Reichstag Böhmen Kurfürst Wahl des Kaisers

spassig

Neues Mitglied
Hallo
Lese in einem Buch über den Dreißigjährigen Krieg, dass im 17. Jahrhundert sieben Kurfürsten im Reichstag saßen die den deutschen Kaiser wählten. Der böhmische Herrscher zählte auch zu diesen Kurfürsten, aber er saß nicht im Reichstag.
Kann jemand diesen Sachverhalt etwas näher erläutern oder einen Link posten wo ich das nachlesen kann.
Meine Suche im www war bisher nicht erfolgreich.

Jochen
 
Wie kommst du dadrauf, dass der König von Böhmen nicht im Reichstag saß? Die meiste Zeit fiel der Titel des Königs von Böhmen jedoch an einen Herrscher außerhalb Böhmens (Luxemburg, Habsburg), so dass man mehrere Titel in Personalunion führte. Seit der Goldenen Bulle von 1378, war festgelegt welche sieben Kurfürsten - gänzlich unabhängig vom Reichstag - den Kaiser wählten. Der "Kreis der Wahlberechtigten" erweiterte sich 1648 mit Bayern auf acht und 1692 mit Hannover auf neun.
 
Da es sich ganz konkret, um den dreißigjährigen Krieg handelt, könnte auch Friedrich V. von der Pfalz als protestantischer böhmischer König eine Rolle spielen. Wenn ich mich richtig erinnere, wurde die Pfälzer Kurwürde nach der Schlacht am Weißen Berg von Bayern reklamiert, bevor im Westfälischen Frieden die achte bayrische Kurwürde geschaffen wurde. Böhmen sah in der Folge eine strenge Rekatholisierung mit Enteignungen des protestantischen Adels. Möglich, dass durch diese chaotischen Umwälzungen zeitweilig keine böhmische Vertretung im Reichstag war. Selbst in relativ friedlichen Zeiten hat der Reichstag nicht sonderlich gut funktioniert. Ich weiß nicht, in wie weit er während des 30-jährigen Krieges überhaupt funktionsfähig war.
 
Zuletzt bearbeitet:
@Ugh Valencia.
Danke für Feedback.
Der Originalsatz steht im Buch von Christian Pantle, Der Dreißigjährige Krieg auf Seite 21. Er lautet.
Zitat:
Zum Pulverfass entwickelte sich dagegen ein Land, ..... das Königtum Böhmen. sein Herrscher zählte zu den sieben Kurfürsten, die den deutschen Kaiser wählten. Gleichzeitig saß er als einzigster Kurfürst nicht im Reichstag.
Der Hinweis zu Friedrich V hilft evtl. Werde mal bei Wikipedia Details lesen.
Jochen
 
Da es sich ganz konkret, um den dreißigjährigen Krieg handelt, könnte auch Friedrich V. von der Pfalz als protestantischer böhmischer König eine Rolle spielen. Wenn ich mich richtig erinnere, wurde die Pfälzer Kurwürde nach der Schlacht am Weißen Berg von Bayern reklamiert, bevor im Westfälischen Frieden die achte bayrische Kurwürde geschaffen wurde. Böhmen sah in der Folge eine strenge Rekatholisierung mit Enteignungen des protestantischen Adels. Möglich, dass durch diese chaotischen Umwälzungen zeitweilig keine böhmische Vertretung im Reichstag war. Selbst in relativ friedlichen Zeiten hat der Reichstag nicht sonderlich gut funktioniert. Ich weiß nicht, in wie weit er während des 30-jährigen Krieges überhaupt funktionsfähig war.

Soweit mir bekannt ist, war es zudem nicht "legal", dass ein einzelner Fürst über mehr als eine Kurstimme verfügte, was die Anerkennung Friedrichs V. (war er zu dem Zeitpunkt schon gewählt?) extrem problematisch machen musste, weil er damit die Kurstimmen der Kurpfalz und Böhmens auf sich vereinigt hätte.

