Der Rassebegriff biologisch und politisch

Bevor die Diskussion wieder auf den Hund kommt, mein Vorschlag: Diskutieren wir die "Mischung"!

Unterm Stichwort "Rasse / 2. Rassenanthropologie" schrieb Adolf Haas SJ 1961 [1]
"'Reine Rassen' gibt es beim Menschen praktisch nicht, ... Wenn von 'reinen' Vertretern eines Typus gesprochen wird, kann das nur erscheinungsbildlich-deskriptiv gemeint sein. Rassen-Mischung ist nicht biologisch schädlich. Allgemeine Regeln und Werturteile über das Ergebnis von Rassen-Kreuzungen lassen sich nicht aufstellen. Oft bilden allerdings die Mischlingseltern eine negative Auslese, und die Mischlinge selbst wachsen dann unter ungünstigen Umständen auf, was zu einem Fehlurteil über Rassenmischung führt."
Wie ist das zu beurteilen?


[1] Staatslexikon, 6. Aufl., Bd. 6, Sp. 592 f.


Mit dem Zitat von 1961 kann ich schon nichts mehr anfangen.
Da hat sich in den letzten 50 Jahren das Begriffsverständnis geändert.
Vermutlich weist das Zitat in die berüchtigte sozialdarwinistische Ecke.
 
Da hat sich in den letzten 50 Jahren das Begriffsverständnis geändert. Vermutlich weist das Zitat in die berüchtigte sozialdarwinistische Ecke.
Nein, der Autor wendet sich ausdrücklich gegen den "Sozialdarwinismus" [1] und verurteilt den "nazistischen Rassimus": "Letzter Grund dieser geistesgeschichtlich und politisch verheerenden Ideologie ist der Verlust des Wesensbildes und der Wesenseinheit des Menschen".

Auch "psychische Rassenunterschiede", "wie sie H.F.K. Günther und L.F. Clauss für die europäischen Rassen gaben (z.B. nordische R.: Leistungsmensch, fälische R.: Verharrungsmensch, orientalische R.: Offenbarungsmensch)", seien kritisch zu werten.


[1] aaO, Sp. 594 f.
 
Als eher philosophischen Ansatz des Biologen, zumal seinerzeit über die DNA-Synthese noch spekuliert worden ist.
Ja, sehe ich auch so! Eine "Genanalyse sei "bisher nur unbefriedigend gelungen". (Sp. 592)

Haas betont, dass "beim Menschen (viel mehr beim Tier) die Arteinheit in jeder Hinsicht im Vordergrund (steht), was sich schon biologisch daraus ergibt, daß es zwischen allen menschlichen Gruppen keinerlei physiologische Paarungs- und Fruchtbarkeitsschranken gibt". Darüber hinaus bezeichnet er die "politisch angestrebte Rassentrennung" als einen "die Wesensart des Menschen zerstörende(n) Wahn". (Sp. 591)

@rena8
Die "Zeitbedingtheit" des Beitrags von 1961 sieht man noch am ehesten daran, dass er sich völlig problemlos auf Wissenschaftler wie Eickstedt und Schwidetzky und Bauer/Fischer/Lenz bezieht.
 
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Bevor die Diskussion wieder auf den Hund kommt, mein Vorschlag: Diskutieren wir die "Mischung"!

Unterm Stichwort "Rasse / 2. Rassenanthropologie" schrieb Adolf Haas SJ 1961 [1]
"'Reine Rassen' gibt es beim Menschen praktisch nicht, ... Wenn von 'reinen' Vertretern eines Typus gesprochen wird, kann das nur erscheinungsbildlich-deskriptiv gemeint sein. Rassen-Mischung ist nicht biologisch schädlich. Allgemeine Regeln und Werturteile über das Ergebnis von Rassen-Kreuzungen lassen sich nicht aufstellen. Oft bilden allerdings die Mischlingseltern eine negative Auslese, und die Mischlinge selbst wachsen dann unter ungünstigen Umständen auf, was zu einem Fehlurteil über Rassenmischung führt."
Wie ist das zu beurteilen?


[1] Staatslexikon, 6. Aufl., Bd. 6, Sp. 592 f.

