Wurde der Kommunismus in Russland aufgearbeitet?

Das alles ist aber jetzt schon ewig her, sodass der einfache Mensch, mit seinen einfachen Problemen doch nicht mehr kümmert was Stalin gesäubert hat, für Russen bleibt schließlich auch der Schritt in die Industriegesellschaft, Russlands Aufstieg zur Supermacht und der Sieg im Vernichtungskrieg gegen Deutschland, für viele Menschen hat das Priorität, schließlich sagt auch kaum jemand, dass Hannibals-Feldzug unglaubliche viele Menschenleben für seine Zeit gekostet hatte, oder als Alexander Tyros quasi vernichtete, sie bleiben als große Generäle in Erinnerung, es ist zwar zynisch, aber mit Opfern schmückt man sich nicht, von Hitler und seinem Apparat abgesehen und für viele Menschen, die von Stalin nicht unmittelbar betroffen sind, bleibt halt der große Held, der Russland zur Supermacht aufsteigen ließ.

So ähnlich läuft die Stalin-Renaissance und Heroisierung in Russland für die "einfache Bevölkerung" ab.

Selektiv werden Industrialisierung, territoriale Größe, Aufstieg zur Supermacht unter Schaffung einer Hegemonialzone, "Großer Vaterländischer Krieg" (ohne Einzelheiten, garniert mit Stalin als einer Neuauflage des fehlerlosen und führungsstarken "Größten Feldherrn aller Zeiten") herausgegriffen.

Kriegsverbrechen, Unterdrückung und Verfolgung in der Hegemonialzone, Aspekte der Industrialisierung wie Holodomor, millionenfache "Säuberungen", politische Verfolgung und Morde, usw. bleiben dabei außer Ansatz.
 
Der Stalinismus ist meiner Meinung nach nie ernsthaft aufgearbeitet worden. Es waren die durch Stalin ständig gedemütigten Mitglieder des Politbüros, die für sich Stalins Umgang mit ihnen selbst aufarbeiteten. Chruschtschows Geheimrede(!). Die Tauwetter-Periode war nur eine Periode, die man dann auch zurücknahm.

Die deutsche Besatzungszeit ließ u.a. den Holodomor verblassen. Der Krieg vorderte zudem eine engere Bindung des Einzelnen an die Sowjetmacht, die als einziger Organisator gegen den offen mordenden Feind stand.
 
Der Stalinismus ist meiner Meinung nach nie ernsthaft aufgearbeitet worden.

Was bedeutet dieser Befund angesichts einer fast universellen Schwierigkeit von Staaten, etwas "ernsthaft aufzuarbeiten". Vergleich dazu beispielsweise die Arbeit von Berger.

War, Guilt, and World Politics after World War II - Thomas U. Berger - Google Books

Zerlegt man die Aussage von Rurik in seine Bestandteile, dann gehören zum "Aufarbeiten" zwei Komponenten.

1. Das Wissen um die Vergangenheit
2. Die soziale und politische Akzeptanz dieser Erkenntnis

Zu 1. Der Stalinismus ist historisch ähnlich gut international wissenschaftlich aufgearbeitet wie der Nationalsozialismus. Auch dank der teilweisen Öffnung der entsprechenden Archive im Rahmen der Perestroika.

Es besteht sicherlich noch Bedarf nach einem weiterhin ungehinderten Zugang in die entsprechenden Archive der ex UdSSR. Große Teile wichtiger Archive sind dabei sogar schon in den Westen (USA) als Kopien ausgelagert (gekauft worden). Wie hier teilweise beschrieben.

A Researcher's Guide to Sources on Soviet Social History in the 1930s - Sheila Fitzpatrick, Lynne Viola - Google Books

Deswegen ist die Kritik an der mangelhaften Erkenntnis über den Stalinismus nicht zutreffend oder sie betrifft eine notorisch unterfinanzierte Sozialwissenschaft insgesamt, auch auch in Bezug auf andere Themen, wie beispielsweise gerade an den Arbeiten von Megargee zum eigentlichen Umfang der NS-Lager deutlich wird.

zu 2. Diese Frage ist in der Beantwortung durch Rurik m.E. deutlich verkürzt dargestellt und übersieht beispielsweise die Ernsthaftigkeit, mit der Chruschtschow die Entstalinisierung gegen teilweise massiven Widerstand aus den eigenen Reihen betrieben hat. Ähnliches gilt für Gorbatschow. Und es waren vor allem Personen aus den ehemaligen Gulags, die in führenden Positionen diese in der Phase der "ersten Perestroika" bis zum erzwungenen Abgang von Chruschtschow versucht haben zu leisten. Wie bei Cohen beschrieben.

