Armer Konrad
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Da die Strafen von den weltlichen Autoritäten verhängt und vollstreckt wurden, muss man erst einmal davon ausgehen, dass keinerlei theologische Begründung vonnöten war.
Meine bisherigen Recherchen haben auch nichts in diese Richtung ergeben, vielmehr lese ich:
"Zauberei und Aberglauben beherrschten das (christliche!) frühe Mittelalter. Auf Zauberei stand, jedenfalls in schweren Fällen, damals bis in die frühe Neuzeit die Strafe des Verbrennens, die den Missetäter vollständig auslöschen und ein Wiedergängertum verhindern sollte."
Rechtsgeschichte
"Beim strafweisen Verbrennen von lebenden Missetätern oder von Leichen erkennt man als Grund oft deutlich die Absicht, den Toten unschädlich zu machen. So ist das Verbrennen von Hexen, Zauberern, Wiedergängern und Selbstmördern (s. d. u. Nachzehrer) aufzufassen..." (Handlexikon des deutschen Aberglaubens, Stichwort "Leichenverbrennung")
"Wie man in den Notfeuern (s. d.) Seuche und Pest, in den Jahresfeuern (s. d.) die schädigenden Feinde der jungen Saat verbrannte, so wurden später Ketzer und Hexen dem Feuer überantwortet, nicht so sehr, um ihnen einen möglichst qualvollen Tod zu bereiten, sondern vor allem, um mit der völligen Zerstörung ihres Leibes jedwede zauberische Nachwirkung zu unterbinden." (Handlexikon des deutschen Aberglaubens, Stichwort "verbrennen")
Da die Zunft der Theologen bekanntlich seit jeher sehr schreibfreudig war, sollte es nicht schwer sein, die von @-muck- und Dir postulierten Begründungen in einschlägigen theologischen Schriften aufzufinden. Dann lasse ich mich gern überzeugen.
Die Antiketzergesetze von 1224 von Friedrich II, welche vom Papst genehmigt wurden und für Ketzer den Feuertod vorsahen, kamen noch ganz ohne Zauberei aus, ebenso deren Vorläufer, die Ketzergesetze von Peter II von Aragon von 1198. Auch dort wird mit dem Feuertod gedroht, aber von Magie ist keine Rede. Dass in der Antike / Spätantike Magier verbrannt wurden, ist nach meinem Empfinden kein Hinweis, da der Feuertod in jener Epoche auch für andere Verbrechen angewandt wurde.
Dass mit der Verbrennung von Schadens-Zauberer (nur diese wurden hingerichtet, nicht die "guten" Zauberer und Hexen) Wiedergänger verhindert werden sollten, sehe ich zum Mindesten für das Mittelalter nicht gegeben - auch wenn das eine spannende Idee von George Martin für die Regionen jenseits der Mauer in "Game of Thrones" ist -
Ich sehe hier eher die Vorstellung von der "reinigenden Kraft" des Feuers am Werk - so etwa auch im Umstand, dass auch Verstorbene, welche posthum in den Verdacht der Ketzerei gerieten, wieder ausgegraben und nachträglich verbrannt wurden. Was hier auf den ersten Blick als ein Auswuchs des Wiedergänger-Aberglaubens ausgelegt werden könnte, wurde hautpsächlich von Inquisitoren angeordnet, welche eines Aberglaubens zum Mindesten dieser Richtung völlig unverdächtig sein dürften.
Da ich, wie weiter oben ausgeführt, die Hexenprozesse als erweiterte Ketzerprozesse (in welcher die Zauberei als Beweismittel für Teufelsanbetung diente) interpretiere, gehe ich davon aus, dass die theologische Begründung für den Feuertod von Ketzern eben auch auf die Hexen angewandt wurde. Jedenfalls ist es offensichtlich, dass im Mittelalter die Hinrichtungsart des Verbrennens bei lebendigem Leib, abgesehen von Urkunde- und Münzfälschern, ausschliesslich Ketzer und Hexen betraf. Und Ketzerei wurde eben durch den Feuertod geahndet, von Katharern und Waldensern über Jan Hus zu Giordano Bruno. Als Gregor X 1231 die Inquisition zur einer päpstlichen Institution gemacht hatte, verkündete er: „Die durch Kirche Verurteilten überlassen wir dem weltlichen Gericht, um sie der rechtmässigen Strafe, das heisst dem Feuertod zu unterwerfen. Wenn irgendein Ketzer nach seiner Überführung zur
Kirche zurück kehren will, soll er als würdige Strafe lebenslänglich in den Kerker geworfen werden.“ Der Abschnitt des Johannes-Evangeliums, den muck oben zitiert „Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt" taucht meines Wissens in Inquisitonsakten als Begründung für den Hinrichtungart des Feuertodes auf (muss ich jetzt suchen) und bezieht sich eben nicht auf Zauberei sondern auf Ketzerei. Und wie gesagt, ich bin mucks Ansicht, dass Hexerei als schlimmste Form der Häresie angesehen wurde und als solche von den "normalen" Zauberei-Prozessen zu trennen ist.
