Brandenburg: Verhältnis der teutschen Markgrafen zu den slawischen Fürsten im 10. Jh.

Gerichtsverhandlungen wurden garantiert nicht auf Latein geführt, von daher könnte man die "Amtssprache" im Westfränkischen schon als Altfranzösich bezeichnen, auch wenn die Schriftsprache "Kirchenlatein" war.
 
[pli:z] Könnten wir wieder zum Thema zurückkehren, dem Verhältnis der sächsischen Markgrafen zu den slawischen Fürsten der Ottonenzeit? Das hat nichts mit den sprl. Verhältnissen in den karolingischen Reichen des 9. Jhdts. zu tun.
 
[pli:z] Könnten wir wieder zum Thema zurückkehren, dem Verhältnis der sächsischen Markgrafen zu den slawischen Fürsten der Ottonenzeit?

Ja, ich denke das sollten wir tun. Welche "Macht" wurde dem Markgrafen seitens der slawischen Fürsten nun zugebilligt? Zumindest die christianisierten Slawen kamen wohl Ihrer Tributpflicht nach, aber sonst?. Und wie sah das mit den Nichtchristianisierten aus?
 
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Ja, ich denke das sollten wir tun. Welche "Macht" wurde dem Markgrafen seitens der slawischen Fürsten nun zugebilligt? Zumindest die christianisierten Slawen kamen wohl Ihrer Tributpflicht nach, aber sonst?. Und wie sah das mit den Nichtchristianisierten aus?

Ich denke mal, von "zubilligen" kann kaum die Rede sein. Heinrich I. führte 927-932 mehrere Feldzüge gegen die Slawen, u.a. gegen die Daleminzier und die Heveller, in deren Verlauf er 928/29 die Brennaburg/Brandenburg eroberte. Einige Slawenstämme wie die Abodriten oder Heveller standen danach wohl in tributärer Abhängigkeit, doch ist von einer Eingliederung der Slawen in das Ostfränkische Reich oder dem Bestreben, sie zu christianisieren, nichts bekannt - einmal abgesehen von ersten Ansätzen einer Missionspolitik. Es ist bei Widukind von gegenseitigen Raub- und Vergeltungszügen die Rede. Zusammenfassend könnte man sagen, dass Heinrich I. die Slawen zwischen Elbe und Oder einer lockeren Oberhoheit unterworfen hatte, ohne dass es indessen ein politisches Konzept für das künftige Vorgehen gab.

Unter Otto I. wurden dann an Elbe und Saale zur Verteidigung und Grenzsicherung Marken eingerichtet. Erster Markgraf war Gero, dessen Grafengewalt sich auf die Gebiete jenseits der Elbe, etwa zwischen mittlerer Elbe und unterer Saale erstreckte. Seit 941 wird er urkundlich als dux et marchio bezeichnet.

Die ihm für den Grenzschutz und die Ausweitung der deutsch-ostfränkischen Herrschaft nach Osten überlassenen militärischen und zivilen Befugnisse erstreckten sich nicht auf eine Mark mit fest umrissenen Grenzen, verliehen ihm aber eine herzogsähnliche Stellung. Somit hatte er die Macht, all das zu gebieten und zu verbieten, was auch den Herzögen im Altsiedelland zustand. So lag in seinen Händen die Hochgerichtsbarkeit, d.h. die Jurisdiktion über die Freien und die voll rechts-, wehr- und waffenfähigen Leute. Der Markgraf konnte den Heerbann aufbieten - ein vom König abgeleitetes Recht - und alle notwendigen Maßnahmen zur Landfriedenssicherung ergreifen.

Von den unterworfenen slawischen Stämmen wurden Tribute eingetrieben. Man kann hier durchaus von einer Politik der Ausbeutung sprechen, sodass der einige Jahrzehnte später ausbrechende große Slawenaufstand nicht verwunderlich ist.