The Victims Return: Survivors of the Gulag After Stalin - Stephen F. Cohen - Google Books

Es wäre somit hilfreich, auch um ein differenziertes Urteil über den aktuellen Zustand zu fällen, sich vielleicht auch ein wenig mehr mit der entsprechenden aktuellen Literatur zur Darstellung und zur Analyse des Stalinismus zu beschäftigen.

Dann fällt die Kritik an der teilweise unkritischen Verherrlichung des Stalinismus, als eine Entwicklung in der aktuellen Tendenz, angemessener aus.
 
Noch eine Anmerkung und die Frage, was eigentlich aufgearbeitet werden soll.

In seiner sehr guten Darstellung zum Stalin Cult berichtet Plamper von einer Geschichte, in der Stalin in einen Konflikt mit seinem leiblichen Sohn Vasily (erzählt von seinem adoptierten Sohn Sergeev) kommt. Und zitiert Stalin mit den Worten: "Your `re not Stalin and I`m not Stalin. Stalin is Soviet power. Stalin is what he is in the newspapers and the portraits, not you, not even me" (vgl. Plamper: Introduction)

Plamper verweist dabei in Anlehnung an Clifford Geertz darauf, dass Majestäten gemacht werden und es nicht durch Geburt sind. Sie sind Kunstprodukte in unseren sozialen Vorstellungen und somit kollektiv geteilte und akzeptierte Projektionen einer Ideologie.

In diesem Sinne war auch Stalin und der Cult um seine Person, bereits zu Lebzeiten (Beginn ca. 50. Geburtstag 1929) ein Kunstprodukt, das als Kristallisationspunkt auch für die nationale Identität des Vielvölkerstaats gedacht war und der Integration eines Reiches dienen sollte, das starke zentrifugale Kräfte aufwies.

The Stalin Cult: A Study in the Alchemy of Power - Jan Plamper - Google Books

Und in dieser Rolle fungiert Stalin zunehmend als Projektionsfläche für eine Nation, die nach dem Zerfall der UdSSR in einer nationalen Identätskrise gelangt ist. Wirtschaft und Wohlstand, wichtige Elemente des sozialen Friedens und der Identät in den sozialen Marktwirtschaften Westeuropas, kann die russische Variante des Kapitalismus nur sehr begrenzt bieten.

Und vor diesem Hintergrund einer "gestörten nationalen Identität" findet die Rückbesinnung auf eine vermeintlich ehemalige nationale Größe statt. Zumal Stalin am ehesten das traditionelle Gefühl der Russen der Rückständigkeit oder der Unterlegenheit gegenüber dem Westen abgeschwächt hat und eine überzeugende imperiale Alternative geboten hat. Dabei wird primär die Modernisierung und die militärische Stärke in den Vordergrund des Selbstbildes gerückt und Stalin damit in Verbindung gebracht.

Und es ist, auch für die Russen bedauerlich, dass sich vor diesem Hintergrund einer verblassenen imperialen Größe keine Alternative zu Stalin findet. Zumal die alternativen demokratischen Werte der Perestroika auch mit dem Niedergang der nationalen Identät einer Grpßmacht in Verbindung gebracht werden. Und es deswegen so schwierig ist, sie als Werte für eine zukünftige russische Zivilgesellschaft zu verwenden.

Und so wird der Kult um die Person von Stalin fortgeschrieben, durchaus in Kenntnis seiner Verbrechen gegen das eigene Volk, aber im Ergebnis einer Güteabwägung dann doch für seine Person als Staatsmann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es muss bis zu einem Resümee zu dieser Frage wohl noch Zeit
verstreichen.
In Frage "Aufarbeitung" ist seit diese Frühling schon viel im Bewegung gekommen.
Weil es Tagespolitik ist, fasse ich mich hier kurz: Durch den ganze Sommer auf breite gesellschaftliche-wissenschaftliche Basis wurde eine Debatte darüber geführt, dass die russische Geschichte-Schulbücher inhaltlich umgearbeiten sein sollen.
Der Vorsitzende des russische Duma, Herr Sergei Narischkin in eine Sitzung der Entscheidung getroffen hat, dass auf die neue r. Geschichte - Schulbücher eine neue Konzeption bis 1. November 2013 ausarbeiten sein soll.
Herr Alexandr Tschubarjan, der Direktor der Russische Akademie der Wissenschaften, Institut für Universalgeschichte hatte fürs Diskurs zu kontroversen Themen in der russischen Geschichte den 31. schwierigste Problem der russischen Geschichte aufgelistete.
Auf diese Liste unter Punkt 20 steht:

20) Des Ein-Parteien-Diktatur, die Ursachen J. V Stalins Herrschaft, deren Aufbau, deren Folgen und deren Bewertung;

Der gewählte Wortwahl zeigt sich selbe über den Bedeutung.

