Die Neolithische Revolution in Europa - Wie und warum?

Oder kannst Du mir Beispiele nennen, wo vorher als Jäger/Sammler oder Nomaden lebende Menschen in die Seßhaftigkeit "entwickelt" wurden und danach ohne staatliche Alimentation von dem gleichen Land als Bauern leben konnten?

Na ja, wenn man deine Frage rein wörtlich versteht....im heutigen Jordanien, im "Fruchtbaren Halbmond", im Indus-Tal, in China und Kambodscha, in Meso- und Nordamerika. Eben überall dort, wo die eigentliche, ursprüngliche Neolithisierung eben stattfand.
Ich denke, wir sollten in Argumentation und in der Frage nach Gründen der N. bei den ursprünglichen Zeitachsen und Gebieten bleiben. Alles andere danach waren Auswirkungen der N., keine Ursachen mehr.
Ich stecke in der Ursachenforschung nicht recht drin. Ich habe aber zumindest mit dem Teilargument "Bevölkerungsdruck/höhere Geburtenraten" das Problem, dass diese Argumente ja für die Verbreitung der N. nach Europa angenommen werden, sie für mich also eher auch eine Auswirkung und keine Ursache für die seßhafte Wirtschaft zu sein scheinen.

Mal ganz Spekulativ (mangels konkreter Daten..:S) :
Irgendwas scheint es auch mit der Geisteshaltung zu tun gehabt zu haben. Ich denke da unter anderem (völlig "brain-storming-mäßig) an die bronzezeitliche Geschichte von Kain und Abel. Der eine ein Hirte, der andere Bauer. Gut vertragen haben sie sich nicht....
Kain, der Bauer, gründete dann ja auch die erste Stadt....
Selbst wenn die Geschichte ein Gleichnis für den "ersten Mord" ist, fällt mir auf, dass es dabei sich bei diesen Gegensatz nicht z.b. um arm und reich, hell/dunkelhäutig oder sonstwas handelt.
Aber nun gut...

Thomas
 
Ich habe aber zumindest mit dem Teilargument "Bevölkerungsdruck/höhere Geburtenraten" das Problem, dass diese Argumente ja für die Verbreitung der N. nach Europa angenommen werden, sie für mich also eher auch eine Auswirkung und keine Ursache für die seßhafte Wirtschaft zu sein scheinen.

Das Argument einer Verbreitung der europäischen Neolithisierung aufgrund des "Bevölkerungsdrucks", habe ich so nur sehr vereinzelt vernommen. In erster Linie wird Brandrodung und damit eine Erschöpfung des Bodens angenommen, die zur steten Ausbreitung des Ackerbaus vom Balkan her Richtung Norden führte.

Man nimmt an, dass es sich bei den frühen Ackerbauern um Wanderbauern handelte, die nach Auslaugung des Bodens - wofür vielfach eine Zeit von etwa 15-20 Jahren angenommen wird - einige Kilometer weit fortzogen. Über die großen Zeiträume der Neolithisierung hinweg kommt man dann zu einem stetigen Vordringen des Ackerbaus.

Ein anderer Aspekt ist natürlich eine Kulturtrift, durch die lediglich die Kenntnis des Ackerbaus einer mesolithischen Gesellschaft vermittelt wurde. Auch hier muss man Zeiträume von einigen hundert Jahren annehmen. Doch wenn man bedenkt, dass die Sesklo-Kultur in Thessalien als früheste neolithische Kultur Europas bereits im 7. Jahrtausend einsetzt und der Ackerbau mit der Linearbandkeramik etwa um 5000 v. Chr. Mitteleuropa erreicht, hatten all diese Phänomene ausreichend Zeit zur Entfaltung.

Irgendwas scheint es auch mit der Geisteshaltung zu tun gehabt zu haben. Ich denke da unter anderem (völlig "brain-storming-mäßig) an die bronzezeitliche Geschichte von Kain und Abel. Der eine ein Hirte, der andere Bauer. Gut vertragen haben sie sich nicht....

Ein schönes und anschauliches Beispiel!

