Die Opferung der Hochseeflotte im Oktober 1918?

Also silesia und Turgot, sicherlich erscheint das Seeoffizierkorps hier im Licht der Ehrenrettung durch Vernichtung im Kampf.

Aber der Operationsplan war nicht unter dieser Vorraussetzung entstanden, mehr lag es daran, da zum Ende des Jahres 1918 die Befehlsgewalt des Kaisers untergraben wurde, was somit den Weg frei machte, die Flotte durch die Seekriegsleitung einsetze Operativ zu planen und auch umzusetzen.

Dieser Nachrichtenentwurf macht mich insofern stutzig, als er als Entwurf! gefertigt wurde, hatten weder die Seeoffiziere noch die Seekriegsleitung irgendeine Befehlsgewalt über die Schiffe der Hochseeflotte. So wurden nach dem 30.10. 18 einzelne Geschwader zu "Übungen" entlassen und das II. Geschwader kehrte nach Kiel zurück. Den vermeintlichen Krisenhert auf Thüringen und Helgoland wurde niedergeschlagen, indem man drohte diese Schiffe mittels Uboot und Torpedoboot zu versenken. Dieser Aktion vermittelt in meinen Augen absolutes Chaos und keine wirkliche Struktur, die diese "Wunschvorstellung" des Seeoffizierskorps über die Opferung in der Schlacht gerechtfertigt hätte.
So richtig eskalierte es dann am 6.11.18.
 
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Die Argumente gegen die Flottenaktion beruhen auf dem Grundgedanken, dass Deutschland von Anfang an einen aussichtslosen Krieg führte. Diese Annahme ist falsch, wer davon ausgeht versteht das Machtvakuum nicht, dass nach dem 1. Weltkrieg bestand (als sich der Sieger USA zurückzog und in Europa nur Verlierer übrigblieben). Und nach einem verlorenen Krieg sind alle Kriegsaktivitäten sinnentleert.

Zu Kriegsbeginn stand eine zahlenmäßig deutlich überlegene Feindesgruppierung Deutschland gegenüber. Diese Überlegenheit konnte nicht entscheidend ausgenutzt werden, die militärische Leistungsfähigkeit Deutschlands war höher. Die Deutschen beginnen aber mehrere grundsätzliche Fehler in Folge (wobei der Hauptfehler verfassungsrechtlicher Natur war, das autoritäre Kaiserreich schaffte es nicht Spitzenorganisationen zu schaffen, die die Kriegsanstrengungen zusammenfassten). Sie schafften (wegen falscher Personalpolitik) es nicht ihre strategische Planung umzusetzen, sie schafften es nicht rechtzeitig den Schwerpunkt in den Osten zu verlegen, sie schafften es nicht eine richtige Marinestrategie zu formulieren und umzusetzen. Als man gezwungener Massen endgültig auf die für Deutschland ungünstige Ermattungsstrategie umschwenken musste, schied Russland aus dem Krieg aus, Italien erlitt katastrophale Niederlagen, französische Soldaten meuterten, England hatte im April 1917 noch für 2 Monate Vorräte (Jellicoe zu US-Admiral Sims: „Sie werden gewinnen.“), die Somme-Offensive bricht zusammen. Erst der Kriegseintritt der USA brachte die Wende zugunsten der Alliierten (in meinen Augen der eigentliche Erfolg der Blockade, Deutschland wurde die Möglichkeit genommen mit Nachdruck ihren Standpunkt in den USA zu vertreten, die Mehrheit der Amerikaner wollten lange keinen Krieg).

Ende 1918 waren 2 Mio US-Soldaten – nicht sonderlich kampfstark - in Frankreich. Alle
Versorgung kam aus Übersee (angeblich stand die französische Armee 1917 vor der Kapitulation, weil sie nur noch Getreidevorräte für 2 Tage hatte – Abfall der Getreideproduktion von 8,5 auf 3,1Mio Tonnen).