Insofern war er möglicherweise nur als Pfalzgraf und damit Vertreter der pfälzischen Kur im reichstag vertreten, wärend die Frage der Sukzession in Böhmen einige Zeit ungeklärt, war.
 
Ich habe bei wiki folgede Aussage gefunden. "Nach dem Ende des Reichstages von 1613 fanden in den folgenden fast drei Jahrzehnten vor dem Hintergrund des Dreißigjährigen Krieges keine Reichstage mehr statt. Im Jahr 1623 rief der Kaiser den von ihm dominierten Regensburger Fürstentag ein. Reste ständischer Repräsentation fanden auch während des Krieges auf einigen Kreistagen der Reichskreise und den Kurfürstentagen von 1619. 1627, 1630, 1636 und 1640 statt."
Das scheint sich hier zu bestätigen.
 
Zum Pulverfass entwickelte sich dagegen ein Land, ..... das Königtum Böhmen. sein Herrscher zählte zu den sieben Kurfürsten, die den deutschen Kaiser wählten. Gleichzeitig saß er als einzigster Kurfürst nicht im Reichstag.
Neben dem Reichstag gab es als Reichsversammlung noch den Reichskreistag der ab 1512 zehn Reichskreise. Böhmen gehörte keinem Reichskreis an und nahm somit an keiner dieser Veranstaltungen teil. Vielleicht meinte Pantle das damit? Aber warum hat er es dann nicht geschrieben? Das Zitat ergibt für mich so keinen Sinn.
 
Neben dem Reichstag gab es als Reichsversammlung noch den Reichskreistag der ab 1512 zehn Reichskreise. Böhmen gehörte keinem Reichskreis an und nahm somit an keiner dieser Veranstaltungen teil. Vielleicht meinte Pantle das damit? Aber warum hat er es dann nicht geschrieben? Das Zitat ergibt für mich so keinen Sinn.

Für mich auch nicht, da das weder ein Alleinstellungsmerkmal war (die Böhmichen Nebenländer und die schweizer Stände waren in den Reichskreisen immerhin ebenfalls nicht vertreten) als auch die Reichskreise mit der Kaiserwahl eigentlich nichts zu tun hatten.
 
Ist das möglicherweise eine Verwechslung mit der frühen Regelung, nach der der König von Böhmen bei der Wahl des Kaisers kein Stimmrecht hatte?

Allerdings hieß es, wie von Lafayette bereits angesprochen, bereits im Sachsenspiegel:
In des keyseres kore sol die erste sin der biscoph von Trire; die andere die bischoph von Megenze, die dritte der bischoph von Colne. Under den leien is der erste in deme core der palanzgreve vonme Rine, des riches druzte; die andere die marschalk, der herzoge von Sassen; die dritte die kemerere, der markgreve von Brandenburch. Die schenke des riches, der küning von Beemen, der ne hat nichenen kore, durch daz her nich dudisch nis.
Hier wird also bereits der Markgraf von Brandenburg erwähnt, kann also nicht erst eine Erfindung Karls IV. gewesen sein. Der König von Böhmen wird trotz seines Reichserzmundschenkamtes verworfen, weil er nicht deutsch sei. Karl IV. scheint doch eher nur aufgegriffen zu haben, was bereits üblich bzw. zumindest in Diskussion war.

Die Annales Stadenses aus der Mitte des 13. Jhdts. lauteten ähnlich:
Ex praetaxatione principum et consensu eligunt imperatorem Treverensis, Moguntinus et Coloniensis. [...] Palatinus eligit, quia dapifer est, dux Saxoniae, quia marscalcus, et margravius de Brandenburg, quia camerarius. Rex Boemiae, qui pincerna est, non eligit, quia Teutonicus non est.
Hier werden also ebenfalls neben den drei geistlichen Kurfürsten der Pfalzgraf, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg genannt, der König von Böhmen hingegen verworfen, weil er kein "Teutone" sei.