Nein, der Autor wendet sich ausdrücklich gegen den "Sozialdarwinismus" [1] und verurteilt den "nazistischen Rassimus": "Letzter Grund dieser geistesgeschichtlich und politisch verheerenden Ideologie ist der Verlust des Wesensbildes und der Wesenseinheit des Menschen".

Auch "psychische Rassenunterschiede", "wie sie H.F.K. Günther und L.F. Clauss für die europäischen Rassen gaben (z.B. nordische R.: Leistungsmensch, fälische R.: Verharrungsmensch, orientalische R.: Offenbarungsmensch)", seien kritisch zu werten.


[1] aaO, Sp. 594 f.

Mmh, mag sein, dass er sich einerseits gegen den Sozialdarwinismus ausspricht. Seine Wortwahl ist jedoch noch stark geprägt davon... Rassenkreuzung, Mischlingseltern, negative Auslese.

Das Zitat könnte ein Beispiel für das Dilemma der 50er/60er Jahre sein.
Dabei betrachte ich nicht den Urheber und seinen beruflichen und persönlichen Lebensweg, sondern nur diese Aussage. Darin sprechen zwei Ebenen, die korrekte offizielle Lesart und quasi wie nonverbale Körpersprache, der Geist der Vergangenheit.
 
Unterm Stichwort "Rasse / 2. Rassenanthropologie" schrieb Adolf Haas SJ 1961 [1]
"'Reine Rassen' gibt es beim Menschen praktisch nicht, ... Wenn von 'reinen' Vertretern eines Typus gesprochen wird, kann das nur erscheinungsbildlich-deskriptiv gemeint sein. Rassen-Mischung ist nicht biologisch schädlich. Allgemeine Regeln und Werturteile über das Ergebnis von Rassen-Kreuzungen lassen sich nicht aufstellen. Oft bilden allerdings die Mischlingseltern eine negative Auslese, und die Mischlinge selbst wachsen dann unter ungünstigen Umständen auf, was zu einem Fehlurteil über Rassenmischung führt."
Wie ist das zu beurteilen?


[1] Staatslexikon, 6. Aufl., Bd. 6, Sp. 592 f.

Es ist mE einiges an Inkonsequenz drin - zwar wird eingangs der Rassebegriff relativiert, indem 'Reinrassigkeit' als praktisch nicht vorhanden bezeichnet wird, trotzdem arbeitet Haas im Folgenden mit eben der Annahme weiter. Wenn wir alle Mischungen sind, wären seine Aussagen über 'Mischlinge' gar nicht möglich, denn dann kann es keine Negativauslese bei deren Eltern geben, die Haas als gegeben ansieht.

ME greift Haas in dieser Aussage ein rassistisches Stereotyp auf und wendet es an: da 'anständige' Menschen (vor allem Frauen!) sich nicht mit dunkler pigmentierten Mitmenschen sexuell einlassen, kann es keine 'Mischlinge' mit Eltern geben, die diesen Kindern irgendetwas Positives mitgeben oder vermitteln können. Solche sexuellen Kontakte wurden als hoher Grad der Verwahrlosung insbesondere bei 'weißen' Frauen betrachtet, so daß davon ausgegangen wurde, daß deren Kinder ebenfalls hochgradig verwahrlost aufwachsen müssen.

Dies ist im Grunde eine Abwandlung des zuvor gängigen Stereotyps, daß 'Mischlinge' nur die schlechtesten Eigenschaften beider 'Rassen' erben, das zb im 19. Jahrhundert gang und gäbe war. Haas verwendet eine Argumentation, die dieses platte Stereotyp bereits etwas 'verfeinert' hat. Letztlich ändert sich für die betroffenen Menschen gar nichts, da sie entweder als 'unheilbar' genetisch geschädigt angesehen werden oder als sozial so gravierend geschädigt, daß sie nach beiden Stereotypen keine vollwertigen, verläßlichen, anständigen Mitglieder der Gesellschaft mehr sein können.


balticbirdy schrieb:
Damals und auch heute waren Mischehen in der Ober- und Mittelschicht der USA eher eine Ausnahme. Das dürfte der Autor vor Augen gehabt haben.

