Der Germanicus-Horizont: Kalkriese und ein Brand in Köln 13/14 n. Chr.

Zur "massiven Verschiebung rheinwesergermanischer Bevölkerungsteile in Richtung Osten" ist laut des explizit zitierten Bemman aus seiner Karte rein gar nichts abzulesen.

Diese wird mit folgendem Hinweis von Bemman selbst kommentiert:

"Die Kartierung Abbildung 3 gibt keinesfalls das Bild der Besiedlung während der älteren Römischen Kaiserzeit zutreffend wieder. Die sichtbaren Fundkonzentrationen kennzeichnen Regionen einer besonders intensiven Bodendenkmalpflege. Diese gut erforschten Gebiete lassen die Siedlungsdichte exemplarisch erkennen. Auch sollte berücksichtigt werden, dass lediglich Grabfunde kartiert wurden."

Salač/Bemman, Mitteleuropa zur Zeit Marbods, S. 365.
 
@Hermundure
die Frage welche Münzen den Germanicus-Horizont bei Dir ausmachen, müsstest Du ja auch noch erklären, da ja gilt:
(Zitat von https://niedersachsen.academia.edu/UlrichWerz/Papers)
"In der augusteischen Aes-Prägung wurden nur wenige Münztypen ausgeprägt, die den frühkaiserzeitlichen Geldumlauf in Gallien und Germanien beherrschten. Es sind dies die Prägungen aus Lugdunum, Nemausus und Rom. Sie liefern weder in Bild noch Legende eindeutige Hinweise für ihre genauere zeitliche Einordnung."

Die Idee den Germanicus-Horizont über die Gegenstempel zu fassen finde ich nachvollziehbar. Ich vermisse in der Argumentation nur eine Differenzierung bezüglich der bei Tacitus beschriebenen Geldflüsse an die Legionen und Vexillianten(Veteranen). Die Häufung der entsprechenden Gegenstempel im Raum Neuss und Vindonissa passt ja sehr gut mit den Bewegungen der Veteranen während der Meuterei. Also hatten die Veteranen evtl. andere Stempelmarken in der Tasche als die Standardlegionäre...
Dies wäre für die Klärung des fehlenden rechtsrheinischen Germanicus-Horizontes wichtig, denn die von Werz angeführten Gegenstempel fehlen ja auch dort.

Gruß
jchatt
 
@ silesia

Gerade das Gräberfeld von Schlotheim zeigt sehr eindrucksvoll einen Bevölkerungswechsel an. Während die beigabenreichen elbgermanischen Gräber (Waffenbeigabe) sich im Nordteil befanden, lagen die beigabenarmen rheinwesergermanischen Gräber im Süden des Gräberfeldes (Belegungsplan). Hier liegt also eine klare Trennung beider Volksgruppen vor. Schon K. Peschel wies auf eine starke "rheinische Bindung" Thüringens im 1. Jh. als Ausdruck eines wiedererstarkten, unter vorübergehend elbgermanisch/hermundurischen Druck in der LTD 2 bis RKZ B1 geratenen, einheimischen Substrats hin (1978, 143). Dazu passt auch hervorragend die Aussage Strabons, dass die Hermunduren einst beidseitig der Elbe (Saale eingeschlossen) Land besaßen und diese sich auf das jenseitige Ufer zurück gezogen haben (hermundurisches Gräberfeld mit Waffenbeigabe von Bornitz 15 - 115 n. Chr.).
 