Auch in den folgende Link, in der Zeitung: "Nyezavisimaja Gazeta" kann man in den Archiv die diverse Diskussionen lesen:

??????????? ??????

PS.: Wenn Interesse dafür besteht, bin ich gern bereit der komplett 31. Punkt hier einzustellen. Einige diese Punkte sehr konkret betreffen auch der Sozialismus-Kommunismus-NEP- Breschnews Rolle usw. Fragen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kurze Frage, kurze Antwort: Ja.

Unter seiner Führung wurde ein diktatorisches Regime aufgebaut, daß nur durch Terror und Bürgerkrieg die Macht an sich reißen konnte.

Auch wenn die Beantwortung der Frage "kurz" ist, dadurch wird sie im Kern nicht richtiger.

Betrachtet man auf die Schnelle drei Werke von eher konservativen Historikern, die sich mit der Periode von 1917 bis zu Lenins Tod beschäftigt haben, dann findet man keinen einzigen Hinweis der Beurteilung seiner Person als "Kriminellen" bei folgenden Historikern:

- Pipes: The Russian Revolution
- Service: Lenin
- Mawdsley: The Russian Civil War

Also woher das vorschnelle Urteil?

Es ist zwar richtig, dass bereits zu Lenins Lebzeiten das Modell des "demokratischen Zentralismus" eingeführt wurde und zu einer autokratischen Herrschaft führte, aber das ist kein "Verbrechen".

Terror: Bis zu Lenins Tod konzentrierte sich die Tscheka primär auf die Bekämpfung politischer Gegner. Selbst die seriösen Arbeiten von Applebaum oder Klevniuk ziehen eine Trennungslinie zwischen der politischen Gewalt bis 1923 und der späteren Gewalt ab 1928. Der Begriff "Terror" ist in diesem Zusammenhang bis zum Bürgerkrieg nicht zutreffend, da er das Ausmaß der innenpolitisch motivierten politischen Repression unangemessen beschreibt. Man übersieht dabei zudem gerne, dass auch die Gegner der Bolschewiki zu Gewalt griffen und führende Bolschewiken umgebracht wurden. Wie Lenin selber in 1918 angeschossen wurde und die Eskalation der innenpolitischen Gewalt dadurch verstärkt wurde.

Und es ist auch richtig, dass Lenin einen Bürgerkrieg führte und gegen Polen Krieg.

Bürgerkrieg: Selbst konservative Historiker konzidieren, dass im Rahmen des Bürgerkriegs beide Seiten ein ähnliches Maß an Gewalt bzw. Terror wahrgenommen haben (Hildermeier: Die Russische Revolution, S. 288). Woher kommt also die Bereitschaft, einer einseitigen Beurteilung bzw. Verurteilung?

Krieg gegen Polen: Der Krieg wurde von Russland als Bedrohung bzw. auch als Angriff gewertet und beispielsweise "Brusilov", als ehemaliger hoher zaristischer General, wollte sich spontan zur Verfügung stellen (vgl. Stökl: Russiche Geschichte, S. 675). Das bedeutete, dass ein hoher zaristischer Offizier die Bolschewiken als legalen Repräsentaten Russlands ansah. Nebenbei wie viele andere ehemalige zaristische Offiziere (vgl. auch Schaposchnikow)

Wie bei dieser obigen "Verurteilung" völlig ignoriert wird, dass das zaristische Reich am Zusammenbrechen 1917 war und sich desintegrierte, ein Umstand auf den auch vor allem Hobwsbawn oder auch Suny hinweist. Es waren somit im wesentlichen die Bolschewiki, die den Zusammenhalt des zerfallenden zaristischen Reichs organisiert haben. Und genau dieses ist ein Teil der Quellen der Loyalität auch der alten zaristischen Verwaltung gegenüber den Bolschewiken. Denn es waren weitgehend zaristische Funktionsträger, die das Funktionieren des Rumpfrusslands von Moskau und Leningrad aus sicher gestellt haben. Nebenbei ein Umstand, dessen sich Lenin sehr bewußt war. War es also nur Terror, der das Land bis zum Bürgerkrieg organisierte?

