Balkankrieg 1912/13: Internationale Intervention

Hallo Silesia,

könnte es sein, dass Du nicht BD XI, 2, genutzt hast, den es nicht gibt?
Dafür BD IX, Part 2?

Du schreibst weiterhin:
Am 7.11. berichtet Cambon Grey, dass Russland einen Schiffsverband schicken wird. Grey lehnt mit Mitteilung an Bertie ab, dass Großbritannien eine "Marinedemontration" vornehmen wird.

Du hast Dich sicherlich verschrieben, es sollte dort vermutlich "keine Marinedemonstration" stehen.


Weiterhin schreibst Du oben:

Am 7.11. berichtet Cambon Grey, dass Russland einen Schiffsverband schicken wird.

Das hat Cambon nicht gegenüber Grey gesagt. Im Original steht BD, IX, 9, S. 115:

M. Cambon spoke to me to-day of the possibility that Russia might send a naval squadron to Constantinople, and asked what we should do in such circumstances.



Nochmals zum Begriff "Marinedemonstration":

Was um die Mitte November 1912 vor Istanbul geschah, wurde und wird anscheinend nicht "Marinedemonstration" genannt. Da war ich selber anfangs drauf reingefallen, musste aber erkennen, dass damit Einsätze wie vor Sukari/Mazedonien gemeint waren, oder Marine-Planungen, wie sie russischerseits im Frühjahr 1913 bestanden, mit Kriegsschiffen vor Istanbul eine mögliche Besatzung durch bulgarische Truppen zu unterbinden, zu verhindern.

Einen alternativen Begriff habe ich leider bisher nicht gefunden.


Viele Grüße,

Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Allgemein noch ein paar Zeilen zum Zitat

Am 7.11. berichtet Cambon Grey, dass Russland einen Schiffsverband schicken wird. Grey lehnt mit Mitteilung an Bertie ab, dass Großbritannien eine "Marinedemontration" vornehmen wird.

welches wohl nicht zutreffend übersetzt worden ist.

Römer, Die deutsche Mittelmeerdivision, notiert S. 26 entlang eines Berichtes des Stationärs Loreley vom 10.11.1912, am 6.11.1912 sei der russ. Kreuzer Kagul vor Istanbul eingetroffen.
Es ist damit ersichtlich, dass am 7.11. bereits ein russ. Kriegsschiff vor Istanbul gelegen hatte. Der von Cambon angesprochene russ. Schiffsverband wurde als Möglichkeit der Zukunft angesprochen und in Bedeutung einer "Marinedemonstration", wie es scheint, die sich damit offenkundig von der Aufgabe des bereits vor Istanbul liegenden Kreuzers Kagul unterscheiden würde.


Römer, S. 26, bemerkt weiterhin, dass reichsdt. Schulschiff Hertha sei mit Auftrag des Schutzes der Deutschen in Mersina am 5.11.1912 im britischen Marinestützpunkt auf Malta eingelaufen. Der britische Admiral und Befehlshaber Milne habe den dt. Kommandanten gebeten, den Schutz der Engländer in der Provinz Adana [an deren Küste Mersina lag] zu übernehmen. Milne hätte im Gegenzug versichert, dt. Bürger in Alexandretta durch ein britisch. Kriegschiff schützen zu lassen und hätte die Erfordernis gemeinsamen Handelns bekräftigt.


Viele Grüße,

Andreas
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo Silesia,
könnte es sein, dass Du nicht BD XI, 2, genutzt hast, den es nicht gibt?
Dafür BD IX, Part 2?

Ja, das ist natürlich ein Schreibfehler. Im Folgenden zitierst Du bereits die Verweise nach IX/2. Sorry für den "Dreher" in XI.
Du schreibst weiterhin:
Am 7.11. berichtet Cambon Grey, dass Russland einen Schiffsverband schicken wird. Grey lehnt mit Mitteilung an Bertie ab, dass Großbritannien eine "Marinedemontration" vornehmen wird.
Du hast Dich sicherlich verschrieben, es sollte dort vermutlich "keine Marinedemonstration" stehen.
Nein, das war korrekt.
Grey lehnte ab, eine Marinedemonstration vorzunehmen, und er lehnte nicht etwa ab, keine Marinedemonstration vorzunehmen:
"we should not make a naval demonstration there"

Naval demonstration bezieht sich auf die Analysen im Foreign Office, so zB von Nicolson, der diesen Gedanken untersuchte und diesen Begriff mit "counterdemonstration" sogar zuspitzte. Hier ging es um den Umstand, dass man in London der Auffassung war, dass die anderen Großmächte solches einleiten würden.

