Partisanenkrieg im Ersten Weltkrieg?

Solltest du durch die Blume andeuten wollen, dass mich deine (wie soll ich sagen) Diskussionsweise zu meinen "Lieblingsfakten" geführt haben könnte, so wäre das ein heftiger Irrtum.
Vor 12 Tagen hast du Turgot bei der These unterstützt, dass belgische Soldaten sich auf einen Krieg vorbereiteten und teilnahmen. Hier kam dann die plötzliche Wende.
Wenn es, wie angedeutet wurde, womöglich überall Usus und nicht eigens erwähnenswert war, dass Truppen ihre Zivilkleidung mit sich führen - sei es für die Freizeit, sei es zur Tarnung - wird die Diskussion kompliziert.
Was wohl passiert wäre, wenn ich nicht über Socken und Unterhosen geredet hätte?
 
Was wohl passiert wäre, wenn ich nicht über Socken und Unterhosen geredet hätte?
Oh, du hupfst zurück zur Kleiderfrage - ja, die war trotz ihres Kontexts irgendwie amüsant und blieb ungeklärt: ich weiß bis heute nicht, was 1914 in Sachen Zivilkleidung bei den Kriegsparteien üblich war.
Bin ich jetzt ein revisionistischer Verbrecher, den ein edler Moralritter (nämlich du) zur Strecke gebracht hat?
 
Hältst du es wirklich für lustig anderen irgendwelche Sachen zu unterstellen @dekumatland ? Oh je, du tust mir leid. Das ist ein gaaanz trauriger Diskussionsstil, den du dir angewöhnt hast.
 
Potztausend! @silesia du erschütterst gerade mein staatsbürgerliches Vertrauen in das deutsche Verteidigungsministerium ;):D zu diesem und dessen wohldurchdachten und wie ich hoffe hieb- und stichfesten Ausführungen führt der Link
Kapierst du echt nicht, dass 1914 ein anderes Perfidieverbot galt als das Perfidieverbot nach dem 2. Weltkrieg, dass es dort eine Änderung gab? Natürlich verweist das Verteidigunsministerium auf das aktuelle Verbot und nicht auf das vom Stand 1914. Oder geht es dir nur darum recht behalten zu wollen? (Zwinkersmilie, *grins* *grins*)
"Pico scherzando" fehl am Platz.
 
Das ist ein gaaanz trauriger Diskussionsstil, den du dir angewöhnt hast.
Gewohnheiten, vor allem schlechte, wird man nur schwer los. Dessen eingedenk, mache ich auf meine traurige Weise weiter:
1. Trotz großspuriger rhetorischer Posen hat hier noch keiner nachgewiesen, dass Krumeich und Neitzel Revisionisten seien.
2. Juristische Spitzfindigkeiten über den Gebrauch von Begriffen bringen keine Nachweise über den kontrovers diskutierten Umfang des belgischen Widerstands zu Tage.

Mir kommen da meine "Lieblingsfakten" irgendwie thematisch passender vor.
 
MG-Feuer wurde in Löwen von belgischen wie deutschen Zeugen gehört, fraglich ist halt, wer damit geschossen hat. Deutscherseits wurden erbeutete belgische MGs als "Beweis" präsentiert, belgischerseits wurde darauf hingewiesen, dass zu Kriegsbeginn MGs bei der belgischen Armee rar gewesen sei und Zivilisten sowieso damit nicht hätten umgehen können.

Naja, die erbeuteten Waffen als "Beweis" kann man insofern nicht als solchen gelten lassen, weil dass Beutegut aus Lüttich sein konnte, wo sicherlich bei der Kapitulation der Festung Maschinengewehre erbeutet wurden.

Über die Bestände bei der belgischen Armee kann ich nichts sagen, dass Zivilisten das nicht hätten bedienen können, halte ich für unglaubwürdig, insofern in Zeiten der Wehrpflicht ein guter Teil der Zivilisten (inzwischen aus der Resverve ausgeschiedene Kader) eine militärische Ausbildung hatte, auch wenn etwas länger zurückliegend, aber das Maschinengewehr selbst, war ja keine unerhörte technische Neuerung mehr.
Wenn wir die britische "Maxim Gun" mal als Prototypen des modernen Maschinengewehrs betrachten, war das Prinzip seit 1885 in der Welt, das liegt 1914 fast 30 Jahre zurück.
Sicherlich lange genug, dass nach der Adaption in den belgischen Streitkräften aus der Reserve ausgeschiede Kader Erfahrung mit sowas haben konnten.

