Folgende Ausführungen gehen auf eine ähnliche Anfrage von mir in einer archäologischen Mailingliste und die Antworten meiner Kolleginnen und Kollegen zurück:
Gegenwarts-Archäologie: Was von uns übrig bleibt - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wissenschaft
01.04.2009
GEGENWARTS-ARCHÄOLOGIE
Was von uns übrig bleibt
Von Angelika Franz
Der Brite John Schofield verschiebt mit provokanten Aktionen die Grenzen der Archäologie: Er untersucht Relikte der jüngsten Vergangenheit - einen Ford Transit, Friedenscamps der Atomkraftgegner und Uni-Hörsäle. Dabei fördert er Erstaunliches zu Tage, das wir fast schon wieder vergessen hatten.
Der Artikel ist trotz seines Erscheinungsdatums kein Aprilscherz.
Dr John Schofield, University of Southampton
Dr John Schofield :: Archaeology, School of Humanities
Greg Bailey, Cassie Newland, Anna Nilsson, John Schofield, Steve Davis and Adrian Myers: Transit, Transition: Excavating J641 VUJ
Cambridge Archaeological Journal (2009), 19:1-28
CJO - Abstract - Transit, Transition: Excavating J641 VUJ
Abstract:
In July 2006 archaeologists from the University of Bristol and Atkins Heritage embarked on a contemporary archaeology project with a difference. We ‘excavated’ an old (1991) Ford Transit van, used by archaeologists and later by works and maintenance teams at the Ironbridge Museum. The object: to see what can be learnt from a very particular, common and characteristic type of contemporary place; to establish what archaeologists and archaeology can contribute to understanding the way society, and specifically we as archaeologists, use and inhabit these places; and to challenge and critique archaeologies of the contemporary past. In this report we describe our excavation and situate it within a wider debate about research practice in contemporary archaeology.
Welche archäologischen Forschungen zur Zeit nach 1945 gibt es in Deutschland und den Nachbarländern? Es geht mir dabei darum, dass dieser Zeitraum Forschungsziel und nicht zufälliges Ergebnis bei einer Ausgrabung ist. Es geht also nicht im den sächsischen "Kraal der Kelten" (nicht Gral!), einen mit diversen Schnitten erforschten Wendekreis für Mähdrescher, Traktoren und andere landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge einer LPG, und die verschiedensten gut ergrabenen kultischen Auto- und Traktorreifen-Depots sowie Fundstücke aus dem Primäraushub wie 70er-Jahre-DDR-Heizkörper - obwohl das sicher auch nicht uninteressant ist . Ziel dieser Grabungen war nicht das 20. Jahrhundert, es sind lediglich Begleiterscheinungen bei der Untersuchung prähistorischer oder mittelalterlicher Befunde gewesen.
Im Spiegel-Artikel findet sich der Hinweis: "Und in Deutschland wurde ein Archäologe beauftragt, die Reste der Berliner Mauer zu dokumentieren - nicht mal zwei Jahrzehnte nach ihrem Fall."
Die Berliner Mauer
Willkommen bei baugeschichte.a.tu-berlin.de
Projektleitung:
Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer, Dr. Sc. tec. Philipp Speiser, Dr. Gabri van Tussenbroek
Mitarbeit: Christian Kannenberg, Tobias Rütenik
Finanzierung: Eigenfinanzierung, Senatsverwaltung Berlin
Im September 2007 hat das Fachgebiet im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Erweiterung der "Gedenkstätte Berliner Mauer" im Auftrag der Senatsverwaltung Berlin eine Grabung im Todesstreifen der Mauer an der Bernauer Straße durchgeführt. Die archäologische Untersuchung erbrachte Reste der unterschiedlichen Ausbaustufen der Mauer und deckte zahlreiche Zeugnisse der technischen Infrastruktur der Grenzanlage auf.
Projektkoordination: Christina Straße
Vermessung und Oberleitung: Dipl.-Ing. Andreas Potthoff, ASD
Archäologie: Torsten Dressler, ABD
Veröffentlichungen:
Johannes Cramer, Der Gartenzaun um Berlin - Was blieb von der Berliner Mauer? In: Der unbestechliche Blick, Festschrift zu Ehren von Wolfgang Wolters; Trier 2005, S. 235-241.
Johannes Cramer, Trauer um die Mauer. Die Attrappe am Checkpoint Charlie ist die Folge politischen Versagens. Berliner Zeitung vom 9. November 2004.