Zur Erinnerung: dieser Teil der Diskussion wurde hierdurch ausgelöst:
Noch kurz zur Flottenintervention oben: Es war wesentlich mit die britische Regierung, die dazu gedrängt hatte.
Das läßt sich aus den Akten nicht ableiten. Das Gegenteil ist der Fall.
Siehe:
Halpern, The Mediterranean Naval Situation 1908-1914
Lambi, I. N., The Navy and German Power Politics, 1862-1914
Lumby, E.W.R.: Policy and Operations in the Mediterranean 1912-1914

Zu dem Zeitpunkt 5./7.11. war es die britische Regierung, die sich lediglich mit der Frage von counterdemonstration befasst, was deutlich macht, dass sie hier nicht agierte, sondern reagierte.


Weiterhin schreibst Du oben:
Am 7.11. berichtet Cambon Grey, dass Russland einen Schiffsverband schicken wird.
Das hat Cambon nicht gegenüber Grey gesagt. Im Original steht BD, IX, 9, S. 115:
M. Cambon spoke to me to-day of the possibility that Russia might send a naval squadron to Constantinople, and asked what we should do in such circumstances.

Dem Wortlaut nach ist Dein Einwand nachvollziehbar, insofern Cambon hier über die (noch) hypothetische Situation des russischen Flottenverbandes spricht, und Grey nach seinen möglichen Reaktionen darauf befragt.

Ich habe hier den Kontext vorausgesetzt, die Konditionen nicht genannt und insofern verkürzt. Vielleicht wird es hierdurch deutlicher, denn es ging um Deine Feststellung, wer hier zur Flottenintervention gedrängt hatte (und das war nicht Großbritannien):

"Am 7.11. berichtet Cambon Grey, dass Russland einen Schiffsverband schicken wird,

- wenn Bulgarien die Straits besetzt,
- und diese Besetzung nicht von ganz kurzer Dauer ist,
- oder Österreich aus dem Kriegsverlauf Vorteile zieht, etwa bzgl. Saloniki
- eine Situation eintritt, dass andere Großmächte nach Belieben Kriegsschiffe durch die Straits hin und her schieben können
- oder keine satisfizierende Verständigung der Großmächte über die Straits zu Stande kommt, angesichts der drohenden Implosion des Osmanischen Reiches."

Grey ging nach den Meldungen aus Paris (Bertie) und nach den Lageanalysen davon aus, dass eine dieser Situationen eintreten kann, und wurde über die vorgetragene Kette Sazonow-Iswolski-Poincare-Bertie/Cambon hierüber informiert.

Frage ist hier, wie man "possibility" einschätzt. Dazu gab Sazonow Iswolski klare Instruktionen, dass Russland gezwungen ist, einen Kriegsschiffsverband nach Konstantinopel zu schicken (obliged to send a naval squadron to remain there for the duration of the occupation).
Zitat aus Rossos, Russia and the Balkans 1908-1914, S. 89.
Ebenso Bobroff, S. 51, der nur "forced to" benutzt.

Hintergrund sind die Auskünfte an Russland, dass der Kollaps kommen würde, und die bulgarische Besetzung "unavoidable" sei.

Du kannst diese Konsequenzen und die sogar weiter gehende Annahme, dass alle Großmächte Kriegsschiffe schicken werden, auch bei Hopmann bereits unter dem 5.11.1912 nachlesen.

Zurück zur "possibility": sowohl aus der russischen Initiative bei Poincare als auch aus der Wahrnehmung anderer Großmächte wird hier davon ausgegangen, dass dieses Szenario eintritt.


Nochmals zum Begriff "Marinedemonstration":
Die Unterscheidung aus britischer Sicht ist völlig klar, und da brauchen wir nicht zu spekulieren: eine naval demonstration oder eine counterdemonstration würde mit den 8 "King Edwards" geführt, die nach den Quellen im östlichen Mittelmeer auch bereitgehalten wurden, eine Sicherung der britischen Bürger gegen "riots" mit ein paar alten Kreuzern.

Das ist ein wesentlicher Unterschied, der hier angesprochen und diskutiert wird. Abgesehen davon richtete sich die demonstration primär gegen die anderen Großmächte bzw. die kleineren Allierten im Krieg gegen das OR.
 
Vielen Dank für die ausführliche Antwort, Silesia :).

Ich bevorzuge nach wie vor Sekundärliteratur, die unmittelbar Primärquellen auswertet, oder Primärquellen direkt.