Das Staatslexikon ist 1961 erschienen; der Artikel also auf dem Stand der 1950er Jahre - allerdings waren die Verhältnisse 1961 auch nicht anders. Zu dem Zeitpunkt lag in den USA Segregation vor. Diese existierte nicht nur in den Südstaaten der USA, in denen sie institutionalisiert war, sondern ebenso in den Nordstaaten, dort allerdings informell und ohne gesetzmäßigen Überbau.

Daß die Segregation auch die Nordstaaten betraf, ist nur weniger bekannt. Daher kann von 'Misch*ehen*' überhaupt keine Rede sein, außer in wenigen Ausnahmefällen.

Immerhin sprechen wir von Bedingungen, in denen auch im Norden Wohnviertel streng getrennt waren und der Zuzug nur einer schwarzen Familie selbst in ein Großstadtviertel in den fluchtartigen Auszug weißer Familien mündete. Die genaueren Jahreszahlen habe ich nicht mehr im Kopf, aber selbst uns heute als schwarze Wohngegenden vertrauten Namen wie Bronx oder Harlem sind nach meiner Erinnerung erst im 20. Jahrhundert 'schwarz' geworden. Auch Jobs waren im Norden wie im Süden getrennt; bestimmte Jobs für Afro-Amerikaner nicht zugänglich und die Löhne lagen deutlich unter dem Lohnniveau weißer Arbeiter.
 
Stand so vor 30-40 Jahren in der Zeitung, und glauben mussten sie´s :)).
Der Stammbaum ließ noch nichtmal den Ausweg, Vater nicht sicher :).

Meintest du: Sandra Laing - Wikipedia, the free encyclopedia ? Sorry, dazu gibt's keinen deutschen Wiki-Eintrag. Die Umstände waren, daß zwei "weiße" - um die im Apartheid-Südafrika gängigen Klassifizierungen zu verwenden - Eltern, eine "farbige" Tochter bekamen. Die Tochter wurde nach damaligem Recht als "farbig" klassfiziert, was ihre Rechte einschränkte. Die Eltern versuchten sie per Gerichtsbeschluß wieder als "weiß" einteilen zu lassen. Vaterschaftstests auf Blutgruppenbasis sagten laut Wiki aus, daß er der Vater sein konnte.
 
Ich denke, das war das
Die biologische Aufhebung des Rassebegriffs beim Menschen mach ja auch Sinn, denn Menschen können sich durch Körpersprache überall auf der Welt verständigen, und in ganz vielen Sprachen hört sich die Bezeichnung für die das Baby nährende Frau wie Ama an, der Mann dazu ist Baba/papa.

Aber das klar zu machen , ist schwer,
 
ME greift Haas in dieser Aussage ein rassistisches Stereotyp auf und wendet es an: da 'anständige' Menschen (vor allem Frauen!) sich nicht mit dunkler pigmentierten Mitmenschen sexuell einlassen...
Es kann sein, dass solche Assoziationen im Hintergrund standen, aber es lässt sich nicht beweisen.