Ich wiederhole der Einfachheit halber meinen Beitrag von Juli 2015 und der Schwierigkeit aufgrund der archäologischen Befunde auf einen Bevölkerungswechsel zu schließen:
"Für den Zeitraum und geographischen Raum - ich weiss eigentlich immer noch nicht, worauf die fundgeschichtliche Argumentation von Hermundure hinausläuft -der oben angesprochen ist (thüringisches Becken, frühe Kaiserzeit/spätaugusteisch) ist die Lage jedoch verwickelter: haben sich dort die Hermunduren latenisiert, unter kulturellen Einfluss der "Rheinwesergermanen" (so im Reallexikon der germanischen Altertumskunde 2004 zum Gräberfeld Schlotheim, latenisierte Keramik im Gräberfeld Schopkau)? Oder eroberten Cherusker das Gebiet, dehnten ihren politischen Einfluss über eine keltisch geprägte Bevölkerung aus (Klaus Grote 2002)? Oder entsteht hier die rheinwesergermanische Kultur auf einheimischer Basis (Peschel, 1978)? Oder waren die Chatten die Träger der rheinwesergermanischen Kultur in Thüringen (Behm-Blanke 1973)? Oder die Hermunduren (von Uslar, 1938)?
Und wie lässt sich dann erklären, dass viele Siedlungen konstant besiedelt wurden, Gräberfelder konstant belegt sind ab Latene D2, und trotzdem ihre Verzierungsformen und Grabinventare veränderten (kein Bevölkerungsabbruch?oder Wechsel?)? Waren sie einfach ökonomisch verarmt? Was unterschied elbgermanische Kultur und rheinwesergermanische Kultur? Vielleicht nur die ökonomische Situation? Es müßte schließlich die Frage gestellt werden, worin der eigentliche Unterschied zwischen elbgermanischer und rheinwesergermanischer Kultur besteht, wenn nicht im wesentlichen in unterschiedlichen Gefäßformen und Verzierungselementen (Dusek, 1987).... und: Ich hatte in der Nacht davor (Beitrag 4263, 5.5.2015) einen Text eingestellt, veröffentlicht 2009,Jan Bemmann: "Das Elbegebiet zwischen Wittenberg und Bad Schandau von der Spätlatènezeit (Stufe D2) bis zum Ende der älteren römischen Eisenzeit".
In diesem Artikel findet sich folgende Darstellung;
Es zeigt sich, dass zahlreiche Friedhöfe zwischen Harz und Thüringer Wald trotz des Wechsels von einer archäologischen Kultur zur nächsten kontinuierlich von der Stufe Latène D1 mit latènezeitlicher Drehscheibenware,über den Großromstedter Horizont mit den charakteristischen Situlen und kugelbauchigen Gefäßen, zu rheinwesergermanischen Gefäßen der Form Uslar I und Uslar II bis hin zur jüngerkaiserzeitlichen Phase C1a, in der die Belegung der meisten Friedhöfe endet, genutzt wurden. Dies gilt beispielsweise für Schlotheim, Unstrut-Hainich-Kreis (Dušek 2001), sowie Mühlhausen Wachkuppe (Grasselt –Walther 1988; Grasselt in diesem Band) und lässt sich für Zangenberg, Burgenlandkreis (Hoffmann – Schmidt 1955, 238, Taf. 67: 1; Voigt 1959, 290 ff., Abb. 2; Becker 1996, 130 f., Nr. 243, Taf. 115–116), anhand der publizierten Grabfunde genauso vermuten wie für Nordhausen, Lkr.Nordhausen (Peschel 1978, 70Abb. 4: 4; 1981, 636 f., Anm. 67; Dušek 1987)....Exemplarisch lässt sich hier zeigen, dass trotz Wechsels der archäologischen Kulturen und damit einhergehenden Wechsels in der Sachkultur und den Veränderungen im Totenritual die Gemeinschaften weiterexistierten und denselben Friedhof weiterhin nutzten. Lesefunde aus Siedlungen geben ein ähnliches Bild der Platzkontinuität (Peschel 1981, 642 ff.; Seidel 2006, 44 ff.) ...
Nur im sogenannten Expansionsraum der elbgermanischen Kultur, der ab der Phase B1b bzw. Völling Gruppe IV rheinwesergermanisch geprägt ist, treten große, ausschließlich in dieser Phase genutzte Gräberfelder auf, zu denen bekanntlich Schkopau und Großromstedt sowie vermutlich die noch unpublizierten Bestattungsplätze von Profen und Ballstädt zu zählen sind...
Genau aus der Zeit, in die die Herausbildung der Markomannen und die Herrschaft Marbods fällt (Völling Gruppen II und III bzw. Stufe D2 und B1a bzw. ca. 50/40 v. bis 15 n. Chr.), fehlen in der Region zwischen Pirna und Wittenberg Siedlungsindikatoren fast gänzlich.In der Phase B1b,in die der Sturz Marbods fällt, setzen die Gräberfelder in der Untersuchungsregion ein und mehrere große, westlich der Weißen Elster gelegene Bestattungsplätze wie Ballstädt, Großromstedt, und Schkopau werden aufgelassen. Aber ob das eine etwas mit dem anderen zu tun hat, bleibt offen.
" Noch einmal der ganze Text von Bemann:
https://www.vfgarch.uni-bonn.de/vfg/mitarbeiter/wissenschaftler-2/veroeffentlichungen/bemmann_elbe
 
