Das "Problem" Rudi Dutschke

Sophie Scholl

Neues Mitglied
Die Politok stufte Rudi Dutschke als Problem ein, weil er sich gegen die Ungerechtigkeit durch die Regierung aufkehnte. Die ganze Welt stand hinter ihm!
Es wurde eine Hetzkampagne gegn ihn gestartet; Ging diese von der Regierung aus?
Und wenn nicht: Was unternahm die Regierung um das "Problem" Rudi Dutschke zu beseitigen?
 
Hallo Sophie,

Du hast die Frage falsch gestellt. Deinen Worten zufolge war RD ein Staatsfeind, der der bösen Regierung gefährlich wurde. Dem war aber nicht so.

Ich habe die Jahre, in denen er aufgetreten ist, selbst miterlebt und kann deshalb (ehe ich auf den obligatorischen wiki-Artiklel verweise) folgendes sagen:

RD war kein Staatsfeind.
Er eckte in der DDR (wo er aufgewachsen ist) an, als er gegen Stalinismus und den real exisitierenden Sozialistmus protestierte.
Er kritisierte die Auswüchse des Kapitalismus im Westen.
Er prangerte die Not der 3. Welt an.
Er protestierte gegen den Vietnamkrieg.
Er kritisierte die mangehlafte Aufarbeitung der NS-Vergangenheit.
Er war für Hochschulreformen und wurde zum Sprachrohr der 68er Studentenbewegung.
Er bezeichnete sich als "Sozialist in christlicher Tradition".

Die Regierung sah in ihm einen Studentenführer, der durch sein Auftreten dem traditionellen Bild von Ordnung und Ruhe widersprach (damals wurde leider mehr Wert auf äußere Erscheinung als auf Inhalte gelegt). In Reihen der Intellektuellen, der Kirchen und der Kunst, aber auch in politischen Kreisen wurde er als offener und seriöser Gesprächpartner geschätzt. Er lieferte sich interessante Diskussionen mit Leuten wie Johannes Rau, Günter Gaus und Rudolf Augstein.

Sein natürlicher Feind waren die Publikationen des Springer-Verlags, in denen nach Stammtischmanier Stimmung gegen die "langhaarigen und ungewaschenen Krakeeler" gemacht wurde. Dies hat womöglich auch zum Dutschke-Attentat von 1968 geführt. Die Hetze ging definitiv nicht von der Regierung aus, warum sollte sie (andere Frage: hätte sie es überhaupt gekonnt?).

Somit gab es auch kein "Problem Dutschke", das beseitigt werden musste. Er war wesentlich am Umbau der Gesellschaft und des Denkens beteiligt. Mit Regierungsantritt der sozialliberalen Koalition flachten die Proteste zusehend ab, viele Forderungen Dutschkes und seiner Mitstreiter wurden nach und nach umgesetzt. Die Zeiten hatten sich einfach gewandelt.

Später gehörte D. zu den Gründern der "Grünen" und forderte von der DDR die Freilassung politischer Gefangener.

So, und jetzt der schon erwähnte Link zum Thema (vielleicht hast Du es ja schon gelesen):

http://de.wikipedia.org/wiki/Rudi_Dutschke


Grüße

Jacobum
 
Kann Jacobum nur Recht geben:

Rudi Dutschke war natürlich ein „Problem“ für die Politik. Aber vielmehr war er ein Problem für die Leute, die die Politik gestalteten bzw. durch freie Wahlen erst zur Politik dieser Zeit gemacht hatten.

D.h. Dutschke war als charismatische Persönlichkeit und Studentenführer eine Art „Bürgerschreck“ So gab es viele, die Dutschke als echte Gefahr wahrgenommen haben. Aber er wollte den Staat reformieren, nicht „zerstören“.
Immer wieder musste sich die protestierende Nachkriegsgeneration mit dem Vorwurf konfrontiert sehen, nichts für den Aufbau des zerstörten Landes getan zu haben und somit das Recht zum Aufbegehren verwirkt hätte.

Somit stand auch nicht die „ganze Welt“ hinter ihm. (Das kann man so mit Sicherheit nicht sagen) Vielmehr standen die neuen studentischen Kräfte, die in ihm eine Führungspersönlichkeit sahen, ihre eigenen Ideen und Reformbestrebungen durchzusetzen, hinter ihm.

Die Politik verhielt sich insofern, wie Du selbst bei Ohnesorg gesehen hast, dass sich repressiv gegen die Studentenbewegung vorgegangen ist. Einerseits durch Polizeigewalt, andererseits durch massive Schelte.

Der Streit, auf den Du wahrscheinlich anspielst ist als so genannte „Springer-Kampagne“ in die Geschichte eingegangen. So gestaltete Dutschke die Anti-Springer-Kampagne mit dem Ziel, die Enteignung des Verlagshauses von Axel Springer (z.B. Bild-Zeitung) zu erreichen. Dutschke war der Ansicht, dass der von Springer praktizierte Boulevard-Journalismus als Haupthindernis für gesellschaftliche und politische Erneuerungen in Deutschland zu sehen ist.
Nach dem Attentat auf Dutschke (er wurde von einem Hilfsarbeiter niedergeschossen) gab man in Protestierenden-Kreisen der Springer Presse die Hauptschuld (nur in Ansätzen der Politik). Man warf Springer vor durch eine gezielte Hetzkampagne, Ängste zu schüren, und so das „Volk“ gegen die Studenten aufgebracht zu haben. Diese Hetze hätte dann in der Folge das Attentat erst möglich gemacht.


Vielleicht hat jemand gute Links mit Plakaten zur Springer Kampagne?
 
Zurück
Oben