Das Indo-griechische Königreich

Ich wolllte mit meinem Posting # 35 vor allem unterstreichen, dass sich die indo-griechischen Könige 200 Jahre halten konnten, weil das politische Umfeld ihnen günstig war: hellenistische Seleukiden als westlicher Nachbar, Machtvakuum im Raum NW-Indien und Baktrien.

Gab es nicht gerade mit den Seleukiden Spannungen? Das griechisch-baktrische Reich und damit auch das indo-griechische waren ja eine Abspaltung vom seleukidischen Königreich. (unter Diodotos I. erfolgte die Abspaltung von den Seleukiden)
 
Gab es nicht gerade mit den Seleukiden Spannungen? Das griechisch-baktrische Reich und damit auch das indo-griechische waren ja eine Abspaltung vom seleukidischen Königreich. (unter Diodotos I. erfolgte die Abspaltung von den Seleukiden)

Diese Spannungen gab es nur zu Beginn der baktrisch-griechischen Herrschaft. Euthydemos I. musste sich einer Invasion des Seleukidenkönigs Antiochos III. stellen, der die abtrünnige Provinz wieder in sein Reich eingliedern wollte. Nachdem die baktrische Kavallerie in offener Feldschlacht unterlegen war, wurde die Hauptstadt Baktra zwei Jahre belagert. Während dieser Zeit stieg aber die Bedrohung durch die Saken, was beide Seiten dazu veranlasste, einen Vergleichsfrieden zu schließen. Euthydemos I. durfte sein Königreich behalten, musste aber die Kriegselefanten abgeben und den Seleukiden Unterstützung zusichern.

Danach gab es keinerlei Spannungen mehr, denn die Seleukiden mussten sich der Parther erwehren, die das Seleukidenreich unwiderbringlich von Ost nach West aufrollten.
 
Nicht so ganz: Auch Antiochos IV. bereitete noch einen Feldzug zur Unterwerfung Baktriens vor, kam aber nicht weit.
 
Nicht so ganz: Auch Antiochos IV. bereitete noch einen Feldzug zur Unterwerfung Baktriens vor, kam aber nicht weit.

Sag ich doch!

Die graeco-baktrischen Könige konnten sich hinfort auf die Expansion ijres Reichs konzentrieren, was durch gewaltige Erwerbungen im heutigen Afghanistan und in NW-Indien auch geschah. Dass das ein nur kurzlebiges Reich war, steht auf einem anderen Blatt.
 
Naja, einen begonnenen Feldzug würde ich nicht als "keinerlei Spannungen" bezeichnen. Aber im Ergebnis hast Du recht.
 
Um auf das ursprüngliche Thema zurückzukommen:

Hier mal Zwischenbericht wie ich zur Zeit das indo-griechische Heer sehe:


Wie bereits gesagt bestand das Heer aus zwei Teilen:

> der makedonisch-griechische Teil

> und der indigene Teil des Heeres


Die makedonisch-griechische Armee:

Da das indo-griechische Königreich eine hellenistische Monarchie war und damit in der Tradition makedonisch-griechischer Heere stand, war auch der Kern des Heeres in der Art und Weise der anderen hellenistischen Reiche aufgebaut.

Infanterie:

Der Hauptteil der griechischen Fußtruppen waren Pezhetaroi, also in die makedonische Phalanx integriert. Ausrüstung und Taktik sind hier bekannt, deshalb führe ich sie hier nicht näher aus.

Möglicherweise bestand auch im indo-griechischen Heer ein Bindeglied zwischen Phalanx und Kavallerie, ähnlich der makedonischen Hypaspisten. (siehe dazu die Münzen von Demetrios II. und Nikias)
Inwieweit diese Fußsoldaten den Hypaspisten gleichen kann ich nicht sagen, allerdings glaube ich dass die indo-griechischen leichter ausgerüstet waren. (siehe nächsten Absatz)
Der Grund warum sich neben der Phalanx eine weitere Art von Infanterie entwickelte, liegt auf der Hand: Die indigenen Truppen Indiens kämpften nicht (bzw. ein großer Teil) in starrer Formation sondern waren leichtere Kämpfer in einer sehr lockeren Formation gegen die die Phalanx nichts ausrichten konnte. Um es nun mit diesen irregulären Truppen aufnehmen zu können, etnwickelte sich neben den Pezhetaroi eine mittlere Infanterie ähnlich der Hypaspisten, jedoch wohl leichter ausgerüstet um es mit den flexiblen, leichten Truppen Indiens aufnehmen zu können.