@ jchatt

@Hermundure
die Frage welche Münzen den Germanicus-Horizont bei Dir ausmachen, müsstest Du ja auch noch erklären, da ja gilt:
(Zitat von https://niedersachsen.academia.edu/UlrichWerz/Papers)
"In der augusteischen Aes-Prägung wurden nur wenige Münztypen ausgeprägt, die den frühkaiserzeitlichen Geldumlauf in Gallien und Germanien beherrschten. Es sind dies die Prägungen aus Lugdunum, Nemausus und Rom. Sie liefern weder in Bild noch Legende eindeutige Hinweise für ihre genauere zeitliche Einordnung."

Das hatte ich bereits mehrfach getan. Es gibt ja die Gegenstempel des Germanicus (CAESAR 61) in der Germania Magna, wenn auch noch überschaubar. Die Münzen 55 bis 61 aus dem Brandhorizont von Köln 13/14 n. Chr. zeigen doch sehr schön, dass nach Varus bereits andere Münztypen an den Rhein gelangt sind - so z.B. Lug II oder Nem III. Diese Münztypen wurden auch in der Germania Magna gefunden - nur nicht zwischen Weser und Rhein. Die Münzfundorte der Germanicus-Schlagmarken sind bisher:

* Gospersgrün
* Warburg/Gaulskopf mit VAR-Gegenstempel auf der Gegenseite (!)
* Altenbergen
* Quedlinburg
* Hitzerode

Was Werz bezüglich der Bilder und Legenden schreibt ist nicht korrekt bzw. ungenügend. Die Münzbilder und Legenden haben sich erheblich verändert und lassen sich auch zeitlich einordnen - siehe Lugdunum II ( CAESAR AVGVSTVS DIVI F PATER PATRIAE) oder Nemausus III (IMP.DIVI.F. PP/COL NEM) - beide Typen gibt es im Brandhorizont. Dazu kommen noch die Typen vom RIC 469 (TI CAESAR AVGVST F IMPERAT – V Bare head r. Rev. PONTIFEX TRIBVN POTESTATE XII around S C) sowie RIC 471 (IMP CAESAR DIVI F AVGVSTVS IMP XX, bare head of Augustus left / PONTIF MAXIM TRIBVN POT XXXIIII around S C) - beide nachvarianisch/spätaugusteisch in der Germania Magna nachweisbar! Letztere lassen sich gerade wegen der Legenden zeitlich einordnen.

Grüße
 
@Biturigos

(so im Reallexikon der germanischen Altertumskunde 2004 zum Gräberfeld Schlotheim, latenisierte Keramik im Gräberfeld Schopkau)

Die Träger der keltoiden Keramik in Mitteldeutschland sind die Teurier (300-60 v. Chr.) bzw. Naumburger Gruppe. Deren Hinterlassenschaften lassen sich natürlich im Gräberfeld von Schkopau (80 v. Chr. - 10/15 n. Chr.) nachweisen. Große Teile der Teurier sind jedoch um 65/60 v. Chr. nach Südostbayern (Südostbayerische Gruppe) abgewandert (Auflassung Gräberfeld von Gleina).

Das gehört jedoch nicht in diesen Treat - sorry. Hier geht es um den Kölner Münzhorizont bzw. Münzen des Germanicus. Gerne woanders.
 
Exemplarisch lässt sich hier zeigen, dass trotz Wechsels der archäologischen Kulturen und damit einhergehenden Wechsels in der Sachkultur und den Veränderungen im Totenritual die Gemeinschaften weiterexistierten und denselben Friedhof weiterhin nutzten.

Vielen Dank. Ich war auch davon ausgegangen, dass es heutzutage nicht mehr Stand der Wissenschaft ist, einzelne materielle Funde stur einer bestimmten "Ethnie" oder einem "Stamm" zuzuordnen und bei Veränderungen von Ab- bzw. Zuwanderungen auszugehen. Offensichtlich ist es teilweise immer noch der Fall, dass aus der Art des Kaffeegeschirrs auf den Stammbaum des Besitzers und aller seiner Nachbarn geschlossen wird.
 
