Kelten in der Region um Mainz

Und um es nicht einschlafen zu lassen:
Die Anmerkungen zur Numismatik sind sehr hilfreich, aber methodisch muss ich zwei grundsätzliche Punkte ins Bewusstsein rufen:

Die Münzprägestätte ist nur in den wenigsten Fällen sicher bekannt und der Geldumlauf folgte in dieser Epoche anderen Regeln.

So können zwar weit ausgreifende und durchaus aus reichlich Material aufgebaute Verbreitungskarten zu Münzfunden erstellt werden, ein direkter Nachweis des Zentralortes zur jeweiligen Münzreihe steht dagegen doch meist aus.
Und die Münzen der späten LaTene-Zeit sind so gut wie sicher gerade nicht in moderner Art als Groß- und Kleingeld im Münzverkehr umgelaufen, sondern unterlagen geheimnisvollen und noch lange nicht vollständig geklärten kultischen wie profanen Regeln zu ihrer Zeit.
Keineswegs waren die Münzen nur zur Thesaurierung von Geldwert geschaffen.

Will sagen: Ein direkter Vergleich zwischen den sprachlichen Relikten historischer Quellen, numismatischen Fundstücken und tatsächlich besiedelten Regionen/Schlüsselorten muss diese Punkte berücksichtigen. Die Epoche der "keltischen" Kulturen Hallstadt und LaTene hat sich in unseren Augen doch sehr gewandelt, der rapide Anstieg an neuem Fundmaterial muss auch neue Einsichten in die damaligen Verhältnisse ermöglichen.

Wegen der aus meiner Perspektive sehr spannenden Frage von Anzahl, Lagebezug und regionaler Ausdehnung des Netzes besiedelter Orte in dieser Epoche erinnere ich gerne noch einmal an die Untersuchung der Schnabelkanne vom Glauberg, die meines Wissens nach zur allerersten Kartierung eines möglichen Einflussgebietes keltischer Höhensiedlungen/Stammeszentren geführt hat. Basis waren die Pollen der für die Met-Füllung verwendeten Pflanzenarten, wir hatten das hier vor viel zu langer Zeit schon einmal an entlegener Stelle diskutiert.

Für die weitere Diskussion über mögliche Kontaktnetze der Eisenzeit, die sich auch an einem kulturell nicht ganz so heftig überprägten Ort wie Mainz fest machen könnte (vgl die dortigen Praetorianer von heute, *schmunzel*) würde ich mich freuen, wenn wir den oben erwähnten Punkten Beachtung schenken würden.
Lieber Ogrim, schön von dir zu hören, vielleicht wäre es ein eigenes Thema wert? Die Gefahr ist sonst, ein wenig diesen Thread zu sprengen, der speziell zu den Kelten in Rheinhessen und dem wahrscheinlichen Einflussgebiet der Treverer dient.
Kurz zur Anmerkung nicht nachgewiesene Münzstätte: am sichersten ist, wenn Schrötlinge, Punzen, Stempel und anderes Material gefunden wird, für Wallendorf gibt es das, das Donnersbergoppidum kann damit nicht dienen. In einem anderen Thread habe ich einen guten Artikel eingestellt, ich suche ihn noch einmal.
Zum Thema Münzrohstoffe: ich habe oben in einem Beitrag eine Untersuchung der treverischen Goldmünzen eingestellt, auffallend war, dass die Münzen aus Gold sehr weit entfernter Regionen geprägt wurde (Spanien, Sardinien, Alpen). Eine Überlegung von mir war, ob die Treverer am Martberg nicht einfach römische Goldmünzen umgeprägt haben, denn alle Bergbau-Regionen waren im Spätlatene in römischer Hand oder in engen Kontakt zu Rom (Noricum).
Zu deiner Anmerkung der Gefahr der Übertragung heutiger ökonomischer Begrifflichkeiten auf die damalige Gesellschaftlichkeit: gebe ich dir recht, diese Gefahr besteht, der Titel des Grundlagenwerks von Michael Nick "Gabe, Opfer, Zahlungsmittel" gibt meiner Ansicht nach ganz gut die differenzierte Betrachtung der Funktionen des Geldes wieder. Michael NICK, Gabe, Opfer, Zahlungsmittel: Strukturen keltischen Münzgebrauchs im westlichen Mitteleuropa. 2 Bde. Freiburger Beiträge zur Archäologie und Geschichte des ersten Jahrtausends 12 (Rahden/Westf. 2006).
Dazu könnte ich mehr schreiben, will es aber dabei belassen, da wir dann sicher in eine rein numismatische und ökonomische Diskussion einsteigen, oder eine der ökonomischen Entwicklung der Oppidakultur - die sicher von regionalen Handel, Arbeitsteilung und Fernhandel geprägt war. Für die Hallstattzeit und Frühlatene, sind die Unsicherheiten, wie der Warentausch funktioniert hat, wesentlich größer, Geldmünzen dürften tatsächlich keine Rolle gespielt haben. Exemplarisch am Beispiel der von Ogrim erwähnten etruskischen Schnabelkannne, die von keltischen Handwerkern in ihrer Form und Funktion für eine kleine "Oberschicht" (wieder ein moderner Begriff) übernommen wurde, und die vielleicht als diplomatisches Gastgeschenk zu frühkeltischen Aristokraten gekommen ist, und nicht als Tauschgut.
Wir haben da einen Thread "Das Geld der Kelten?", der im Jahr anno 2009 leider verschieden ist:
Das Geld der Kelten?
Am Schluß habe ich den Text über die keltischen Münzmeister eingestellt, der ganz gut den Forschungsstand (2014) zu den keltischen Münzstätten wiedergibt.
 