Es konnte im Oktober 1918 nicht mehr um einen Sieg gehen. Allerdings waren die Verhandlungspositionen in den Friedensgesprächen zu beeinflussen. Ein Schlag gegen die Navy hätte die englische Position beeinträchtigt. Die Angst um die sichere Versorgung die amerikanische. Die europäischen Gegner Deutschlands waren ohnehin völlig von den USA abhängig. Einen besseren Friedensvertrag wie der von Versailles wäre das Risiko immer wert gewesen. Für alle Beteiligte.
 
P.S. soweit ich weiß, müßte ich im genauen Ablauf nachlesen, diente der in #1 dargestellte Operationsbefehl im Entwurf nur dazu, die Genehmigung für den Flottenvorstoß zu erhalten.


Von wem? Von Scheer?
Denn Max von Baden hatte keine Kenntnis der Marineabsichten.

Noske sagte später auch aus, dass, als er nach Kiel kam, noch von allen Marineoffizieren vor Ort die Absicht sich zu schlagen, geleugnet wurde.
So wie "ein paar Fischkutter auf der Doggerbank erschrecken", wären die Absichten dargestellt worden.
 
Ich würde meinen von Scheer, da die Verantwortung für die gesamte Seekriegsführung numehr bei der SKL lag und deren Chef war Scheer.

Wenn? die Reichsregierung von dieser Sache wußte, dann wohl nur äußerst vage.
 
Aber was für einen Sinn hatte denn das Unterfangen noch? Die Märzoffensive war doch schon gescheitert, nicht nur "stecken geblieben". Die Engländer/Franzosen und Amerikaner waren schon im Juli zur Gegenoffensive über gegangen und die Deutschen hatten empfindliche Niederlagen erlitten.
Die OHL hatte schon im August die militärische Lage als aussichtslos eingestuft, die Gespräche mit Wilson bzgl. Waffenstillstand liefen.
Einen militärischen Sinn kann ich nicht mehr erkennen.
Ich bezweifle die Aussicht auf Erfolg: Einerseits die Aussicht auf Erfolg des Unternehmens und - falls das Unternehmen doch gelungen wäre - den langfristigen Erfolg (was wollte man erreichen, der Krieg WAR verloren).
Ein besserer Friedensvertrag? Versailles war noch weit weg - mit so einem Frieden rechnete man wohl auch gar nicht.

Waffenstillstandsbedingungen? Möglich. Aber ich bezweifle, dass sich bei einem Erfolg des Unternehmens etwas geändert hätte. Ich glaube nicht, dass die dt. Marine in der Lage gewesen wäre, solche Unternehmen öfters durchzuführen und eine einmalige Störung des Nachschubs hätten die Alliierten wohl verkraftet. Nicht vergessen: Auch Deutschland brauchte möglichst schnell einen Waffenstillstand, bevor die Front völlig zusammen brach.
 
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Ich zitiere mich selbst:

turgot schrieb:
Den Herren der SKL allen voran Admiral Scheer dämmerte wohl langsam, das die Marine den Krieg beenden muss, ohne entscheidend dessen Verlauf beeinflusst zu haben. Somit könnte zukünftig die Berechtigung einer Kriegsmarine in Frage gestellt werden und deshalb ging der Seekriegsleitung wohl auch darum, der Marine einer zukunft zu sichern. Das war wohl der Grundgedanke, um die Schlacht gegen die Royal Navy zu suchen.

Des Weiteren ging es der Seekriegsleitung ging es wohl auch nicht zuletzt darum, die "Ehre" der Offiziere der kaiserlichen Kriegsmarine zu retten. Die Waffenstillstandsbedingungen sahen ja die Auslieferung der Hochseeflotte und die der U-Boote vor. Damit war eigentlich klar, das von der kaiserlichen Kriegsmarine nicht mehr viel übrig bleiben würde.
 
