Die Bronzezeit - ein goldenes Zeitalter?

Der Ochsenkarren/Kuhkarren war das Fahrzeug jener Zeit. Das Kum tauchte erst im Mittelalter in Europa auf. Pferdewagen waren also damals noch nicht möglich. Siehe auch Dreieckswagen seit dem Neolithikum.


 
Diese Transportmittel/Möglichkeiten waren also für diejenigen, die Handel betrieben haben. Aber was ist im konkreten Fall Egtved/Skrydstrup? Beide waren, davon gehe ich jetzt mal aus, keine Händler. Sondern reisten eher bzgl. vereinbarter Allianzen nach Dänemark. Via Einbaum? Zu Fuß? Sie blieben dann auch in Dänemark bis zu ihrem Tod...
 
Naja, in dem einen Fall war das ja auch noch eine relativ junge Frau. Und auch in Skandinavien kannte man den Ochsenwagen.
 
Diese Transportmittel/Möglichkeiten waren also für diejenigen, die Handel betrieben haben. Aber was ist im konkreten Fall Egtved/Skrydstrup? Beide waren, davon gehe ich jetzt mal aus, keine Händler. Sondern reisten eher bzgl. vereinbarter Allianzen nach Dänemark. Via Einbaum? Zu Fuß? Sie blieben dann auch in Dänemark bis zu ihrem Tod...

Das Egtved-Mädchen war hier bereits besprochen worden. Dort ist auch erwähnt, dass das Mädchen mehrmals zwischen Schwarzwald und Dänemark hin und her gereist war.
 
Das Egtved-Mädchen war hier bereits besprochen worden. Dort ist auch erwähnt, dass das Mädchen mehrmals zwischen Schwarzwald und Dänemark hin und her gereist war.

Das ist mir bewusst. Ich habe mich mit den beiden Fällen bereits auseinandergesetzt. Jedoch ist immer nur von "sie reisten von A nach B" "mehrmals oder nur einmal" etc. die Rede.

Jedoch nie: Wie sind sie gereist. Ich meine generell: Reisen in der Bronzezeit. Die Wege sind mir zudem mehr oder weniger Bekannt. Klar gibt es einige Optionen: via Einbaum/Floss/zu Fuss/Schiff/Karren. Das ist aber meistens immer nur auf den Handelsverkehr bezogen.

Ich meine, die Wege waren doch zum Teil nur "Trampelpfade", mit einem Karren oder Wagen sehr zeit- und kraftaufwendig.

Wie lange reiste man denn in der Bronzezeit zu Fuß? 20 Kilometer am Tag? Und mit dem Boot sicherlich schneller...
 
Naja, in dem einen Fall war das ja auch noch eine relativ junge Frau. Und auch in Skandinavien kannte man den Ochsenwagen.


13-14 Jahre. Da würde ich vermuten, dass sie sicherlich nicht allein gereist ist. Was ist mit Raubtieren? Überfälle?

Zudem stellt sich die Frage, wofür der Wagen - Lebensmittel, Habseligkeiten, Geschenke für die neue "Familie".
 
Ausgedehnte Reise"aktivitäten" in der Bronzezeit:

Nach den Untersuchungen 2015 am "Egtved Girl" wurden weite Reisen nun auch bei "Skrydstrup Woman" festgestellt.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Mädchen_von_Egtved
The woman from Skrydstrup


Zum Artikel gehts hier: Another female Bronze Age icon is now known to have travelled across Europe

In der PLOS One ist vor einigen Tagen nun der entsprechende Aufsatz erschienen, der weitere Angaben enthält und sich zu den Untersuchungsmethoden äußert:
A matter of months: High precision migration chronology of a Bronze Age female

Die Hypothese:

"We therefore hypothesize that this one-time movement of an elite female during her “age of marriageability” suggests that she migrated with the aim of establishing an alliance between chiefdoms, rather than being part of a trade visit. In contrast to previous studies on the Egtved Woman (another Bronze Age female) revealing repeated long-distance travels, the results presented herein on the Skrydstrup Woman point to a mobility pattern characterized by a single long-distance displacement.