Zumal in der Anfangszeit nach der Revolution auch avantgardistische neue Lebensformen eine Rolle gespielt haben, wie Stites illustriert.

Revolutionary Dreams : Utopian Vision and Experimental Life in the Russian ... - Richard Stites Associate Professor of History Georgetown University - Google Books

Allerdings ist es wohl auch richtig, dass Revolution ohne Gewalt und Opfer schwer durchzuführen sind, wie das Beispiel von Washington oder Cromwell unter anderem signalisiert. Sind diese auch als "Verbrecher" zu klassifizieren, weil sie für ihre Ideen Gewalt gegen ein legales politisches Regime eingesetzt haben und mit Gewaltmaßnahmen ein neues politisches Regime erzwungen haben? Wieviele Opfer haben sie zu verantworten?

Vielleicht sollte man stattdessen mal die allgemeine Frage aufwerfen, wie häufig in der Geschichte durch "Zwangverhältnisse" abhängige Personen, also Sklaven, Leibeigene, "Landeskinder", Bürger, gepreßte Sölnder etc., ihr Leben lassen mußten. Ganz zu schweigen von dem Genozid im Zuge des dreißigjährigen Krieges in Deutschland. Waren also unsere ganzen "Kriegshelden", wie Friedrich der Große auch nur simple "Verbrecher", weil sie Personen unter Androhung von Gewalt gegen ihre Interessen in den Tod in zahlreichen sinnlosen Schlachten geschickt haben.

Was ich damit sagen möchte ist, dass der Begriff der Gewalt oder des Verbrechens im politischen Bereich mit Bedacht gewählt werden sollte, auch wenn man damit eine historische Person beurteilen möchte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ganz zu schweigen von dem Genozid im Zuge des dreißigjährigen Krieges in Deutschland.

Was ich damit sagen möchte ist, dass der Begriff der Gewalt oder des Verbrechens im politischen Bereich mit Bedacht gewählt werden sollte, auch wenn man damit eine historische Person beurteilen möchte.

Der Beitrag war gut, und ich würde im Großen und Ganzen dem beipflichten bis auf den markierten Satz. In einigen deutschen Territorien haben bis zu 90 % der Bevölkerung den 30jährigen Krieg nicht überlebt, und die Greuel, die Grimmelshausen so drastisch beschrieben und Jaques Callot gezeichnet hat, waren ohne Vorbild, Genozid, Völkermord aber waren sie nicht wirklich. Der Krieg musste den Krieg ernähren, und da fragte man nicht lange, ob es bei Freund oder Feind geschah. Oft handelnde plündernde Banden ohne ausdrücklichen Auftrag oder ein Söldnerführer konnte seine Soldateska nicht mehr kontrollieren, wei seine Soldateska sich noch einmal dem Feuer eines Sturmangriffs samt der Gefahr üble Blessuren zu erleiden aussetzen musste, und "in der Furia" wurden dann schon einmal die Einwohner einer Stadt niedermacht, die nicht rechtzeitig kapitulierte. Die Plünderung von Magdeburg stieß aber schon bei Zeitgenossen auf Entsetzen. Schrecklich war das alles, ohne Frage, aber es war kein Völkermord. Völkermord versucht man zu vertuschen, selbst wenn man es als gutes Werk, als Hygiene rechtfertigt. Im 30 jährigen Krieg nahm man es in Kauf, wenn geplünderte Bauern und gebrandschatzte Bürger krepierten, deren Tod war aber nicht das eigentliche Ziel der Operation, sofern es sich überhaupt um minutiös geplante Taten handelte. Mancher Landsknecht wurde zum Räuber und Mörder, oft blieb gar nichts anderes übrig, als sich zu behelfen, wenn kein Sold gezahlt werden konnte. Die Söldnerheere waren schwierig zu kontrollieren, zumal auch weit mehr Söldner unter Waffen standen, als in früheren europäischen Kriegen. Die Opfer wurden vor allem ausgewählt, danach, was bei ihnen zu holen war, aber nicht nach Nationalität, nach genetisch- rassistischen Motiven", und es wurde nicht bürokratisch aufgelistet und Buch darüber geführt, wen man liquidiert oder auf variantenreich- greuliche Art vom Leben zum Tod gebracht hatte.
 
Beim historischen Vergleich im Zeitablauf ist die Entwicklung des humanitären Völkerrechts zu berücksichtigen.