Und damit wären wir doch wieder bei der "ehrenrettenden Selbstmordaktion".
Kein wirklicher Sinn, hohes Risiko und - egal ob Erfolg oder nicht - viele Tote für keinen wirklichen Gewinn.
 
Den Herren der SKL allen voran Admiral Scheer dämmerte wohl langsam, das die Marine den Krieg beenden muss, ohne entscheidend dessen Verlauf beeinflusst zu haben. Somit könnte zukünftig die Berechtigung einer Kriegsmarine in Frage gestellt werden und deshalb ging der Seekriegsleitung wohl auch darum, der Marine einer zukunft zu sichern. Das war wohl der Grundgedanke, um die Schlacht gegen die Royal Navy zu suchen.

:grübel:Ja, da könnte etwas dran sein, doch selbst ob Erfolg in dieser Schlacht oder nicht, die Flotte zeigte sich nur nützlich in Küstendeckungsaufgaben sowie gegen unterlegene Einheiten als Wirkungsvoll.
An dem Kriegsverlauf hatten die Seeschlachten nur wenig beigetragen, dies wollte man nun zum ersten Mal im Bereich der Nordsee durchfühen, indem man das Heer unterstützte.
Manche sahen den Krieg damals verloren, einige ebend noch nicht. Hinzu kommt, das wir heute eine umfassende Information zu den Ereignissen Ende 1918 haben, dies war aber aus damaliger Sicht nicht so.
"Die Hoffnung stirbt zuletzt"...
Dieses Friedensdenken und auch die Einsicht für die sofortige Beendigung des Krieges, gibt den Hoffenden auf den Sieg den Nährboden der Dolchstoß-Legende.

Sicher ist, das es auch ohne die alles entscheidende Schlacht, das Ende einer großen Seemacht war, die letztlich keine Seemacht darstellte.
Wie wenig Realitätssinn man bei der Marine noch hatte, zeigen Scheer´s Bauprogramme von 257 Ubooten bis Ende 1919, sowie nach dem Waffenstillstand so etwas ähnliches wie einen Verkauf der Flotte zu arragieren, bzw. zu hoffen, die Fotte nicht abliefern zu müssen.
Mit diesen Hintergedanken kann man auch sagen, das die Seekriegsleitung fest an den Erfolg in der Operationsplanung Okt 1918 glaubte und auch nicht den Hintergedanken trug, die Flotte zu opfern.
 
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Es konnte im Oktober 1918 nicht mehr um einen Sieg gehen. Allerdings waren die Verhandlungspositionen in den Friedensgesprächen zu beeinflussen. Ein Schlag gegen die Navy hätte die englische Position beeinträchtigt. Die Angst um die sichere Versorgung die amerikanische. Die europäischen Gegner Deutschlands waren ohnehin völlig von den USA abhängig. Einen besseren Friedensvertrag wie der von Versailles wäre das Risiko immer wert gewesen. Für alle Beteiligte.


Tut mir Leid, aber das ist glatter Unsinn.

Wenn die Hochseeflotte als Mittel zur Kriegführung unversehrt geblieben wäre.
Ohne die Revolution die doch nur ausbrach, weil die Admirale noch Weltuntergang spielen wollten.
Die Front hat doch im Oktober noch gehalten, hat sich doch sogar stabilisiert.

Dann hätte Erzberger eine wesentlich bessere Verhandlungsposition gehabt, hätte Hindenburg wohl kaum sein "auch unter diesen Umständen" an ihn durchgegeben.

Wäre Versailles deutlich bezahlbarer ausgefallen.


Aber, wie immer, Onkel hat halt keine Brust.



Zusammenfassend lässt sich auf jeden Fall sagen, dass der Auslaufbefehl zum 29. Okt. 1918 die größte Dummheit war, die sich deutsche Militärs im 20. Jahrhundert geleistet haben.
Aber nur möglich, weil in Preußisch-Deutschland das Militär machen konnte was es wollte.
 