The detailed investigations of Skrydstrup and the Egtved females indicate that young elite women from the Nordic Early Bronze Age might have had very different reasons for moving from one place to another, thereby adding yet another interesting layer of complexity to our understanding of the social dynamics of European Bronze Age society."
 
ScienceNordic erwähnt heute eine neue Publikation zum bronzezeitlichen "Egtvedt-Girl", die aufgeund von Strontium-Isotopen-Analysen die bisherige Herkunft der Frau aus Süddeutschland - als Beispiel für "Fernreisen" - in Frage stellt.

Nach diesen Recherchen soll die Herkunft eher auf Bornholm oder Südschweden bezogen sein.

ScienceNordic:
New research challenges the origin of 'The Egtved girl'

Publikation im derzeit noch freien download aus einer Festschrift:
Revisiting the Egtvedt-Girl
 
Ich möchte hier möglichst kurz den Inhalt eines aktuellen wirtschaftsgeschichtlichen Diskussionspapiers wiedergeben, nicht nur wegen des meines Erachtens interessanten Inhalts, sondern auch weil es ein Beispiel dafür ist, welch ausgefuchste Methoden heutzutage in der Wirtschaftsgeschichte zur Anwendung kommen.

Es handelt sich um Matthias Flückinger, Mario Larch, Markus Ludwig, Luigi Pascali (2024): The dawn of civilization: metal trade and the rise of hierarchy CEPR discussion paper 18767. Da geht es um einen Erklärungsversuch dafür, dass es ab dem späteren vierten Jahrtausend vor Christus innerhalb von weniger als tausend Jahren an verschiedenen Orten (Zweistromland, Nil, Indus) zu einer „Städtische Revolution“ kam, also zur Entstehung großer Siedlungen mit Monumentalbauten, hierarchischen Gesellschaften, Aufzeichnungen von Produktionsprozessen, mit Schrift und bildender Kunst. Die Grundthese ist sicher nicht fundamental neu: Diese „Städtische Revolution“ entstand im Gefolge des Handels mit Bronze (ab etwa 3300 v. Chr.) oder dessen Vorprodukten Kupfer und Zinn. Anders als später bei Eisen gab es nicht viele Abbaugebiete, deshalb spielte Fernhandel eine große Rolle. Wer die Engpässe des Fernhandels kontrollierte, konnte von den durchziehenden Händlern erhebliche Ressourcen abschöpfen. Mithilfe dieser Ressourcen wurden, so die These, städtische Zivilisationen aufgebaut.
Das unten stehende Bild zeigt die Minimalkostenwege des Metalltransports zur Bronzezeit.
pascali.png
 
In dem Diskussionspapier wird aufgezeigt, dass die ersten Städte tatsächlich im Wesentlichen an solchen Engpassorten entstanden sind und nicht etwa an besonders fruchtbaren Orten. Und das machen die Autoren so: Sie sammeln die Standortdaten bekannter Bronzezeitsiedlungen in Asien und Europa und die Handelsverbindungen dieser Siedlungen aufgrund von Bronzefunden, von denen man aus der Literatur weiß, wo sie gefunden und wo sie ursprünglich hergekommen sind (ca. 3700 Fälle). Dann wird berechnet, bei welchen Wegen die Transportkosten am geringsten waren. Dazu muss erst mal die Transportkostenstruktur ermittelt werden. Da schaut man, welche Kostenstruktur am besten zu der Kombination aus Fund- und Entstehungsorten der Bronzen passt (eine Riesenrechnerei). Das wird für Stein- und Bronzezeit getrennt gerechnet, denn erst Bronzewerkzeuge ermöglichten, so das Argument, den Bau leistungsfähiger Schiffe und so die ausgiebige Benutzung von Wasserwegen. Dann werden Engpassregionen bestimmt: Gebiete, durch die eine besonders große Zahl von transportkostenminimierenden Wegen führte und, in einer weiteren Rechnung, Gebiete, deren Ausfall eine besonders starke Erhöhung der Transportkosten bedeutet hätte. Schließlich wird gezeigt, dass die Wahrscheinlichkeit, dass , in diesen Engpassregionen eine Bronzezeit-Stadt liegt, signifikant höher ist als anderswo.