Geros markgräflicher vornehmlich miliärischer Auftrag erstreckte sich auf die slawischen Gebiete zwischen Saale, Elbe und Oder einschließlich der Heveller, wo seine Erfolge Bistumsgründungen in Havelberg und Brandenburg ermöglicht haben. Im Süden grenzte sein Machtbereich an Böhmen, im Norden an die Mark Hermann Billungs.
 
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Vielen Dank für die Informationen! Also wäre es nicht verkehrt, für meine Übersicht der Herrscher auf diesem Gebiet, wenn ich für diese Zeit Gero zwar als Markgrafen der Sächsischen Ostmark aufführe, die einzelnen slawischen Fürsten, soweit recherchierbar, aber ebenso benenne...
Na dann werde ich mich mal auf die Suche begeben.

Bisher habe ich ja nur Vaclavic und danach Tugomir bei den Hevellern....
 
Na dann werde ich mich mal auf die Suche begeben.

Bisher habe ich ja nur Vaclavic und danach Tugomir bei den Hevellern....

Wichtig wäre vielleicht noch ein Hinweis zur unterschiedlichen Rechtsstellung von Slawen und Deutschen, was allerdings eher die spätere Ostsiedlung betrifft.

Slawen und Deutsche lebten nach eigenem Recht. Jeder besaß das Recht, das ihm nach Geburt zukam: der Sachse sächsisches, der Wende wendisches. Bei Prozessen zwischen Personen unterschiedlicher ethnischer Abstammung fand jeweils das Recht des Beklagten Anwendung. Grundsätzlich musste die Schöffenbank auch mit Personen besetzt werden, die die gleiche Nationalität wie der Angeklagte hatten. Eine eigene Gerichtsorganisation hatten die Slawen nicht. Eine Ausnahme bildete das Grafengericht, dass auch personell eine umfassende Kompetenz hatte.

Mit fortschreitender Assimilierung der slawischen Bevölkerung verwischten sich die Unterschiede, bis schließlich nach völliger Verschmelzung beider Bevölkerungsteile einheitlich das ius teutonicorum galt, also deutsches Recht.
 
Wichtig wäre vielleicht noch ein Hinweis zur unterschiedlichen Rechtsstellung von Slawen und Deutschen, was allerdings eher die spätere Ostsiedlung betrifft.

Slawen und Deutsche lebten nach eigenem Recht. Jeder besaß das Recht, das ihm nach Geburt zukam: der Sachse sächsisches, der Wende wendisches. Bei Prozessen zwischen Personen unterschiedlicher ethnischer Abstammung fand jeweils das Recht des Beklagten Anwendung. Grundsätzlich musste die Schöffenbank auch mit Personen besetzt werden, die die gleiche Nationalität wie der Angeklagte hatten. Eine eigene Gerichtsorganisation hatten die Slawen nicht. Eine Ausnahme bildete das Grafengericht, dass auch personell eine umfassende Kompetenz hatte.

Mit fortschreitender Assimilierung der slawischen Bevölkerung verwischten sich die Unterschiede, bis schließlich nach völliger Verschmelzung beider Bevölkerungsteile einheitlich das ius teutonicorum galt, also deutsches Recht.

Wow! Herzlichen Dank! Zum Thema des anzuwendenen Rechts (auch wenn es eine spätere Zeit betrifft) habe ich mir bisher nichtmal Gedanken gemacht. Vielen Dank für die Informationen und den Hinweis!! :yes:
 
Mit fortschreitender Assimilierung der slawischen Bevölkerung verwischten sich die Unterschiede, bis schließlich nach völliger Verschmelzung beider Bevölkerungsteile einheitlich das ius teutonicorum galt, also deutsches Recht.
Hast du da nähere Infos zu den verschiedenen Rechtssystemen? Der Sachsenspiegel stammt erst aus dem 13. Jahrhundert und da ist es bei Heinrich noch 300 Jahre hin. Auch das Magdeburger Stadtrecht stammt erst aus der Zeit um 1200. Eine Ausweitung dieses Stadtrechtes Richtung Osten ist erst danach sichtbar, vor allem erst in Verbindung mit dem Sachsenspiegel. So weit ich weiß, gibt es vorher gar keine schriftlichen Infos zum sächsischen Rechtssystem oder dem anderer Stämme im Ostfrankenreich. Davor soll es nur ganz kurz Karl den Großen um 800 gegeben haben, wie üblich als Leuchtturm der Geschiche mit nix vorher und nix nachher.
 