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Ich habe kürzlich ein Büchlein über Keltische Stätten in RheinlandPfalz gelesen in dem behauptet wird, die Treverer hätten auch rechts des Rheins im Vordertaunus/Rheintaunus gesiedelt.
Gibt es dafür eigentlich irgendwelche konkreten Anhaltspunkte ?.
Mir sind nämlich keine bekannt
Zwar gibt es rechts und links des Rheins Oppidae und Ringwallanlagen, und entsprechende Latene-Sachkultur aber m.W. auch regionale Unterschiede. Können da eventuell unsere Numismatiker und Obolen- und Quinarspezialisten was dazu sagen ?
 
Ich habe kürzlich ein Büchlein über Keltische Stätten in RheinlandPfalz gelesen in dem behauptet wird, die Treverer hätten auch rechts des Rheins im Vordertaunus/Rheintaunus gesiedelt.
Die Behauptung geht direkt auf die Germania des Tacitus zurück.
Treveri et Nervii circa adfectationem Germanicae originis ultro abisotiosi sunt
Germanische Herkunft impliziert ja eine Herkunft rechts des Rheins. Tacitus selbst relativiert aber seine Aussage selbst. Laut Tacitus war aber jedoch der rechtsrheinische Raum vor gar nicht all zu langer Zeit (vor Caesars Gallischem Krieg) von dieser gallischen (sic!) Stämmen besiedelt.
Der rechtsrheinische Ursprung der Treverer ist jedenfalls mit Tacitus belegbar. Wie man da konkreit auf den Taunus gekommen ist, bleibt mir ein Rätsel.
 
das würde das natürlich erklären, wobei einzelne Münzen natürlich auch durch Handelskontakte dorthin gekommen sein können.Der Rhein war ja keine unüberwindbare Grenze.
Aber folgt man Tacitus ,wären dann die Oppidae in Taunus und Wetterau ggf bis Mitteloberhessen treverischen (oder aresakischen )Ursprungs ,oder seh ich das jetzt falsch ?
 
Aber folgt man Tacitus ,wären dann die Oppidae in Taunus und Wetterau ggf bis Mitteloberhessen treverischen (oder aresakischen )Ursprungs ,oder seh ich das jetzt falsch ?

Wenn seine einzige Aussage ist, dass die Treverer germanischen Ursprungs waren, dann sagt das nichts über die Oppida aus. Es sagt auch nicht zwingend aus, dass sie mal rechtsrheinisch lebten.
Am Dünsberg wurden "tanzende Männlein" gefunden. Die dann wieder den Ubiern zugerechnet wurden.
Ubier, Treverer, Wangionen - von all diesen Gruppierungen am Rhein können wir doch ohnehin nicht sagen, ob sie "keltisch" oder "germanisch" waren. Von der großen Gruppe der Belger noch weniger.
Hier versagt einfach die Schwarz-Weiß-Einteilung. Wie diese Leute gesprochen haben, wissen wir ohnehin nicht.
 
davon ging und gehe ich auch aus. Deshalb war ich ja so erstaunt über die Aussage bzgl. rechtsrheinischer Treverer.
 
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