Ich hätte vielleicht bei dem Versuch, den "Mischungs"-Topos zu beackern, noch etwas früher, vor dem Krieg, anfangen sollen. Das hole ich nach anhand der 15. Brockhaus-Auflage, in dessen 12. Band (1932) eine Definition gegeben wird:
"Mischlinge, 1) Menschen, deren Eltern verschiedenen Rassen angehören (--> Bastard I); im allgem. Sinne dürfte die Mehrzahl der Menschen zu den M. gehören. [...] Mischungen neuerer Zeit fanden in großem Ausmaß zwischen Negern und und Europäern in ganz Süd-, auch in Nordamerika und bes. in Südafrika statt" (S. 601 f.).
Der Artikel enthält weiter kein Werturteil, sondern führt nur noch "besondere Namen" für M. auf. Das Verweis-Stichwort im 2. Band (1929):
"Bastard, 1) der von verschiedenen Rasseangehörigen Abstammende. [...] Die Zählung nach 1/2-, 3/4- usw. 'Blut' ist veraltet. Weil die Forschung dahin gelangt ist, jedes erbl. Unterscheidungsmerkmal zweier Individuen als Rassenunterschied aufzufassen, so ergibt schon die Kreuzung zweier Individuen von solchen Minimalverschiedenheiten einen B. [...]
Eine sog. 'Präpotenz' oder ein 'Durchschlagen' einer Rasse gegen eine andere gibt es nicht; die Behauptung, daß 'Wilde' oder Juden gegen eine andere Rasse 'durchschlagen', ist wissenschaftlich nicht haltbar. [...]
Bei der Bastardierung wird die Erscheinung, daß B. in manchen Einzelheiten [...] günstiger dastehen als beide Elternrassen, als Luxurierung bezeichnet [...] Als Pauperieren wird demgegenüber ein bestimmtes Kümmern bei B. angesprochen [...]
Auch die Behauptung, daß die B. geistig und moralisch stets hinter ihren Elternrassen zurückständen, ist unhaltbar. Sehr oft ist für Mischlinge die soziale Umgebung bes. ungünstig (Hafen-, Minenstädte, Unehelichkeit), was eine Minderwertigkeit genügend erklärt." (S. 359 F.)
Ein damaliger Leser könnte der Auffassung gewesen sein, dass hier eine objektive Darstellung vorliegt, die "state of the art" ist, zumal explizit gegen gewisse Irrlehren Front gemacht wird. Aus heutiger Sicht würden wir insbesondere Vokabeln wie "Minderwertigkeit" entschieden zurückweisen und uns sicher auch am "biologistischen" Duktus stören. - Insgesamt scheint der Unterschied zu Haas, 30 Jahre später, nicht sehr bedeutend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Da könnte ich gleich noch einen dritten Beleg nennen, und zwar aus der NS-Zeit - natürlich keinen obskuren, sondern das von Erzbischof Dr. Grober "mit Empfehlung des deutschen Episkopats" herausgegebene Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen, 1937 ebenfalls bei Herder erschienen. Zum Stichwort "Rasse" finden wir zum einen die Relativierung des Biologischen:
"Von höchsten Wert wäre es, über die körperlichen Merkmale hinaus auch die seelische Eigenart der Rassen aufzuzeigen, die das deutsche Volk zusammensetzen. Denn so bemerkenswert Farbe und Form zumal unter dem Gesichtspunkt des schönen Menschen sein mögen, so sind doch schließlich die geistigen Eigenschaften entscheidend." (S. 535)
Zum Vermischungs-Problem sodann:
"Da das deutsche Volk weder einrassig noch reinrassig ist, mag der Begriff Heimrassigkeit das zum Ausdruck bringen, was zu erstreben ist. Das Wort Heimrassigkeit leitet sich vom Wort Heimat ab und ist dem Wort fremdrassig entgegengesetzt. Nicht alles was andersrassig ist, darf schon als fremdrassig bezeichnet werden. Sollte jedoch die Zusammensetzung von Rassen antagonistische, d.h. einander entgegengesetzte, nicht-harmonische Anlagen verbinden, so müßte man von Fremdrassigkeit im eigentlichen Sinne reden. Der Einfluß dieser Fremdrassigkeit würde vor allem darin zum Ausdruck kommen, daß das Ureigene unserer Kultur angetastet wird. Fremdrassiger Einstrom (Überfremdung) verformt die eigene Art. [...]
Alle Großvölker sind eine biologisch und geistig fruchtbare Rassenmischung im harmonisierten Zustand. Es ist aber von vornherein zu erwarten, daß die Möglichkeit der seelischen Vergemeinschaftung mehrerer Rassen zur wahren Volksfamilie ihre Grenzen hat; denn jede Rasse besitzt ihren besonderen Lebensstil, und außerdem erschweren weit auseinanderliegende Rassen die eheliche Gemeinschaft. [...]
Andererseits können sich Rassen mit verschiedenen Begabungen [...] für die vielgestaltigen Aufgaben des Volksganzen vorzüglich ergänzen. (S. 536)
Die Konsequenz daraus am Beispiel der Rassengesetzgebung:
Es "darf keinem Volk das Recht abgesprochen werden, seinen bisherigen Rassenstand ungestört zu bewahren und zu diesem Zweck Sicherungen anzubringen. Die christliche Religion verlangt nur, daß die angewandten Mittel nicht gegen die sittlichen Vorschriften und die natürliche Gerechtigkeit verstoßen. [...] Will ein Volk seine Eigenart erhalten, so müssen die erbgesunden Söhne und Töchter heimrassiger Familien in gleichartige Familien hineinheiraten und die Ehen mit Fremdrassigen im obigen Sinne meiden." (S. 536)
Wobei die äußerste Grenze dann zu ziehen ist, wenn sich jemand
"verleiten lassen sollte, das Christentum selbst anzutasten. [...] Denn Rasse und Christentum sind keine Gegensätze, sondern verschiedene Ordnungen, die sich ergänzen." (S. 537)
Ein religiös-politischer Balanceakt! (Ähnlichkeiten mit späteren Argumentationen, etwa in unseren Tagen, sind rein zufällig.)
 