Trauer um die Mauer : Textarchiv : Berliner Zeitung Archiv
Gabri van Tussenbroek, De Berlijnse Muur in beeld. Nieuwsbrief Sichting Bouwhistorie Nederland Nr. 37, Juni 2005, S. 26-31.
Ein Projekt aus Österreich, das im weitesten Sinne noch zur „Archäologie des Nationalsozialismus“ zählen kann, da die historischen Ereignisse eine unmittelbare Folge des II. Weltkrieges waren:
Kosaken in Osttirol. Archäologische und volkskundliche Aspekte zur "Tragödie an der Drau".
Ein Projekt von Institut für Ur- und Frühgeschichte sowie Mittelalter- und Neuzeitarchäologie und Institut für Europäische Ethnologie / Volkskunde
Ausstellung: Flucht in die Hoffnungslosigkeit. Die Kosaken in Osttirol
25.5.2005 - 10.7.2005
Kosaken in Osttirol - Universität Innsbruck
Karl Berger, Harald Stadler, Kosaken in Tirol. Ein belastendes Erbe
Kosaken - Universität Innsbruck
Prof. Dr. Harald Stadler vonder Uni Innsbruck, der als Archäologe federführend an dem Projekt „Kosaken in Osttirol“ beteiligt war, beschäftigt sich häufiger archäologisch mit dem 20. Jahrhundert, der Archäologie der Gegenwart oder der „Neuestzeit“:
Harald Stadler - Universität Innsbruck
Schriftenverzeichnis von Harald Stadler - Universität Innsbruck
Harald Stadler, Suchschnitte in die Zeitgeschichte. Aktuelle Forschungen zur Neuestneuzeitarchäologie in Tirol. In: Christoph Haidacher (Hrsg.), Von Stadtstaaten und Imperien.Tagungsbericht über den 24. Österreichischen Historikertag in Innsbruck (Innsbruck 2006) 625-636.
Leider nicht mehr im Web erreichbar:
Tilsiter Käse und „Patrizier Lavendel“
Der österreichische Archäologe Harald Stadler legt ungewöhnliche Suchschnitte in die Zeitgeschichte an. Seine Forschungsprojekte ernten jedoch nicht nur Zuspruch.
Historik.de - Geschichte im Blog
Umstritten ist, inwieweit die Bergung von Massen-, Zivilisten- und Soldatengräbern aus den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien tatsächlich noch als Archäologie zu zählen ist, auch wenn archäologische Methoden angewandt bzw. Archäologen beteiligt sind. Meines Erachtens handelt es sich nicht um Archäologie, denn mit diesen Untersuchungen sind zunächst keine historischen Fragestellungen verknüpft, sondern Anlass sind die Sicherung von Beweismaterial für Kriegsverbrecher-Prozesse oder die sachgerechte Umbettung der Toten.
Neben den genannten Grabungen mit historischer Fragestellung gibt es eine Reihe von Untersuchungen, die ein Kollege als "(Nach-)Denken über Archäologie und Methoden der Archäologie" beschrieb. Hierher gehören wohl die oben genannten Untersuchungen von John Schofield, aber auch die verschiedenen garbage oder rubbish projects. Das bekannteste ist sicherlich das US-amerikanische Tucson Garbage Project (Tucson Garbage Project - Wikipedia, the free encyclopedia ), dem ähnliche Projekte in den USA folgten.
In Kontinentaleuropa hat Paul Barford zwischen 1992 und 94 mit Studenten und Studentinnen der Uni Warschau durchgeführt:
Paul Barford, Culture and the uncultured: archaeological constructs based on behavioural debris (aspects of the "Warsaw Rubbish Project")
Archaeologia Polona 34, 1996, 199-204
PL ISSN 0066-5924
Archaeologia Polona - Culture and the uncultured: archaeological constructs based on behavioural debris (aspects of the "Warsaw Rubbish Project")
Dann gibt es noch Projekte, wo dazu noch eine Art künstlerische oder bisweilen auch spielerischer Umgang dazu kommt. In Deutschland sorgte vor einigen Jahren die "Archaeological Incavation - Berlin-Schliemannstraße " (Eingrabung) von Cornelius Holtorf (Cornelius Holtorf ) für Diskussionen und Lacher, obgleich es nicht nur ein Spaß war: Incavation 1
Soll fortgesetzt werden ...