Es dürfte ziemlich sicher, dass in Löwen im Zeitraum 25.-28. August 1914 auch Belgier Schüsse auf deutsche Soldaten abgegeben haben, das schreibt auch der US-Diplomat Hugh Gibson als Augenzeuge unter dem Datum 28. August:

Davon ist, denke ich schon auf Grund der Zahl der Toten und Verletzen auszugehen. Natürlich kam es vor allem in der Frühphase des Krieges bei unerfahrenen Soldaten immer wieder zu friendly fire, das ist völlig klar, aber 240 Tote und Verletzte wären da schon außergewöhnlich hohe Zahlen, wenn man bedenkt, dass in der Regel irgendwem relativ schnell aufgefallen sein dürfte, dass da die eigenen Truppen schießen und man auf sich aufmerksam macht um sie zu Einstellen des Feuers zu bewegen.
Wenn da mal ein oder zwei Dutzend Tote/Verletzte anfielen, in Räumen, wo sich die eigenen Truppen mit sehr nervösen Zeigefingern unerwartet über den Weg liefen, das würde ich für plausibel halten. Aber 240 ist ein bisschen viel.

Wobei das natürlich nicht klärt wer dann zuerst geschossen und die Sache losgetreten hat.
Das können natürlich irgendwelche betrunkenen deutschen Truppen gewesen sein, keine Frage.

Was aber allerdings zeigen würde, wenn es tatsächlich zu Gefechten zwischen Belgiern und Deutschen in Leuven gekommen ist, wäre, dass da zum einen irreguläre belgische Kämpfer am Werk waren (die Armee war ja bereits tage vorher aus der Stadt abgezogen) und dass die Entwaffnung irregulärer begischer Kräfte und Zivilisten in Leuven durch die belgischen Behörde selbst dann wohl eher halbherzig war.

Wobei das Vorhandensein belgischer irregulärer Kämpfer in Leuven allein natürlich noch kein letztendlicher Beweis dafür ist, dass sich diese nicht an die Spielregeln (Erkennbarkeit als Kombattanten) hielten, wobei der Verdacht angesichts des Umstands, dass sie sich in einer seit Tagen von den deutchen besetzten Stadt bewegen konnten, allerdings naheliegt.
 
Wer, wie Keller, behauptet, dass die deutschen Truppen Recht hatten, wenn sie Zivilisten erschossen und Dörfer und Städte niederbrannten, dann ist das Revisionismus, denn die herrschende wissenschaftliche Meinung sagt: Sie waren, von wenigen Fällen abgesehen, nicht im Recht.

Aber vielleicht ist das nicht einmal Revisionismus, weil sich die Behauptung Kellers ausschließlich auf Aussagen deutscher Soldaten stützt, die sich ihres regelwidrigen Tuns bewusst waren und sich daher nicht selbst belasten wollten – sie wurden bei der Befragung auch entsprechend instruiert. So kamen z.B. ins Weißbuch nur jene Aussagen, die die deutsche Propaganda stützten.

Ich und andere haben aber mehrere Fälle genannt, die beweisen, dass es unrechtmäßige Taten deutscher Soldaten gab, die aber genau deswegen nicht ins Buch schafften und nach dem Krieg nur per Zufall vor Gericht kamen, z.B. wenn die Presse davon erfuhr.
 
widerleg´ mit doch bitte diese beiden Sätze:
1. Trotz großspuriger rhetorischer Posen hat hier noch keiner nachgewiesen, dass Krumeich und Neitzel Revisionisten seien.
2. Juristische Spitzfindigkeiten über den Gebrauch von Begriffen bringen keine Nachweise über den kontrovers diskutierten Umfang des belgischen Widerstands zu Tage.
wenn dir das gelingt, ist dir eine immense Kaskade von Bewunderung-Smilies sicher!
 
Nachdem ich inzwischen einige belgische Texte gelesen habe, komme ich zur folgenden Ansicht:
Es gab in den noch nicht okkupierten Gebieten Belgiens eine Zeitlang kämpfende Verbände, die nicht aus Soldaten der regulären Armee bestanden und die eine ihren Möglichkeiten angepasste und für den Gegner oft unangenehme Taktik betrieben. Das war ein kunterbunt uniformiertes Gebilde aus Gendarmerie (Belgien) – Wikipedia , Garde Civique und in den Quellen als "vrijwilligers/volontaires - Freiwillige" bezeichnete, von denen einige eventuell schlecht oder gar nicht uniformiert waren.
Man kann mindestens Letztere, je nach Sichtweise, als Franktireurs im Sinne von 1870/71 oder als Landsturm/Landwehr/Territorialarmee bezeichnen, die sich quasi im Niemandsland vor der zurückgezogenen regulären belgischen Armee befanden.
In Ost- und Westflandern wurden alle diese Einheiten am 22.8.1914 unter das regionale Kommando von Generalleutnant Clooten gestellt. Die Freiwilligen bildeten dabei 4 Brigaden an unterschiedlichen Standorten.
So schreibt z.B. der Genter Julien D. Martens in seinen Notizen, dass in Gent die Kriegsfreiwilligen vor dem 21. August im Citadelpark in zivilen Kleidern trainierten, diese Freiwilligen jedoch bald nicht mehr vor Ort gewesen seien. Er schreibt weiter, dass die Polizei ebenfalls Freiwillige rekrutiert hätte. Die Kriegsfreiwilligen tauchen in seinen Notizen etwas später beim Gefecht von Kwatrecht, Melle, einem Vorort von Gent am 7.9. wieder auf, ohne dass beschrieben wird, ob sie inzwischen uniformiert wurden.
https://openjournals.ugent.be/gt/article/id/68720/download/pdf/
Bilder dazu in: Kwatrecht, Duits kerkhof te Kwatrecht-Melle uit 1914