Ich glaube auch, dass neben ganz praktischen Gründen wegen besserer Existenzsicherung u.ä. auch eine neue Geisteshaltung zur Ausbreitung der Neolithisierung führte. Diese verbreitete sich über den Nahen Osten, Europa und darüber hinaus ... Ackerbau und Sesshaftigkeit lagen einfach in der Luft, während Jagen und Sammeln einer alten, versinkenden Epoche angehörten.

Dass es dennoch Gesellschaften gab, die einer nomadischen Lebensweise treu blieben, ist gleichfalls eine Tatsache. Man denke an die Skythen, Sarmaten, Mongolen oder andere Völker, auch im Bereich der Arabischen Halbinsel, obwohl all diese Völker erst einige Jahrtausende später wirklich fassbar werden. Es mag sogar sein, dass einige zunächst zum Ackerbau und zur Sesshaftigkeit übergingen und zu irgendeinem späteren Zeitpunkt zur nomadischen Lebensweise zurückkehrten. Ob das wirklich geschah, bleibt Spekulation!
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe aber zumindest mit dem Teilargument "Bevölkerungsdruck/höhere Geburtenraten" das Problem, dass diese Argumente ja für die Verbreitung der N. nach Europa angenommen werden, sie für mich also eher auch eine Auswirkung und keine Ursache für die seßhafte Wirtschaft zu sein scheinen.
Ich habe Bevölkerungsdichte als Hauptgrund für die "Erfindung" des Ackerbaus angenommen.
Dass Bevölkerungsdichte später auch der Ausbreitung des Ackerbaus gedient hat, widerspricht der ersten Annahme nicht. Aber wie schon von mehreren Leuten kritisch angemerkt, sollten wir die beiden Vorgänge nicht durcheinander werfen, nur weil der Faktor Bevölkerungsdichte möglicherweise für beide eine entscheidende Bedeutung hat.

Oder kannst Du mir Beispiele nennen, wo vorher als Jäger/Sammler oder Nomaden lebende Menschen in die Seßhaftigkeit "entwickelt" wurden und danach ohne staatliche Alimentation von dem gleichen Land als Bauern leben konnten?
Überall auf der Welt, aber das ist schon vor unserer Zeit geschehen. Für die heutige Zeit verweise ich beispielhaft auf die Penan, eine (ehemalige) Wildbeuter-Ethnie auf Borneo. Die Doku, auf die ich mich dabei beziehe, heißt "Die letzten Nomaden im Dschungel Borneos". Nachdem der Regenwald auf Borneo massiv abgeholzt wird, sorgt der kleiner werdende Lebensraum für eine größere Bevölkerungsdichte. Ein Lebensstil als Wildbeuter lässt sich nur bis zu einer kritischen Bevölkerungsdichte aufrechterhalten. Bei den Penan scheint sie längst überschritten, die meisten leben heute seßhaft. Sie sind über diese Umstellung nicht glücklich und durchleben eine schwere kulturelle Krise. Und obwohl ja ein Restwald übrig ist, in dem sich die allerletzten traditionell lebenden Penan aufhalten, hocken die meisten seßhaft herum und gehen nicht in diesen Wald, als ob eine magische Hand sie davon abhalten würde. Stattdessen betreiben sie nun Ackerbau, im Film ist von Bergreis die Rede.

Das Beispiel der Penan ist nicht direkt vergleichbar mit dem der frühen Wildbeuter, die irgendwann den Ackerbau entdeckten. Vergleichbar ist aber die Tatsache, dass die Bevölkerungsdichte zu einer Umstellung der Lebensweise zwingt. Der Kanadier Ian MacKenzie, der die Sprache der Penan erforscht und ihren Lebenswandel live mitbekommt, sagt in der Doku: "Warum ließen sich die Menschen vor mehr als 10000 Jahren an bestimmten Orten auf der Welt nieder? Warum wurden sie seßhaft und begannen, Ackerbau zu betreiben? Das liegt wohl einfach daran, dass ihre Bevölkerung zu groß wurde, um sich nur von ihrer Umgebung zu ernähren. Es gab nicht genug zu essen, also mussten sie etwas anbauen."
Hm, ich schwöre, dass ich dieses Zitat nicht bewusst im Kopf hatte, als ich meinen Beitrag über Bevölkerungsdichte schrieb...
 