Zuletzt kommen einige Fallstudien. Erwähnt sei nur der Fall Assur: Die Stadt liegt in eher unfruchtbarem Gebiet, aber sie war schon vor Entstehung des assyrischen Reiches ein wichtiger Handelsknoten. Weil dort zwei große Nebenströme in den Tigris fließen, war Assur eine wichtige Station von Handelswegen zwischen Anatolien und dem Zweistromland. Es wurden auch reichlich Keilschrifttexte gefunden, die sich auf den Metallhandel beziehen. Die These des Papiers lautet also, dass die Ressourcen, die hier vom Durchgangshandel abgeschöpft werden konnten, und die organisatorischen Strukturen, die dafür nötig waren, die entscheidenden Voraussetzungen für die Entstehung des assyrischen Reiches waren.
 
Noch eine Frage dazu: In dem Papier gibt es auch eine Karte mit Funden von Bronzewaffen in Europa. Da finde ich es erstaunlich, in welchen Gebieten sich die Funde häufen. Zum Teil lässt sich das wohl mit der Nähe von Förderstellen erklären, etwa im Fall von Irland, Nordostengland oder Südfrankreich. Aber im Fall von West- und Süddeutschland, was sind da wohl sie Gründe?

bronzewaffen.png
 
Auf den ersten Blick scheint die Fundhäufung in Südwest- und Westdeutschland Handelswegen zu entsprechen, und damit womöglich dem Bedarf: Geleitschutz einerseits, Einzug von Zöllen und Kurtaxe andererseits und zuletzt Handelsplätze: ohne eine topographische Karte drübergelegt zu haben, meine ich, die Route von Mittelmeer über die Rhône zur Donau und deren weiteren Verlauf (da saß zu Keltenzeiten die Heuneburg an einer Eng- und Stapelstelle), sowie den Ober-, Mittel- und Teil des Niederrheins zu entdecken. Da finde ich dann schon wieder interessant, dass das Mündungsgebiet des Rheins fehlt (ggf. gabs das damals noch nicht so sehr wie später, oder Bronzegegenstände, die dort in den Grund gelangten, waren gründlicher weg?). Des Weiteren die Niederelbe, der Unterlauf der Weser etc.. Den Ausläufer Richtung Ostseeküste (in die Ecke Rügen würde ich als erste These auf die Verhandlung von Bernstein abklopfen. Der Weg scheint mir gsnz ähnlich dem zu sein, den später Stockfisch und Salz nehmen sollten...
 
Die Frage ist auch, wie genau die Karte eigentlich ist und wer sie wann erstellt hat. Skandinavien (außer Dänemark) fehlt z.B. komplett. Aus Griechenland und Luxemburg scheinen gar keine Daten vorzuliegen. Einige Gegenden erscheinen komplett fundleer. Auf Sizilien werden z.B. gar keine Funde gezeigt, dabei wurden bereits im 19. Jahrhundert Bronzewaffen in Cannatello gefunden. Sardinien erscheint ebenfalls fundleer. In Decimoputzu wurden jedoch Waffen der Bronzezeit gefunden.
Das waren jetzt zwei Stichproben auf die Schnelle, die die Genauigkeit der Karte für mich zweifelhaft erscheinen lässt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Legende der oben abgebildeten Karte ist wie folgt:
"Figure B.5: Bronze weapons. Figure depicts the location of bronze weapon finds as recorded by Prähistorische Bronzefunde (Abteilung IX and Abteilung IV ). Regions shaded in gray are included in our analysis."

Zu den "Prähistorischen Bronzefunden" heißt es im Text:
"To capture the diffusion of burials with metal weapons, we digitized the Prähistorische Bronzefunde (PBF). This project systematically compiles information on archaeological metal artifacts found in Europe. Since 1966, it has published 186 volumes systematically recording individual metal finds from 3000 to 500 BC. The PBF organizes these into book series, or Abteilungen (divisions), by artifact type. For instance, Abteilung IX, covering axes and hatchets, comprises 29 volumes, each focusing on a specific region. An expert archaeologist from the respective region usually compiles this information from various sources, such as museum catalogs 20.
We focus on weapons, specifically those classified as ‘axes and hatchets’ and ‘swords’ (Abteilung IX and Abteilung IV, for a total of 39 volumes)."

