Waren die Wikinger gute Nautiker?

Hallo Reinecke, ich bin ganz neu in diesem Forum. Das Thema dieser Navigationsscheibe (Sonnenscheibe o.ä.) interessiert mich sehr. Ich schreibe nämlich an einem Buch. Es wird ein Fantasieroman, der aber vor einem realen, historischen Hintergrund spielt und der den Alltag auch möglichst gut darstellen soll. Meine Helden sind "Wikinger" und da interesiert mich natürlich, wie sie navigierten. Es geht in meinem Buch nicht um die üblichen "Wikingerkloppereien". Die Christianisierung spielt eine Rolle und Ragnarök, aber unterschwellig das Sterben der Welt, in der noch die letzten freien Menschen lebten, die keinem König dienten. Abenteuer gibt es natürlich auch und ein paar Götter. Wenn sie mir irgendwie weiterhelfen können, wäre ich sehr dankbar.
Falki ist einer meiner Helden im Buch.
Herzliche Grüße, Falki
 
Nun ja,ich halte den Sonnenstein eher für mythologisch
Es gibt im Prinzip zwei mögliche "Sonnensteine"
  • Codierit ,Iolith, oder Dichroit ist ein Cyclosilikat auf Magnesiumbasis ,das unter anderem im Näverberg-Feld etwa 4 km westlich von Falun/Schweden vorkommt und bei einem unbedeckten Himmel selbst wenn die Sonne nicht sichtbar ist wie ein Polarisationsfilter wirkt und entsprechend ausgerichtete Muster zeigt.
  • Calcit oder Kalkspat und andere doppelbrechende Kristalle zeigen durch die Lichtbrechung ebenfalls Polarisationsmuster die in die Richtung der Lichtquelle, also der Sonne weisen.
aber die durch unbearbeitete Mineralien angezeigte Richtung ist so vage,dass sie zu einer brauchbaren Navigation nicht taugt sondern nur ungefähre Anhaltspunkte geben kann . Und bei den dazu nötigen Bedingungen benötigt man keinen Sonnenstein um die Lichtquelle zu orten ,das schafft man mit bloßem Auge Eine Positionsbestimmung der Sonne bei völlig bedecktem Himmel ,Nebel oder Schneetreiben ist jedoch weder mit Hilfe eines Polarisationsfilters noch eines doppelbrechenden Minerals möglich.

Es gibt auch keine zeitgenössische Quellen oder Funde , die zweifelsfrei belegen, dass ein sólsteinn durch die Wikinger an Bord eines Schiffes benutzt wurde.
Die Erzählung,dass Olav der Heilige mit einem sólsteinn die Richtung bestimmt habe scheint eher in den Bereich postumer quasimagischer Legendenbildung zu gehören.
 
Genau das,da waren @fingalo und ich uns ausnahmsweise mal einig :winken:
ich finde nur den thread dazu nicht mehr und da die Frage nun wieder aufkam hab ich es hier nochmal kurz dargestellt.
 
Das findest Du einfach ganz oben, in diesem thread.

Die wesentliche Argumentation bringt fingalo im Wikipedia-Artikel: fehlende Quelle.

Ansonsten wird es demnächst sicher Reaktionen auf die Publikation durch die entsprechenden Fachwissenschaften geben: zu den Materialeigenschaften, und zu der Navigationssimulation.

Der Kern wird sich darauf beziehen, ob es, und mit welchen Abweichungen und Wahrscheinlichkeiten, möglich ist, den Breitengrad zu halten. Eine Abbildung aus der Publikation (blau ist die Sichtbarkeitsgrenze von Grönland, die beiden unterschiedlichen Ballungen von Routen (überwiegend grün, überwiegend rot) beziehen sich auf die Möglichkeiten zur Positionsbestimmung a/b jede Stunde/alle 6 Stunden. s=success in der Simulation. Bei 6-stündigen Intervallen wird es kritisch (s=0,9%).

Die Vergleich ist allerdings bereits aus dem Grund problemmatisch, dass die Wind- und Strömungsverhältnisse im Nordatlantik* "fehlerkorrigierend" wirken. In welchem genauen Umfang, ist unklar, aber der Effekt dürfte erheblich sein. Zum Bild passt hübsch die Signatur:


* die Verhältnisse um 800/1200 wurden vor kurzem einmal angerissen, dazu gibt es einige Untersuchungen ausgehend von der damaligen klimatischen Verhältnissen

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pol.jpg


Anbei ein Bild welches die Auswirkung von Polfiltern zeigt,
.Reflexionen von nichtmetallischen Oberflächen verschwinden,
.die Wirkung ist je nach Einfallwinkel verschieden stark,
.bei 90° 100%, bei 0° %, Verlauf sieht man deutlich auf dem Foto.
Das Licht ist kein direktes Sonnenlicht sondern die Reflexion eines trüben Himmels auf meinem Schreibtisch.
Wir wissen nicht welches Material die Wikinger verwendet haben, wie es bearbeitet und benutzt worden ist,
aber das Prinzip funktioniert und der mehrfache Verweis auf ein Werkzeug, das einen bestimmten physikalische Effekt hervorruft, den man ohne dieses Werkzeug nicht bemerken kann weist IMO darauf hin dass dieses Werkzeug existiert hat.
PS: Und das mit den Längen und Breiten hab ich mir so gemerkt, nix ist so breit wie der Äquator und nix so lang wie von Pol zu Pol.
 