Gegenwarts-Archäologie: Was von uns übrig bleibt - SPIEGEL ONLINE - Nachrichten - Wissenschaft
01.04.2009
GEGENWARTS-ARCHÄOLOGIE
Was von uns übrig bleibt
Von Angelika Franz
Der Brite John Schofield verschiebt mit provokanten Aktionen die Grenzen der Archäologie: Er untersucht Relikte der jüngsten Vergangenheit - einen Ford Transit, Friedenscamps der Atomkraftgegner und Uni-Hörsäle. Dabei fördert er Erstaunliches zu Tage, das wir fast schon wieder vergessen hatten.
Der Artikel ist trotz seines Erscheinungsdatums kein Aprilscherz.
Dr John Schofield, University of Southampton
Dr John Schofield :: Archaeology, School of Humanities
Greg Bailey, Cassie Newland, Anna Nilsson, John Schofield, Steve Davis and Adrian Myers: Transit, Transition: Excavating J641 VUJ
Cambridge Archaeological Journal (2009), 19:1-28
CJO - Abstract - Transit, Transition: Excavating J641 VUJ
Abstract:
In July 2006 archaeologists from the University of Bristol and Atkins Heritage embarked on a contemporary archaeology project with a difference. We ‘excavated’ an old (1991) Ford Transit van, used by archaeologists and later by works and maintenance teams at the Ironbridge Museum. The object: to see what can be learnt from a very particular, common and characteristic type of contemporary place; to establish what archaeologists and archaeology can contribute to understanding the way society, and specifically we as archaeologists, use and inhabit these places; and to challenge and critique archaeologies of the contemporary past. In this report we describe our excavation and situate it within a wider debate about research practice in contemporary archaeology.
Welche archäologischen Forschungen zur Zeit nach 1945 gibt es in Deutschland und den Nachbarländern? Es geht mir dabei darum, dass dieser Zeitraum Forschungsziel und nicht zufälliges Ergebnis bei einer Ausgrabung ist. Es geht also nicht im den sächsischen "Kraal der Kelten" (nicht Gral!), einen mit diversen Schnitten erforschten Wendekreis für Mähdrescher, Traktoren und andere landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge einer LPG, und die verschiedensten gut ergrabenen kultischen Auto- und Traktorreifen-Depots sowie Fundstücke aus dem Primäraushub wie 70er-Jahre-DDR-Heizkörper - obwohl das sicher auch nicht uninteressant ist . Ziel dieser Grabungen war nicht das 20. Jahrhundert, es sind lediglich Begleiterscheinungen bei der Untersuchung prähistorischer oder mittelalterlicher Befunde gewesen.
Im Spiegel-Artikel findet sich der Hinweis: "Und in Deutschland wurde ein Archäologe beauftragt, die Reste der Berliner Mauer zu dokumentieren - nicht mal zwei Jahrzehnte nach ihrem Fall."
Die Berliner Mauer
Willkommen bei baugeschichte.a.tu-berlin.de
Projektleitung:
Prof. Dr.-Ing. Johannes Cramer, Dr. Sc. tec. Philipp Speiser, Dr. Gabri van Tussenbroek
Mitarbeit: Christian Kannenberg, Tobias Rütenik
Finanzierung: Eigenfinanzierung, Senatsverwaltung Berlin
Im September 2007 hat das Fachgebiet im Zusammenhang mit den Vorbereitungen für die Erweiterung der "Gedenkstätte Berliner Mauer" im Auftrag der Senatsverwaltung Berlin eine Grabung im Todesstreifen der Mauer an der Bernauer Straße durchgeführt. Die archäologische Untersuchung erbrachte Reste der unterschiedlichen Ausbaustufen der Mauer und deckte zahlreiche Zeugnisse der technischen Infrastruktur der Grenzanlage auf.
Projektkoordination: Christina Straße
Vermessung und Oberleitung: Dipl.-Ing. Andreas Potthoff, ASD
Archäologie: Torsten Dressler, ABD
Veröffentlichungen:
Johannes Cramer, Der Gartenzaun um Berlin - Was blieb von der Berliner Mauer? In: Der unbestechliche Blick, Festschrift zu Ehren von Wolfgang Wolters; Trier 2005, S. 235-241.
Johannes Cramer, Trauer um die Mauer. Die Attrappe am Checkpoint Charlie ist die Folge politischen Versagens. Berliner Zeitung vom 9. November 2004.