Also es geht wohl nur um Äxte und Schwerter.
 
Handelsstraßen, die Neddy anspricht, sind sicher zu erkennen, aber die Fundstreuung geht ja darüber hinaus. Vielleicht spiegeln sich da auch zum Teil regionale Begräbnissitten wider.
 
Die in #31 eingebrachte Karte über die Verteilung bronzezeitlicher Äxte und Schwerter in Europa halte ich seitens deren Ersteller für methodisch unsauber. Bei dem Verweis auf die zur Verfügung stehenden Veröffentlichungen des Projekts "Prähistorische Bronzefunde" (PBF) als Datengrundlage ihrer Kartierung hätte meines Erachtens viel deutlicher ergänzt werden müssen, dass offensichtlich (noch) nicht für alle Bereiche des dargestellten europäischen Großraums PBF-Schriften zu existieren scheinen. Kartographisch wurden jedoch einzig Griechenland u. Luxemburg in der Darstellung ausgespaart.

Auf die auffallende Fundarmut aus dem Mündungsgebiet des Rheins hat @Neddy verwiesen. Für die scheinbar fundfreien Sardinien und Sizilien hat @Ugh Valencia je ein Beispiel geliefert. Weitere Großäume wie bspw. im Westen und Norden Frankreichs erscheinen ebenfalls fundarm (Bretagne) bwz. fundleer (Normandie). Wenn man dort auf kleinräumiger Ebene ein wenig rumgoogelt, lassen sich ohne großen Aufwand etliche Fundstellen für Äxte u. Schwerter finden, die in der Karte nicht widergegeben werden. Das irritiert gerade im Falle der Bretagne, wo die Karte einige wenige Fundstellen angibt, es mir allerdings schwer vorstellbar erscheint, dass im Rahmen des PBF eine derart lückenhafte Erhebung für diese Region zustande gekommen sein soll.

Meiner Auffassung nach bietet diese Karte ein reichlich unvollständiges Bild, welches mir für die beabsichtigte Diskussion um Minimalkostenwege und damit verbundenen Siedlungsgründungen oder -prosperationen nur bedingt geeignet erscheint.
 
Zum Rheindelta: Ich schätze, das liegt va an der Geographie. An solchen Mündungsdeltas großer Flüsse entsteht beständig Land durch Sedimentation neu, und wird durch Sturmfluten wieder weggerrissen.

Da wundert mich die Fundarmut in Nordwest-Frankreich viel mehr, oder im Balkan nördlich der griechischen Grenze. Aber da das wohl auch an der Frage liegt, wo wie intensiv gesucht und dokumentiert wurde, ist das mit dem unvollständigen Bild sicher richtig.
 
Die Datengrundlage dieser Karte ist zu schmal. Das ändert aber nichts daran, dass der Ansatz richtig ist.

Die Konsequenz ist, die Datengrundlage zu verbreitern, also mehr Datenbanken heranzuziehen, und die Dokumentation zu vereinheitlichen.

Die hohe Funddichte im östlichen Mitteleuropa erklärt sich z.T. durch die gute und dichte Befunddokumentation in Polen und Tschechien, und deren Zusammenarbeit mit den Nachbarländern.
 
Publikation im derzeit noch freien download aus einer Festschrift:
Revisiting the Egtvedt-Girl
Und wieder wurde die Bronzezeit um eine Sensation ärmer: Dass eine junge Frau von max. 18 Jahren mehrmals zwischen Schwarzwald und Dänemark gewandert sei, hat sich als nicht mehr haltbar herausgestellt, weil Forscher im Jahr 2015 wohl unsauber gearbeitet haben.

In der verlinkten Studie heißt es: Es gibt keine archäologischen Beweise für die obige Behauptung der Wanderung, und die Strontiumisotop Untersuchungen, auf denen diese Behauptung vor allem basierte, berücksichtigte die schon damals bekannten Strontiumisotop Untersuchungen aus den Orten in Südskandinavien nicht, deren Werte ähnlich denen in Schwarzwald sind.

Bin gespannt, wie lange es dauern wird, bis das schöne Wanderungsmärchen aus dem Gedächtnis der Nichtarchäologen verschwindet.
 
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