Da die Schiffsversammlung vor Istanbul im November 1912 nirgends separat in den bekannten Dokumenten-Sammlungen behandelt wird, meine ich, dass eine detaillierte Darstellung der Chronologie erschwert ist. Weiterhin scheint sie für die Nachkriegsaufbearbeitung der Kriegsverantwortung keine Rolle gespielt zu haben, man erkennt auch ohne Aufwand, dass die Großmächte mit weitaus wichtigeren Ereignissen beschäftigt waren, eben mit der Frage, wie weit die bulgarische Armee noch vordringen wird und mit welchen Folgen, mit der Zuspitzung der zeitgleich ablaufenden Auseinandersetzungen um die Frage eines serbischen Adria-Hafens.

Wir sind, soweit ich sehe, was die Primärquellen-Auswertung, Details und Chronologie der Flottenversammlung vor Istanbul angeht, weitgehend auf Tutenbergs Dissertation "Die deutsche Mittelmeer-Division und die Londoner Botschafterkonferenzen" (1987) angewiesen. Ergänzend dazu können wir dann sogar z.B. auf die BD IX, 2, zurück greifen.

Tutenberg notiert S. 18/19:
Goschen, britischer Botschafter in Berlin, unterrichtet am 2.11.1912 Grey, britischer AA-Chef, von der Frage des dt. AA-Staatssekretärs nach den britischen Absichten, worauf Goschen antwortet, das man beabsichtige, ein Schiff nach Besika Bay zu schicken.
Tutenberg wörtlich weiter:
"Der deutsche Staatssekretär hielt das für eine gute Idee und teilte ihm mit, daß die deutsche Regierung gleich Maßnahmen ergreifen würde."
[Tutenbergs britische Quelle: PRO FO 424, No 233 v. 2.11.1912, No 52]


Tutenberg referiert S. 18:
Am 2.11.1912 fand eine Botschafterversammlung der Großmächte in Istanbul statt in Istanbul statt, die u.a. die Bitte an die Pforte formuliert, die Erlaubnis zur Entsendung eines Kriegsschiffes je Großmacht [nach Istanbul] zu erwirken.

Wir finden in den BD, IX, 2, S. 89 oben, entsprechend die inhaltliche Zusammenfassung eines Telegramms des türk. Außenministers Gabriel Effendi vom 3.11.1912, in dem u.a. die Erlaubnis der Einfahrt je eines Kriegsschiffe pro Großmacht aufrund der Nachfrage ihrer Botschafter postuliert wird.

S. 93, BD, IX, 2, # 120, schreibt der britische Botschafter in Istanbul am 4.11. bzw. 5.11.1912 von der Meinung des türkischen Außenministers, dass die Großmächte je ein zweites Kriegsschiff entsenden sollten [vor Istanbul, es geht ja immer um die Erlaubnis der Einfahrt in die Dardanellen. Dafür waren schon wegen der Minengürtel ganz konkret türkische Lotsen notwendig]

Tutenberg bestätigt S. 23 den Vorgang vom 4.11.1912: Botschafter Wangenheim berichtet am 4.11.1912 ebenfalls von einer Erlaubnis für ein zweites Kriegsschiff pro Großmacht durch die türk. Regierung.

Tutenberg S. 23, referiert sinngemäß weitere Mitteilungen von Wangenheim am 4.11.1912:
"Der russische Botschafter hab auf der letzten Versammlung der europäischen diplomatischen Vertreter [in Istanbul] für eine allgemeine Freigabe der Meerengen angesichts der bedrohlichen Lage plädiert. Sein Vorschlag sei am Widerstand des österreichischen Vertreters gescheitert."

Tutenberg, S. 26: Am 6.11.1912 traf u.a. der russ. Panzerkreuzer Kagul [vor Istanbul] ein.
Am 8.11.1912 fanden sich auf Anregung des französischen Admiral Dartige du Fournet die anderen Schiffs-Kommandanten auf dessen Panzerkreuzer "Léon Gambetta" ein. Man arbeitet dabei einen gemeinsamen Plan für mögliche Unruhen aus.

Tutenberg, S. 60:
Die Goeben traf am 15.11. vor Istanbul ein, Kommandant Admiral Trummler wird dort mitgeteilt, dass der franz. Admiral der Léon Gambetta, du Fournet, "den Vorsitz bei der Regelung der internationalen Schutzmaßnahmen übernommen hatte."
Noch S. 60:
Die Goeben war am 11.11.1912 vor Malta eingetroffen. Sie wie die Breslau ergänzten dort [also im britischen Marine-Stützpunkt] ihre Kohle-Vorräte.