Bastard, 1) der von verschiedenen Rasseangehörigen Abstammende.

Diese Wortverwendung lässt schon sehr tief blicken, wie es mit dem Verhältnis der verschiedenen "Rassen" eigentlich bestellt ist. Innerhalb der eigenen Gesellschaft ist ein Bastard ja ein Kind, das von Geburt an nur über ein Elternteil definiert wird. Die beiden klassischen historischen Situationen sind da entweder über die Mutter, weil der Vater unbekannt oder grundsätzlich nicht Teil der Familie ist, oder über den Vater, der das Kind als seins "übernehmen" kann weil er von wesentlich höherem Stand ist als die Mutter, die das Kind - außerehelich - in einem Mätressenverhältnis, Magdverhältnis o.ä. geboren hat. (er ist also im sprichwörtlich Sinne "mit Kind und Kegel").

Wenn man einen als "gemischtrassig" klassifizierten Menschen also als Bastard bezeichnet, teilt man die Eltern tendenziell in einen legitimen und sichtbaren, und einen illegitimen und unsichtbaren Elternteil ein. Worauf ich hinaus will: Bastard sagt erstens, dass die Verbindung schon mal grundsätzlich sündig war, und spricht gleichzeitig von einem unüberbrückbaren Abstand zwischen den Eltern. Der Graben zwischen ihnen ist in jedem Fall so tief, dass das Kind nur über einen Elternteil definiert werden kann. Das andere Elternteil ist nur präsent als die "Sünde" des anderen Elternteils, eine Sünde manifestiert durch das Kind.

Wenn die Verbindung zwischen unterschiedlichen "Rassen" unter diesem Stern steht, dann ist das eine Essenzialisierung von "Rassen"-Unterschieden zwischen den Eltern, und die Etablierung einer sehr krassen Hierarchie. Diese Essenzialisierung wird noch bekräftigt, indem man einen Begriff benutzt, der weithin bekannte rechtliche Dimensionen besitzt. Ein Bastard hat nicht alle Rechte eines legitimen Kinds (kleines Beispiel von anno dazumal, um nochmal anzudeuten, wie alt das ist: der Bastardfaden).

Ich stimme also Ingeborg zu: Das Aufteilen von Rassen in "Uns" und "Die anderen da" ist der entscheidende Punkt, transportiert über ein massives Stigma besonders von sexuellen Beziehungen.

Zuletzt noch ein irgendwie interessantes Zitat, an das ich betreffs dieses Threads denken musste. Foucault, der den Kampf zwischen den Rassen grundsätzlich als revolutionäre Gegennarrative ("wir gegen die, es geht um unser Überleben als reines Volk!") zu den aristokratischen Narrativen ("ein Prinz nach dem anderen, unterbrochen ab und zu von Krieg) begreift, schreibt:

"Man darf nicht vergssen, dass Marx am Ende seines Lebens, 1882, an Engels schrieb: >Also unseren Klassenkampf, du weißt genau, wo wir ihn gefunden haben: wir haben ihn bei den französischen Historikern gefunden, als sie den Rassenkampf erzählten!<"