Kavallerie:

Die Indo-Griechen konnten auf zwei Arten von Kavallerie zurückgreifen:

> leichter Kavallerie

> schwere Kavallerie

Die leichte Kavallerie war mit Bögen und Lanzen ausgerüstet. Sie beschoßen den Feind mit Pfeilen aus der Ferne, konnten aber auch gegen leichter gerüstete Truppen bestehen und eigneten sich gut um Feinde zu verfolgen. Die Entwicklung einer solchen reiterei fußt auf die feindlichen Kontakte mit den zentralasiatischen Steppenvölkern.

Die schwere Reiterei steht in der Tradition der makedonischen Reiterei. Ausrüstung und Aufgabe ist hier gleich. Möglicherweise trugen diese Reiter ihre Lanzen zweihändig, allerdings ist das eine reine Vermutung von mir.


Die indigenen Kontingente:

Da ich mich imm Bereich indische Kriegsführung nicht so gut auskenne, bitte ich besonders in diesen Bereich um Korrektur falls nötig:

Die indigene Bevölkerung war wohl für folgende Truppentypen zuständig:

> Elefanten

> Bögenschützen/Plänkler

> Reiterei?

> leichte Infanterie

Bitte um Korrektur falls nötig!
 
Nachtrag:

Die makedonische Phalanx kann nicht in jeden Gebiet optimal genutzt werden. Dazu zählen vor allem Gebirge und dichte Wälder. In Indien/Pakistan, auf dem Gebiet der Indo-Griechen liegt im Norden in Pakistan und Teilen von Afghanistan der Hindukusch. Im Südosten, dem anderen Teil des indo-griechischen Königreiches liegen große Dschungelwälder.

In beiden Bereichen kann eine Phalanxformation nicht optimal eingesetzt werden. Dies sind Bereiche in denen sich das indo-griechische Heer auf andere Truppen verlassen musste. Ich denke dass gerade in diesen Berreichen indigene Truppen für die Griechen von großem Wert waren. Auch die oben angesprochene mittlere Infanterie könnte hier zum Tragen gekommen sein.
 
Die Indo-Griechen konnten auf zwei Arten von Kavalleriezurückgreifen

Worauf die graeco-baktrischen Könige "zurückgriffen", wissen wir nicht genau, denn darüber existieren so gut wie keine Quellen - wie überhaupt nahezu alle Annahmen zur Heeres- und Wirtschaftsstruktur und auch zu politischen Ereignissen oder Absichten angesichts der mangelhaften Quellenlage hypothetisch bleiben müssen.
 
Wie ich ja schrieb: das meiste sind Hypothesen von mir.:D

Allerdings wäre es nur logisch auf die Gefahr der Reitervölker Zentralasiens mit ähnlichen Truppentypen zu reagieren um diese berittenen Bogenschützen wirksam zu bekämpfen.
Als Beleg kann ich nur auf die weiter oben angeführten Münzfunde verweisen. Über die lässt sich aber bekanntlich streiten.
 
Allerdings wäre es nur logisch auf die Gefahr der Reitervölker Zentralasiens mit ähnlichen Truppentypen zu reagieren um diese berittenen Bogenschützen wirksam zu bekämpfen.

Es waren gerade die nomadischen Reitervölker Zentralasiens, die die Graeco-Baktrier vernichteten. Vielleicht hatten die Indo-Griechen also doch eine von den Saken oder den Yüeh-chih abweichende militärische Ausrüstung und Technik.

Als Beleg kann ich nur auf die weiter oben angeführten Münzfunde verweisen. Über die lässt sich aber bekanntlich streiten.