Manche sahen den Krieg damals verloren, einige ebend noch nicht. Hinzu kommt, das wir heute eine umfassende Information zu den Ereignissen Ende 1918 haben, dies war aber aus damaliger Sicht nicht so.
"Die Hoffnung stirbt zuletzt"...
man auch sagen, das die Seekriegsleitung fest an den Erfolg in der Operationsplanung Okt 1918 glaubte und auch nicht den Hintergedanken trug, die Flotte zu opfern.


Die Pflaumen sind doch hinterher gar nicht zu ihren Plänen gestanden.
Das ging Monate bis überhaupt konkretes zu den Absichten bekannt wurde.
Dass die Heizer und Matrosen recht hatten mit ihren Befürchtungen.
Zuvor wurde immer abgewiegelt, siehe oben "Fischkutter erschrecken".

Pflaumen, Flaschen, Feiglinge. Des Kaisers verhätschelte Seeoffiziere.
 
Zusammenfassend lässt sich auf jeden Fall sagen, dass der Auslaufbefehl zum 29. Okt. 1918 die größte Dummheit war, die sich deutsche Militärs im 20. Jahrhundert geleistet haben.

Bist du dir sicher, dass das die größte Dummheit war?
 
Repo, Deine Aussage in #29 ("glatter Unsinn") wundert mich doch sehr.

Der Titel des threads ist doch als Frage gefasst: "Opferung der Hochseeflotte?" Die Antwort hängt doch jetzt davon ab, ob die geplante Schlacht militärisch aussichtsreich war oder nicht. Der Fragesteller Köbis17 neigt der ersten Auffassung zu. Ich habe mich vor einiger Zeit mit der Problematik bechäftigt, bin auf eine Menge Fachartikel gestoßen und dabei fiel mir auf, dass Militärs aller Länder ebenfalls überwiegend die Meinung von Köbis17 vertreten. War die Aktion aussichtsreich, so war sie eben aussichtsreich und es kommt nicht mehr darauf an, wie einzelne Marineoffiziere den Plan bezeichnen.

Da es um die Bewertung eines Planes geht, der nicht umgesetzt wurde, kann ich natürlich auch nicht die tatsächlich stattgefundene Meuterei als Einwand bringen. Das liegt in der Natur von "was wäre wenn" Fragestellungen.

Komme ich allerdings zu dem Ergebnis, der Plan ist aussichtsreich und vertrete gleichzeitig die Auffassung (und das tust Du ja) im Heer sei eine Stabilisierung eingetreten, so kann ich nicht zu dem Ergebnis kommen, die Aktion sei Unsinn. Denn die militärische Gesamtlage könnte für Deutschland dann noch besser werden, und das kann unmöglich schlecht für die Friedensverhandlungen sein. Sonst bräuchte niemand mehr versuchen einen Krieg zu gewinnen.
 
Komme ich allerdings zu dem Ergebnis, der Plan ist aussichtsreich und vertrete gleichzeitig die Auffassung (und das tust Du ja) im Heer sei eine Stabilisierung eingetreten, so kann ich nicht zu dem Ergebnis kommen, die Aktion sei Unsinn. Denn die militärische Gesamtlage könnte für Deutschland dann noch besser werden, und das kann unmöglich schlecht für die Friedensverhandlungen sein. Sonst bräuchte niemand mehr versuchen einen Krieg zu gewinnen.


Welcher Mensch wird für eine verlorene Sache noch sterben wollen?

Und der Krieg war verloren. Das war den Soldaten und Matrosen absolut klar.
Wenn die ganze Sache im August versucht worden wäre, aber nein, man wartet bis 5 Minuten nach 12.
 
