Alteuropäische Kultur

Wer kann denn das nach rund 7000 Jahren nocht enträtseln? Vielleicht waren es Zeichen für gutes Gelingen. gegen den bösen Blick, für Fruchtbarkeit und was sonst noch - nicht zu vergessen die Freude an reiner Dekoration!
 
Nehmen wir nur Steinmetzzeichen oder Brandzeichen bei Vieh: Weder dekorativ, noch magisch, noch semantisch.

Klingt eigentlich sehr plausibel (zumindest für einen Vollblutlaien wie mich..)

1. Es könnte eine Art Herstellerzeichen sein. Laut Tante Wiki (wenn es stimmt und ich richtig gelesen habe) fanden sich einzelne Zeichen an den Gefäßböden. Das erinnert mich an die noch heute gebräuchlichen Manufakturzeichen in den Gefäßböden von Keramiken und Porzellan. Je nach Manufaktur variieren die Zeichen auch heute noch von einzelnen Zeichen bis zu einer Zeichenfolge.

2. Es könnte eine Art von Besitzerzeichen sein. Dafür spricht die Ausführung (Wiki), dass häufig auf Keramikgefäßen nur ein Zeichen gefunden wurde, auf anderen Gegenständen fand man mehrere Symbole. Nun, Keramiken sind in aller Regel Gebrauchsgegenstände, die schnell auch mal kaputt gehen und dadurch häufig eine begrenzte Lebensdauer hatten. Somit hatten die in aller Regel eben auch nur einen Besitzer. Andere Trägermedien waren vielleicht haltbarer und wurden verschenkt, verkauft, vererbt. Jeder neue Besitzer hatte seinen Besitz mit seinem Zeichen zu 'legitimieren', damit er nicht des Diebstahls bezichtigt werden konnte.

3. Vielleicht wäre auch eine Art Gebrauchsanleitung oder Verwendungszweck denkbar. Mir fällt da spontan die Tupperdosensammlung meiner Schwiegermutter ein, die alles akribisch mit 'Salz', 'Mehl', 'Zucker' etc. beschriftet hat.

Ich erhebe natürlich keinerlei Anspruch auf auch nur einen richtigen Ansatz in meinen Ausführungen :still: Es sind nur mal so ein paar Gedanken.

LG
KeineAhnung
 
Weil es hier schon angesprochen wurde ... hoffe ich, nicht zu weit am Thema vorbei zu gehen.

Schrift der Induskultur (Harappa).

Quelle:
"Donum ex libris
H.G.Güterbock
Ten Harappan Inscriptions Deciphered,
A Preliminary Report by W.A. Fariservis Jr.
DK 2155"

(ich hoffe das mit den Bild-Links ist okay)

http://0ckwha.bay.livefilestore.com...TaOyjti5L1b3es1hIpYgmmV-CLzCd6A/i1.jpg?psid=1
= Goddes (aya piran) of Death (ti). "Göttin des Todes"

http://0ckwha.bay.livefilestore.com...lGN5A0AL2JKqqmIoVyqh529S28fLCW0/i2.jpg?psid=1
= "Protector of the western river (water)"

Allerdings sehe ich da noch nicht die Qualität einer zeitgleichen Sumerschrift.

Ist eine Abfolge von Bildmotiven mit verständlicher Inhaltsfolge schon eine Schrift?


Folgendes daher aus:
„Frühe Hochkulturen an Euphrat und Tigris“ von Jürgen Bär:

~ 9000 – 8000 v.u.Z.: (PPN B)
... entstanden naturgetreue Reliefs mit Schlangen, Adlern, Füchsen, Wildschweinen und Löwen, sowie rundplastische männliche und weibliche Figuren und Vogel-Mensch-Mischwesen. Göbekli Tepe erscheint dadurch möglicherweise als überregionaler Kultort. Es entstanden Verzierungen in Form von Sonne, Mondsichel und Sternen, sowie eventuell erste Stempelsiegel, welche in der späteren Phase des PPN B zunächst in der Levante, vermutlich als Besitzmarkierungen aufkamen. ...

Keramische Neolithikum
~ 8000 – 6000 v.u.Z.:
... Die rasante Ausbreitung der Keramikherstellung in allen Gegenden des Fruchtbaren Halbmondes weißt auf ein weit verzweigtes Kommunikations- und Handelsnetz hin.

Catal Höyük
Es gibt 18 Kulturschichten zwischen 7500 und 5700 v.u.Z..
Stempelsiegel wurden deutlich häufiger verwendet und wurden eventuell schon nach Musterkatalogen erstellt.

Obed-Kultur (Obed I-IV)
In später Obed-Zeit wandelt sich der Form der Stempelsiegel. Aus geometrischem Dekor werden figürliche Darstellungen, häufig auch als Gruppe (mit schlanken Körpern, schmalen Tailen und deutlich erkennbaren Geschlechtsteilen).