Im Zusammenhang der Absprachen und Kooperation zwischen britischer und reichsdt. Marine hatte ich oben Römer, zitiert:
Römer, S. 26, bemerkt weiterhin, dass reichsdt. Schulschiff Hertha sei mit Auftrag des Schutzes der Deutschen in Mersina am 5.11.1912 im britischen Marinestützpunkt auf Malta eingelaufen. Der britische Admiral und Befehlshaber Milne habe den dt. Kommandanten gebeten, den Schutz der Engländer in der Provinz Adana [an deren Küste Mersina lag] zu übernehmen. Milne hätte im Gegenzug versichert, dt. Bürger in Alexandretta durch ein britisch. Kriegschiff schützen zu lassen und hätte die Erfordernis gemeinsamen Handelns bekräftigt.


Zum Kreis der Großmächte-Botschafter in Istanbul gehörte auch der russ., der entsprechend an der gemeinsamen Sitzung am 2.11.1912 teilgenommen haben dürfte und ebenfalls von den jeweiligen Erlaubnissen für die Einfahrt zunächst eines Kriegsschiffes, 3.11., und der für die Einfahrt eines zweiten Kriegsschiffes, 4.11., Kenntnis erhalten haben dürfte.
Dass am 6.11. bereits das russ. Kriegsschiff Kagul eingetroffen war, bestätigt wohl diesen Ablauf.

Cambons Äußerung gegenüber Grey bezieht sich daher erkennbar - wie schon sprachlich eindeutig - NICHT auf die am 7.11. bereits laufende Entsendung von "Schutz-Schiffen" für Istanbul.

Nach wie vor bin ich begründet nicht der Meinung, dass alle Großmächte völlig solitär einfach nach reinem Gutdünken irgendwann irgendwelche Kriegsschiffe in rein selbst festgelegter Anzahl entsendet hatten. Zumindest für Istanbul war dies sowieso nicht möglich. Siehe Botschafter-Treffen in Istanbul.

Die Kooperation zwischen der britischen und reichsdt. Marine ist ebenfalls erkennbar, siehe Breslau und Goeben im britischen Marine-Stützpunkt Malta, siehe Admiral Milnes Bemerkung gegenüber dem Kommandanten der entsendeten Hertha am 5.11. Im Thread "Mittelmeer-Division hatte ich bereits anhand von weiteren Primärquellen darauf hingewiesen.
Wir können vorsichtig sogar formulieren, siehe Tutenberg, dass die Berliner Diplomatie/Politik durchaus von Seiten der britischen zur Entsendung von "Schutz-Schiffen" und nachfolgend zu verschiedenen Aktionen/Aufgaben mit angeregt worden war.

Wie Du schon oben bemerkt hast, sind gewiss viele Dokumente zu diesem "Projekt" noch nicht veröffentlich. Tutenberg hat dazu einige Grundlagen-Arbeit geleistet, als einziger bisher, soweit ich sehe.

Deine Aussage im Beitrag ein weiter oben

Zu dem Zeitpunkt 5./7.11. war es die britische Regierung, die sich lediglich mit der Frage von counterdemonstration befasst, was deutlich macht, dass sie hier nicht agierte, sondern reagierte.

ist so nicht aufrecht zu erhalten, meine ich. Für Deine abschließende Bewertung fehlen Publikationen mit umfassenden Auswertungen/Erschließungen in Frage kommender, auch noch nicht veröffentlichter Primärquellen.

Das britische Kriegsschiff "Weymouth" war am 6.11. in Istanbul eingetroffen, am 2.11. hatte Goschen, der brit. Botschafter in Berlin, gegenüber dem dt. AA-Staatssekretär (wohl Kiderlen-Wächter) bemerkt, eine Entsendung eines Schiffe in die Besika Bay sei beabsichtigt. Weiterhin, wie schon notiert, war der britische Botschafter in Istanbul an den dortigen Botschafterkonferenzen beteiligt.
Wir sehen entsprechend auch in den BD, IX, 2, S. 89, dass die britische Regierung am 3.11. bzw. am 4.11. vom türkischen Außenminister /Botschafter in London davon unterrichtet wurde, dass die Einfahrt je eines Kriegsschiffes pro Großmacht in die Dardanellen mit Ziel Istanbul gestattet würde.


Nein, das war korrekt.
Grey lehnte ab, eine Marinedemonstration vorzunehmen, und er lehnte nicht etwa ab, keine Marinedemonstration vorzunehmen:
"we should not make a naval demonstration there"

Danke für die Klarstellung, im Englischen war natürlich erkennbarer, was gemeint war.