Im Grunde stand das Kollegium also bereits spätestens Mitte des 13. Jhdts., also hundert Jahre vor Karl IV., fest; nur zum König von Böhmen gab es kritische Stimmen, was aber zeigt, dass er grundsätzlich ebenfalls bereits damals als Wähler galt.

Allerdings waren das Regelungen, die bis zum 13. Jhdt. galten und somit 400 Jahre vor dem 30-jährigen Krieg.

Laut Wiki, aber ohne Quellenangabe, ist diese Regelung wohl schon ab 1252 nicht mehr angewendet worden:

Um 1230 stellte der Sachsenspiegel des Eike von Repgow fest: „Bei des Kaisers Kur soll der erste sein der Bischof von Mainz, der zweite der von Trier, der dritte der von Köln.“[1] Dann folgen die drei weltlichen Fürsten. Dem König von Böhmen spricht das Werk das Wahlrecht noch ausdrücklich ab, „weil er kein Deutscher ist“. Neuere Theorien gehen davon aus, dass er erst ab 1252 zu den Königswählern gezählt wurde, als das Kurkollegium sich als alleinige Wahlinstanz durchgesetzt hatte und Pattsituationen vermieden werden sollten.

Kurfürst – Wikipedia
 
Ich habe gerade keine Literatur zur Hand, ich bin mir aber ziemlich sicher, das weder die Böhmischen Stände und Städte, noch der König am Reichstag des HRR teilnahm, Böhmen organisierte sich genau wie z.B. Ungarn in eigenen Landtagen, auch wenn diese Länder meist in Personalunion mit dem Reich geführt wurden.
Bei der Kaiserwahl 1619 war Böhmen auch vertreten, zu diesem Zeitpunkt war offiziell noch Ferdinand König von Böhmen, selbst die Pfälzer Delegation stimmte für Ferdinand, während fast zeitgleich Friedrich von der Pfalz die Wahl zum König von Böhmen durch die Stände annahm.
Das alles schreibe ich nur aus meiner Erinnerung, ich werde noch mal schauen ob ich Literatur dazu finde.
 
noch der König am Reichstag des HRR teilnahm
Der König von Böhmen war ein Kurfürst des Reiches. Alle sieben Kurfürsten - auch der König von Böhmen - bildeten eine eigene Kurie im Reichstag.

Böhmen organisierte sich genau wie z.B. Ungarn in eigenen Landtage
Auch in Bayern z.B. nannte sich die regionale Ständeversammlung "Landtag", ohne dass dies den Herzog/Kurfürst daran gehindert hätte an einem Reichstag teilzunehmen.
 
Ich habe hier einen Hinweis gefunden, dass Böhmen seit Ende des Böhmisch-Pfälzischen Krieges bis 1705 tatsächlich nicht im Reichstag vertreten war.

und hier ein weiterer, dass Böhmen nur dejure Mitglied war, defacto jedoch nicht teilnahm.
"Spätestens nach 1519 beschränkte sich die Rolle Böhmens nur noch auf die Kur. Die Gravamina König Ferdinands I. auf dem Reichstag von 1545 (abgedruckt im Anhang 609 f.) bestritten überhaupt die Lehensabhängigkeit und Reichszugehörigkeit Böhmens. Daraus resultierte letztlich, dass dem böhmischen König bald nur noch eine formale Einsichtnahme in die Wahlkapitulationen ermöglicht wurde, die die anderen Kurfürsten erstellt hatten. Zu den kurfürstlichen Beratungen wurde er nicht mehr zugelassen."

Danke für's hartnäckig bleiben. Ich hätte nicht gedacht, dass Theorie und Praxis so weit auseinanderlagen. Wieder was, dazu gelernt.
 
