Das Römerlager Aliso

Es ist eher unwahrscheinlich, dass das Kastell seit 9 n. Chr. in verwendbarem Zustand existierte. Eine Neuerrichtung durch Germanicus - oder vielleicht schon durch Tiberius - ist also sehr wahrscheinlich. In diesem Fall müsste man das aber archäologisch bei möglichen Kastellen nachweisen können. Und das ist ja, soweit ich das hier lese, zumindest bei Haltern nicht der Fall.

Richtig!
Ich verweise auf die Fragen in meinem Beitrag #21.

Nun ist es aber so, daß der LWL wie bereits dargestellt durchaus davon ausgeht, daß Haltern mit Aliso gleichzusetzen ist. Die sind ja nun auch nicht irgendwer. (Oder wollen die bloß Werbung für ihr Museum in Haltern machen?:still:)

Fakt ist:
Es gibt durchaus archäologische Indizien für die These Haltern=Aliso.
Außerdem war Haltern das bedeutenste Lager der Römer in Germanien.

Irgendwie passt das nicht zusammen...:weinen:
 
Und wenn Asprenas Aliso besetzte? Dann wäre es nur kurzzeitig, vielleicht nur wenige Stunden unbesetzt gewesen.* Das würde erklären, warum es keinen Zerstörungshorizont zwischen 9 und 16 gibt.


*Ich beziehe mich hierbei auf die Stelle bei Cassius Dio, dass Asprenas dem Kastell Aliso zu Hilfe gekommen sei, nachdem die Soldaten es verlassen hatten, Frauen und Kinder dieser aber zurückriefen.
 
Und wenn Asprenas Aliso besetzte? Dann wäre es nur kurzzeitig, vielleicht nur wenige Stunden unbesetzt gewesen.* Das würde erklären, warum es keinen Zerstörungshorizont zwischen 9 und 16 gibt.


*Ich beziehe mich hierbei auf die Stelle bei Cassius Dio, dass Asprenas dem Kastell Aliso zu Hilfe gekommen sei, nachdem die Soldaten es verlassen hatten, Frauen und Kinder dieser aber zurückriefen.

Davon ist allerdings nicht die Rede. Die Germanen stürtzten sich auf die Beute. Aber welche Beute? Haben die Flüchtenden wirklich soviel (mögliche) Beute bei sich getragen? Wohl kaum. Beute gab es offensichtlich nur im verlassenen Lager selbst.

Auch möchte ich hier auf die (in Zusammenhang mit der Varusschlacht) oft geäußerte Glaubwürdigkeit des Dio hinweisen. Bei unserem Zeitzeugen Paterculus hört sich die Geschichte ein wenig anders an.
 
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Dio spricht doch von Gefechten oder Scharmützeln: Die Frauen und Kinder riefen die Männer zurück, wodurch der Ausbruch bemerkt wurde, bevor er alle Postketten durchdrungen hatte. Weil aber die Germanen zu sehr mit der Beute beschäftigt waren, gelang es einigen zu fliehen, anderen eben nicht: "alle (πάντες) hätten den Tod gefunden, wenn nicht...". Dieses πάντες impliziert eben, dass manche der Ausbrecher tatsächlich den Tod fanden. Aber du hast natürlich recht: Cassius Dio ist eben ein erst sehr später und in einigen Dingen eben auch ein sehr stark fabulierender Verfasser. Die Dramatik der Geschichte spricht beinahe schon gegen ihre Historizität. Was aber unstrittig ist, ist, dass die Truppe um Caedicius erfolgreich ausgebrechen konnte und, dass das Lager Aliso 16 besetzt war.
 
Hallo Freunde der Geschichtsforschung

Du hast dir mit deiner langen hier nur in einem kurzen Ausschnitt wiedergegebenen Antwort, der der du ja auch vieles schreibst, was durchaus unstrittig ist, viel Mühe gegeben um über den Sachverhalt, dass die Orteliuskarte eben keine Quelle zur Lokalisierung Alisos etc. ist hinwegzugehen. Die Ortesliuskarte ist und bleibt Rezeptionsgeschichte. Ortelius vor der Entwicklung der wissenschaftlichen Methoden historischen (19.) oder gar archäologischen (20./21.) Arbeitens heutigen Historikern gleichzustellen ist allerdings befremdlich.
Unstreitig besitzen wir heutzutage ein weit umfangreicheres Wissen über die Römerzeit und ein vielfaches an Mitteln archäologische Methoden anzuwenden, als zu den Tagen des Ortelius. Aber seine Aussagen, die er mit seiner Karte trifft, kategorisch abzulehnen und ihn nur als Rezeptionsgeschichte betrachten zu wollen, ist ein wenig zu kurz gedacht. Ich betrachte Ortelius nicht unbedingt als historische Quelle zur Lokalisierung der Varusschlacht, aber seine Hinweise sind es zumindest wert genauer betrachtet zu werden. Ich glaube, dass er sich auf Fakten berufen konnte, die uns heute nicht mehr vorliegen.

