände IV - VI
 
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