Woher kamen die Seevölker?

Bedenkt man die verschiedenen Sprachen, so kann man bei Luwiern und Hethitern vermutlich von zwei Völkern (oder Ethnien) ausgehen. Wie uhr Verhältnis zueinander war, entzieht sich unserer Kenntnis.

Richtig, das wissen wir nicht. Die Sprachen sind aber meines Wissens nicht allzu weit entfernt. Und die Hethiter benutzten das Luwische sehr viel. Das wäre ungewöhnlich, wenn die Luwier einfach nur einmal von den Hethitern eroberte Leute gewesen wären. Wobei es sowieso sehr seltsam ist, warum die Hethiter zwei Sprachen und zwei Schriftsysteme verwendeten: Luwisch und Hethitisch, Keilschrift in Hethitisch und Hieroglyphen in Luwisch. Und oftmals beides gleichzeitig, z.B. auf Siegeln.
 
Schweine und Rinder, Fortsetzung zu #248:

Ein neuer Aufsatz, der die Umwälzungen zum Ende der Bronzezeit mit Tierhaltungen in Kontext setzt, um die Veränderungen nachzuvollziehen.

Meiri et. al., Eastern Mediterranean Mobility in the Bronze and Early Iron Ages: Inferences from Ancient DNA of Pigs and Cattle
Nature, Scientific Reports, online 6.4.2017
Hier verfügbar:
http://download.springer.com/static...066f1965c36847cf9e3e9399bff16886fac89de29fa69

Abstract:

"The Late Bronze of the Eastern Mediterranean (1550–1150 BCE) was a period of strong commercial relations and great prosperity, which ended in collapse and migration of groups to the Levant. Here we aim at studying the translocation of cattle and pigs during this period. We sequenced the first ancient mitochondrial and Y chromosome DNA of cattle from Greece and Israel and compared the results with morphometric analysis of the metacarpal in cattle. We also increased previous ancient pig DNA datasets from Israel and extracted the first mitochondrial DNA for samples from Greece. We found that pigs underwent a complex translocation history, with links between Anatolia with southeastern Europe in the Bronze Age, and movement from southeastern Europe to the Levant in the Iron I (ca. 1150–950 BCE). Our genetic data did not indicate movement of cattle between the Aegean region and the southern Levant. We detected the earliest evidence for crossbreeding between taurine and zebu cattle in the Iron IIA (ca. 900 BCE). In light of archaeological and historical evidence on Egyptian imperial domination in the region in the Late Bronze Age, we suggest that Egypt attempted to expand dry farming in the region in a period of severe droughts."
 
Zangger schätzen viele als absonderlich bis abwegig ein, manche sogar als durchgeknallt, aber Woudhuizen hat ordentliche und beachtete Publikationen herausgebracht:

3,200-Year-Old Stone Inscription Tells of Trojan Prince, Sea People

Nun behaupten beide, eine luwische Inschrift entziffert zu haben, die bereits 1878 entdeckt worden ist. Diese soll von einem "trojanischen Prinzen" Muksus, den Seevölkern und einer Kampagne handeln. Davon berichtet immerhin die LiveScience, s.o.
 
Zuletzt bearbeitet:
Sorry, da ist LiveScience offenbar der vor einigen Tagen plazierten Buchwerbung von Zangger aufgesessen.
 
Oh, das sollte keine Korrektur sein. Mir war nur beim Nachdenken über die Konsequenzen für die Geschichte der Arzawa-Staaten aufgefallen, dass der (mir woanders vorgekommene Vorname) auch die Bezeichnung Phrygiens als Muški erklären könnte. Aber das ist ein anderes Thema und ich war nur neugierig.
 
Nee, war nicht als Korrektur verstanden worden.
Bei Nachsehen ist mir nur aufgefallen, dass hier wohl Werbung der Hintergrund ist. Bin auch darauf reingefallen.

Bei Nachforschen zum Namen - das ist interessant, wenn Woudhuizen dabei ist, der über mögliche Ethnien unter den Seevölkern promoviert hat - dachte ich mehr an Mukish/Muksh/Muksus?, 200 Jahre zuvor.
 
Ob ein Raubzug nach Askalon wirklich alles erklären kann? Ich habe da Zweifel, sehe es eher als Puzzlestück, vielleicht sogar eine Ecke, aber das Bild dürfte komplexer sein.
 
Und weiter geht‘s mit Zangger:

Die Übersetzung der luwischen Inschriften hat er in dem („peer-reviewten“) Fachblatt Talanta - Proceedings of the Dutch Archaeological and Historical Society eingestellt. Die letzte Ausgabe der Jahresschrift stammte von 2014/15, nun folgt nach Reanimation der Jahrgang 2018.

Bemerkenswert ist dabei das Vorwort: hingewiesen wird auf die Skandale und Fakes des Forschers, aus dessen Nachlass 2012 die „Abschrift“ der Steininschrift von einem anderen Archäologen stammt (die Inschrift selbst sei nicht erhalten geblieben). Man habe sich entschlossen, die Übersetzung trotz der Bedenken gegen die Authentizität trotzdem abzudrucken, um einer wissenschaftlichen Diskussion Raum zu geben, ob der Text eine Erfindung des verstorbenen Hethiter-Forschers sei, oder eben doch kein Fake.