Was bei gleichem "Sachverhalt" zB nach 1907 als völkerrechtliches Verbrechen einzustufen ist, kann zuvor als "gewöhnliche" kriegerische Handlung gelten. Der Vergleich von Lenin und vorgehenden Zeitgenossen ist nach diesen juristisch-ethischen Grundlagen von 1907 ausgeschlossen, da hier eine Rechtsentwicklung zu beachten ist. Diese Evolution kann nicht ausgeblendet werden, die Maßstäbe haben sich eben geändert (wobei offen bleiben kann - und hier schon mal am Beispiel Napoleon diskutiert wurde - was zuvor ggf. auch schon als Verbrechen/Kriegsverbrechen/etc. angesehen worden ist).

Weiterhin ist jede "Aufrechnung" von Verbrechen aufgrund gegenseitigem Terror unzulässig bzw. untauglich zur Exkulpation, wie jüngst 2010 der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in einem Kriegsverbrecher-Prozess (Lettland 1944) gegenüber Angehörigen der Roten Armee festgehalten hat, EGMR (Große Kammer) , Urteil vom 17. 5. 2010 - 36376/04 Kononov/Lettland - Bestrafung wegen Kriegsverbrechen in Lettland, NJOZ 2011, 226. Ob von den Weißen vergleichbarer Terror und Verbrechen ausgegangen ist, ist nach diesen Maßstäben für die Beurteilung Lenins nicht relevant.

Die Frage ist aus der Sicht des damals gültigen humanitären Völkerrechts ausschließlich, ob Lenin Verstöße angelastet werden, etwa die Verantwortung für verbrecherische Befehle oder Anordnungen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Und Lenin? War auch ein Verbrecher.
Lenin wurde namentlich nicht auf den Liste erwähnt.
Der leninische Zeitraum wird so zusammengefast (außer die Bewegungen der Ende des XIX. und Anfang des XX. Jh-s):

16) Die Ursachen, die Folgen des Umsturzes der Monarchie und auf Machtkommen die Bolschewiki; Deren Bewertung.

17) Der Kultur des erste Welle Emigration (die Vertreibung des Intellektuellen), und die auf Ausland lebende Russen;
Und noch eine sehr interessante, vielsagende Wortwahl gibt:
26) Bewertug der Herrschaft von L. I. Breschnews, der russische Dissidentenbewegung;
 
Auch wenn die Beantwortung der Frage "kurz" ist, dadurch wird sie im Kern nicht richtiger.

Interessante Infos und demnach sind die Bolschewiki also durch eine berechtigte Revolution, die gesellschaftlich so unausweichlich war und von statten gehen müsste, also ein Handeln im Sinne der nicht monarchischen Bevölkerung an die Macht gekommen?
Verstehe ich das richtig?
 
Interessante Infos und demnach sind die Bolschewiki also durch eine berechtigte Revolution, die gesellschaftlich so unausweichlich war und von statten gehen müsste, also ein Handeln im Sinne der nicht monarchischen Bevölkerung an die Macht gekommen?
Verstehe ich das richtig?

Nein, das verstehst Du falsch. Es gab keinen Determinismus im Jahr 1917 und wäre Kornilow erfolgreich gewesen mit seinem Militärputsch, dann wäre es in 1917 stattdessen eine Militärdiktatur geworden.

Aber definitiv sind die Ereignisse von 1917 bis zum Tode von Lenin etwas komplexer gewesen und nicht ganz so schwarz oder weiss, wie eine zu kurze Antwort es suggerieren würde. Und lediglich das war mein Punkt.
 
Nein, das verstehst Du falsch. Es gab keinen Determinismus im Jahr 1917 und wäre Kornilow erfolgreich gewesen mit seinem Militärputsch, dann wäre es in 1917 stattdessen eine Militärdiktatur geworden.

Aber definitiv sind die Ereignisse von 1917 bis zum Tode von Lenin etwas komplexer gewesen und nicht ganz so schwarz oder weiss, wie eine zu kurze Antwort es suggerieren würde. Und lediglich das war mein Punkt.

Na gut, da gebe ich Dir Recht. Grundsätzlich sind solche historischen Ereignisse sehr viel Komplexer.
 