@ jchatt
Das hatte ich bereits mehrfach getan. Es gibt ja die Gegenstempel des Germanicus (CAESAR 61) in der Germania Magna, wenn auch noch überschaubar. Die Münzen 55 bis 61 aus dem Brandhorizont von Köln 13/14 n. Chr. zeigen doch sehr schön, dass nach Varus bereits andere Münztypen an den Rhein gelangt sind - so z.B. Lug II oder Nem III. Diese Münztypen wurden auch in der Germania Magna gefunden - nur nicht zwischen Weser und Rhein.

Das Problem mit den paar Münztypen aus dem Brandhorizont in Köln ist, dass sie innerhalb der Menge der linksrheinischen Germanicus-Münzen verschwinden. Sie taugen daher nicht als signifikantes Anzeichen für oder gegen An- oder Abwesentheit des Germanicus-Heeres.

Nachfolgende von mir aus der Datenbank von Werz erzeugte Tabelle zeigt die Fundorte und Häufigkeiten der Gegenstempel, die nach Werz einen Germanicus-Horizont bilden.
image.jpg


Die unterschiedliche Fundhäufung der Stempel in Neuss und Vindonissa sagt mir, dass hier nicht von einem einheitlichen Spektrum von gegengestempelten Münzen in den Taschen der Germanicus-Soldaten geredet werden kann. Werz erkennt durch die Häufungen in Vindonissa den Ort an dem die Schlagmarken angebracht wurden.
Nach meiner Meinung erkennt man aber hier ein Bewegungsprofil der Empfänger der gegengestempelten Münzen. Diese Empfänger sind demnach Veteranen, die aus dem Lager der Meuterer entfernt wurden (Tac. anales 1,44*).
Das wird dann auch der Grund sein, dass diese Schlagmarken kaum rechtsrheinisch auftauchen. Denn diese Veteranen hatten den Kriegsdienst hinter sich, wie man auch an den vielen zivilen Fundorten ablesen kann.

Gruß
jchatt

(*) Übersetzung Gottwein
Die Veteranen folgten diesem Vorgang und wurden bald darauf nach Rätien geschickt, scheinbar zum Schutz der Provinz angesichts der Bedrohung durch die Sueben; eigentlich aber, um sie aus einem Lager zu reißen, in dem infolge der Grausamkeit der Bestrafung nicht minder als infolge der Erinnerung an das Vergehen immer noch das Grauen hauste.
 
@jchatt

nochmal, die Gegenstempel allein reichen für eine Aussage zum Germanicus-Horizont nicht aus. Die Gegenstempel machen nur einen geringen Teil der gesamten Münzfunde aus den linksrheinischen Lagern aus - siehe Beispiel Nijmwegen (2212 augusteische Asse allein aus den Ausgrabungen 1986-1995). Ein Bewegungsprofil kann ich auch mit den Schlagmarken des Varus anlegen, welches über Eining bis nach Bratislava (Neufunde) reicht. Das bringt jedoch nichts. Werz hat sich nur die Münzen mit den Gegenstempeln heraus gepickt. Jos P. A. Van Der Vin hat meiner Meinung nach eine viel bemerkenswerte Beobachtung gemacht. Er schreibt:

"Die Fundlisten aus Vechten und aus dem frühtiberischen Lager in Velsen I machen klar, dass die Münzstätte in Rom in der spätaugusteischen und frühtiberischen Zeit in zunehmenden Maße die Geldzirkulation in den niederrheinischen Lagern bestimmte."

Vechten (um 5 n. Chr. entstanden) - Rom 31% / Lug I 32,5% / Lug II 21%;

Velsen I (um 14/16 n. Chr. entstanden)- Rom 55,5% / Lug I 20% / Lug II 9%

Das Bild zeigt sich auch in meiner Liste der Münzen des Germanicus-Horizont in der Germania Magna. Die Stadtprägungen aus Rom dominieren. Nur im Vorfeld von Mainz überwiegen die Lug II Prägungen gegenüber den Stadtprägungen.

Deine Tabelle der Schlagmarken zeigt sehr schön, dass in Neuss, Xanten CVT und Nijmwegen die des Germanicus dominieren und in Vindonissa die des neuen Kaisers Tiberius. Daraus kann man sehr gut ablesen, warum die Truppen Obergermaniens sich NICHT am Aufstand beteiligt hatten.