Ansonsten erwarte ich keine (Zeit fressende) Rückantwort, wir befinden uns ja bei zwar interessanten Fragen, doch es sind im Rahmen des Thread-Titels mehr Nebenfragen, wenngleich mir die damalige Situation dadurch noch nachvollziehbarer und anschaulicher geworden ist.



Viele Grüße,

Andreas
 
Hallo Silesia, sorry für die - zeitlich bedingt - gestückelten Reflexionen, hier zum Beitrag #59 von Dir:

Goschen informierte Kirderlen-Wächter am 1.11., dass ein weiteres Schiff der Royal Navy nach Saloniki entsandt worden ist, um dort Übergriffe auf britische Interessen zu verhindern. BD XI/2, S. 73.
- Im gleichen Gespräch erhielt er die Information, dass die deutsche Seite Schiffe nach Konstantinopel entsendet. BD XI/2, S. 74 (die dann am 11.11. Malta als Zwischenziel erreichten).

Es trifft so nicht zu, folgt man den BD an den angegebenen Stellen:

dass ein weiteres Schiff der Royal Navy

Im Original steht dort:
one or more of His Majesty's ships


Im gleichen Gespräch erhielt er die Information, dass die deutsche Seite Schiffe nach Konstantinopel entsendet. BD XI/2, S. 74 (die dann am 11.11. Malta als Zwischenziel erreichten).

Goschen erhielt im gleichen Gespräch keineswegs die Info, dass "deutsche Schiffe nach Konstantinopel entsendet werden".

Goschen im Original weiter zu Kiderlens Äußerungen in den BD:
...he also had received similar reports but that unfortunately they had no cruisers to send there. The only vessels available being a gunboat that was on its way somewhere—he did not quite know where—but which was too small to be of any use, and the German stationnaire " Loreley " which happened to be at Salonica itself for the purpose of bringing the Ex- Sultan Abdul Hamid to Constantinople. I notice however that according to newspaper reports that vessel has already left Salonica

Der dortige Stationär Loreley brachte Ex-Sultan Hamid von Salonica nach Konstantinopel...

Erst in einer Anmerkung vom 5.11.1912 unter diesem Telegramm S. 93/94 wird notiert:

The German Embassy has since informed us that they are sending ships to Constantinople. [...]

Du selber hattest im gleichen Beitrag # 59 bereits geschrieben:

Goschen informierte Grey am 4.11.1912, dass die Goeben und Breslau ins Mittelmeer gesandt worden seien, BD XI/2, S. 89


Diese Klärung schien mir doch wichtig genug zu sein, um sie hier zu posten. Wir wissen ja, das andere mitlesen oder evt. diese Aussage aus Deinem Beitrag irgendwo anders von anderen Personen weiter verwendet wird.

Im gleichen Beitrag hattest Du gegen Ende noch notiert:

Ausweislich Bobroff war es Russland, dass wegen seiner Befürchtungen massiv ein Konstantinopel-Engagement forderte, bis hin zu "Ideen", mit Truppenkontingenten nach Konstantinopel hineinzugehen.

Nun, wir hatten in den unmittelbar hier vorhergehenden Beiträgen zeigen können, dass die russ. Forderung NICHTS mit der Entsendung von Schiffen zu Schutzzwecken vor Konstantinopel zu tun hatte.
Entsprechend gab es daher auch keine primär massive russ. Forderung nach Schutzschiff-Entsendungen. Auch das scheint mir ein Punkt zu sein, den wir zur Klärung - nicht zuletzt für mögliche spätere Verwendungen - hervorheben dürfen.

Viele Grüße,

Andreas
 
Das ging auch mit den amtlich zugewiesenen Schiffen des Ostasiengeschwaders ... das war kein Flagge Zeigen mehr, sondern ne Werbetour für deutsche Marinetechnik.

Ich kann darin nichts problematisches erkennen. Auch die anderen Großmächte sahen schon zu, das sie nicht zu kurz kamen.
 
Ob es Absicht war, Eindruck zu schinden, darauf lässt die Entsendung eines modernen Schlachtkreuzers schließen. Was für einen anderen Grund sollte es geben? Andere Nationen schickten zweitklassiges Gerät.

Auch die monatelange Präsenz in Konstantinopel (5 Monate), danach die Showtour nach Saloniki (griechische Beute des Krieges) und der dortige Auftritt passen ins Bild.

Dann haben wir noch die "höchste Order" vom 1.11.1912, was die Bedeutung unterstreicht. Und das die Marine in der Nordsee wenig begeistert war, da das Schiff benötigt wurde.