Zanggers Publikation ist vorab im open access zum download verfügbar:
Talanta - Proceedings of the Dutch Archaeological and Historical Society

Das bemerkenswerte Vorwort für eine wissenschaftliche Publikation:

„Den Redakteuren von Talanta ist bekannt, dass James Mellaart an einer Reihe von Fälschungsfällen beteiligt war, insbesondere an der so genannten Dorak-Affäre (für einen kurzen Überblick siehe z.B, <Dorak affair - Wikipedia >) und an der Veröffentlichung von nicht dokumentierten Wandmalereien und Tafeln von Catalhöyük (für die Bilder und deren (ab)Verwendung siehe z.B. <Marla Mallett Textiles,  Antique Tribal Oriental Rugs, Kilims and Tapestries. Ethnic Textiles from Around the World chupdate.htm>).

Gleichzeitig sind sich die Redakteure von Talanta auch der Tatsache bewusst, dass ernsthafte Zweifel bestehen, ob Georges Perrot 1878 überhaupt in Kleinasien gewesen ist. Wenn also vermeintliche Kopien einer Serie von Zeichnungen luwischer Hieroglypheninschriften, die angeblich von Perrot in Beyköy 1878 angefertigt wurden, im Nachlass von Mellaart auftauchen, dann lassen sie Alarmglocken ertönen - und zwar laut und deutlich.

Trotz aller Bedenken begrüßen die Redakteure von Talanta dennoch die Möglichkeit, die Zeichnungen zu veröffentlichen, indem sie einerseits eine Interpretation von Eberhard Zangger und Fred Woudhuizen präsentieren (jetzt schon online in einer vorläufigen Version), die dies als die am längsten erhaltene luwische Inschrift ansehen, die 1878 gefunden und gezeichnet, aber noch nie veröffentlicht wurde.

Andererseits würden wir uns freuen, die Ansichten derjenigen darzulegen, die die in Mellaarts Nachlass gefundenen Dokumente als Fälschungen bezeichnen.Wir laden daher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler herzlich ein, ihre Ansichten darzulegen,...“

„The editors of Talanta are aware of the fact that James Mellaart has been invol- ved in a series of forgery cases, particularly the so-called Dorak affair (for a brief review on this see, e.g., <Dorak affair - Wikipedia >) and his publication of non-documented wallpaintings and tablets from Catalhöyük (for the paintings and his (ab)use of them see, e.g., <Marla Mallett Textiles,  Antique Tribal Oriental Rugs, Kilims and Tapestries. Ethnic Textiles from Around the World chupdate.htm>). Simultaneously, the editors of Talanta are also aware of the fact that there are serious doubts whether Georges Perrot has been in western Asia Minor in 1878 at all. If, then, supposed copies of a series of drawings of Luwian hieroglyphic inscriptions, allegedly made by Perrot at Beyköy in 1878, surface in the estate of Mellaart, it makes alarm bells go off – and, indeed, they did go off in our of ces, loudly and clearly.
In spite of all concerns, the editors of Talanta nevertheless welcome the possibi- lity to publish the drawings, on the one hand presenting (now already online in a preliminary version) an interpretation by Eberhard Zangger and Fred Woudhuizen, who see this as the longest surviving Luwian inscription, found and drawn in 1878 but as yet never published. On the other hand we would gladly welcome to present the views of those arguing the documents found in Mellaart’s estate are forgeries. We, therefore, cordially invite scholars to present their views,...“


 
das ist ja spannend wie ein Kriminalfall

ich find nirgendwo die Übersetztung selber, immer nur Verweise
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich lese gerade das neue Buch (ISBN 978-3-280-05647-9) von Eberhard Zangger „Die Luwier und der Trojanische Krieg“ nach dem das Rätsel der Seevölker, die den Untergang der Bronzezeit im östlichen Mittelmeerraum verursachten, gelöst ist.

Ein schon 1878 entdecktes, im Fundament einer Moschee verbautes, ursprünglich 30 Meter langes und 30 Zentimeter hohes Fries mit einer Inschrift, verfasst im Auftrag des Großkönigs Kupanta-Kurunta von Mira in 2 bis 5 Zeilen luwischer Hieroglyphen soll bezeugen, dass sich hinter den Luwiern die Seevölker verbergen.

Attatürk soll dank eines weiteren Schriftfundes bereits um 1930 von der Bedeutung der westkleinasiatischen Kulturen gewusst haben, aber da er gerade die von den Luwiern besiegten Hethiter zum Rollenbild des türkischen Staates erklärt hatte, die weitere Beschäftigung mit dieser Kultur als „nicht im öffentlichen Interesse“ untersagt haben.
 
Siehe oben ab #284.

Die einfachen Botschaften (überraschende Rätsellösung, Verschwörung) laufen seit der Ankündigung des Buches auf Hochtouren.

Ich warte deshalb erstmal, was Reviews mit Expertise ergeben.
 
Zumal es sich nach dem mir bisher bekannten sowieso nur um einen Schein dass handelt. Sprich, er behauptet nur, dass etwas bewiesen ist, obwohl die Quellenaussage nichts mit der Frage zu tun hat. Mal abwarten, wie die Übersetzung den nun tatsächlich aussieht.
 
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