Nun, KdG´s Gesetze sind bei Heinrich ja noch nicht sooo alt, also muß man davon ausgehen , das diese noch gelten, zumindest der Teil, der sich im ältesten Sachsenspiegel wiederfindet. Denn auch da ist ja das Original verschwunden, und jede Ausgabe eines Sachsenspiegels ist ja "redaktionell" bearbeitet. Sozusagen "eine neue , verbesserte Ausgabe"
Das jeder "nach seinem Recht" zu beurteilen ist, ist aber Rechtsgrundsatz im Früh und Hochmittelalter.
 
Davor soll es nur ganz kurz Karl den Großen um 800 gegeben haben, wie üblich als Leuchtturm der Geschiche mit nix vorher und nix nachher.

Das ist nicht korrekt. Es gibt die ganzen "Germanenrechte" der Westgoten, Ostgoten, Langobarden und auch die vorkarolingischen fränkischen, die sogenannten mallobergischen... alle kodifiziert.
 
Nun, KdG´s Gesetze sind bei Heinrich ja noch nicht sooo alt, also muß man davon ausgehen , das diese noch gelten, zumindest der Teil, der sich im ältesten Sachsenspiegel wiederfindet.
Das ist aber reine Spekulation und beruht nicht auf Quellen, oder? Welche Teile von Karls Kapitularien finden sich denn im Sachsenspiegel wieder?
 
Das ist nicht korrekt. Es gibt die ganzen "Germanenrechte" der Westgoten, Ostgoten, Langobarden und auch die vorkarolingischen fränkischen, die sogenannten mallobergischen... alle kodifiziert.
Stimmt, aber die Rex Salica und Lex Ripuaria sind aber auch schon ein paar Jahrhunderte älter als der große Karl, der fromme Ludwig und ihre Kapitularien. Der Rest liegt nicht im Bereich des Ostfrankenreiches. Darum geht das hier. Deswegen fällt auch das Fehlen solcher Quellen nach den Karolingern bis ins 12.-13. Jahrhundert so auf! Mir jedenfalls.
 
Ja, schon klar, du willst die Karolinger mitsamt der berühmten 300 Jahre wieder Mal in Abrede stellen. Aber müsstest du dann nicht - viel logischer - eher die Zeit nach den Karolingern in Abrede stellen? Da würde ja deiner Auffassung nach eine Kodifikationslücke sein. :D
 
Stimmt, aber die Rex Salica und Lex Ripuaria sind aber auch schon ein paar Jahrhunderte älter als der große Karl, der fromme Ludwig und ihre Kapitularien. Der Rest liegt nicht im Bereich des Ostfrankenreiches. Darum geht das hier.

Beispiele für (ost-)fränkische Rechtsquellen aus dieser Zeit wären,
- das Lex Saxonum 802/03, das die weitaus härtere Capitulatio de patribus Saxoniae von 785 ablöst
- das Lex Thuringorum 802/03
- das Lex Baiuvariorum 40er Jahre des 8. Jh.
- das Lex Frisonum Ende 8./Anfang 9. Jh.

Angenommen diese Quellen wären alle gefälscht, bzw. rückdatiert und es gäbe ein paar Jahrhunderte "erfundes Mittelalter", dann wirft das bei mir einige Fragen auf:
Wie sind die Normannen nach England, Sizilien und Russland gekommen?
Wie sind die Kreuzfahrerstaaten entstanden?
Wo sind die Langobarden geblieben?
Wie kamen die Seldschuken so plötzlich nach Kleinasien?
Warum siedeln auf einmal Ungarn da, wo vorher noch Awaren waren?
Fallen die "Mongolenstürme" auch in die Phantasiezeit oder hat es die für Chronologiekritiker wirklich gegeben?
 