Betrachtet man sich die Karte, so kann man erkennen, dass von ihm, trotz einiger Fehldeutungen, viele römische Standorte exakt lokalisiert wurden. Diese korrekten Lokalisierungen hat er sicherlich nicht nur durch Quellstudium erreicht, sondern es gab für ihn bestimmt noch andere Möglichkeiten der Verortung. Wie bereits geschrieben gab es noch im 16. Jahrhundert an vielen Orten sichtbare Reste von römischen Bauten, die für Ortelius eine Grundlage seiner Arbeit gewesen sein könnten. Aber auch eine mündliche Überlieferung von hinweisenden Ortsnamen ist durchaus denkbar. Einer dieser Umstände mag vielleicht auch für ein ehemaliges Römerlager an der Issel gegolten haben. Merkwürdig ist es allemal, dass Ortelius Aliso ausgerechnet an der Issel verordnet, wo er doch nach der Quellenlage vom Ort dieses Römerlagers an der Lippe ausgehen musste.

Gruß maelo
 
Unstreitig besitzen wir heutzutage ein weit umfangreicheres Wissen über die Römerzeit und ein vielfaches an Mitteln archäologische Methoden anzuwenden, als zu den Tagen des Ortelius. Aber seine Aussagen, die er mit seiner Karte trifft, kategorisch abzulehnen und ihn nur als Rezeptionsgeschichte betrachten zu wollen, ist ein wenig zu kurz gedacht.

Leider fehlt hierfür eine akzeptable Begründung.

Ich betrachte Ortelius nicht unbedingt als historische Quelle zur Lokalisierung der Varusschlacht, aber seine Hinweise sind es zumindest wert genauer betrachtet zu werden. Ich glaube, dass er sich auf Fakten berufen konnte, die uns heute nicht mehr vorliegen.

Welche Fakten sollten das sein? Ortelius ist ja nicht nur Karthograph sondern auch - im Rahmen des Humanismus und seiner Möglichkeiten - ein fleißiger Wissenschaftler gewesen. Sein Werk ist gut untersucht - wenn du in ihm trotzdem noch Spuren von hypothetischen, uns heute nicht mehr vorliegenden Fakten entdecken solltest, solltest du das schnell veröffentlichen. ich empfehle hierzu die Lektüre Itinerarium per nonnullas Galliae Belgicae partes, die übersetzt vorliegt als Der Reiseweg durch einige Gebiete des belgischen Galliens (Klaus Schmidt-Ott).

Betrachtet man sich die Karte, so kann man erkennen, dass von ihm, trotz einiger Fehldeutungen, viele römische Standorte exakt lokalisiert wurden. Diese korrekten Lokalisierungen hat er sicherlich nicht nur durch Quellstudium erreicht, sondern es gab für ihn bestimmt noch andere Möglichkeiten der Verortung. Wie bereits geschrieben gab es noch im 16. Jahrhundert an vielen Orten sichtbare Reste von römischen Bauten, die für Ortelius eine Grundlage seiner Arbeit gewesen sein könnten. Aber auch eine mündliche Überlieferung von hinweisenden Ortsnamen ist durchaus denkbar. Einer dieser Umstände mag vielleicht auch für ein ehemaliges Römerlager an der Issel gegolten haben. Merkwürdig ist es allemal, dass Ortelius Aliso ausgerechnet an der Issel verordnet, wo er doch nach der Quellenlage vom Ort dieses Römerlagers an der Lippe ausgehen musste.
Fangen wir mal mit der IJssel an: Der Fluss, der Ortelius und uns als IJssel bekannt ist, existierte vor 2000 Jahren nicht. Punktum: Ein Fehler in der ortelianischen Zuordnung (mal abgesehen von der Diskrepanz zur literarischen Überlieferung, die ja auch dir aufgefallen ist). Die "korrekten Lokalisierungen" sind auch nicht so überraschend, ist es doch so, dass die meisten Ortsnamen bis heute überlebt haben. Z.B. Nijmegen ist eben von Noviomagus abgeleitet, Tongeren und Atuatuca Tungrorum sind auch nicht allzuweit voneinander entfernt. Ortelius' historisches Wissen lässt sich ganz zwanglos ohne irgendwelche Hypothesen über ihm zugängliches, heute verlorenes Wissen erklären.
 