Der Titel des threads ist doch als Frage gefasst: "Opferung der Hochseeflotte?" Die Antwort hängt doch jetzt davon ab, ob die geplante Schlacht militärisch aussichtsreich war oder nicht. Der Fragesteller Köbis17 neigt der ersten Auffassung zu. Ich habe mich vor einiger Zeit mit der Problematik bechäftigt, bin auf eine Menge Fachartikel gestoßen und dabei fiel mir auf, dass Militärs aller Länder ebenfalls überwiegend die Meinung von Köbis17 vertreten. War die Aktion aussichtsreich, so war sie eben aussichtsreich und es kommt nicht mehr darauf an, wie einzelne Marineoffiziere den Plan bezeichnen.


Welche Militärs aus aller Welt sollen das sein?

In welchem Zeitraum fanden die Beurteilungen statt, 1920-1930? Bitte Zitate, möglichst außerhalb der Apologie- und Memoirenphase bis 1945.

Das Verhältnis 23 zu 50+ ist geradezu absurd, auch abgesehen von den kleineren Einheiten.

Was heißt "aussichtsreich"? 15 Großkampfschiffe der Allierten versenken und selber < 15 verlieren?


Hallo Köbis,

kennst Du Stegemann, Bernd: Die Deutsche Marinepolitik 1916-1918, mE die grundlegende und detaillierteste Darstellung der Entstehungsgeschichte des Plans?
 
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Der Krieg ist verloren, ein neuer Reichskanzler seit 3. Oktober 1918 ernannt der die Waffenstillstandsvereinbarungen führen soll - und die kaiserliche Marine will durch Zerstörung vermuteter feindlicher Schiffe in diversen britischen Häfen, die Marine retten?
Das ist eine hanebüchende Version.
 
Hallo Köbis,

kennst Du Stegemann, Bernd: Die Deutsche Marinepolitik 1916-1918, mE die grundlegende und detaillierteste Darstellung der Entstehungsgeschichte des Plans?


Steht da auch was drin, zum Zeitpunkt?
Das Scheer-Wort "von der vollen Operations-Freiheit" die die Hochseeflotte durch die Einstellung des U-Boot-Krieges gewonnen habe, will mir einfach nicht einleuchten.
 
Das ist eine hanebüchende Version.

Völlig richtig.

Beeindruckend ist, dass von der Verdrängungsliteratur aus Weimarer Zeiten selbst 1918 noch Gelegenheiten zur aussichtsreichen Schlacht gesehen werden. Es entsteht die Frage, warum das denn 1914-1918 niemals, sondern nur am Schreibtisch klappte und 1916 zwischen den Schlachtflotten die deutsche Katastrophe durch Glück vermieden wurde und man die Versenkungstonnage in den Hafen rettete? Da rettet das Planspiel dann die vorgeschriebene Fesselung der fleet in being. Denn: angeblich konnte man (jederzeit), man durfte nur nicht.


Steht da auch was drin, zum Zeitpunkt?
Das Scheer-Wort "von der vollen Operations-Freiheit" die die Hochseeflotte durch die Einstellung des U-Boot-Krieges gewonnen habe, will mir einfach nicht einleuchten.
Ja, habe ich nicht dabei, reiche ich nach.
Die Begründung war die offizielle, um den Vorstoß genehmigt zu bekommen. Die fleet in being verhinderte die enge Blockade, garantierte somit das Auslaufen der U-Boote. Fiele sie vor 1918 weg - fürchtete man die Blockade des U-Boot-Krieges.
 
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Hurvinek schrieb:
Das ist eine hanebüchende Version.

silesia schrieb:

Hanebüchend?:grübel:

Ich habe mir anläßlich dieser Statements nunmehr doch einmal die Mühe gemacht und in der Enzyklopädie Erster Weltkrieg nachgeblättert, S.704ff, Paderborn 2004 nachzuschlagen. Dort steht folgendes zu lesen:

"Im Oktober 1918 [...] beschloß die Seekriegsleitung unter Admiral Scheer einen letzten Vorstoß der Hochseeflotte in den Hoofden (Nordsee).[...] Es handelte sich insofern um eine "Todesfahrt", die die Ehre des Seeoffizierkorps retten und die Zukunft der Marine sichern helfen sollte."