Uruk
Die bedeutendste Innovation dieser Periode ist jedoch die Schrift


So gesehen, würde ich persönlich die Vinca-"Schrift" als eine Art Vorstadium der Harappa"schrift" sehen (ohne die eine auf die andere zurück zu führen). Und die Harappa-Zeichen als Vorform der Archaikzeichen, aus denen dann die sumerische Keilschrift wurde. (wie gesagt, ohne Bezug aufeinander)
"Schrift" ansich, meine ich, hat eine lange Entwicklungszeit hinter sich ... von einfachen geometrischen Figuren, über sinnbedeutende Zeichen hin zu Zeichenfolgen, die dann durch längere Anwendung eine Grammatik bekommen. Vorraussetzung dafür ist m.E. eine Handelsnetzwerk mit unterschiedlichen Sprachen (siehe: Sumer-Dilmun/Bahrein-Meluhha/Indus).

Daher finde ich einen kulturellen Austaussch zwischen Mesopotamien und z.B. Donauzivilisation nicht ganz abwägig, was allerdings keine kulturelle Übernahme meint, aber vielleicht die Vermittlung der Idee.
Ähnliches könnte ich mir auch im Bezug auf die Harappaschrift vorstellen ... um ordentlich handeln zu können, muss man sich verstehen ... jedoch hat die Schriftentwicklung in Sumer finde ich, eine längere Geschichte als woanders. Nicht nur im Bezug auf Siegel, sondern auch auf die kleinen Tonkügelchen mit Zeichen für Schaf usw. drauf, die weitaus älter als jedes Archaikzeichen dort ist.

Naja, bin halt ein Sumer-Befürworter ...
 
Daher finde ich einen kulturellen Austaussch zwischen Mesopotamien und z.B. Donauzivilisation nicht ganz abwägig, was allerdings keine kulturelle Übernahme meint, aber vielleicht die Vermittlung der Idee.

Nach Hermann Kulke, Die Geschichte Indiens, München 2006, gab es rege Handelsbeziehungen mit Südarabien und besonders mit Mesopotamien, in das die Stadtstaaten des Indus Holz, Kupfer, Gold, Silber, Karneol und Baumwolle exportierten. Siegelfunde in Mesopotamien, deren indische Herkunft sicher ist, sowie Rollsiegel und Handelsobjekte vorderorientalischer Herkunft in den Indusstädten lassen diese direkten Handelsbeziehungen mit Mesopotamien erkennen.

Vieles spricht dafür, dass die Expansion der Induskultur über die Kerngebiete ihrer Städte hinaus eher eine Folge intensiven Handels und kultureller Kontakte als militärischer Expansion war.

Zunächst geht heute niemand mehr davon aus, dass eine Bevölkerung aus dem Indusgebiet im 4. Jahrtausend v. Chr. in Mesopotamien einwanderte und dort nach einer Verschmelzung mit der autochthonen Bevölkerung das Volk der Sumerer bildete. Vielmehr nimmt man an, dass sowohl die Indusbevölkerung als auch die Sumerer aus einer autochthonen Bevölkerung der jeweiligen Großregion hervorgingen.

Eine frühere Vermutung, die Städte der Induskultur seien nach dem Vorbild der sumerischen Stadtstaaten entstanden, hat sich als falsch erwiesen. Neuere Auisgrabungen haben ergeben, dass sich unter den Städten der Indus-Hochkultur eine kontinuierliche Abfolge älterer Siedlungen befand. In Geschichte Indiens, S. 29, heißt es dazu:

"Das herausragende Ergebnis dieser Forschungen der vergangenen Jahrzehnte stellt die sichere Erkenntnis dar, dass die großen Städte der Induskultur in der Endphase eines mehrere Jahrtausende umfassenden Entwicklungsprozesses entstanden ... Die keineswegs zu leugnenden Einflüsse und - sicherlich wechselseitigen - Beziehungen zum Vorderen Orient, in denen anfangs die treibende Kraft der Induskultur gesehen wurde, treten demgegenüber immer mehr in den Hintergrund."

Es ist ungeklärt, ob es sich bei den Stadtstaaten der Induskultur um Priesterstaaten und somit um Theokratien handelte, wie das zweifellos bei den sumerischen Stadtstaaten der Fall war. Eindeutige Tempelanlagen wurden nicht gefunden, wohl aber Zitadellen, die den Hohepriester und/oder ein weltliches Stadtoberhaupt aufgenommen haben könnten.

Da die Schrift der Indus-Kultur noch nicht entziffert ist, lassen sich eventuelle verwandtschaftliche Beziehungen zu anderen Sprachen nicht herstellen, schon gar nicht zu einer "Vinca-Schrift" die nahezu einheitlich von der Forschung abgelehnt wird.

In ihrem umfangreichen Werk Die Zivilisation der Göttin, Frankfurt 1996 (deutsche Erstausgabe 1991) spricht die Archäologin Marija Gimbutas von einem solchen Schriftsystem, das sie in einigen dekorativen Mustern auf jungsteinzeitlichen Keramikgegenständen aus dem Balkanraum erkannt haben will. Diese Hypothese von einer "Vinca-Schrift" hat sich allerdings in der Forschung nicht durchgesetzt und bleibt bloße Spekulation. Man geht davon aus, dass es sich bei den Keramikverzierungen lediglich um dekorative Muster oder vielleicht bestimmte Symbole handelt - mehr nicht.
 