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Fangen wir mal mit der IJssel an: Der Fluss, der Ortelius und uns als IJssel bekannt ist, existierte vor 2000 Jahren nicht. Punktum: Ein Fehler in der ortelianischen Zuordnung (mal abgesehen von der Diskrepanz zur literarischen Überlieferung, die ja auch dir aufgefallen ist).

Ich weiß nicht woher dein Wissen über die Issel stammt, aber die zur Zeit aktuellste Studie zur zeitlichen Datierung dieses Flusses beweisst unzweifelhaft, dass die Oude Ijssel, welches der niederländische Unterlauf der auf deutscher Seite Issel genannten Flusses ist, während der letzten 12000 Jahre aktiv und permanent durchflossen wurde. Hier noch einmal der hinweisende, und diesen Umstand beweisende, Link aus der Studie von Berendsen-Stouthamer (die Oude Ijssel steht unter Nummer 131): http://www.geo.uu.nl/fg/palaeogeogr...channel_belts_Berendsen_&_Stouthamer_2001.pdf

Du verwechselst die Oude Ijssel mit der Geldersen Ijssel, die nach dieser Untersuchung seit etwa 1700 Jahren Wasser führte (Nummer 50 an gleichem Ort). Die Issel (Deutsch) oder Oude Ijssel (Niederländisch) existierte sozusagen seit Menschengedenken.


Die "korrekten Lokalisierungen" sind auch nicht so überraschend, ist es doch so, dass die meisten Ortsnamen bis heute überlebt haben. Z.B. Nijmegen ist eben von Noviomagus abgeleitet, Tongeren und Atuatuca Tungrorum sind auch nicht allzuweit voneinander entfernt. Ortelius' historisches Wissen lässt sich ganz zwanglos ohne irgendwelche Hypothesen über ihm zugängliches, heute verlorenes Wissen erklären.
Genau das ist es was ich mit meiner Ausführung aussagen wollte. Ortelius hat sich bei der Erstellung seiner Karte auch an Ortsbezeichnungen gehalten die hinweisend auf alte römische Plätze waren. Eventuell waren neben des Ortsnamens „Römerrast“ (oder Römerfeld in der Vergangenheit) an der Issel, der sicherlich auch zu seiner Zeit existierte, zusätzlich noch Bestandteile von Lagerresten oder Geländekonturen für seinen Lokalisierungsversuch ausschlaggebend. Dieses Wissen gibt es heute auch noch (in dieser Hinsicht habe ich mich nicht korrekt ausgedrückt), und wurde nur in der jüngeren Vergangenheit nicht angebracht beachtet. Hätte sich Ortelius ausschließlich an die literarische Überlieferung gehalten, hätte er sicherlich Aliso an der Lippe eingezeichnet.

Ich möchte die Karte des Ortelius nicht überbewerten und mir ist bewusst, dass sie nicht als Beweis für ein Lager Aliso an der Lippe taugt, aber sie gibt Hinweise die nicht einfach so vom Tisch gewischt werden sollten. Ich bin diesen Hinweisen nachgegangen und es haben sich verblüffende Anzeichen ergeben, die ein ehemaliges Römerlager an diesem Ort Wahrscheinlich machen könnten.

Zum einen ist es die Bezeichnung Römerrast (Römerfeld). Weiterhin gibt es an diesem Ort ein Geländeplateau oberhalb der Isselniederung, welches eine ähnliche Größe und Kontur besitzt wie das Lager Moers-Asberg. Zudem ist die strategische Lage so exponiert, dass sie das rechte Rheinvorland an einer ehemaligen Wegetrasse zwischen zwei damals staunassen Bruchgebieten abgesichert hätte. Karl der Große soll hier entlanggezogen sein, nachdem er den Rhein überquerte. Sogar General Montgomery wählte diesen Weg aus Gründen des sichern Vorrankommens auf festem Terrain, als er nach der Rheinüberquerung ins Münsterland vorstieß. Eine bisher als mittelalterlich gedeutete Grabenanlage die als befestigter Grenzübergang über die Issel (Tollberg) diente, ist in unmittelbarer Nähe dieses Plateaus mit diesem, durch einen Wegedamm verbunden. Direkt östlich des vermuteten Lagerstandortes führte ein mehr als 40 Kilometer langer Grenzwall vorbei, der im Zusammenhang mit der Aussage des Tacitus ("Das ganze Gebiet zwischen dem Kastell Aliso und dem Rhein wurde mit neuen Grenzwegen und Dämmen befestigt.") in Bezug gestellt werden könnte.

