Die Irminsäule

Dr Ohnemoos schrieb:
Diese ist ja abgeleitet von dem umgeknickten Baum auf dem Relief der Externsteine.
Es handelt sich allerdings bei dem dargestellten Baum im Relief der Externsteine nicht um die Irminsul.
Dr Ohnemoos schrieb:
Kennt jemand andere Kunstwerke, wo dieses Symbol oder ähnliche vorkommen?
In Enger steht eine Nachbildung der Irminsul, die auf Rudolf von Fulda zurückgeht. Den Baum der Externsteine findet man auf einigen Kreuzabnahmebildern.
 
Horst schrieb:
Es handelt sich allerdings bei dem dargestellten Baum im Relief der Externsteine nicht um die Irminsul.
In Enger steht eine Nachbildung der Irminsul, die auf Rudolf von Fulda zurückgeht. Den Baum der Externsteine findet man auf einigen Kreuzabnahmebildern.

Ich bin zwar auch der Überzeugung, dass es sich nicht um die Irminsul handelt, sondern dass der abgebildete Busch nur als Stütze für den Jünger fungiert, der Jesus vom Kreuz nimmt, aber: Steht dort irgendwo "Haec non est Irminsul"?
 
Ave zusammen,

Askan schrieb:
Allein von der Optik, muß ich bei diesem Fruchtbarkeitssymbol auch an die Irmsul denken:...

yep, schönes Beispiel, nach dem Autor Hammerbacher klar eine Irminsulsymbolik, Maibaum etc.pp.

ElQiujote schrieb:
....sondern dass der abgebildete Busch nur als Stütze für...

nun, es ist kein Busch, sondern eine Palme ! 0der eben eine Irminsul nach anderer Interpretation, da man eine Palme nicht so einfach umknicken kann um sie als Schemel zu verwenden.

Ein Busch wäre schon vernünftiger, aber auch den rückt man ja nicht so einfach in der Gegend rum. Die meisten Kreuzabnahmebilder haben soweit ich weiss ehr Leitern oder andere bewegliche Gegenstände als Hilfsmittel gewählt.

Horst schrieb:
...Den Baum der Externsteine findet man auf einigen Kreuzabnahmebildern....

Jedenfalls etwas rätselhaft. Kann denn jemand mit einem vergleichbaren Kreuzabnahmebild aufwarten ? Gibt es andere Beispiele mit Palmen als Hilfsmittel ? Würde mich schon interessieren.

Beste Grüsse, Trajan.
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine Palme kannte der Künstler aber nur, wenn er mal nach Italien gereist ist, oder zu einem Kreuzzug. Um 1150 waren Palmen in Ostwestfalen nämlich noch nicht ganz so häufig. Und wer behauptet denn, dass eine Irminsul knickbar wäre? Eine Säule (und auch ein Maibaum) ist normalerweise ein gar festes Ding ;) Zudem: wenn die Irminsul eine Eiche war, dann ist auch diese nicht so leicht bieg- oder knickbar.
Also stehen wir wieder am Anfang der Diskussion: entweder ist das abgebildete Dingen ein Symbol für die gebrochene Irminsul und den Sieg des Christentums über das Heidentum, oder es ist einfach ein Gegenstand der zur Logik des Bildes, nämlich zur Abnahme vom Kreuz gehört. Ich bin ein Freund der Logik, daher plädiere ich für letztere Variante.
 
El Quijote schrieb:
Eine Palme kannte der Künstler aber nur, wenn er mal nach Italien gereist ist, oder zu einem Kreuzzug.

Ich dachte in Europa wäre die Palme ausschließlich jeneits der Pyrenäen endemisch?

Grüße Repo
 
Nicht einmal dort. Die Palme wurde auf der Halbinsel erst durch die Araber eingeführt. Verbunden damit ist die Geschichte von Abd ar-Rahman I. der war ja in Resafa/Sergiopolis in einer der Residenzen seines Großvaters, des Kalifen aufgewachsen, wo es Palmen gegeben haben soll. Nach der abbasidischen Revolution gegen die Umayyaden soll er ja der einzige Überlebende der Kalifenfamilie gewesen sein und nach Córdoba geflohen sein, wo es ihm gelang, die Macht an sich zu reißen. Aus Heimweh soll er sich Palmen aus Syrien haben kommen lassen, die er in seinem dortigen Palast, den er Rusafa nannte, anpflanzte. Ob man diese Überlieferung nun so glauben mag oder nicht, sei jedem selbst überlassen.

Wollen wir das Thema weiter vertiefen, schlage ich aber die Eröffnung eines neuen Thread vor.
 
Hi Quijote,

ElQuijote schrieb:
....Zudem: wenn die Irminsul eine Eiche war, dann ist auch diese nicht so leicht bieg- oder knickbar. ...


Genau da liegt ja der Hase im Pfeffer: ein geknickter Baum als Hilfsmittel zur Kreuzabnahme ist eben völliger Blödsinn ! Er muss logischerweise also irgendeine Symbolik beinhalten, sei es nun eine christliche oder eine heidnisch, egal.