(Michel Foucault, In Verteidigung der Gesellschaft, Suhrkamp 2001, 99 - übrigens ergänzt Suhrkamp, Foucault hätte das schlampig zitiert und außerdem wäre der Brief an Weydemeyer geschrieben. Der Punkt bleibt etwa derselbe, nur weniger pointiert)

Das aber nur so als hübsches Schmankerl am Rande. ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
"Diese Wortverwendung lässt schon sehr tief blicken, wie es mit dem Verhältnis der verschiedenen "Rassen" eigentlich bestellt ist. Innerhalb der eigenen Gesellschaft ist ein Bastard ja ein Kind, das von Geburt an nur über ein Elternteil definiert wird. Die beiden klassischen historischen Situationen sind da entweder über die Mutter, weil der Vater unbekannt oder grundsätzlich nicht Teil der Familie ist, oder über den Vater, der das Kind als seins "übernehmen" kann weil er von wesentlich höherem Stand ist als die Mutter, die das Kind - außerehelich - in einem Mätressenverhältnis, Magdverhältnis o.ä. geboren hat. (er ist also im sprichwörtlich Sinne "mit Kind und Kegel")."

Ganz so wurde der Begriff "Bastard" in der Biologie eigentlich nicht verwendet; z.B. der Titel einer Arbeit von 1904: "Ein typisch spaltender Bastard zwischen einer einjährigen und einer zweijährigen Sippe des Hyoscyamus niger. Ber. Deutsch. Bot. Gesellsch. 1904, 517

H. niger ist eine Pflanze
 
Wie passt eigentlich die Neanderthaler-Diskussion in den Rasse"-Begriff ?
Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft hat sich der Homo Sapiens (m/w) mit dem Neanderthaler (m/w) fortgepflanzt. Die Abkömmlinge sind aber ausschließlich in Europa verblieben.

Wenn dies nun zu der Schlussfolgerung führt, der Neanderthaler war "nur" eine Ethnie des Homo Sapiens, ist alles in Ordnung.

Wenn man aber meint, der Neanderthaler gehörte - trotz der gemeinsamen Fortpflanzungsfähigkeit - einer anderen Spezies an als wir, dann hätte "der Europäer" ja tatsächlich andere Gene in sich als außereuropäische Menschen, und dann wären eben nicht alle Menschen Brüder/Schwestern, sondern es gäbe verschiedene xxx (?)

Kann mir das jemand erklären ?
 
Wenn man aber meint, der Neanderthaler gehörte - trotz der gemeinsamen Fortpflanzungsfähigkeit - einer anderen Spezies an als wir, dann hätte "der Europäer" ja tatsächlich andere Gene in sich als außereuropäische Menschen

Das passt doch nicht zur aktuellen Neandertalerdiskussion.

Wenn überhaupt, dann hätte "der Afrikaner" andere Gene in sich als außerafrikanische Menschen.

Wobei das eigentlich ein alter Hut ist. Dass der afrikanische Genpool sich in einigen Merkmalen vom Rest der Welt unterscheidet, wusste man schon lange vor der Sequenzierung der Neandertaler-DNA.
 
Wie passt eigentlich die Neanderthaler-Diskussion in den Rasse"-Begriff ?
Nach derzeitigem Stand der Wissenschaft hat sich der Homo Sapiens (m/w) mit dem Neanderthaler (m/w) fortgepflanzt. Die Abkömmlinge sind aber ausschließlich in Europa verblieben.

Wenn dies nun zu der Schlussfolgerung führt, der Neanderthaler war "nur" eine Ethnie des Homo Sapiens, ist alles in Ordnung.

Wenn man aber meint, der Neanderthaler gehörte - trotz der gemeinsamen Fortpflanzungsfähigkeit - einer anderen Spezies an als wir, dann hätte "der Europäer" ja tatsächlich andere Gene in sich als außereuropäische Menschen, und dann wären eben nicht alle Menschen Brüder/Schwestern, sondern es gäbe verschiedene xxx (?)

Kann mir das jemand erklären ?

Wenn sich beide Gruppen regelmäßig paarten (um es biologisch auszudrücken), und die dadurch geborenen Individuen ebenfalls fortpflanzungsfähig waren, handelte es sich um ein Art; genau dies sagt die biologische Art-Definition.