Es gibt eine Fülle von Argumenten die diesen Ort als ehemaliges Römerkastell oder gar als das Lager Aliso prädestinieren. Es wäre schön, wenn dieser von Ortelius als Aliso lokalisierte Platz einer genaueren archäologischen Untersuchung unterzogen würde.

Gruß maelo
 
Ich möchte die Karte des Ortelius nicht überbewerten und mir ist bewusst, dass sie nicht als Beweis für ein Lager Aliso an der Lippe taugt,

Richtig, sie taugt auf keinen Fall als Beleg dafür, dass das Lager Aliso, selbst wenn es da lag, wo es auf der Karte eingezeichnet ist, an der Lippe lag, dass ein nördlich der heutigen und damaligen Lippemündung liegender Flusslauf zu irgendeiner Zeit auch als Lippe bezeichnet wurde - was du uns ja immer wieder anzudrehen versuchst (auch in diesem thread).

Und zur Karte und Aliso: Möglich, dass Ortelius mit dieser Lokalisierung recht hat, möglich, dass er sich mit dieser getäuscht hat. Sagen kann mans im Zweifelsfall erst, wenn ein archäologischer Beleg auftaucht.
 
Du verwechselst die Oude Ijssel mit der Geldersen Ijssel, die nach dieser Untersuchung seit etwa 1700 Jahren Wasser führte (Nummer 50 an gleichem Ort). Die Issel (Deutsch) oder Oude Ijssel (Niederländisch) existierte sozusagen seit Menschengedenken.

Zum einen ist es die Bezeichnung Römerrast (Römerfeld). Weiterhin gibt es an diesem Ort ein Geländeplateau oberhalb der Isselniederung, welches eine ähnliche Größe und Kontur besitzt wie das Lager Moers-Asberg. Zudem ist die strategische Lage so exponiert, dass sie das rechte Rheinvorland an einer ehemaligen Wegetrasse zwischen zwei damals staunassen Bruchgebieten abgesichert hätte. Karl der Große soll hier entlanggezogen sein, nachdem er den Rhein überquerte. Sogar General Montgomery wählte diesen Weg aus Gründen des sichern Vorrankommens auf festem Terrain, als er nach der Rheinüberquerung ins Münsterland vorstieß. Eine bisher als mittelalterlich gedeutete Grabenanlage die als befestigter Grenzübergang über die Issel (Tollberg) diente, ist in unmittelbarer Nähe dieses Plateaus mit diesem, durch einen Wegedamm verbunden. Direkt östlich des vermuteten Lagerstandortes führte ein mehr als 40 Kilometer langer Grenzwall vorbei, der im Zusammenhang mit der Aussage des Tacitus ("Das ganze Gebiet zwischen dem Kastell Aliso und dem Rhein wurde mit neuen Grenzwegen und Dämmen befestigt.") in Bezug gestellt werden könnte.

Es gibt eine Fülle von Argumenten die diesen Ort als ehemaliges Römerkastell oder gar als das Lager Aliso prädestinieren. Es wäre schön, wenn dieser von Ortelius als Aliso lokalisierte Platz einer genaueren archäologischen Untersuchung unterzogen würde.

Gruß maelo

Hallo maelo,

ich habe mir gerade die Ortelius-Karte, die Du oben zitiert hast, und im Vergleich dazu eine oderne karte der Niederlande angeschaut.

Der in der Karte benannte Flu.[men] Aliso entspricht schon der Oude IJssel.
Diese fließt südlich der Stadt Doesburg (Teutoburgum der O.-Karte) in die IJssel (Fossa Drusiana der O.-Karte). Dieser Fluß entspringt in der Nähe von Borken und läuft mehr oder minder parallel zum Rhein.

Wo soll diese Römerrast sein? Hast Du da eine Adresse oder Koordinaten?

Wenn Du schon mal vor Ort warst, hast Du da in der Nähe mit Bewohnern gesprochen oder in den Nachbarorten nachgefragt, ob es eine "oral history" eines Römerlagers gibt?