Dass mit dem Landtag und dem Reichstag ist kein Widerspruch. Der Landtag betraf das Land, die Landstände und den Landesfürsten. Der Reichstag betraf dagegen das Reich. Wenn der Landesfürst zugleich ein Reichfürst war, war seine Teilnahme am Reichstag völlig verständlich. Wenn jemand in mehreren Ländern der Landesfürst war und wenigstens eines dieser Länder zum Heiligen Römischen Reich gehörte, also auch ein Reichsland war, war er für dieses auch ein Reichsfürst. Kompliziert war nur, dass landesfürstliche und reichsfürstliche Interessen einander ausschließen konnten beziehungsweise Länder, die nicht auch zum Reich gehörten, überhaupt keinen Grund hatte, eine reichsfürstliche Politik zu betreiben. Und für eine einheitliche Herrschaft einzelner Länder und dem Zusammenhalt war das ebenfalls ungünstig, ebenso das Problem mit unterschiedlichen Rechtssystemen.

Ich habe allerdings den Eindruck, dass das bis heute eher als Problem nicht wirklich erkannt wird.
 
Ich habe hier einen Hinweis gefunden, dass Böhmen seit Ende des Böhmisch-Pfälzischen Krieges bis 1705 tatsächlich nicht im Reichstag vertreten war.

und hier ein weiterer, dass Böhmen nur dejure Mitglied war, defacto jedoch nicht teilnahm.
"Spätestens nach 1519 beschränkte sich die Rolle Böhmens nur noch auf die Kur. Die Gravamina König Ferdinands I. auf dem Reichstag von 1545 (abgedruckt im Anhang 609 f.) bestritten überhaupt die Lehensabhängigkeit und Reichszugehörigkeit Böhmens. Daraus resultierte letztlich, dass dem böhmischen König bald nur noch eine formale Einsichtnahme in die Wahlkapitulationen ermöglicht wurde, die die anderen Kurfürsten erstellt hatten. Zu den kurfürstlichen Beratungen wurde er nicht mehr zugelassen."

Danke für's hartnäckig bleiben. Ich hätte nicht gedacht, dass Theorie und Praxis so weit auseinanderlagen. Wieder was, dazu gelernt.

Wahnsinn. Aber wenn ich mir die Kaiserwahlen anschaue, hat doch der Kurfürst von Böhmen regelmäßig teilgenommen? Widerspricht das dem nicht etwas?
 
Kompliziert war nur, dass landesfürstliche und reichsfürstliche Interessen einander ausschließen konnten beziehungsweise Länder, die nicht auch zum Reich gehörten, überhaupt keinen Grund hatte, eine reichsfürstliche Politik zu betreiben. Und für eine einheitliche Herrschaft einzelner Länder und dem Zusammenhalt war das ebenfalls ungünstig, ebenso das Problem mit unterschiedlichen Rechtssystemen.

Ich habe allerdings den Eindruck, dass das bis heute eher als Problem nicht wirklich erkannt wird.

Warum sollten Länder, wenn sie selbst nicht dem Reich angehören, aber in Personalunion von einem Reichsfürsten regiert werden keinen Grund haben auf Basis des innerhalb des Reiches gelegenen Territoriums Politik zu betreiben?

Ich würde an der Stelle die Könige von Dänemark, als in Personalunion auch Herzöge von Holstein bemühen wollen. Warum sollte man dänischerseits kein Interesse daran gehabt haben seinen Einfluss auf die Norddeutschen Reichsstände auszubauen und später eine aktive Rolle innerhalb des niedersächsischen Reichskreises zu spielen?

Sicherlich war das einerseits eine kostspielige Angelegenheit und stärkte die herrscherdynastie gegenüber den eigenen Ständen, wenn diese im "Ausland" noch über eine eigene Machtbasis verfügte. Anderereseits, erhöhte es aber das Gewicht des gesamten Verbundes und brachte den regenten in anderer Weise wieder in Abhängigkeit der eigenen Stände, auf deren Kooperation er bei solche einem Unternehmen angewiesen war.
 
Wahnsinn. Aber wenn ich mir die Kaiserwahlen anschaue, hat doch der Kurfürst von Böhmen regelmäßig teilgenommen? Widerspricht das dem nicht etwas?
Dass war eineseits böhmische Rosinenpickerei. Den Einfluß, der mit der Kurwürde verbunden war, übte der König von Böhmen gerne aus. Den Pflichten, die er als Reichsfürst gehabt hätte (wie z.B. Lehnsbindung, Steuern zahlen, Reichstagsbeschlüsse zu befolgen), versuchte er sich zu entziehen, indem er seine Reichszugehörigkeit bestritt.