Grüße
 
nochmal, die Gegenstempel allein reichen für eine Aussage zum Germanicus-Horizont nicht aus. Die Gegenstempel machen nur einen geringen Teil der gesamten Münzfunde aus den linksrheinischen Lagern aus - siehe Beispiel Nijmwegen (2212 augusteische Asse allein aus den Ausgrabungen 1986-1995). Ein Bewegungsprofil kann ich auch mit den Schlagmarken des Varus anlegen, welches über Eining bis nach Bratislava (Neufunde) reicht. Das bringt jedoch nichts. Werz hat sich nur die Münzen mit den Gegenstempeln heraus gepickt.

Werz verknüpft diese Gegenstempel aber direkt mit den Ereignissen am Rhein. Dadurch ist er, wenn diese Annahme richtig sein sollte, auf jeden Fall präziser, als eine nur auf den Münztyp abstellende Argumentation sein könnte. Denn diese Schlagmarken wurden offenbar nur in einem eng begrenzten Zeitraum und Ort angebracht.
Das Werz DEN Germanicus-Horizont in seiner Gesamtheit erfasst hat, glaube ich auch nicht. Er beschränkt sich auf die Menge der Empfänger dieser gegengestempelten Münzen, und die kann sich massiv vom Rest des Germanicus-Heeres unterscheiden (s. mein Beispiel mit den Veteranen)

Ein Bewegungsprofil kann ich auch mit den Schlagmarken des Varus anlegen, welches über Eining bis nach Bratislava (Neufunde) reicht. Das bringt jedoch nichts.
Das würde ich nicht sagen. Da sich der VAR-Gegenstempel an den selben Orten häuft, an denen auch der CAESAR-Stempel gehäuft auftritt, kann man spekulieren, daß die Empfänger der VAR-Schlagmarken die selben Wege gingen wie die Germanicus Soldaten. Möglicherweise waren diese Empfänger sogar identisch.
Also eventuell Veteranen des Varus, die die Varusschlacht überlebt haben, weil sie ihren gelockerten Dienst in der Etappe ableisteten und nicht beim Feldheer. Nach der Niederlage wurden diese aber wieder unter die Fahnen gerufen und in das Germanicus-Heer eingegliedert. Dies würde jedenfalls erklären, warum der VAR-Gegenstempel, wie vielleicht aufgrund der zu erwartenden Schlachtverluste zu erwarten gewesen wäre, nicht rechtsrheinisch am häufigsten auftritt, sondern im sicheren linksrheinischen Gebiet.

Jos P. A. Van Der Vin hat meiner Meinung nach eine viel bemerkenswerte Beobachtung gemacht. Er schreibt:

"Die Fundlisten aus Vechten und aus dem frühtiberischen Lager in Velsen I machen klar, dass die Münzstätte in Rom in der spätaugusteischen und frühtiberischen Zeit in zunehmenden Maße die Geldzirkulation in den niederrheinischen Lagern bestimmte."

Vechten (um 5 n. Chr. entstanden) - Rom 31% / Lug I 32,5% / Lug II 21%;

Velsen I (um 14/16 n. Chr. entstanden)- Rom 55,5% / Lug I 20% / Lug II 9%

Das Bild zeigt sich auch in meiner Liste der Münzen des Germanicus-Horizont in der Germania Magna. Die Stadtprägungen aus Rom dominieren. Nur im Vorfeld von Mainz überwiegen die Lug II Prägungen gegenüber den Stadtprägungen.

Die Frage ist aber doch, "Dominieren sie, weil Germanicus sie dorthin gebracht hat, oder dominieren Sie weil sie viel länger Zeit hatten an ihren Ort zu gelangen?"

Gruß
jchatt
 
Guten Morgen,

@jchatt

Nein. Die Münzen des Germanicus-Horizont 10/17 n. Chr. konnten nicht später an ihre Fundorte gelangen, da bereits mit den Altar-Prägungen des Tiberius ( DIVVS AVGVSTVS PATER Radiate head of Augustus to left. Rev. S - C / PROVIDENT Altar; 22/23 AD, RIC 81) und dessen Denare Gruppe 3-6 (TI CAESAR DIVI AVG F AVGVSTVS, laureate head right; parallel ribbons / PONTIF MAXIM, Livia as Pax; 18-37 n. Chr.) neue Münztypen in die GESAMTE Germania Magna gelangten. Denare der Gruppe 1 und 2 (15-18 n. Chr.) fehlen nördlich der Mittelgebirgsschwelle. Somit haben wir eine klare Abgrenzung.