Ansonsten ist ja die alte Römerstadt Nimwegen mit ihrer Universität und ihren Archäologen nicht so weit. Vielleicht wissen die etwas. In einem anderen Thread und anderen Zusammenhang hat vor einigen Tagen ein niederländischer Mitarbeiter einer Stadtarchäologie zum Alter von Doesburg einen Beitrag gepostet. Vielleicht weiß er etwas oder weiß jemanden, der zu dem Thema etwas wissen könnte.

Ich persönlich bin da eher skeptisch, daß noch irgendwo in unseren Breiten ein Römerlager im unbebauten Gelände seiner Entdeckung noch harrt, aber man weiß ja nie.:)

Ach so, es gibt da noch ein Büchlein von Bechert und Willems namens die "Die römische Reichsgrenze" von der Mosel bis zur Nordseeküste. Vielleicht steht da etwas zu diesem Ort drin. Irgendwo habe ich das Buch liegen. Falls ich was finde, melde ich mich mit dem Ergebnis.
 
Hallo maelo,
kamen eigentlich aus der benachbarten Kiesgrube römische Funde zutage? Wenn "Römerrast" tatsächlich ein jahrzehntelang bewohntes Lager gewesen sein soll, müssten dort und in der Umgebung auch Grabstätten, etc. gefunden worden sein.
Zudem kommt es mir etwas klein vor für ein Legionslager.
 
Hallo Mummius Picus

Mit der zur Zeit massiven Auskiesungen am Niederrhein ist es so eine Sache. Bis in die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts hinein sind noch gelegentlich Funde, die bei Abräumarbeiten entdeckt wurden, dokumentiert. Eigenartigerweise brechen diese Funde seit dieser Zeit fast schlagartig ab, obwohl der Flächenverbrauch für Auskiesungsflächen hier rapide gestiegen ist. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

An keiner überlieferten Quelle steht etwas von einem Legionslager Aliso. Dieser Umstand ist sogar relativ Unwahrscheinlich, denn dieses Lager wurde nach der Varusschlacht erfolgreich durch Bogenschützen verteidigt. Hier ist ein Hinweis zu sehen, dass es sich hier eher um ein Hilfstruppenlager gehandelt haben muss. Auch ist der Umstand, dass Aliso nicht von den Germanen erobert werden konnte in der Tatsache zu suchen, dass die Besatzung aufgrund der vollständigen Belegungsstärke dieses Lagers, noch uneingeschränkt verteidigungsfähig war. Dies galt nicht für die Lager Haltern und Anreppen. Hier waren die Legionen die diese Lager besetzt hielten, nicht mehr vor Ort, sondern mit Varus unterwegs. Diese Legionslager hatten nach der Varusschlacht nur noch eine Rumpfbelegung, die nicht mehr ausreichte um die Lager wirkungsvoll zu verteidigen.

[FONT=&quot]Gruß maelo [/FONT]
 
Mit der zur Zeit massiven Auskiesungen am Niederrhein ist es so eine Sache. Bis in die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts hinein sind noch gelegentlich Funde, die bei Abräumarbeiten entdeckt wurden, dokumentiert. Eigenartigerweise brechen diese Funde seit dieser Zeit fast schlagartig ab, obwohl der Flächenverbrauch für Auskiesungsflächen hier rapide gestiegen ist. Ein Schelm wer Böses dabei denkt.

Ich hoffe nicht, dass du dahinter eine Verschwörung der nordrhein-westfälischen Landesarchäologie vermutest.


Zu Aliso:

Dass Aliso ein Hilfstruppenlager gewesen sein könnte, geht aus der vorliegenden Quellenlage nicht hervor, wird andererseits aber auch nicht ausdrücklich ausgeschlossen.
Zumindest ist den Schilderungen zu entnehmen, dass dort befindliche größere Kornspeicher ein längeres Durchhalten der Eingeschlossenen ermöglichten. Das wäre für ein einfaches Hilfstruppenlager nicht typisch.

Unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände sehe ich geografisch zwischen dem Aliso der Ortelius-Karte und dem Lager Haltern keinen signifikanten Widerspruch.
 
Ich hoffe nicht, dass du dahinter eine Verschwörung der nordrhein-westfälischen Landesarchäologie vermutest.

Das hoffe ich auch.


Unter Berücksichtigung der vorliegenden Umstände sehe ich geografisch zwischen dem Aliso der Ortelius-Karte und dem Lager Haltern keinen signifikanten Widerspruch.