Zuletzt bearbeitet:
Betreffs der Schriftzeichen der Vinca-Kultur hat sich Harald Haarmann bei Marija Gimbutas bedient. Diese hatte auf starke Ähnlichkeiten zwischen der minoischen LinearA-Schrift und den Vinca-Schriftzeichen bereits 1974 hingewiesen "Goddnesses and Gods of Old Europe 1974/1982, London"
H. Haarmann hat das u.a. in seine "Die Universalgeschichte der Schrift", 1990 übernommen.
Gimbutas hatte eine ideologische Botschaft hinsichtlich eines Matriachats in die Welt zu bringen (wofür sie in Fachkreisen kritisiert wurde) und profitierte dabei erheblich von der sogenannten C14- Revolution nach der dendrologischen Calibrierung, wobei insbesondere auf dem Balkan einige Kulturen zwischen 800 bis 1500 Jahre älter gemacht wurden. Damit konnte die Vinca-Kultur noch deutlich vor die minoische geschoben werden.
Der Ausgräber von Vinca, Prof. Vasic, beschrieb 1930 die Ausgrabungs-stätte als "ein Zentrum der Ägäischen Zivilisation des 2. Jt. v.Chr". Er glaubte, dass sie durchgehend von der mittleren Bronzezeit bis zur römischen Eroberung besiedelt war. Die nicht zu übersehenden Parallelen der Vinca-Schrift und der LinearA-Schrift wurden damit Opfer einer "naturwissenschaftlichen" Datierung.
 
Guten Abend.
Ein Schriftsystem wird auch bei einer weiteren südosteuropäischen Kultur, nämlich der mysteriösen Cucuteni-Tripolje Kultur vermutet.

Es wurde eine Reihe als Göttinnen klassifizierter Statuetten entdeckt welche mit Zeichen bemalt sind welche sehr große Ähnlichkeiten mit denen der Vinca "Schrift" aufweisen.
Natürlich ist es jetzt eine Frage wie mit diesen Erkenntnissen umzugehen ist. Ich würde auch nicht direkt "Schrift" schreien. Dazu fehlt mir letzlich auch der Einblick und ich bin auch kein Linguist. Aber zumindest kann man in Betracht ziehen dass sich die alteuropäischen Kulturen Südosteuropas möglicherweise eines einheitlichen Formenkanons bedienten, der auf ähnliche Gesellschaftlichen under/oder religiösen Vorstellungen basierte.

Ähnlich wie die atlantische Megalithornamentik von England bis nach Malta große Ähnlichkeiten aufwies.

Aber allgemein ist die Cucuteni-Tripolje Kultur überaus beachtenswert und passt in dieses Thema zu den Kulturen Alteuropas.
Anscheinend hatte es diese Kultur zu einer frühen Kulturellen Blüte mit für das europäische Neolithikum gewaltigen Siedlungen von bis zu 15.000 Einwohnern (Talianki, Ukraine) und einer aussergewöhnlichen Keramik gebracht.
Mysteriös bleibt bis heute das rituelle regelmäßige Verbrennen ganzer Dörfer und das darauf folgende Wiedererrichten auf den Ruinen des alten Dorfes.

Ich bin gerade dabei, über die Cucutenikultur zu recherchieren. Das fällt mir etwas leichter weil Rumänien meine Heimat ist und ich daher einiges an Fachartikeln in rumänischer Sprache lesen kann.
Recht fundiert ist der englischsprachige Wikipediaartikel zum Thema.
Cucuteni-Trypillian culture - Wikipedia, the free encyclopedia
 
Ich meine die alteuropäische Schrift, die nach Harald Haarmann die älteste Schrift sein soll und aus der Vinča-Kultur (Donauzivilisation) stammt.

Eine Anspielung auf die in Rumänien gefundenen Tartaria-Täfelchen.
Leider handelt es sich dabei um eine Fälschung. Das ist schon daran zu erkennen, dass man die Zeichen "lesen" kann -und zwar als URUK-Schrift (ergibt Sinn). Dazu muß man wissen, dass in den 60´ern, als diese Täfelchen gefunden wurden Milojcic und andere Prähistoriker noch von der Gleichzeitigkeit Vinca / Frühbronzezeit in Anatolien ausgingen.
Aufgrund neuer, kalibrierter C14 Daten muß die Vinca-Kultur allerdings sehr viel früher angesetzt werden, d.h. sie endet bereits in der Mitte des 5. Jahrtausends v. Chr. -während die URUK-Kultur etwa ein Jahrtausend später beginnt.
Die logische Konsequenz daraus muß lauten, dass man entweder die Erfindung der Uruk-Schrift in Serbien zu suchen hat, oder dass diese Täfelchen ein netter Spaß eines übermotivierten Archäologen/Studenten darstellen. Ich neige dazu, die Wahrscheinlichkeit dass Uruk irgendetwas mit Vinca zu tun hat für ausgesprochen gering zu bewerten.
 
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