Die Kaiserliche Kriegsmarine erwartete von diesen "Kampf", das dieser die moralische Grundlage für eine neue Flotte bilden solle.

Quelle hierfür: Rahn, "Führungsprobleme und Zusammenbruch der Kaiserlichen Marine 1917/18 in: Die deutsche Marine. Historisches Selbstverständnis und Standortbestimmung" Herford, Bonn 1983, S171-189 hier zitiert nach "Der Erste Weltkrieg. Wirkung. Wahrnehmung, Analyse herausgegeben von Wolfgang Michalka im Auftrag des Milrtägeschichtlichen Forschungsamtes, S.358, München 1994.

Das sind ganz gewiss keine fragwürdigen, zweifelhaften Quellen.
 
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Hallo Turgot,

gemeint war nicht diese mystische "Reinkarnation der Marine" für den späteren Krieg, sondern die Erfolgsaussicht des Operationsplan. Hier etwas anderes angesicht der Grand Fleet zu sehen, halte ich für hanebüchen.

Noch zu den Motiven:

"Unter diesem Eindruck hat Trotha, als Chef des Stabes des Hochseekommandos, am 6. Oktober seine „Überlegungen in ernster Stunde" verfaßt, die am folgende Tage vom Flottenchef gebilligt und schließlich am 8. Oktober der SKL übersandt wurden. Sie lauten:

„1). Auch jetzt muß allen anderen Überlegungen vorangehen: ,Wie kann der Ubootskrieg in stärkster Wirkung erhalten werden'.

2). Die Erfüllung dieser Hauptforderung verlangt von der Flotte Sicherung der Minensuch bzw. räum- und Geleitaufgaben. Deckung der Ubootstützpunkte in der Nordsee. Allgemeiner Rückhalt für unsere Stellung in der Nordsee und Dänemark gegenüber.

3). So ist die Flotte durch den Ubootskrieg gebunden; ein Vorstoß der gesamten Hochseestreitkräfte, um einen Erfolg auf dem Wasser zu suchen, auch auf das Risiko des vollen Einsatzes hin, würde das Aufgeben der Grundlage für den U-Krieg bedeuten.

4). Ein solcher Einsatz kommt daher nur in Frage:
a. wenn der Gegner in die Deutsche Bucht oder in die Belte einbricht.
b. wenn der Ubootskrieg völlig aufgegeben wird.
c. wenn eine schwere Schädigung der englischen Seemacht mehr Vorteil für uns verspricht als die Weiterführung des U-Krieges oder
d. unsere Flotte sonst einem schmachvollen Ende entgegengeht.

5). Der Flotte steht ein solcher Schlußkampf als höchstes Ziel vor Augen, um nicht diesen Krieg beschließen zu müssen, ohne daß die in ihr steckende nationale Kraft voll zur schlagenden Wirkung gekommen ist.

6). Aus einem ehrenvollen Kampf der Flotte, auch wenn er ein Todeskampf wird in diesem Kriege, wird — wenn unser Volk nicht überhaupt national versagt — eine neue deutsche Zukunfts-Flotte hervorwachsen; einer durch schmachvollen Frieden gefesselten Flotte ist die Zukunft gebrochen.

7). Die Entscheidung über diese Fragen muß von höchster Stelle erfolgen. Die Hochseeflotte ist in diesen letzten Stunden des Krieges ein so wesentlicher Faktor der staatlichen Kraft, daß der Flottenchef von seinem Standpunkt aus nicht ohne Weiteres bestimmen darf, wann der Augenblick kommt ihn auszuspielen. T6/10."

VfZ 1966, Wilhelm Deist: Die Politik der Seekriegsleitung und die Rebellion der Flotte Ende Oktober 1918, S. 352-353.
 
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