IWarum wurden sie seßhaft und begannen, Ackerbau zu betreiben? Das liegt wohl einfach daran, dass ihre Bevölkerung zu groß wurde, um sich nur von ihrer Umgebung zu ernähren. Es gab nicht genug zu essen, also mussten sie etwas anbauen.

Ich halte diese postulierte "Bevölkerungsdichte" für ein Fantasieprodukt!

Zur Zeit des frühen Neolithikums, als sich die Ackerbauern vom Balkan nach Norden ausbreiteten, war Europa von dichten Wäldern, Sümpfen und Ödflächen bnedeckt und hatte eine äußerst geringe Bevölkerungsdichte. Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, dass es im 7. Jahrtaussend v. Chr. - also zu Beginn der Ausbreitung - nur wenige hunderttausend Menschen waren, die den Riesenraum Europa bevölkerten. Ein "Bevölkerungsdruck" hat sich da gewiss nicht aufgebaut! Ganz im Gegenteil lagen die neolithischen Siedlungen meist wie Inseln in einer undurchdringlichen Wildnis.

Vielmehr war es - wie schon gesagt - die unverminderte Brandrodung der europäischen Ackerbauern, die nach etwa 15-20 Jahren zum Verlassen jungsteinzeitlicher Siedlungen und zu einer Neuansiedlung in angemessener Entfernung führte.

Parallel dazu erfolgte ein Kulturtransfer, also die Weitergabe einschlägiger Kenntnisse an eine noch jagende und sammelnde mesolithische Bevölkerung - ein Prozess, der einige tausend Jahre währte, denn Zentraleuropa wurde erst um 5000 und Nordeuropa um 3000 v. Chr. erreicht.
 
Na ja, wenn man deine Frage rein wörtlich versteht....im heutigen Jordanien, im "Fruchtbaren Halbmond", im Indus-Tal, in China und Kambodscha, in Meso- und Nordamerika. Eben überall dort, wo die eigentliche, ursprüngliche Neolithisierung eben stattfand.
Ich denke, wir sollten in Argumentation und in der Frage nach Gründen der N. bei den ursprünglichen Zeitachsen und Gebieten bleiben.

Da hast du mich mißverstanden. Ich habe auf @Berals Analogieschlüsse zu heutigen Wildbeutern geantwortet, deren Übergang zu seßhafterer Lebensweise und Ackerbau man aus verschiedenen Gründen nicht mit der neolithischen Revolution vergleichen kann.



Mal ganz Spekulativ (mangels konkreter Daten..:S) :
Irgendwas scheint es auch mit der Geisteshaltung zu tun gehabt zu haben.
Ich schätze spekulative Fragestellungen sehr, deshalb würden mich die Hintergründe der anderen Geisteshaltung interessieren. :winke:

Ich denke da unter anderem (völlig "brain-storming-mäßig) an die bronzezeitliche Geschichte von Kain und Abel. Der eine ein Hirte, der andere Bauer. Gut vertragen haben sie sich nicht....
Kain, der Bauer, gründete dann ja auch die erste Stadt....
Selbst wenn die Geschichte ein Gleichnis für den "ersten Mord" ist, fällt mir auf, dass es dabei sich bei diesen Gegensatz nicht z.b. um arm und reich, hell/dunkelhäutig oder sonstwas handelt.
Aber nun gut...

Thomas

Diese Geschichte finde ich auch spannend aber mit einem anderen Zeitbezug, nämlich der Bronzezeit. Da ist der Konflikt zwischen Hirten und Bauern nachvollziehbar.