Wenns eine heidnische ist, dann wohl die Irminsul, wenn es eine christliche ist, dann wüsste ich gerne welche Symbolik dahinterstecken sollte ? Oder eben ein anderes Beispiel einer solchen Kreuzabnahme mit einer geknickten Palme als Gegenbeispiel zur Irminsuldeutung.

So long, Trajan.


 
Ave Quijote,

naja, ich weiss nicht so recht worauf du mit deinem Link hinaus willst, aber ich denke du meinst die allgemeine Problematik nichtschriftlicher Überlieferungen.

Jedenfalls scheint die umgeknickte Palme/Irminsul ein absolutes Unikum zu sein:

http://www.beyars.com/kunstlexikon/lexikon_5115.html schrieb:
...Bei frühen Darstellungen ist das Kreuz, von dem der Leib Christi abgenommen wird, noch niedrig. Der Oberkörper Christi ist bereits vom Kreuzesholz befreit und findet auf den Schultern des Josef Halt, während Nikodemus die unteren Nägel entfernt oder die bereits losgelösten Beine umfasst. Später werden Josef und Nikodemus meist auf Leitern stehend wiedergegeben....

Bildbeispiel mit Leiter:

http://www.amazon.de/gp/product/images/0714894605/ref=dp_image_text_0/303-5337404-7829847?ie=UTF8

Bildbeispiel aus Anfang des 12. Jhd.(renoviert 1876):

http://images.library.pitt.edu/cgi-bin/i/image/image-idx?sid=de58e62545c5c108ec79427434549f8f;q1=Cross;rgn1=chartres_all;size=20;c=chartres;lasttype=boolean;view=entry;lastview=thumbnail;subview=detail;cc=chartres;entryid=x-fcw037ap2001;viewid=FCW037AP2001.TIF;start=121;resnum=132

Letztes Beispiel ist das älteste was ich im Netz gefunden habe, Glasfenster der Kathedrale aus Chartres, ca.1205-1215 entstanden, 1816 zerstört, 1876 erneuert.

Jedenfalls scheint die umgeknickte Palme/Irminsul ein absolutes Unikum zu sein.

Ich wäre also gespannt, ob jemand ein Beispiel für einen umgeknickten Baum bei der Kreuzabnahme liefern könnte. Insbesondere Horst hat in seinem Posting ja suggeriert, dass er welche kennen würde.

So long, Trajan.
 
Ich wollte mit dem Link aussagen, dass ich befürchte, dass durch die bisher zu dem nicht identifizierten Objekt geschriebenen Aufsätze, vor allem denen die den Weg ins Netz gefunden haben der freie Blick darauf ein wenig verstellt ist.
 
Eine "umgeknickte" Irmsul, entspricht im Grunde aber einer Bildsymbolik. Das Symbol dafür das ihre Macht gebrochen ist. Eind Art Comic für analphatische Sachsen.

Übrigens eine Nachbildung der Irmsul steht nicht nur in Enger, sondern auch bei Dorf Irmseul im südlichen Landkreis Hildesheim.
 
Torbögen

Im Weserbergland und ostwestfälischen Raum gibt es eine Menge alter Höfe, deren Torbögen an beiden Seiten mit Schnitzereien bedeckt sind. In den meisten Fällen handelt es sich um Ranken oder die Darstellung eines Baumes. Oftmals ist auf die Krone noch ein Stern oder eine Kugel gesetzt.
Nach Meinungen einiger Heimatforscher soll dieses Motiv noch von der Verehrung der Irminsul herrühren, die den Polarstern, bzw. die Weltkugel trägt. Der Polarstern ist als Fixstern nach heidnischer Mythologie der sog. Nagelstern, um den sich die Welt dreht.
Wie auch immer, bezeichnend ist jedenfalls, daß diese Schnitzereien gerade in der Gegend sehr häufig zu sehen sind, in der auch die Irminsul oder Hermenseul verehrt wurde.

Torbogen.jpg
 
Trajan schrieb:
Zur Irminsulsymbolik hat Hammerbacher: Irminsul. Das germanische Lebensbaum-Symbol, Orion-Heimreiter, 2000,ISBN 3890932002 ein recht brauchbares Buch dazu geschrieben.

Er führt darin nach seiner Meinung eine ganze Reihe von Beispielen der Kunstgeschichte an. Nach seinem Verständnis lebt diese Lebensbaumsymbolik bis heute in solchen Beispielen wie dem Maibaum und gar dem deutschen Weihnachtsbaum weiter fort.

Hammerbacher ist nun wahrlich keine zitierbare Quelle. Er gehört jener Spezies an, die jenseits heutiger wissenschaftlicher Standards immer noch einem Germanenglauben unseligen Angedenkens huldigen.
Uta Halle hat vor einigen Jahren die auch huete noch nachwirkenden Phantastereien der Prähistorische Archäologie im Dritten Reich profund untersucht.

http://hsozkult.geschichte.hu-berli...&recno=36&type=rezbuecher&sort=titel&order=up
 
Ave Mercy,

Mercy schrieb:
Hammerbacher ist nun wahrlich keine zitierbare Quelle. Er gehört jener Spezies an, die jenseits heutiger wissenschaftlicher Standards immer noch einem Germanenglauben unseligen Angedenkens huldigen.....