Andererseits war das aus der Sicht der anderen Reichsfürsten auch praktisch, um den Einfluß des habsburgischen Kaisers, der ja meist König von Böhmen war, einzuschränken. So arbeiteten diese zusammen und schlossen den König von Böhmen, der sich weigerte, den gegenüber dem Reich bestehenden Verpflichtungen nachzukommen, von den Kurfürsten- und Reichstagen aus. Im Vorfeld einer Wahl war es nun möglich, sich ohne den "Böhmen" zu treffen und über die Wahlkapitulationen zu verhandeln. Sobald die ausgehandelt waren, wurde dem "Böhmen" die formelle Einsichtnahme gewährt. Das war auch notwendig. Schließlich musste dieser jene schriftlich bestätigen.
 
Dass war eineseits böhmische Rosinenpickerei. Den Einfluß, der mit der Kurwürde verbunden war, übte der König von Böhmen gerne aus. Den Pflichten, die er als Reichsfürst gehabt hätte (wie z.B. Lehnsbindung, Steuern zahlen, Reichstagsbeschlüsse zu befolgen), versuchte er sich zu entziehen, indem er seine Reichszugehörigkeit bestritt.

Andererseits war das aus der Sicht der anderen Reichsfürsten auch praktisch, um den Einfluß des habsburgischen Kaisers, der ja meist König von Böhmen war, einzuschränken. So arbeiteten diese zusammen und schlossen den König von Böhmen, der sich weigerte, den gegenüber dem Reich bestehenden Verpflichtungen nachzukommen, von den Kurfürsten- und Reichstagen aus. Im Vorfeld einer Wahl war es nun möglich, sich ohne den "Böhmen" zu treffen und über die Wahlkapitulationen zu verhandeln. Sobald die ausgehandelt waren, wurde dem "Böhmen" die formelle Einsichtnahme gewährt. Das war auch notwendig. Schließlich musste dieser jene schriftlich bestätigen.

Die Vorbehalte gegen eine böhmische Kurstimme stammten zum Teil aber schon aus dem 13. Jahrhundert, sprich aus einer Zeit, die mit einem übermächtig zu werden drohenden Habsburg überhaupt noch nichts zu tun hatte.

Prinzipiell ist die Argumentation, dass Böhmen gar nicht zum Reich gehörte auch auf Grund der böhmischen Königswürde gar nicht so unplausibel, wie sich das auf den ersten Blick annimmt, immerhin stand der böhmische König damit formal dem im Reich gewählten König zunächst einmal gleich, so lange der Papst in Sachen Kaiserkrönung noch ein Wörtchen mitzureden hatte und das keine bloße Formalie war.

Hätten noch außerhalb des Reiches gelegene Besitzungen zu Böhmen dazu gehört, wäre da in der Interpretation sicherlich der Kunstgriff möglich gewesen, ein Königtum nur für die außerhalb liegenden Besitzungen anzuerkennen, so das innerhalb des Reichsverbands das "Monopol" auf den Königstitel nicht angetastet worden wäre. Wenn nun aber ganz Böhmen im Reich gelegen war, war es mindestens theoretisch auch Reichslehen und der Böhmische König ein Vasall des Deutschen Königs, sofern nicht personell deckungsgleich.

Womit ließe sich so ein Verhältnis unter formal Gleichrangigen aber begründen?

Hätte das mit der Königswürde verbundene Territorium außerhalb des Reiches gelegen, wäre eine solche Vasallität, wie etwa im Hinblick des Königs von Dänemarkt, in einer weiteren Funktion als Herzog von Holstein kein Problem gewesen, sofern diese Herrschaften von einander getrennt waren.