Wieso das denn?:nono:
Aliso der O-Karte ist an der Issel und Haltern liegt und lag an der Lippe.
 
Ich glaube, die Kiesgrubenverschwörung können wir ausschließen. Noch 2000 wurde in Xanten eine Manuballista in hervorragendem Erhaltungszustand aus dem Kies geholt.
 
Was dieses angebliche Römerlager "Römerrast" angeht, bin ich sehr, sehr skeptisch. :nono:

So wie der Niederrhein schon archäologisch durch Begehungen, ggf. darauf folgende Spatenarchäologie und seit einigen Jahren durch Luftbildarchäologie erforscht wurde und wird, ist es sehr unwahrscheinlich, daß ein Römerlager "übersehen" bzw. "ignoriert" wird.

Aus den von Maelo verlinkten Homepage kann ich auch nichts wirklich überzeugendes entdecken. Die Ziegel, die Wallanlage mögen vielleicht einen Anfangsverdacht erwecken, aber dem werden sicherlich auch schon Archäologen nachgegangen sein. Es müßte sich einer mal opfern und mal bei der zuständigen Behörde nachfragen & dann hier berichten.
 
Ansonsten ist ja die alte Römerstadt Nimwegen mit ihrer Universität und ihren Archäologen nicht so weit. Vielleicht wissen die etwas. In einem anderen Thread und anderen Zusammenhang hat vor einigen Tagen ein niederländischer Mitarbeiter einer Stadtarchäologie zum Alter von Doesburg einen Beitrag gepostet. Vielleicht weiß er etwas oder weiß jemanden, der zu dem Thema etwas wissen könnte.
Zur Frage Varsseveld (wenn das gemeint ist): soweit ich weiss ist bisher noch gar nichts Römisches in Varsseveld oder weiter Umgebung gefunden worden, abgesehen von den üblichen verstreuten Einzelfunden, wie die auch in Deutschland ausserhalb vom römischen Reich immer vorkommen. An sich sagt das aber nichts aus, weil ausser manchen mehr oder weniger zufällig bevorzugten Städten oder grossen Projekten doch sehr wenig seriös archäologisch untersucht wird und wurde. In dieser ländlichen Umgebung ist sehr Vieles noch unentdeckt, Manches (oder etwas mehr...) wird auch ungesehen vernichtet sein. Aber es gibt auch hier genug Sondengänger und mir scheint das ein römisches Lager oder Schlachtfeld mit ihren Metallfunden doch unwahrscheinlich unentdeckt geblieben wäre. Besiedlung, auch zur römischen Zeit gab es sehr warscheinlich wohl, weil Varsseveld, wie alle ältere Dörfer in der Gegend -wie z.B. auch im Münsterland- auf Sandrücken inmitten einer sehr feuchten Landschaft gelegen war. Bei grossflächigen Ausgrabungen in Neubaugebieten bei Doesburg, Zutphen und Deventer auf solchen Sandrücken ist immer ziemlich viel Besiedlung von der Bronzezeit bis zum Mittelalter gefunden worden. Die Landschaft war die Gleiche wie bei Varsseveld und auch grossen Teilen des Münsterlandes, eine verstreute prähistorische und römerzeitliche Besiedlung auf den (allen?) Sandrücken wird von unseren Archäologen angenommen.

Etymologisch (Ersterwähnung 1200 Versevelde - van Berkel/Samplonius) kommt der Name möglich vom mittelniederländischen verse = junge Kuh.
Ausser einem grossen Römerhelm auf einem hohen Stahlsockel an der Autobahn bei Varsseveld, gibt es als einziges Römisches in der Nähe noch den interessanten sog. Romienendiek = Dialekt für ‚Römerdeich’ (Dijk = Deich hiess/heisst hier in der Gegend ein Weg oder eine Strasse). Auf einem 16 km langen, geraden Sandrücken durch den ursprünglich sehr feuchten Gebieten, läuft ein Weg, bestimmt schon seit der Steinzeit, weil es der einfachste bzw einzige Weg ist um trocken voran zu kommen (leider nur holländisch: http://nl.wikipedia.org/wiki/Halserug ). Ich denke mir, es heisst Römerdeich weil man früher wusste das es ein sehr alter Weg ist, und etwas sehr altes muss bestimmt römisch sein.
(Zwischenbemerkung: Der Weg Romienendiek führt auch an dem Dorf Zelhem vorbei -Salehem 801- , wo Liudger um 800 eine kleine Kirche gründete. Die Reste sind bei einer Ausgrabung unter der heutigen Lambertikirche angetroffen. Eine Replika ist 50 m von der Kirche aufgebaut http://www.ludgerkerkje.nl/bouw.php )