Hinrichtungsmethoden, bei denen Feuer oder Wasser eine Rolle spielten, besassen stets einen reinigenden Charakter - und dies galt meiner Meinung nach nicht nur für Ketzer sondern auch für Hexen. Im Inquisitonsbuch von Bernard Gui wird geäussert, dass Unbussferige (Ketzer) verbrannt werden sollen, da es besser sei, wenn der sterbende Körper dem irdischen Feuer anheim fällt als die unsterbliche Seele der Hölle. Auf einem Holzschnitt des späten 15. Jahrhunderts (also zu einer Zeit, als die "klassische" Hexenverfolgung bereits im Gange war)
ist dargestllt, wie ein Ketzer auf dem Scheiterhaufen verbrennt und seine Seele, symoblisiert durch ein Kleinkind, von einem Engel in den Himmel gebracht wird. Auch in diesem Zusammenhang passt die Gleichsetzung der Hinrichtungsmethode von Ketztern und Hexen. Ich gebe allerdings zu, dass die Idee des reinigenden Feuers höchstens im entferntesten Sinn als tehologische Begründung gelten kann, auch wenn sie von Bernard Gui angesprochen wird.
Eine Verbindung zwischen der Anwendung des Feuertodes bei Hexen und Ketzern sehe ich beispielsweie in der von Gregor IX erteilten Bevollmächtigung an Konrad von Marburg, "Teufelsanbeter" ohne Prozess zu verbrennen. Zwar wurden die von Marburg entdeckten "Luziferianer" als Ketzer eingestuft - der Bezug zur späteren Klassifizierung von Hexen als Teufelsanbeter oder "Teufelsbuhlen" scheint mir aber augenscheinlich. Die Verbindung zwischen Ketzerei und Hexerei und deren einheitliche Ahndung durch den Feuertod geht im Übrigen auch aus dem oben angesprochenen Sachsenspiegel hervor (Artikel 13/7) "Swilch christen man ungeloubic ist oder
mit zcoubere umme get oder mit vergifinisse, unde des verwunden wirt, den sal man uf der hurt burnen" - wer vom christlichen Glauben abfällt und mit Zauberei (noch nicht Hexerei) nachweisbaren Schaden anrichtet, muss mit dem Feuertod rechnen. Hier wird also bereits der Zusammenhang mit Ketzerei und Zauberei (der Begriff "Hexerei" taucht meines Wissens erst 1419 bei einem Prozess in Luzern auf) deutlich - ein Zusammenhang, den ich den Scholastikern (insbesondere Thomas von Aquin) mit ihren wissenschaftlichen Begründungen
des Dämonen- und Zauberglaubens unterstelle. Und weil die Teufelsanbetung (inkl. Teufelsbuhlschaft und Teufelsbündnis) wie bei gewöhnlicher Ketzterei den Abfall vom Christentum beinhaltet, wurde Hexerei eben auch von der Inquisition (und nicht nur von weltlichen Gerichten) verfolgt und dementsprechend mit dem für die Ketzerei vorgesehenen Feuertod bestraft. Auch das Verfahrens zum Schuldnachweis - Denunziation, Befrgaung, Befragung unter Androhung der Anwendung von Folter, Zeit zur Reue, "peinliche Befragung" usw. - ist im Übrigen bei Hexen und Ketzern daselbe. Der Feuertod für Hexerei ist derselbe Feuertod wie bei der Ketzerei und die Begründung ist ebenfalls dieselbe.
Thomas von Aquin meint in seiner Summa theolgica: "Was die Ketzer anlangt, so haben sie sich einer Sünde schuldig gemacht, die es rechtfertigt, dass sie nicht nur von der Kirche vermittels Kirchenbannes ausgeschieden, sondern auch durch die Todesstrafe aus dieser Welt entfernt werden. Ist es doch ein viel schwereres Verbrechen, den Glauben zu verfälschen, der das Leben der Seele ist, als Geld zu fälschen, das dem weltlichen Leben dient. Wenn also Falschmünzer oder andere Übeltäter rechtmässigerweise von weltlichen Fürsten sogleich vom Leben zum Tode befördert werden, mit wieviel größerem Recht können Ketzer unmittelbar nach ihrer Überführung wegen Ketzerei nicht nur aus der Kirchengemeinschaft ausgestossen, sondern auch billigerweise hingerichtet werden."
Interessant ist hier vor allem, dass im Mittelalter nicht nur Hexen und Ketzer, sondern auch Münzfälscher auf dem Scheiterhaufen hingerichtet wurden. Aufgrund des Vergleichs von Thomas von Aquino ?