Kann man diesen Konflikt auf das Zusammentreffen von Wildbeutern und frühen Bauern wirklich übertragen?
Die Bauern haben die Jäger eher nicht gestört, beide hatten verschiedene Lebensgrundlagen.
Den Konflikt kann ich mir nur bei den Sammlern vorstellen, wenn diese die mühsam kultivierten Erbsen der Bauern einsammelten.
Vielleicht gingen im Gegenzug die Bauern dann doch auf die Jagd? :confused:
 
Dass es dennoch Gesellschaften gab, die einer nomadischen Lebensweise treu blieben, ist gleichfalls eine Tatsache. Man denke an die Skythen, Sarmaten, Mongolen oder andere Völker, auch im Bereich der Arabischen Halbinsel, obwohl all diese Völker erst einige Jahrtausende später wirklich fassbar werden. Es mag sogar sein, dass einige zunächst zum Ackerbau und zur Sesshaftigkeit übergingen und zu irgendeinem späteren Zeitpunkt zur nomadischen Lebensweise zurückkehrten. Ob das wirklich geschah, bleibt Spekulation!

Ich sehe nomadische Lebensweise mit Viehhaltung eher nicht als Überbleibsel einer früheren Epoche sondern mehr als Anpassung an einen Lebensraum, der Ackerbau nur unter erschwerten Bedingungen zuläßt.
Natürlich hängen die Bedingungen vom jeweiligen Stand der Technik ab, wie die südrussischen Gebiete und der nordamerikanische Mittelwesten zeigen.
 
Ich sehe nomadische Lebensweise mit Viehhaltung eher nicht als Überbleibsel einer früheren Epoche sondern mehr als Anpassung an einen Lebensraum, der Ackerbau nur unter erschwerten Bedingungen zuläßt.
Natürlich hängen die Bedingungen vom jeweiligen Stand der Technik ab, wie die südrussischen Gebiete und der nordamerikanische Mittelwesten zeigen.
Es ist ziemlich sicher, daß nomadische Viehhaltung sich aus seßhafter Landwirtschaft entwickelt hat und nicht etwa direkt aus einer Jäger-und-Sammler-Kultur. Also erst seßhafter Feldbau und Domestizierung von Nutztieren, dann unter Umständen eine Weiterentwicklung in Richtung nomadische Lebensweise.
 
Es ist ziemlich sicher, daß nomadische Viehhaltung sich aus seßhafter Landwirtschaft entwickelt hat und nicht etwa direkt aus einer Jäger-und-Sammler-Kultur. Also erst seßhafter Feldbau und Domestizierung von Nutztieren, dann unter Umständen eine Weiterentwicklung in Richtung nomadische Lebensweise.
Rein aus Interesse: Aus welchen Beobachtungen oder Überlegungen zieht man solche Rückschlüsse?
 
Ich würde die Hirtennomaden in diesem Thread nicht so gern diskutieren, da sie mE so früh selten angesetzt werden. Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass ich die Überlegung gelesen habe, dass die Leute, die die La Hoguette/Limburg-Keramik im südlichen Rheingebiet nutzten, vielleicht die Viehhüter der ersten Bauern gewesen seien, weil man von ihnen fast nichts an Unterkunftresten gefunden hat.

Das soll auch mehr die Überleitung zu meiner Frage sein.
Von den LBK-Bauern findet man Reste von bis zu 40 x 8 m großen Bauwerken/Häusern Zsfg Rück die oft an Hängen gebaut waren.
Für die Starcevo/Vinca-Kultur, die auch zur LBK gerechnet wird bzw. die auf der Durchzugslinie läge, wenn es denn diese Einwanderung gegeben hätte, fehlt mir die Kenntnis über den typischen Hausbau. Hier lese ich von verschiedenen Typen, auch eingetieften Rundhäusern. Die Star?evo-Kultur [Donau-Archäologie]

Das die Keramik rel. einheitlich war, finde ich plausibel, da es vorher keine gab. Wenn die seßhafte Lebensweise erst mit der neolithischen Entwicklung angenommen wurde, müßte doch der Hausbau auch rel. einheitlich sein?
Und wozu benötigten die ersten Bauern bis zu 200 qm Platz. Es soll nur eine Gruppe/Familie von 6-8 Personen in so einem Langhaus gewohnt haben. Für die Vorräte bes. wenn es feuchter war, benötigte man ein Dach zur Trockenlagerung. Trotzdem scheint mir der überdachte Platz sehr groß zu sein?
 