MWn war der letzte Stand, dass dies nicht umfassend, sondern höchstens vereinzelt geschah; daher zwei Arten, Homo sapiens und Homo neanderthalensis. War dies der Fall müsste man von zwei Sub-Arten einer Art reden, Homo sapiens sapiens und Homo sapiens neanderthalensis, wie es eine Weile lang üblich war.

P.S.: Der Begriff "Rasse" ist in der modernen Biologie nicht mehr üblich; auch ist es unstrittig, das die heutige Menschheit genetisch zu einheitlich ist, um eine Unterteilung in Sub-Arten zu rechtfertigen. Gäbe es heute noch Neanderthaler, gäbe es entweder (wie oben beschrieben) eine Menschenart mit zwei Sub-Arten oder zwei Arten der Gattung Mensch (Homo); sicher ließe sich dann durch Beobachtung sehr leicht ersehen, welche Alternative zutrifft, und vermutlich wären die Rasse- respektive Rassismus-Diskussionen auf diesem Planeten noch... ähh... interessanter...
=)
 
Genetisch unterscheiden sich Chinesen und Europäer im Schnitt weniger als einige afrikanische Völker untereinander.

Wobei die Amerikaner sehr komisch die Bevölkerung einteilen, wenn jemand etwas schwarz ist dann ist er ein Schwarzer oder Afroamerikaner, siehe Obama.
 
Zuletzt bearbeitet:
Genetisch unterscheiden sich Chinesen und Europäer im Schnitt weniger als einige afrikanische Völker untereinander.

Wobei die Amerikaner sehr komisch die Bevölkerung einteilen, wenn jemand etwas schwarz ist dann ist er ein Schwarzer oder Afroamerikaner, siehe Obama.

Das liegt unter anderem, an der längst überholten One Drop Rule (Ein Tropfen Regel, link aus der englischen Wiki). Dabei handelte es sich um die umgangssprachliche Bezeichnung für den Racial Integrity Act 1924, der etablierte, daß jeder mit nachweislich Afro-Amerikanischen Vorfahren (ein Ahne reichte) legal gesehen "schwarz" war.
 
Ich würde eher sagen, hier konstituieren sich Gesetze ziemlich direkt aus der dem Menschen eigenen Xenophobie. Die USA definierten sich lange Zeit als angelsächsisch, protestantisch und weiß; auffallen tun die, die aus diesem konstruierten Kollektiv herausfallen, die, "die nicht zu uns gehören". Dies trifft bei weitem nicht nur die gesetzliche Sphäre. Auch im "normalen Leben" werden Menschen als Afroamerikaner eingeordnet, obwohl die Mehrzahl ihrer Vorfahren um 1400 in Europa lebten; es genügt, dass man minimale Zeichen der afrikanische Abstammung an Hautfärbung, Gesicht oder Haaren erkennt.

http://www.geschichtsforum.de/f22/w...ild-des-19-jhdts-38867/index2.html#post596059
 
Auch die Behauptung "wie bei allen Säugetieren dieses Planeten" ist schlicht falsch. Manche Arten lassen sich in Unterarten aufteilen, manche nicht. Der Homo sapiens ist nach biologischen Kriterien nicht in Unterarten aufzuteilen, dazu ist er genetisch zu einheitlich.

Der Begriff "Rasse" beim Säugetier bezieht sich in der Regel auf Zuchtformen von Haustieren.



Rasse ? Wikipedia

Könnte es sein, daß die Ablehnung des Rassebegriffes für Menschen keine wissenschaftlichen, sondern politische Gründe hat? Deine Argumentation ist jedenfalls nicht sehr stichhaltig, so sind die Unterschiede zwischen -sagen wir- einer deutschen Schwarzbunten und einer amerikanischen Holstein-Frisean sicher geringerm, als die zwischen indigenen und kaukasischen Menschen. Daß Hysteriker beim Rasse-Begriff laut schreien kann sicher kein ernsthaftes Kriterium sein. Das Problem liegt in der Totalisierung: "Jeder Angehörige dieser oder jener Rasse ist so oder so" Dann gäbe es aber keine Zuchtfortschritte in der Landwirtschaft.
 
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