Zur Aufarbeitung des Kommunismus in der UdSSR

Guten Tag den Lesern.
Als erstes bin ich der Meinung,daß es in der UdSSR noch keinen Kommunismus gab-man war auf dem Weg dorthin.Auf alle Fälle waren die Prämissen zur Erfüllung der kommun. Idee nicht erreicht-bestes Beweisstück:es wurde noch Lohn gezahlt,daß Bewustsein war alsi noch nicht so weit.Und Aufarbeitung:ein Jeder möge sich mit einem Russen oder einem anderen ehem. Unionsbürger alleine und in Ruhe über die Union unterhalten-das Ergebnis ist für uns erstaunlich.Ich habe viel Kontakt zu einfachen Menschen gehabt,probiert es selber einmal.
 
Ein Schelm wer dabei Böses denkt.
Auch der Iwan scheint nicht mehr so schrecklich zu sein .

So ist das wohl, wenn man seit Jahrhunderten in der Falle einer sich selbst behauptenden vormodernen Herrschaft sitzt.
Arch Getty:) hat diesen Umstand im Vergleich des Zarenreichs mit dem Stalinismus herausgearbeitet.
Es also so sei, dass sich letztlich erneut eine vormoderne Struktur im Rahmen der vorhandenen Tradition entwickelte.
 
Beim 20ten Parteitag der Kpdsu 1956 wurden die Verbrechen des Stalinismus angeprangert. Eine Gesammtaufarbeitung der kommunistischen Ära fand ambivaöent statt. Putin ist als Nationalkonservativer, der an Denkmister aus der alten Monarchie anknüpft zwar alles andere als ein Kommunist, bezeichnete den Niedergang der Sowjetunion aber als die größte Geopolitische Katastrophe des 20ten Jahrhunderts
 
Beim 20ten Parteitag der Kpdsu 1956 wurden die Verbrechen des Stalinismus angeprangert. Eine Gesammtaufarbeitung der kommunistischen Ära fand ambivaöent statt. Putin ist als Nationalkonservativer, der an Denkmister aus der alten Monarchie anknüpft zwar alles andere als ein Kommunist, bezeichnete den Niedergang der Sowjetunion aber als die größte Geopolitische Katastrophe des 20ten Jahrhunderts
Das klingt zwar nach Widerspruch, ist aber keiner, denn die Sowjetzeit wird vor allem von Russen - weil Russland die führende Nation der SU und des gesamten Warschauer Pakts war - als Zeit der nationalen Größe wahrgenommen.
 
Putin ist als Nationalkonservativer, der an Denkmister aus der alten Monarchie anknüpft zwar alles andere als ein Kommunist, bezeichnete den Niedergang der Sowjetunion aber als die größte Geopolitische Katastrophe des 20ten Jahrhunderts

1. Putin war KGB-Offizier. Sein Denken ist im Rahmen seiner politischen Sozialisation weitgehend durch den nationalistischen Stalinismus geprägt worden in Kombination mit einem autoritären Polizeistaatsdenken.

2. Putin als Zeugen zu zitieren, liegt dabei durchaus auf der Linie des pragmatischen stalinistischen imperialen Denkens, und spiegelt damit auch das zaristische Großmachtdenken wider, das in beiden Fällen historisch geprägt ist durch die zentrifugalen Kräfte eines Vielvölkerstaats. Und nein, Stalin wollte keine "Welteroberung", trotz imperialen Vorstellungen.

3. Dass Putin den Prozess als Niedergang beschreibt ist aus seiner post-stalinistischen Sichtweise zwar nachvollziehbar, man kann ihm aber mit Gorbatschow widersprechen. Er sah in der Perestroika eine große Chance die Verkrustungen und die vielen Fehler der historischen Entwicklung der UdSSR einzugestehen und kritisch zu fragen, was alles falsch gelaufen ist. Und endlich mit "ewigen Wahrheiten" Schluss zu machen. (1987a, S. 207ff)

Und die Chance galt nicht nur für den "Ostblock", sondern wurde auch für die internationale Zusammenarbeit und die Abrüstung gesehen. Deswegen gab es die Hoffnung auf eine weltweite "Friedensdividende". (vg. 1987b, S. 225ff)

Deswegen ist die friedliche Umgestaltung des Ostblocks nicht die größte Katastrophe, sondern die bemerkenswerteste und am wenigsten erwartete Veränderung des 20ten Jahrhundert.

Die größten Katastrophen waren die globalen Kriege, der WW1 und WW2, aber nicht diese friedliche Revolution.

Gorbachev, Mikhail Sergeevich (1987a): Perestroika. Die zweite russiche Revolution ; eine neue Politik für Europa und die Welt. München: Droemer Knaur.
Gorbačov, Mihail Sergejevič (1987b): Was ich wirklich will. Wien: Orac.
 
Zurück
Oben