Nur am Rande möchte ich erwähnen, dass ich die Überlegung gelesen habe, dass die Leute, die die La Hoguette/Limburg-Keramik im südlichen Rheingebiet nutzten, vielleicht die Viehhüter der ersten Bauern gewesen seien, weil man von ihnen fast nichts an Unterkunftresten gefunden hat.

Die Menschen welche die Träger der La Hoguette Keramik waren, waren tatsächlich Viehhüter und -züchter. Es wurde so gut wie kein Ackerbau betrieben.
D.h. es gibt im frühen Neol. in Mitteleuropa ein nebeneinander von reinen Viehzüchtern(hirten) und eine mehr auf Ackerbau ausgerichteten Kultur (Bandkeramik). Beide Kulturkomplexe stehen natürlich nicht monolithisch nebeneinander, sondern haben sich nachweißlich gegenseitig beeinflußt.
Im übrigen verharrte das Gebiet nördlich der Mittelgebirge, bis in die Michelsbergerzeit, in mesol. Traditionen.
 
Und wozu benötigten die ersten Bauern bis zu 200 qm Platz. Es soll nur eine Gruppe/Familie von 6-8 Personen in so einem Langhaus gewohnt haben. Für die Vorräte bes. wenn es feuchter war, benötigte man ein Dach zur Trockenlagerung. Trotzdem scheint mir der überdachte Platz sehr groß zu sein?
Sehr wahrscheinlich waren die Häuser der BK für eine Großfamilie gedacht, die angegeben Personenanzahl von 6-8 greift damit zu kurz, sehr wahrscheinlich lebten eine größere Anzahl von Personen in den Häusern (mglw. > 10, Kernfamilie, Großeltern......)
 
Wenn man Brennholz, Heu und Stroh über den Winter trocken lagern will, dann kann der Platz nicht groß genug sein;)
Ein paar m3 Heu frißt ein Schaf ratzfatz weg, dazu kommt noch, das es bei der Einlagerung sehr viel mehr Platz braucht, weil es mit der Zeit zusammensinkt.
 
Für die Lagerung von z.B. Heu oder auch Getreide hatte das BK-Haus einen Zwischenboden im hinteren Teil des Hauses.
Diese Vermutung wird durch die Pfostensetzungen genau in diesem Bereich des Hauses auch gestüzt. (Doppelpfostenreihen)
 
Wenn man Brennholz, Heu und Stroh über den Winter trocken lagern will, dann kann der Platz nicht groß genug sein;)
Ein paar m3 Heu frißt ein Schaf ratzfatz weg, dazu kommt noch, das es bei der Einlagerung sehr viel mehr Platz braucht, weil es mit der Zeit zusammensinkt.

Bisher habe ich mich mit der Domestizierung von Nutztieren nur am Rande beschäftigt, obwohl diese auch Teil des neolithischen Pakets ist. Zur Heueinlagerung ergeben sich für mich noch einige Fragen.
Wie muß ich mir die Haltung von frühen Schafen Soayschaf ? Wikipedia vorstellen?

Nach http://www.holger-weigelt.de/domestikation.html gibt es mind. 2 Entwicklungslinien beim Schaf, die Mufflonartigen, zu denen auch das Soayschaf gehört und die Urial/Orientalschafgruppe. Richtig eindeutig scheint aber nur zu sein, das die Wildformen nicht in Mitteleuropa vorkamen sondern aus dem nahen bis mittleren Osten stammen.

Dass Schafe in der modernen Tierhaltung den Winter über eingestallt und gefüttert werden, ist mir bekannt, dafür kann es viele Gründe geben.
Aber warum sollten die Frühneolithiker die Schafe im Winter eingestallt und mit Heu gefüttert haben, wenn das Soayschaf wild auf den Orkneys den Winter überlebt? Ein wenig Zufütterung bei geschlossener Schneedecke kann ich mir vorstellen.