Insofern halte ich die Frage ob Böhmen unter dieser Prämisse, so lange das Kaisertum noch keine vom Papst unabhängige Institution und automatisch mit der Wahl der Kurfürsten verbunden war, überhaupt Teil des Reiches sein konnte, für durchaus plausibel und keineswegs reine Schikane. Das erst recht, wenn man sich das Reich seiner Ursprünglichen Verfasstheit nach nicht als ein in Grenzen abgestecktes Territorium, sondern im besonderen als einen Lehensverband denkt, dessen hierarchische Ordnung durch zwei formal gleichrangige Königtümer im Inneren zwangsläufig durcheinander gebracht werden musste.

Das es auch machtpolitische Vorbehalte der anderen Reichsfürsten hin und wieder gab, ist anzunehmen, würde ich aber auch nicht konkret an Habsburg festmachen, sondern daran, das Böhmen, im Besonderen, wenn man die enge Verbindung zu den mährischen und etwas später schlesischen Nebenlanden hinzuzieht, selbst bereits einen außerordentlichen Machtblock darstellte.
Das Habsburg überhaupt in Kaiserliche Position kann ja ein ganzes Stück weit als reaktion auf die Machtausbildung der Premysliden, im Besonderen Ottokar II. verstanden werden.
 
Prinzipiell ist die Argumentation, dass Böhmen gar nicht zum Reich gehörte auch auf Grund der böhmischen Königswürde gar nicht so unplausibel, wie sich das auf den ersten Blick annimmt, immerhin stand der böhmische König damit formal dem im Reich gewählten König zunächst einmal gleich,
Tat er das? Ein Unterkönigtum war nichts Ungewöhnliches, das gab es z. B. in den angelsächsischen Reichen und auch im Frankenreich. Und als Kaiser Friedrich II. mit dem letzten Babenbergerherzog Friedrich dem Streitbaren über eine Erhöhung der Herzogtümer Österreich und Steiermark zu einem Königreich verhandelte, war dabei wohl kaum ein Ausscheiden aus dem Reichsverband geplant.
 
Tat er das? Ein Unterkönigtum war nichts Ungewöhnliches, das gab es z. B. in den angelsächsischen Reichen und auch im Frankenreich. Und als Kaiser Friedrich II. mit dem letzten Babenbergerherzog Friedrich dem Streitbaren über eine Erhöhung der Herzogtümer Österreich und Steiermark zu einem Königreich verhandelte, war dabei wohl kaum ein Ausscheiden aus dem Reichsverband geplant.

Natürlich gibt es Beispiele, deswegen will ich das auch sicher nicht als Totschlagargument vorgebracht haben, aber daraus resultierten unbestreitbar auch spezifische Probleme. Da muss man, dene ich so weit vom Reich gar nicht weg gehen, sollte reichen einen Blick auf das Arelat zu werfen.

Bedenken wir bei den Beispielen aber auch, dass es sich dabei noch um aus dem Frühmittelalter tradierte Erscheinungen handelt, die im 12. und 13. Jahrhundert schon längst im Niedergang begriffen oder verschwunden waren.

Friedrich II. musste selbstredend nicht, ein Ausscheiden der österreichischen Territorien aus dem Reichsverband anpeilen um das zu verhandeln, wenn er der Meinung war, dass machtpolitisch im Griff behalten zu können. In der Zeit des Interregnums waren die Kräfteverhältnisse aber bekanntlich etwas andere, so das Böhmen bei gleichzeitiger Wahl eines mindermächtigen Reichsfürsten in jedem Fall eine veritable Gegenmacht darstellen konnte, die dann rangmäßig auch zu legitimieren gewesen wäre.

Insofern halte ich das Böhmische Königtum durchaus für ein gutes Argument, vom Standpunkt der Reichsverfassung nach dem Ende der staufischen Herrschaft, Böhmen und die Nebenländer als außerhalb des Reichs befindliche Territorien anzusehen. Wie gesagt nicht als ein Totschlagargument, sondern lediglich als ein Standpunkt.
 
Zurück
Oben