Nunja, ich habe sein Buch gelesen, sicherlich ist Hammerbacher kein penibler Fachhistoriker und vielleicht auch ein bisschen angebräunt, aber schlecht ist dass Buch auch nicht. Zitierbar ist es jedenfalls, da es sonst nicht viel zur Irminsul gibt. Natürlich schiesst Hammerbacher mit seiner Irminsulbegeisterung schonmal übers Ziel hinaus, aber das Buch ist unterhaltsam und spricht auch alle wesentlichen Tatsachen an.

Sonst hätte ich noch Karl Schoppe, Die Irminsul, Forschungen über ihren Standort, Verlag Schöningh, Paderborn1947 anzubieten.

Mercy schrieb:
.....Uta Halle hat vor einigen Jahren die auch huete noch nachwirkenden Phantastereien der Prähistorische Archäologie im Dritten Reich profund untersucht.

Tja dass ist eine Malesse. Die ganze Germanenforschung ist ja durch die nationalistische- und nationalsozialistische Geschichtsforschung bis heute in Veruf geraten. Da wird aber heute auch häufig das Kind mit dem Bade ausgeschüttet, während damals alles germanisch sein musste, darf heute so recht nichts mehr germanisch sein.

Das Problem an den Externsteinen ist, dass der komplette antike Bodenhorizont, der uns ja hier interessiert, schon seit dem 17.Jhd. vollständig vernichtet wurde (Jagdschlossbau1652-1666, ab 1670 Wirtshaus, künstlicher Teich 1836, Eisenbahn 1912-1953 und alte Handelsstrasse Paderborn/Horn von der Antike bis ins 20 Jhd., alles mitten durch und drin, und vieles mehr). Da ist praktisch nichts mehr aufzufinden, man findet in der oberen Schicht nur mittelalter/neuzeitliches oder wenn man richtig tiefgeht auch steinzeitliches. Die antike Bodenschicht ist aber komplett ausgetauscht durch die diversen Baummassnahmen mindestens seit dem 17 Jhd.

Das Uta Halle da nichts germanisches mehr findet ist nur folgerichtig und auch dass in den unsachgemässen Ausgrabungen der1880er und 1930er Jahren an den vermeintlichen Funden viel rumgedreht werden musste.

Auf der anderen Seite aber erscheint es absurd anzunehmen, dass in Stein- und Bronzezeit und dann erst wieder, ausgerechnet im christlichen, Mittelalter diese Naturdenkmal kultische Bedeutung hatte und es in der Antike aus unerfindlichen Gründen ausgerechnet von den naturverliebten Germanenkulten ignoriert gewesen sein sollte.

Nein, die Externsteine hatten mit ziemlicher Sicherheit eine wie auch immer geartete kultische Bedeutung in der Antike, wie die genau aussah, naja, da wissen wir ausser aus den Reiseberichten zu KdG und der Irminsul nur andeutungsweise etwas.

Deswegen aber ist hier die korrekte Interpretation der geknickten Palme/Irminsul so bedeutungsvoll ! Wenn wirklich kein Gegenbeispiel, d.h. eine weitere geknickte christliche Palme bei der Kreuzabnahme aus ungefähr der Zeit um 1150 aufzutreiben ist, dann muss man wohl von einer Irminsul an diesem Orte oder unweit davon ausgehen.

Daher: Ich bettele hier noch mal offiziell um ein solches Beipiel.......

Beste Grüsse, Trajan.
 
askan schrieb:
Eine "umgeknickte" Irmsul, entspricht im Grunde aber einer Bildsymbolik. Das Symbol dafür das ihre Macht gebrochen ist. Eind Art Comic für analphatische Sachsen.

Ich frage mich, was eine umgeknickte Irminsul ausgerechnet bei einer Kreuzabnahme zu suchen haben soll. Sicherlich läßt sich da mit etwas Spitzfindigkeit über drei Ecken irgendein Bezug an den Haaren herbeiziehen, aber wo ist denn da der unmittelbare Symbolgehalt?
 
Horst schrieb:
Es handelt sich allerdings bei dem dargestellten Baum im Relief der Externsteine nicht um die Irminsul.
In Enger steht eine Nachbildung der Irminsul, die auf Rudolf von Fulda zurückgeht. Den Baum der Externsteine findet man auf einigen Kreuzabnahmebildern.

Es ist mir bekannt, dass es nicht die Irminsul ist, deshalb habe ich auch "sogenannte Irminsul" geschrieben. Irminsul ist halt der Begriff, unter denen viele, wenn nicht die meisten, Leute dieses Symbol kennen.

Nach Enger werde ich in Kürze mal fahren, ist ja nicht weit. Wo genau steht die Säule dort denn ?

Viele Grüße

Volker
 
Irminsul oder nicht, auf dem sogen. "Siegfried-Sarkophag" im Kloster Lorsch (ca. 1150) wechseln sich Kreuze und Lebensbäume ab:



(Genau hingucken, das Bild habe ich leider nicht größer)
 

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