Die Menschen welche die Träger der La Hoguette Keramik waren, waren tatsächlich Viehhüter und -züchter. Es wurde so gut wie kein Ackerbau betrieben.
D.h. es gibt im frühen Neol. in Mitteleuropa ein nebeneinander von reinen Viehzüchtern(hirten) und eine mehr auf Ackerbau ausgerichteten Kultur (Bandkeramik). Beide Kulturkomplexe stehen natürlich nicht monolithisch nebeneinander, sondern haben sich nachweißlich gegenseitig beeinflußt.
Im übrigen verharrte das Gebiet nördlich der Mittelgebirge, bis in die Michelsbergerzeit, in mesol. Traditionen.

Der oben verlinkte Holger Weigelt scheint ein Schafzüchter zu sein, daher weiß ich nicht, inwieweit die Aussagen archäologisch abgesichert sind.
Im Link wird auch die schweizerisch/rheinische Parallelgruppe zur LBK erwähnt, die mehr viehzüchterisch tätig war.
Wenn der LBK-Schwerpunkt auf dem Ackerbau lag und weniger auf Viehhaltung, wundert mich die Größe der Häuser noch immer.
Deshalb meine Frage an die Kaminbesitzer:
Wieviel Brennholz braucht man für den Winter und wieviel Platz ist dafür nötig?

Und kennt sich jemand mit Ziegen aus? Ziegen fressen auch Blätter, verbeissen sie auch Baumschößlinge und könnte man Ziegen eher als Schafe und Rinder einsetzen, wenn man Wälder zurückdrängen möchte, um Ackerflächen zu erhalten?
 
Wenn der LBK-Schwerpunkt auf dem Ackerbau lag und weniger auf Viehhaltung, wundert mich die Größe der Häuser noch immer.

Viehhaltung wurde nicht in den Häusern der BK durchgeführt, dass zeigen eindeutig vorgenommene Phosphatuntersuchungen an BK-Häusern.
Bei den Untersuchungen wurde festgestellt, dass bei einer Viehhaltung im Hause, zu erwartenden Phosphatrückstände nicht vorhanden waren. Daraus kann geschlussfolgert werden, das die Viehhaltung nicht in den Häusern stattfand.
 
Viehhaltung wurde nicht in den Häusern der BK durchgeführt, dass zeigen eindeutig vorgenommene Phosphatuntersuchungen an BK-Häusern.
Bei den Untersuchungen wurde festgestellt, dass bei einer Viehhaltung im Hause, zu erwartenden Phosphatrückstände nicht vorhanden waren. Daraus kann geschlussfolgert werden, das die Viehhaltung nicht in den Häusern stattfand.

Ja, eben.
Entweder hat doch das ganze Dorf dringewohnt und nebeneinander-Funde waren nacheinander oder die hatten andere Wohn- und Lagerungsbedürfnisse, als ich mir vorstellen kann.
 
Rena8- was konkret stört dich denn an den LBK-Konstruktionen ? Was geht dir im Kopf rum ?
Zu den Überlegungen zur Wirtschaftsweise der LBK gibt´s ganz gute, auch im Buchhandel erhältliche Literatur, z.b „Die Bandkeramiker“ von Jens Lüning, VML Verlag. Prof. Lüning ist ein anerkannter Spezialist auf diesem Gebiet.

Im Fach geht man/frau tatsächlich von „Großfamilie“ mit 15 oder „Sippe“ mit bis zu 25 Leuten pro Haus aus.
Im Hallensischen Museum wird das LBK-Haus modelltechnisch sogar mit Seiteneingängen rekonstruiert, es ähnelt damit einer „Reihenhaus“konstruktion.
Offenbar bestanden die wirklich frühen Siedlungsplätze der LBK nur aus zwei/drei Häusern, die streckenweise über zwei/drei Generationen in Benutzung blieben.
Aber wie bei allen Siedlungen lassen sich die wirklich zeitgleichen Gebäude nur sehr, sehr schwer zueinander zusortieren, so dass man über die wirkliche Größe der Siedlung zu einem bestimmten Zeitpunkt oft nicht informiert ist.