Trauer um die Mauer : Textarchiv : Berliner Zeitung Archiv
Gabri van Tussenbroek, De Berlijnse Muur in beeld. Nieuwsbrief Sichting Bouwhistorie Nederland Nr. 37, Juni 2005, S. 26-31.
Ein Projekt aus Österreich, das im weitesten Sinne noch zur „Archäologie des Nationalsozialismus“ zählen kann, da die historischen Ereignisse eine unmittelbare Folge des II. Weltkrieges waren:
Kosaken in Osttirol. Archäologische und volkskundliche Aspekte zur "Tragödie an der Drau".
Ein Projekt von Institut für Ur- und Frühgeschichte sowie Mittelalter- und Neuzeitarchäologie und Institut für Europäische Ethnologie / Volkskunde
Ausstellung: Flucht in die Hoffnungslosigkeit. Die Kosaken in Osttirol
25.5.2005 - 10.7.2005
Kosaken in Osttirol - Universität Innsbruck
Karl Berger, Harald Stadler, Kosaken in Tirol. Ein belastendes Erbe
Kosaken - Universität Innsbruck
Prof. Dr. Harald Stadler vonder Uni Innsbruck, der als Archäologe federführend an dem Projekt „Kosaken in Osttirol“ beteiligt war, beschäftigt sich häufiger archäologisch mit dem 20. Jahrhundert, der Archäologie der Gegenwart oder der „Neuestzeit“:
Harald Stadler - Universität Innsbruck
Schriftenverzeichnis von Harald Stadler - Universität Innsbruck
Harald Stadler, Suchschnitte in die Zeitgeschichte. Aktuelle Forschungen zur Neuestneuzeitarchäologie in Tirol. In: Christoph Haidacher (Hrsg.), Von Stadtstaaten und Imperien.Tagungsbericht über den 24. Österreichischen Historikertag in Innsbruck (Innsbruck 2006) 625-636.
Leider nicht mehr im Web erreichbar:
Tilsiter Käse und „Patrizier Lavendel“
Der österreichische Archäologe Harald Stadler legt ungewöhnliche Suchschnitte in die Zeitgeschichte an. Seine Forschungsprojekte ernten jedoch nicht nur Zuspruch.
Historik.de - Geschichte im Blog
Umstritten ist, inwieweit die Bergung von Massen-, Zivilisten- und Soldatengräbern aus den Kriegen im ehemaligen Jugoslawien tatsächlich noch als Archäologie zu zählen ist, auch wenn archäologische Methoden angewandt bzw. Archäologen beteiligt sind. Meines Erachtens handelt es sich nicht um Archäologie, denn mit diesen Untersuchungen sind zunächst keine historischen Fragestellungen verknüpft, sondern Anlass sind die Sicherung von Beweismaterial für Kriegsverbrecher-Prozesse oder die sachgerechte Umbettung der Toten.
Neben den genannten Grabungen mit historischer Fragestellung gibt es eine Reihe von Untersuchungen, die ein Kollege als "(Nach-)Denken über Archäologie und Methoden der Archäologie" beschrieb. Hierher gehören wohl die oben genannten Untersuchungen von John Schofield, aber auch die verschiedenen garbage oder rubbish projects. Das bekannteste ist sicherlich das US-amerikanische Tucson Garbage Project (Tucson Garbage Project - Wikipedia, the free encyclopedia ), dem ähnliche Projekte in den USA folgten.
In Kontinentaleuropa hat Paul Barford zwischen 1992 und 94 mit Studenten und Studentinnen der Uni Warschau durchgeführt:
Paul Barford, Culture and the uncultured: archaeological constructs based on behavioural debris (aspects of the "Warsaw Rubbish Project")
Archaeologia Polona 34, 1996, 199-204
PL ISSN 0066-5924
Archaeologia Polona - Culture and the uncultured: archaeological constructs based on behavioural debris (aspects of the "Warsaw Rubbish Project")
Dann gibt es noch Projekte, wo dazu noch eine Art künstlerische oder bisweilen auch spielerischer Umgang dazu kommt. In Deutschland sorgte vor einigen Jahren die "Archaeological Incavation - Berlin-Schliemannstraße " (Eingrabung) von Cornelius Holtorf (Cornelius Holtorf ) für Diskussionen und Lacher, obgleich es nicht nur ein Spaß war: Incavation 1
Soll fortgesetzt werden ...