Seit einigen Jahren folge ich manche Diskussionen hier im Forum, unter Anderem über jeweilige mögliche Orte von römischen Lager/ Kriegsschauplätzen. Ich finde es gut dass solange noch keine Gegenbeweise vorliegen, man über viele mögliche Orte diskutiert und kein Ort wirklich ausschliesst ohne diesen Gegenbeweis, auch wenn der Platz unwahrscheinlich erscheint.
Also Varsseveld: keine römische Indizien ausser einer Art Volksetymologie, aber man kann ja nie wissen was noch alles im Boden schlummert...
 
Zuletzt bearbeitet:
Eventuell waren neben des Ortsnamens „Römerrast“ (oder Römerfeld in der Vergangenheit) an der Issel, [...] Zum einen ist es die Bezeichnung Römerrast (Römerfeld).

Ist dir vielleicht schon mal der Gedanke gekommen, dass Römerrast
a) genauso zu einer Ortsbezeichnung werden konnte, wie aus dem Osning der Teutoburger Wald? Man fand etwas, was man nicht zuordnen konnte und ordnete es den Römern zu?
b) Römerrast vielleicht nur eine Kontraktion aus einem Wort gewesen sein könnte, das nie etwas mit den Römern zu tun hatte?
c) Die Römer fünf Jahrhunderte in diesem Gebiet waren und sich daher der Name - selbst wenn er tatsächlich so sprechend ist wie er scheint - kaum als ein Indiz für eine These deiner Richtung gelten kann?
d) der Name vielleicht etwas mit einer alten Pilgerrast zu tun hat, hier vielleicht ein Pilgerhospiz stand?



Hätte sich Ortelius ausschließlich an die literarische Überlieferung gehalten, hätte er sicherlich Aliso an der Lippe eingezeichnet.

Aha! Es ist also auch dir aufgefallen, dass Ortelius hier ganz offensichtlich von der literarischen Überlieferung abweicht.
 
Bei Potsdam gibt es die "Römerschanze" die vermutlich nie einen einzigen Römer gesehen hat. Der Name soll von der Verballhornung von "Räuberschanze" kommen.
 
Hallo Geschichtsfreunde

Ich hoffe nicht, dass du dahinter eine Verschwörung der nordrhein-westfälischen Landesarchäologie vermutest.

Natürlich nicht! Die Landesarchäologie tut ihr Bestes. Leider kann sie bei weitem nicht überall dort sein, wo gerade eine Abgrabung stattfindet, und diese während der immer zunehmenderen Erdbewegungen zu beobachten. In dieser Hinsicht ist man auf die Kooperation der Abgrabungsunternehmen angewiesen, die eigentlich gemachte Funde melden, oder zumindest auf Auffälligkeiten achten sollten. Das Gegenteil ist leider oftmals der Fall. Gab es bis in die achtziger Jahre des letzten Jahrhunderts noch regelmäßig in Fachliteratur dokumentierte römische Funde, die bei Abgrabungsarbeiten entdeckt wurden, so bricht dieses Fundspektrum beinahe schlagartig zu Beginn der neunziger Jahre ab, obwohl der Flächenverbrauch rapide gestiegen ist. Das liegt sicherlich nicht daran, dass nichts mehr in der Erde ruht. Archäologische Funde sind den Auskiesungsunternehmen ein Dorn im Auge.

Hierzu zwei Beispiele. Auf der rechten Rheinseite, nördlich der Lippe, wurden bei Auskiesungsarbeiten Reste einer römischen Hypokaustenheizung gefunden. Im Grunde ein aufsehen erregender Fund, würde er doch unter Umständen auf eine dauerhaftere Anwesenheit der Römer am rechten Rheinvorland hindeuten. Als die Archäologen vor Ort eintrafen, gab es nur noch einige wenige Bleirohre zu begutachten. Tonziegel und anderes Material, welches vorher bereits gesichtet wurde, waren weggeräumt und verschwunden.