Der hintere Teil (fast) jeden LBK-Hauses ist mit einem „Wandgräbchen“ versehen, nicht mehr mit einzelnen Pfostenlöchern. Früher wurde dies als „Viehstall“ interpretiert, heute geht man eher von Lagerplatz mit Zwischengeschoss aus.
Weitere Lagermöglichkeiten sind natürlich die Gruben. Stroh, Heu und Holz lassen sich entweder tatsächlich ebenerdig im Haus, im oberen Stockwerk oder unter dem Haus lagern. Wie das Aufgehende des Hauses wirklich aussah, wissen wir nicht. Eine Art Stelzenkonstruktion ist denkbar.
Stroh, Heu und Holz geht auch offen, solange ein Schutzdach vorhanden ist. Die zahllosen Pfostensetzungen jeder Siedlung lassen solche Konstrukte locker zu.

Was Jagd und Viehhaltung angeht- Tatsächlich recht dünne Informationslage. Da keine Phospatspuren vorliegen und auch Tierknochen, egal Wild oder domestizierte Tiere eher selten sind, scheint Fleischernährung und/oder Wolle eine untergeordnete Rolle gespielt zu haben.
Man/frau geht im übrigen auch davon aus, dass die Kleidung vegetatibel war, sprich Leinen oder Nessel, keine Wolle. Wolle im Neol. ist sowieso so ein eigenes Thema. Da laufen die Meinungen weit auseinander. Von „Überhaupt gar nicht“ über „na ja, ein wenig schon“ bis hin zu: „Natürlich schon von Anfang an“. Die Spinnwirteln sagen selbst nix dazu. Funde von Wolle gibt es nur sehr, sehr wenig, wohl auch erst ab dem Mittelneolithikum. Ist aber bei den Erhaltungsbedingungen jetzt auch kein Wunder....
Und dann gibt es schon noch die „Lederfraktion“ , die bis in die Bronzezeit hinein Lederkleidung fordert, obwohl die entsprechenden Tierknochen oder Gerbegruben nicht im Fundgut oder in den Befunden vorliegen...

Nun gut.
Das Bild einer LBK-Siedlung mit nur wenigen Häusern für relativ viele Leute, ohne groß weitere „Ställe“ oder „Vorratsgebäude“ halte ich nicht für eigenartig. Relativ wenig Viehhaltung. Jagd im Winter und zusätzlich vielleicht noch als Schutzjagd. Geht schon.

Interessant ist dann jedoch, was im Verlauf des Neolithikums die Leute dazu brachte, immer kleinere aber dafür zahlreichere Gebäude zu errichten.
Die Gebäude des Endneolithikums sind fast winzig im Vergleich zu den Anfängen in Mitteleuropa.
Sozialer Wohnungsbau ? ;)
Thomas
 
@ rena: ich denke auch, das die Tiere nicht im Haus gehalten wurden, auch das größere Mengen Heu gebraucht wurden, glaube ich nicht. Dazu fehlte auch die Technik. Getreide kann man mit einer Sichel ernten, Gras mähen dürfte damit nicht zu machen sein.
(Ich weiß das, weil ich selbst etwas Heu mache und auch schon mal ein paar m2 Hafer angebaut habe im Garten)

Deshalb meine Frage an die Kaminbesitzer:
Wieviel Brennholz braucht man für den Winter und wieviel Platz ist dafür nötig?

In diesen Häusern dürfte wohl ein offenes Lagerfeuer die Norm gewesen sein. Also kann man das kaum mit heutigen Öfen vergleichen. Ich brauche nur zum Heizen meiner Küche etwa 5 Kubikmeter. Wieviel ein offenes Feuer an Brennstoff braucht weiß ich nicht, ich denke aber, wesentlich mehr.
 
Interessant ist dann jedoch, was im Verlauf des Neolithikums die Leute dazu brachte, immer kleinere aber dafür zahlreichere Gebäude zu errichten.
Die Gebäude des Endneolithikums sind fast winzig im Vergleich zu den Anfängen in Mitteleuropa.
Sozialer Wohnungsbau ? ;)
Thomas
Das Bedürfnis nach Abgrenzung ist größer geworden? Oder aus einem etwas anderen Blickpunkt: Das Bedürfnis ist gleich geblieben, aber seine Befriedigung, also die Abgrenzung von anderen, wurde immer problematischer, so dass man sie immer intensiver praktizieren musste, um das Bedürfnis doch noch zu befriedigen.
 
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