Auf deutscher Seite sah man in dieser Gegend kämpfende Zivilisten. Von Böhn, IX. Reserve-Korps (derselbe Verband wie in Löwen), schrieb einen Brief an den Bürgermeister von Gent:
Herr Bürgermeister,
Ich erhielt die Nachricht, dass die Garde Civique in Gent erneut bewaffnet würde. Ich sehe also, dass ich mich bei meiner Ankunft in Gent mit dem Widerstand dieser Bürgerwehr und, wie ich in den letzten Tagen erlebt habe, auch mit dem der Bevölkerung auseinandersetzen muss.


In der Stadt hingen Proklamationen des Innenministeriums u.a. mit dem Satz:
Ein Bürger, der auf den Feind schießt, begeht eine rücksichtslose Tat, indem er seine nächsten Verwandten und Mitbürger, Frauen und Kinder, dem Untergang aussetzt.

Ich fand in den belgischen Texten Bezeichnungen wie "Guerre d'embuscade" bzw. hinderlagenoorlog (Hinterhaltkrieg), in deren Beschreibung ich bisher nicht viel hinterhältiges fand, sondern vor allem eine hinhaltende militärische Taktik aus geschützten Stellungen. Dort wo man den deutschen Vormarsch effektiv verlangsamen wollte, bezweifle ich den Einsatz unerfahrener Freiwilliger.
Falls dies trotzdem der Fall war und diese Freiwilligen keine Uniform trugen, kann man vielleicht darüber diskutieren, ob das Tragen von zivilen Kleidern beim Schießen aus einer Stellung heraus alleine schon Perfidie ausmacht oder ob dies erst dann zutrifft, wenn durch das Tragen von zivilen Kleidern etwas vorgetäuscht bzw. die andere Seite dadurch getäuscht wurde. Ein Stellung, aus der geschossen wird, ist mMn für den Gegner immer gleich gefährlich, egal wie die Schützen gekleidet sind.

Wurde das Recht auf diese Art von Widerstand auf eigenem, nicht okkupiertem Gebiet höher eingestuft, als die Pflicht dabei immer eine Uniform tragen zu müssen?
Es ist mir aufgefallen, dass wenn in diesen Texten von "Zivilisten" die Rede ist, oft nur Frauen, Kinder und alte Leute gemeint sind oder dann alle, die keine Waffe trugen. Die Frage der Uniform ist kaum ein Thema.
 
Wer, wie Keller, behauptet, dass die deutschen Truppen Recht hatten, wenn sie Zivilisten erschossen und Dörfer und Städte niederbrannten

Verzeihung, wo genau behauptet Keller das expressis verbis? Und wer hier im Forum behauptet derlei?

Ich und andere haben aber mehrere Fälle genannt, die beweisen, dass es unrechtmäßige Taten deutscher Soldaten gab, die aber genau deswegen nicht ins Buch schafften und nach dem Krieg nur per Zufall vor Gericht kamen, z.B. wenn die Presse davon erfuhr.

Du hast vor allem mit der fehlgeleiteten Behauptung Lärm geschlagen, dass der Umstand, dass das Weißbuch eine tendenziöse in keinem Fall objektive Quelle ist, und dass es es deutsche Übergriffe auch ohne irgendeine Art von Provokation (die das deutsche Tun freilich nicht unbedingt legitimierten) gab (was niemand bestritten hat) eine Art Quasibeweis dafür wäre, dass es Kriegsrechtsverletzungen seitens belgischer Partisanen in keinem Fall gegeben habe.

Dieser postulierte Zusammenhang ist in etwa so sinnvoll, als wenn du behauptet hättest "Nachts ist es kälter als draußen".
 
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