Auf der anderen Seite - selbst wenn der gewünschte Auftritt nicht beabsichtigt war - er wurde in vollem Umfang erreicht. Aus der internationalen Literatur ist sowohl das Stauen der ollen französischen Pötte dokumentiert, die in der Goeben das Sinnbild der "Überrundung" durch eine deutsche Marine sahen, die erst wenige Jahre präsent war. Und der nachhaltige Eindruck in den osmanischen Kreisen.

Quellen, die solch eine deutsche Absicht belegen, sind mir nicht bekannt. Immerhin: das Ergebnis spricht für sich. Dabei ging es auch nicht, wie es anklingt, um konkrete einzelne Verkäufe von Schiffen oder Rüstungsgeschäfte, sondern um den allgemeinen Eindruck für deutsche Weltmacht und Rüstung im Osmanischen Reich.

Quellen sind dir nicht bekannt, aber du unterstellst eine Absicht, die zwischen den Zeilen von dir negativ gesehen wird.
 
Der Beitrag ist fast 7 Jahre alt....der Beitragende schrieb damals gerne mal prononciert - wie es hier und da Mode gewesen war - 'deutsch-kritisch', scheint mir, während einige Deiner Beiträge dies gegenwärtig, so scheint mir, gerne mal ausgleichen wollen, wie es hier und da Mode geworden ist...;)
 
Der Beitrag ist fast 7 Jahre alt....der Beitragende schrieb damals gerne mal prononciert - wie es hier und da Mode gewesen war - 'deutsch-kritisch', scheint mir, während einige Deiner Beiträge dies gegenwärtig, so scheint mir, gerne mal ausgleichen wollen, wie es hier und da Mode geworden ist...;)

Das ist ein Thema für eine PN.
 
Was den Ballhausplatz damals auch schlaflose Nächte bereitete, waren die Bestrebungen Serbiens und der Bevölkerung Montenegros sich zu einem Staat zu vereinigen. Nur der König von Montenegro klammerte sich an seinem Thron. Wäre der Weltkrieg nicht dazwischen gekommen, hätte Nikita sich wohl nicht ewig den Begehren der Bevölkerung widersetzten können.
Und Rumänien war als Verbündeter praktisch verloren.
 
Und Rumänien war als Verbündeter praktisch verloren.

Inwiefern war Rumänien zu diesem Zeitpunkt als Verbündeter bereits verloren?
So wie ich das sehe, war Rumänien erst in dem Moment endgültig weg, in dem es sich die südliche Dorbudscha von Bulgarien holte und sich die europäischen Bündniskonstellationen so änderten, dass Russland Bulgarien nicht länger im besonderen Maß stützte und sich auf Serbien verlegte, während Bulgarien unter Wiener Einfluss geriet und sich dem Dreibund annäherte.

Was den Ballhausplatz damals auch schlaflose Nächte bereitete, waren die Bestrebungen Serbiens und der Bevölkerung Montenegros sich zu einem Staat zu vereinigen. Nur der König von Montenegro klammerte sich an seinem Thron. Wäre der Weltkrieg nicht dazwischen gekommen, hätte Nikita sich wohl nicht ewig den Begehren der Bevölkerung widersetzten können.

Um so fragwürdiger ist dann allerdings die österreichische Handlungsweise hinsichtlich der serbischen Versuche zu sehen sich in Albanien festzusetzen, wenn man der Meinung war, dass Serbien früher oder später über Montenegro ohnedies seinen Adria-Zugang bekommen werde.
Gegen einen Anschluss Montenegros an Serbien hätten sich wahrscheinlich auch schwerlich plausible Interventionsgründe finden lassen, die von den europäischen Mächten akzeptiert worden wären.
 
König Carol hat dem Militärattache Östrreich-Ungarns mitgeteilt, das er im Kriegsfalle nicht dafür garantieren könne, das Rumänien auf Seite des Dreibundes eintreten würde
Conrad hat darauf auch seine Planungen abgestellt und wollte damit beginnen die Grenze zu befestigen.

Albanien wurde als potentieller Verbündeten angesehen und ich bezweifle, daß Wien bei einer Vereinigung zugesehen hätte.
 
Was den Ballhausplatz damals auch schlaflose Nächte bereitete, waren die Bestrebungen Serbiens und der Bevölkerung Montenegros sich zu einem Staat zu vereinigen.
Man hat diese Vereinigung von Serbien und Montenegro in den 1990er Jahren mit der Bundesrepublik Jugoslawien nachgeholt und 2006 wieder gecancelt. Die Menschen in diesen beiden Staaten haben zwar viele Gemeinsamkeiten, aber wenn einer der Partner 10-mal größere Bevölkerung hat, dann kann er jede Abstimmung majorisieren und zu seinem Gunsten entscheiden. Das hat Serbien schon nach Titos Tod zu praktizieren versucht und damit das Auseinanderfallen Jugoslawiens bewirkt: Die anderen Republiken haben dieser Politik Serbiens eine Absage erteilt und den Weg in die Selbstständigkeit gewählt.
 
ich bezweifle, daß Wien bei einer Vereinigung zugesehen hätte.