Zaphod, warum denn so pessimistisch ? Ich kann mir das gut vorstellen.
Calcit findet man recht einfach in Island und wohl auch in Norwegen.
Das Fundstück sollte nur ohne grosse Einschlüsse sein, also recht rein, aber Wiki traue ich das schon zu, der ist schlau. Calcit ist relativ weich und man kann ihn schon mit Kupfer bearbeiten.
Man macht auf einer Seite einen Punkt und schaut durch die gegenüberliegende Seite in Richtung Horizont. So sieht Wiki 2 Punkte, einer schwach und der andere stark. Jetzt bewegt man das Teil entlang dem Horizont bis beide Punkte gleich stark zu sehen sind. Bingo.
Das war sicherlich recht hilfreich, falls Richtung Sonne dichte Bewölkung oder Nebel die Sicht abschirmte und sonst eine recht offene Wolkenabdeckung bestand. Je öfter man den Sonnenstand abgleichen kann, desto genauer die Fahrt.

Die Übersetzung der Saga lautet ja:
The weather was thick and snowy as Sigurður had predicted. Then the king summoned Sigurður and Dagur (Rauðúlfur's sons) to him. The king made people look out and they could nowhere see a clear sky. Then he asked Sigurður to tell where the sun was at that time. He gave a clear assertion. Then the king made them fetch the solar stone and held it up and saw where light radiated from the stone and thus directly verified Sigurður's prediction

Also würde ich so eine Geschichte erfinden müssen , dann nicht so. Da scheint mir schon was dran zu sein.



 
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Ein neuer Artikel im open access zum skandinavischen Walfang, im Kontext der maritimen Entwicklung.

European Journal of Archaeology.
Whalebone Gaming Pieces: Aspects of Marine Mammal Exploitation in Vendel and Viking Age Scandinavia | European Journal of Archaeology | Cambridge Core

Im Artikel geht es vorwiegend um den archäologischen Nachweis der Nutzung von Walprodukten. Vergleiche werden auch zur räumlichen Ausdehnung des baskischen Walfanges gezogen.

Hier - Walfang - könnte ein Aspekt der Entdeckerfahrten liegen. Eine Analogie zum Pazifik läge im Folgen von Routen der großen Meeresschildkröten, wozu vor einiger Zeit ein Artikel erschienen ist.
 
Normalerweise ist die Vorstellung der Besiedlung Islands die - auch hier im Thread ist das bereits angeklungen -, dass - in der Hauptsache - norwegische Wikinger auf Irland Frauen raubten und Island besiedelten. Ein paar irische Mönche, die wahrscheinlich in Hella und auf Papey (Pfaffeninsel!) lebten und von den norwegischen Siedlern getötet oder versklavt wurden, ausgenommen.

Ein anderes Bild zeichnet Kristof Magnusson (Gebrauchanweisung für Island, S. 126 f.):

Bis heute hält sich die Vorstellung, die ersten Siedler seien ein Haufen von Wikingern mit Hörnerhelmen* gewesen, die nach einem Motto lebten, das die Band Torfrock mal so formulierte: "Kommst du in ein fremdes Land, beklau sie und verhau sie."
Und es gab sie sicher auch, die Wikinger unter den ersten Siedlern, von denen so gerne erzählt wird, dass sie auf dem Weg nach Island auf den Britischen Inseln Station machten und die schösten Frauen entführten. Doch Island ist längts nicht nur von norwegischen Plünderern besiedelt worden und von Engländerinnen, die nicht schnell genug weglaufen konnten. Die Wikinger sind nur Teil einer vielfältigen Sieldungsbewegung gewesen. Viele der ersten Siedler waren norwegische Bauern, die angesichts der Kämpfe in ihrer Heimat hofften, in Island einigermaßen ruhig und vom König unbehelligt leben zu können. Manche dieser Bauern hatten sich schon Jahre zuvor in Irland niedergelassen, einheimische Frauen geheiratet und Familien gegründet.
Die meisten Leute, die nach Island zogen, wollten also gerade nicht kämpfen. Die isländischen Siedler wollten, wie es in den Sagas heißt "einige Jahre still sitzen", was meist bedeutete, dass sie sich einen Hof bauten und alt wurden. Wenn Island jemals eine Wikingerinsel war, dann eher eine Seniorenresidenz für ehemalige Wikinger.
*Dieses Klischee wird im Übrigen auch auf Island gepflegt, es gibt Souvenirgeschäfte, die sich gezielt an Asatrú und Leute mit einem Faible für martialische Wikinger wenden.
 
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