Grüße
 
da bereits mit den Altar-Prägungen des Tiberius ( DIVVS AVGVSTVS PATER Radiate head of Augustus to left. Rev. S - C / PROVIDENT Altar; 22/23 AD, RIC 81) und dessen Denare Gruppe 3-6 (TI CAESAR DIVI AVG F AVGVSTVS, laureate head right; parallel ribbons / PONTIF MAXIM, Livia as Pax; 18-37 n. Chr.) neue Münztypen in die GESAMTE Germania Magna gelangten.

In welchen Jahren und durch wen sind Deiner Meinung nach die zwischen 18 und 37 n. Chr. geprägten Münzen in die gesamte Germania Magna gelangt?
 
Guten Morgen,

@Sepiola

Die Provident-Asse und Livia-Denare der Gruppe 3-6 kommen im freien Germanien nur sporadisch vor. Auf Grund ihrer geringen Zahl lässt sich im Gegensatz zu den Münzen des Germanicus-Horizont kein Bewegungsprofil konstruieren. Das die wenigen Münzen durch Handel in die Germania gelangten, kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Dazu Rudolf Laser:

"Wie überall im freien Germanien geht nach Tiberius der Münzzufluß stark zurück, um unter Caligula und Claudius (41 - 54) seinen niedrigsten Stand zu erreichen. Obwohl nach dem Ende der römischen Angriffe in das östliche Rheingebiet sich ein grundlegender Wandel der römischen Germanien-Politik vollzog, kam es zu keiner spürbaren Ausweitung des Handels, wie der Münzspiegel für das freie Germanien zeigt. Erst mit Nero (54 - 68) wird ein zahlenmäßiger Aufschwung deutlich sichtbar, wobei Einzelfunde überwiegen." (R. Laser, S. 30; 1980)
 
Dass die wenigen Münzen durch Handel in die Germania gelangten, kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Dazu Rudolf Laser:

"Wie überall im freien Germanien geht nach Tiberius der Münzzufluß stark zurück, um unter Caligula und Claudius (41 - 54) seinen niedrigsten Stand zu erreichen. Obwohl nach dem Ende der römischen Angriffe in das östliche Rheingebiet sich ein grundlegender Wandel der römischen Germanien-Politik vollzog, kam es zu keiner spürbaren Ausweitung des Handels, wie der Münzspiegel für das freie Germanien zeigt. Erst mit Nero (54 - 68) wird ein zahlenmäßiger Aufschwung deutlich sichtbar, wobei Einzelfunde überwiegen." (R. Laser, S. 30; 1980)

Was Laser schreibt und was du daraus machst, sind aber zwei unterschiedliche Paar Schuh. Laser schreibt, dass es zu keiner spürbaren Erweiterung des Handels kam - er lässt dabei die Tacitusstelle unberücksichtigt, dass die Germanen angeblich nur sehr ungern kaiserzeitliche Münzen annahmen und die "eingesägte" Zweispännermünze, die noch aus der Republik stammte (serrati bigatique) am liebsten annähmen.

original.jpg


Du machst daraus, dass die Münzen, die in dieser Zeit in die Germania kamen, nicht durch Handel dorthin gekommen wären. Das ist aber nicht das, was Laser sagt sondern eine davon völlig verschiedene Aussage.
 
Guten Morgen,

@Sepiola

Die Provident-Asse und Livia-Denare der Gruppe 3-6 kommen im freien Germanien nur sporadisch vor. Auf Grund ihrer geringen Zahl lässt sich im Gegensatz zu den Münzen des Germanicus-Horizont kein Bewegungsprofil konstruieren. Das die wenigen Münzen durch Handel in die Germania gelangten, kann ebenfalls ausgeschlossen werden. Dazu Rudolf Laser:

"Wie überall im freien Germanien geht nach Tiberius der Münzzufluß stark zurück, um unter Caligula und Claudius (41 - 54) seinen niedrigsten Stand zu erreichen. Obwohl nach dem Ende der römischen Angriffe in das östliche Rheingebiet sich ein grundlegender Wandel der römischen Germanien-Politik vollzog, kam es zu keiner spürbaren Ausweitung des Handels, wie der Münzspiegel für das freie Germanien zeigt. Erst mit Nero (54 - 68) wird ein zahlenmäßiger Aufschwung deutlich sichtbar, wobei Einzelfunde überwiegen." (R. Laser, S. 30; 1980)

Leider hast Du meine Frage völlig unbeantwortet gelassen. Diese lautete:

In welchen Jahren und durch wen sind Deiner Meinung nach die zwischen 18 und 37 n. Chr. geprägten Münzen in die gesamte Germania Magna gelangt?
 
Guten Morgen,

@ ELQ

Rudolf Laser hat die viel zitierte Tacitus-Stelle der Republikdenare zu Recht raus gehalten, da sie für die Chronologie unerheblich sind. Mit Republikdenaren kann ich kein Bewegungsprofil für die Zeit 10-17 n. Chr. erstellen.

@Sepiola

das hatte ich bereits. Weder durch Handel, noch durch Militär - sie sind in der Germania Magna autark. WER sie dorthin gebracht hat, ist auf Grund ihrer minder begrenzten Anzahl irrelevant. Wichtig für die Chronologie sind deren Eckdaten und die Verbreitung - sie kommen sowohl in der Rhein-Weser-Region, als auch in der Elbe-Saale-Region vor. Bei der DIVVS-Serie (Provident-Asse) kommt noch eine Besonderheit hinzu, sie löste die Altar-Serien in den Lagern ab - Schließung der Münzstätte in Lugdunum für die Kupfer- und Messingprägungen unter Tiberius- Ende der augusteischen Altar-Serien I-II. Hier wird die Defensivhaltung des neuen Kaisers nach 17 n. Chr. in der Germanien-Politik am deutlichsten.
 
Guten Morgen,

@ ELQ

Rudolf Laser hat die viel zitierte Tacitus-Stelle der Republikdenare zu Recht raus gehalten, da sie für die Chronologie unerheblich sind. Mit Republikdenaren kann ich kein Bewegungsprofil für die Zeit 10-17 n. Chr. erstellen.
Jein, denn wenn das, was Tacitus schreibt, an dieser Stelle korrekt ist, dann heißt dass, dass die Menge der Münzfunde statistisch zu Gunsten der Republik verzerrt sein müsste. Mir ging es allerdings ist erster Linie um den Unterschied zwischen dem was Laser sagt und dem, was du daraus gemacht hast.
 
Weder durch Handel, noch durch Militär - sie sind in der Germania Magna autark.

Die Münzen sind "autark"? Von selber können sie nicht an ihre Fundorte gelangt sein. Wenn sie nicht jeweils an Ort und Stelle geprägt wurden, muss sie wohl jemand mitgebracht haben.

Und wenn Du Händler und ihre Kunden ausschließt, wirst Du Dir sicher mal Gedanken gemacht haben, wer sie mitgebracht hat.
 
@Sepiola

Die Münzen sind "autark"? Von selber können sie nicht an ihre Fundorte gelangt sein.

Habe ich auch nicht behauptet. Mit "autark" ist hier gemeint, dass die Gepräge im Gegensatz zu den Münzen des Germanicus-Horizont (Militär) eigenständig und ohne festen Bezug sind.

Und wenn Du Händler und ihre Kunden ausschließt, wirst Du Dir sicher mal Gedanken gemacht haben, wer sie mitgebracht hat.

Nein, habe ich nicht. Muss ich auch nicht, da es für die Chronologie unerheblich ist.
 
Nein, habe ich nicht. Muss ich auch nicht, da es für die Chronologie unerheblich ist.
Die Frage, die hinter Sepiolas Beitrag steht, ist ja, wie du meinst, dass die Münzen an ihre Fundorte gelangt sind.
Leider hast Du meine Frage völlig unbeantwortet gelassen. Diese lautete:

In welchen Jahren und durch wen sind Deiner Meinung nach die zwischen 18 und 37 n. Chr. geprägten Münzen in die gesamte Germania Magna gelangt?
Sonst sind bei dir alle "Fundspuren" ja militärisch begründet. Es ist - Sepiola möge mich da berichtigen - gewissermaßen auch eine Frage nach der Methode.
 
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