Du machst gleich mehrere Fässer auf, Silesia.
Zum einen ist "Clovis First" noch immer nicht aus allen Köpfen raus - danach dürfte (darf) es keine Besiedlungsspuren geben, die älter als ca 11.000 vuZ sind. Nach dieser Sichtweise sind unumstößlich ältere Funde - sofern man diese denn wahrhaftig einräumen muß - daher auf keinen Fall durch Paläoindianer gefertigte Gegenstände.
Entsprechend tat sich ein Teil der archäologischen Gemeinde schwer damit, Funde zu akzeptieren, die in der Tat Prä-Clovis sind. Dies fällt zT immer noch schwer, auch wenn Gegenargumente wie Meßfehler oder Kalibrierfehler oder Kontamination inzwischen ausgeräumt wurden.
Zusätzlich verwirrend ist für den Nicht-Fachmann (und auch die -frau), daß Zahlen mal unkalibriert und mal kalibriert angegeben werden, was teils einen deutlichen Unterschied ausmachen kann - umso deutlicher, je weiter das Datum zurückliegt. Jedenfalls sind die 19.000 unkalibriert gemessenen Jahre real 15- oder 14.000 nach den Jahren, wie wir sie anwenden. Vielleicht kann uns ja hier jemand von den Bord-Archäologen aufs Pferd helfen.
Trotzdem verlegt dieses Datum die ältesten Besiedelungsspuren natürlich auf einen Zeitraum, zu dem nach der Bering-Theorie (Siedler kamen zu Fuß über die Landbrücke) noch keine Menschen auf dem Kontinent sein konnten, weil der Eiskorridor da noch gar nicht bestand. Also wurden solche Daten lange als Meßfehler oder sogar Hirngespinste abgetan.
Zusätzlich läßt sich politisches Kapital aus der Angelegenheit schlagen. Es gibt in den USA eine äußerst konservativ geprägte Strömung, die vermeintliche Sonderrechte der Indianer abschaffen möchte und diese für rassistisch erklärt (also die als Sonderrechte wahrgenommenen). Dieser Strömung käme es natürlich mehr als recht, wenn sich herausstellt, daß es eine ältere Besiedelung Amerikas gibt ----- und diese Bevölkerung keine Paläoindianer waren, sondern Europäer. Die Möglichkeit, daß gleiche Steinbearbeitungsweisen ein paar tausend Jahre später als in Europa auch von Paläoindianern entwickelt oder ausprobiert wurden, ist in dem Weltbild nicht vorgesehen.
Also waren - sorry wg Sarkasmus - tapfere, anständige Europäer die ersten Siedler in Amerika, die sich im Solutréen mühsam an die fernen Gestade durchschlugen, dort mehrere tausend Jahre überlebten, um dann schnöde von den eingewanderten Wilden = Paläoindianern niedergemacht zu werden. Nach dieser Sichtweise haben dann weiße Amerikaner wg europäischen Ursprungs das Anrecht auf den Kontinent und die Indianer sind nur dahergelaufene, zu spät gekommene Einwanderer. (Falls du nachfragen wolltest: nein, diese Herrschaften bekümmern sich nicht weiter darum, daß sie mit *diesen* Europäern vermutlich nun so gar nicht verwandt wären.)
Du kannst dir vorstellen, daß auf diesen Zug wiederum einige Leute aufspringen, die (jedenfalls bis zur Bestätigung älterer Siedlungsspuren) als die wissenschaftlichen und forschungsmäßigen "Schwergewichte" galten, da diese Theorie ja ihre schöne "Clovis First"-Prämisse bezüglich der indianischen Besiedelung aufrecht erhält.