Nun, KdG´s Gesetze sind bei Heinrich ja noch nicht sooo alt, also muß man davon ausgehen , das diese noch gelten, zumindest der Teil, der sich im ältesten Sachsenspiegel wiederfindet. (...)
Das jeder "nach seinem Recht" zu beurteilen ist, ist aber Rechtsgrundsatz im Früh und Hochmittelalter.

Generell dürfte für die Zeit um 900 das Lex Saxonum relavanter sein als der erst später erschienene Sachsenspiegel.

"Nach Widukind (von Corvey*) waren sie (die Liten*) am Anfang nur die 'Überreste' der besiegten Voreinwohner, die die sächsischen Eroberer in 6. Jahrhundert abgabenpflichtig gemacht hatten."
Park, Heung-Sik, Die Stände der Lex Saxonum S.205
http://cma.gbv.de/dr,cma,002,1999,a,11.pdf

Ich kann mir vorstellen, dass im 10. Jahrhundert ähnliches versucht wurde; wahrscheinlich weniger erfolgreich, denn sonst wäre es 983 nicht zum "Großen Slawenaufstand" gekommen. Es ist auch nicht auszuschließen, dass versucht wurde slawische Eliten teilweise in den sächsische Stammesverband als Edelinge oder Freie zu integrieren. Im benachbarten Mecklenburg herrschte die ursprünglich slawische Dynastie der Obodritenfürsten vom Mittelalter bis 1918.

Eine interessante Quelle für das Mit- bzw. Gegeneinander von "Sachsen" und "Wenden" im Frühmittelalter könnte Helmold von Bosaus Chronica Slavorum sein. Der Schwerpunkt liegt bei Helmold zwar an der südlichen Ostseeküste, aber Brandenburg wird zumindest peripher mitbehandelt.

*Ergänzungen in Klammern von Ugh
 
Zuletzt bearbeitet:
.....

"Nach Widukind (von Corvey*) waren sie (die Liten*) am Anfang nur die 'Überreste' der besiegten Voreinwohner, die die sächsischen Eroberer in 6. Jahrhundert abgabenpflichtig gemacht hatten."
Park, Heung-Sik, Die Stände der Lex Saxonum S.205
http://cma.gbv.de/dr,cma,002,1999,a,11.pdf

Ich kann mir vorstellen, dass im 10. Jahrhundert ähnliches versucht wurde; ......
Ähnliches aber nur, wenn Widukind mit seiner Schilderung über die Sachsen und Liten und die sächsische Eroberung Recht haben würde.
 
Ähnliches aber nur, wenn Widukind mit seiner Schilderung über die Sachsen und Liten und die sächsische Eroberung Recht haben würde.

Das vorausgesetzt, ja. Die Richtigkeit von Widukinds Aussage dürfte sich schwer überprüfen lassen. Mir ist bewusst, dass ich mich mit solchen Analogien im Bereich der Spekulation befinde.
 
Mir ist bewusst, dass ich mich mit solchen Analogien im Bereich der Spekulation befinde.
Schön. Dann ist das also geklärt. Auch für deine Spekulationen dass Karolinger-Rechte aus dem 8.-9. Jahrhundert auch unter den Ottonen ein-zwei-Jahrhundete später noch gültig waren. Und sogar noch später bis zum Sachsenspiegel im 13. Jahrhundert. Quellen hast du dazu jedenfalls nicht genannt.
 
Och, Du kannst ja mal bei den karolingischen Rechtsbüchern im Sachenrecht nachsehen und mit einem Sachsenspiegel vergleichen.
Wenn Du keinen Sachsenspiegel zur Hand hast, ein altes BGB tuts auch. auch Erb und Familienrecht sind da guter Lesestoff.
 
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