Und noch ein extremeres Beispiel. In unmittelbarer Nähe zur Colonia Ulpia Trajana, in Xanten Wardt, wurde eine Abgrabung zum Zwecke der Auskiesung genehmigt. Die Genehmigung umfasste die Maßgabe, aufgrund der Nähe zur CUT auf die besondere archäologische Situation zu achten, und sensibel bei den Arbeiten vorzugehen. So weit so gut, sollte man denken.

Nur der Aufmerksamkeit eines zufällig an diesem Ort weilenden Bürgers ist es zu verdanken, dass der LVR bei dieser Auskiesungsmaßnahme auf einem Fund der besonderen Art aufmerksam gemacht wurde. Ihm fiel ein aus der Erde ragender behauener Balken auf, den ein Bagger freigelegt hatte. Erst nachdem dieser Bürger den Baggerführer aufforderte die Arbeit einzustellen, und die zuständigen Behörden benachrichtigt wurden, stellte sich heraus dass es sich bei diesem Balken um ein Teil eines römischen Lastkahns handelte. Der Bagger hatte schon zwei Drittel dieses Prahms zerstört, und nur noch der vordere Teil konnte noch geborgen und konserviert werden (Der übrig gebliebene Rest des Kahns hängt mittlerweile im neuen Xantener Römermuseum unter der Decke). Die Abgrabungsarbeiten mussten für drei Monate eingestellt werden, was sicherlich nicht im Interesse des Kiesunternehmens lag. Wen wundert es, dass immer weniger Funde der Öffentlichkeit bekannt werden.

Gruß maelo
 
Hallo Geschichtsfreunde

Aha! Es ist also auch dir aufgefallen, dass Ortelius hier ganz offensichtlich von der literarischen Überlieferung abweicht.

Vielen Dank, dass Du diesen Punkt noch einmal herausstellst, denn genau dieser Punkt ist es der mich stutzig gemacht hat. Hätte sich Ortelius ausschließlich nach der Quellenlage orientiert, dann hätte er Aliso an der Lippe verorten müssen. Aber etwas anderes ist der Fall. Er hat Aliso an der Issel eingezeichnet. Und ausgerechnet an dieser Stelle gibt es eine Örtlichkeit die nennt sich heute noch Römerrast (Römerfeld). Und das ist noch nicht alles. Weiterhin gibt es gleichfalls heute noch markante Geländestrukturen, die an einen römischen Lagerplatz denken lassen. Dazu gibt es immer noch, einen Grenzwall der sich prima mit der Quellenlage zu Aliso vereinbaren lässt, und zusätzlich gibt es einen noch nicht hinreichend diskutierten Sachverhalt. Nämlich die strategische Eignung dieser Örtlichkeit im Zusammenhang mit der römischen Abgrenzungspolitik zu den Germanen. Aber auch hier passt dieser Ort vorzüglich ins Schema. Diese Fakten, und vielleicht noch mehr, müssen Ortelius dazu veranlasst haben Aliso an der Issel einzuzeichnen.

Ich war bestimmt nicht Blauäugig, als ich mir Gedanken über das Aliso des Ortelius gemacht habe. Auch der Gedanke, dass heutzutage wo jeder Quadratmeter dieses Landes vermessen und genau kartiert wurde, es noch einen Ort geben kann, der von der Geschichtswissenschaft beinahe sträflich unbeachtet geblieben ist, hat mir zu denken gegeben. Aber es ist offensichtlich so. Es gab weder an dem Ort Römerrast, noch an der Klever Landwehr irgendwelche dokumentierte archäologische Ausgrabungsbemühungen.

Landesarchäologe Jürgen Kunow verortet in einer Stellungnahme zu dem Sachverhalt einer Möglichkeit eines Aliso an der Issel zwar auch ein Aliso in größerer Rheinnähe als Haltern, aber dieser Ort Römerrast liegt nach seinem Dafürhalten zu weit nördlich. Nach seiner Meinung müsste Aliso an der Lippe zu lokalisieren sein. Sein Mitarbeiter Martin Becker datiert die Klever Landwehr in mittelalterliche Entstehungszeit, und ordnet die Erbauung damit den Klever Grafen zu. Dabei kann sich keiner auf ein archäologisches Resultat zur Untermauerung dieser Thesen berufen. Hier hat sich offensichtlich in der Geschichtswissenschaft eine Meinung gebildet, die vorerst noch festgemauert scheint.

Eine privat finanzierte Untersuchung würde der LVR immerhin beratend und unterstützend begleiten. Kann mir vielleicht irgend jemand für ein paar Tage günstig ein Bodenradar vermitteln?

Gruß maelo
 
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