Das hätte es wohl tun müssen, wenn Berlin nicht ohne wenn und aber bereit gewesen wäre Wien bei einer solchen Aktion zu decken.
Im Falle einer Vereinigung von Montenegro und Serbien hätte sich allerdings kaum glaubhaft damit argumentieren lassen, dass dies ein dirkter Schritt zur Bedrohung Österreich-Ungarns sei, der ein Eingreifen rechtfertigte.

Oder anders gefragt, auf welcher Grundlage hätte man denn ein Eingreifen dagegen rechtfertigen können?
Letztenlich doch allenfalls, wenn man sich als Garantiemacht der Rechte des montenegrinischen Königs aufgespielt hätte.
Ob man aber dazu in Berlin, zumal man ja für die eigene nationale Einigung auch ein paar Monarchen entthronen musste, bereit gewesen wäre, wird man für fraglich halten können.

König Carol hat dem Militärattache Östrreich-Ungarns mitgeteilt, das er im Kriegsfalle nicht dafür garantieren könne, das Rumänien auf Seite des Dreibundes eintreten würde

Im Kriegsfall allgemein oder im Fall einer von Österreich losgetretenen Intervention, die möglicherweise zu einem Zusammenstoß mit Russland eskaliert?
 
Man hat diese Vereinigung von Serbien und Montenegro in den 1990er Jahren mit der Bundesrepublik Jugoslawien nachgeholt und 2006 wieder gecancelt. Die Menschen in diesen beiden Staaten haben zwar viele Gemeinsamkeiten, aber wenn einer der Partner 10-mal größere Bevölkerung hat, dann kann er jede Abstimmung majorisieren und zu seinem Gunsten entscheiden. Das hat Serbien schon nach Titos Tod zu praktizieren versucht und damit das Auseinanderfallen Jugoslawiens bewirkt: Die anderen Republiken haben dieser Politik Serbiens eine Absage erteilt und den Weg in die Selbstständigkeit gewählt.

Was hat das mit den Politischen Vorstellungen und Wünschen der Bevölkerung von 1912/1913 zu tun?

Zu dem Zeitpunkt gab es ja durchaus so etwas wie die Vorstellung eines südslawischen Nationalismus in Konkurrenz zu großserbischen Vorstellungen.

Ob sich das Ganze, sofern es irgendwann mal zu einer Vereinigung käme dahin entwickelte, dass Serbien in einem südslawischen Staat völlig aufgehen würde oder ob es sich am Ende dahin entwickelte dass ein südslawischer Staat am Ende nicht mehr als ein verkapptes Großserbien sein würde, war zu diesem Zeitpunkt doch noch vollkommen offen und nicht determiniert.
 
In Wien ist man davon ausgegangen, dass das Zarenreich zu jenem Zeitpunkt noch keinen Krieg wollte, da man dort noch nicht fertig sei.

Im Zeitalter des Imperialismus, brauchte da man ein Grundlage? Wien sah sich nach dem 2.Balkankrieg vor einen Scherbenhaufen und gewissermaßen auf seinem einzigen Spielplatz als Großmacht in die Ecke getrieben. Ein weiteres Vordringen Serbiens, also ein Großserbien, war für Österreich-Ungarn per se nicht hinnehmbar. Und Italien wollte auch auf dem Balkan mitreden.

Berlin hatte nicht unbedingt die gleichen Ansichten wie der Ballhausplatz. Das wurde ja auch bei den Friedenverhandlungen in London deutlich. Die Verbitterung in Wien war groß.

Beispielsweise unterstützte man Griechenland, das ja mit Serbien verbunden war. Und wo Serbien stand ist bekannt.
Wien hatte versucht bei den Verhandlungen zwischen Bukarest und Sofia zu vermitteln; doch dies wurde in Bukarest nicht wirklich gern gesehen. Es lag jedoch im Interesse Österreichs, das sich Bulgarien und Rumänien ausgleichen und sich so dann auch Sofia Österreich im Dreibund anschließt. Dafür hatte Berlin kein Verständnis. Die neue Konstellation auf dem Balkan war für Österreich-Ungarn sehr ungünstig. Die Türken standen kurz vor einen weiteren kriegerischen Auseinandersetzung mit Griechenland. Es ging um den Besitz diverser Inseln vor den Dardanellen.
 