Sie sind vielfach das einzige, worauf sich die Historiker im Hinblick auf die Geschichte des graeco-baktrischen Reiches stützen können. Also lass dich bei deinen Hypothesen nicht stören! :winke:
 
Es waren gerade die nomadischen Reitervölker Zentralasiens, die die Graeco-Baktrier vernichteten. Vielleicht hatten die Indo-Griechen also doch eine von den Saken oder den Yüeh-chih abweichende militärische Ausrüstung und Technik.
Nur weil die Gräko-Baktrer von ebendiesen Reitervölkern vernichtet wurden, heißt dies nicht dass sie ihre Kampfweise z.T. imitierten. (Die Römer konnten die Sassaniden auch nicht besiegen , übernahmen aber die schwere Reiterei)
Die Tatsache dass die Griechen in Baktrien nicht bestehen konnte, hatte vielleicht nicht nur militärische Gründe (vgl. das Ende des römischen Reiches) sondern waren weit komplexer.

Also lass dich bei deinen Hypothesen nicht stören! :winke:
Störungen sind im Gegenteil sogar erwünscht, denn nur durch sie können wir unsere Hypothesen verbessern! Also bitte weiter "stören"^^!
 
Nur weil die Gräko-Baktrer von ebendiesen Reitervölkern vernichtet wurden, heißt dies nicht dass sie ihre Kampfweise z.T. imitierten.

Angesichts der mageren Quellenlage sind Spekulationen über das graeco-baktrische Militär derart spekulativ, dass Hypothesen zienlich unfruchtbar sind.
 
Dem läßt sich leider wenig hinzufügen. ;)

Übrigens bezweifle ich mal ganz off topic, daß die Römer die schwere Reiterei von den Sassaniden übernahmen. Schwere (Schock-)Reiterei hatten die Römer schon seit der frühen Republik; falls die ganz gepanzerten Kataphrakten/Klibanarier gemeint sind, halte ich ein parthisches Vorbild für wahrscheinlich, da bereits im 2. Jhr. eine römische Reitereinheit den Beinamen als clibanarii trug, soweit mich meine Erinnerung nicht trügt (was möglich ist).
 
Die frühen Römer hatten doch keine schwere Schockreiterei. Es gibt zwar die Theorie, dass in der frühen Republik die Equites ein größeres militärisches Gewicht hatten als später, aber Schockreiterei waren die auch nicht, sondern dienten eher zum Kampf gegen andere, gleichartige Kavallerie und zum Verfolgen fliehender Feinde. Später taugten die Equites dann offenbar so wenig, dass die Römer meist auf ausländische Reiter setzten. Caesar z. B. verwendete in Gallien hauptsächlich germanische und gallische Reiter, und für den Bürgerkrieg ließ er sich norische Reiter schicken. Schockkavallerie waren die aber auch allesamt nicht.
 
Angesichts der mageren Quellenlage sind Spekulationen über das graeco-baktrische Militär derart spekulativ, dass Hypothesen zienlich unfruchtbar sind.

Ich weiß wie problematisch es ist, sich allein auf numismatische Quellen zu stützen. Sie geben ein verzerrtes und ein zum Teil wohl auch falsches Bild der damaligen Realität ab. Allerdings lässt sich zumindest bei einigen Dingen mit einer großen Wahrscheinlichkeit sagen, dass die Abbildungen der Wirklichkeit entsprechen. Dies ist vor allem bei militärischen Abbildungen dieser Art so, da wir aufgrund der Tatsache dass es ein hellenistisches Heer war zumindest die Grundstruktur und Grundbewaffnung des Heeres einschätzen können.
Alles weitere ist Spekulation allerdings glaube ich dass eine Abbildung eines Reiters, der recht gut in das Schema eines hellenistischen Kavalleristen passt, dann auch mit dem Bogen in seiner Hand recht haben wird. Der Bogen hat m.E. keine representative Funktion weshalb wir hier annehmen können dass der Bogen wirklich von der indo-griechischen Reiterei benutzt wurde.
 
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