Das hätte es wohl tun müssen, wenn Berlin nicht ohne wenn und aber bereit gewesen wäre Wien bei einer solchen Aktion zu decken.
Im Falle einer Vereinigung von Montenegro und Serbien hätte sich allerdings kaum glaubhaft damit argumentieren lassen, dass dies ein dirkter Schritt zur Bedrohung Österreich-Ungarns sei, der ein Eingreifen rechtfertigte.

Oder anders gefragt, auf welcher Grundlage hätte man denn ein Eingreifen dagegen rechtfertigen können?
Letztenlich doch allenfalls, wenn man sich als Garantiemacht der Rechte des montenegrinischen Königs aufgespielt hätte.
Ob man aber dazu in Berlin, zumal man ja für die eigene nationale Einigung auch ein paar Monarchen entthronen musste, bereit gewesen wäre, wird man für fraglich halten können.



Im Kriegsfall allgemein oder im Fall einer von Österreich losgetretenen Intervention, die möglicherweise zu einem Zusammenstoß mit Russland eskaliert?

Im Bündnisfall.
 
Im Zeitalter des Imperialismus, brauchte da man ein Grundlage?
Wenn man die Intervention anderer Mächte gegen die eigenen Aktionen vermeiden wollte, dann möglicherweise schon und erst recht, wenn man andere Mächte ddazu bewegen wollte die eigenen Aktionen mitzutragen.

Ein weiteres Vordringen Serbiens, also ein Großserbien, war für Österreich-Ungarn per se nicht hinnehmbar. Und Italien wollte auch auf dem Balkan mitreden.

Woraus man in Wien die schlechtestmögliche Option zog und sich mit Serbien und Italien überwarf, anstatt beide gewähren zu lassen und darauf zu warten, dass sie mit ihren Interessen aneinanderstießen, was unweigerlich hätte passieren müssen, so dass beide gezwungen gewesen wären ihr Verhältnis zu Wien aufzubessern, weil sie gegebenenfalls dessen Unterstützung gegeneinander bedurft hätten.

Aber darum ging es mir eigentlich nicht.

Wenn man in Wien einen Anschluss Montenegros an Serbien für möglich hielt und fürchtete, war das ja etwas, womit man konstant rechnen musste, nicht ein punktuelles Ereigniss, dass einmal verhindert nicht wieder auftritt.

Heißt wenn man davon ausging, dass das früher oder später passieren würde, musste man darauf setzen, dass entweder Russland in jeder Situation die Füße stillhalten und Österreich dies verhindern lassen würde oder aber man musste darauf rechnen, dass Berlin egal wann und in jeder denkbaren Konstellation mitgehen und Österreich stützen würde.
Beides war wohl kaum realistisch.

Wenn man also daraus resultierend fürchtete, dass Serbien seinen Adria-Zugang über Montenegro ohnedies bei Zeiten bekommen würde, was rechtfertigte es dann in einer halsbrecherischen Aktion in der albanischen Sache einzugreifen um das hier unbedingt verhindern zu wollen?
Denn wenn man so fest von dieser Tendenz in Montenegro ausging, musste ja klar sein, dass man das eigene Ziel ja ohnehin nicht dauerhaft erreichen und den serbischen Adriazugang allenfalls um ein paar Jahre aufschieben würde.

Die neue Konstellation auf dem Balkan war für Österreich-Ungarn sehr ungünstig.
Sagen wir mal Wien hatte dafür gesorgt eine ungünstige Konstellation zu schaffen, weil es vollkommen unsinniger Weise meinte seinen Kopf in der albanischen Sache durchsetzen zu müssen, anstatt die Gelegenheit zu nutzen Italien in den Westbalkan mit hinein zu holen und es somit stärker an die eigenen Interessen dahingehend Serbien unter Kontrolle zu halten zu binden.
 
Das wird man in dieser Form sicherlich nicht mitgeteilt haben.

Wenn dies von rumänischer Seite ausgereichtet wurde, wird sich das ja durchaus auf eine spezifische Situation in einem spezifischen Kontext bezogen haben, nicht auf den Bündnisfall generell.

Es war allen Beteiligten eigentlich klar, daß wenn König Carol verstirbt, in Rumänien diejenigen, die ein Zusammengehen mit Frankreich und Russland befürworten, sich durchsetzen würden. Im August 1916 war es denn soweit.

Zu deinen anderen Beitrag komme ich später.:)
 
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