Die Wut der arabischen Welt

Dieter schrieb:
Aus vielerlei religiösen und sozialen Gründen konnte oder wollte die islamische Statenwelt diese westliche Entwicklung nicht nachvollziehen, die natürlich auch mit einer Säkularisierung des Lebens einherging.

Das führte aber – neben anderen Faktoren – zu der negativen wirtschaftlichen Entwicklung, die man heute beobachten kann, und deren Folge die Armut breiter Bevölkerungsschichten ist. Das wiederum ist ein unerschöpfliches Reservoir für die Al-Kaida.

Den Reichtum des Westens mit der Aufklärung gleichzusetzen halte ich für weit hergeholt. Ebensowenig sind arabische Staaten deshalb arm, weil sie sich nicht "aufklärerischem Gedankengut" bemächtigten. Das ist mir ehrlich gesagt zu kurz gegriffen.

Und bitteschön (das aber nur nebenbei): Terrorismus hat nichts, aber auch gar nichts mit Armut zu tun!
 
Es geht hier nicht um Verurteilungen oder moralische Wertungen, sondern lediglich um die Frage, welche Faktoren die ökonomische, militärische und wissenschaftliche Vorherrschaft des Westens begründeten. Eine solche nüchterne Bestandsaufnahme muss doch möglich sein.

Die emotionalen Auslassungen von Irene sind dabei wenig hilfreich und tragen substantiell nichts bei.
 
Dieter schrieb:
Es geht hier nicht um Verurteilungen oder moralische Wertungen, sondern lediglich um die Frage, welche Faktoren die ökonomische, militärische und wissenschaftliche Vorherrschaft des Westens begründeten. Eine solche nüchterne Bestandsaufnahme muss doch möglich sein.

Die emotionalen Auslassungen von Irene sind dabei wenig hilfreich und tragen substantiell nichts bei.


Ich bin völlig frei von Emotionen, ich betrachte immer jedes Ding objektiv und versuche rational zu beurteilen, wenn du Fakten aufschreibst, die deiner Meinung nach zum höheren Stand des Westens geführt haben, muss es gestattet sein, darauf hinzuweisen, dass da Lücken vorhanden sind, da die gleichen Symptome, die du den arabischen-islamischen Ländern zuweist, in Ländern des Westens ebenso vorhanden sind und umgekehrt.
 
Alexandros schrieb:
da gibt es mit Sicherheit Quellen. Mal eben schnell:

"Eine praktische Zahl erfanden erst die Inder mit Einführung eines Zeichens für Null, das allen früheren Zahlen fehlte und eine Zahl, zu der man es fügt, verzehnfacht. Diese Zahl gelangte nach Vermittlung der Araber nach Europa."

aus: Kröners Wörterbuch der Antike


Danke. Die Vorstufe kannte ich nicht.:)

@Dieter
Die Wut der arabischen Welt basiert nicht zuletzt auf Diskussionen dieser Art, wie sie von dir geführt wird. Anstatt sich mit allen vorhandenen Fakten zu beschäftigen, kommt bei solcher Art von Diskussion immer nur eines rüber. Der Westen hat den Stein des Weisen, der Westen weiß, welches Ziel richtig ist, wie man dieses Ziel erreicht und der Westen hat alles aus sich selbst heraus erreicht. Und so wird leider auch oft in den Medien diskutiert. Und das ist historisch und auch politisch gesehen falsch und führt nicht zur Verständigung und gegenseitigem Verstehen, sondern zur Verschärfung der Problematik.
 
Ich habe versucht mit nüchternen Fakten zu beschreiben, welche Faktoren nach meiner Meinung wesentlich zur westlichen Vorherrschaft beigetragen haben. Wenn du andere als die von mir angeführten siehst, dann liste sie bitte ohne moralische Verurteilungen auf.
 
Dieter schrieb:
Ich habe versucht mit nüchternen Fakten zu beschreiben, welche Faktoren nach meiner Meinung wesentlich zur westlichen Vorherrschaft beigetragen haben. Wenn du andere als die von mir angeführten siehst, dann liste sie bitte ohne moralische Verurteilungen auf.

Ich hatte weiter oben schon geschrieben, dass die von dir genannten Fakten gleichermaßen für den Westen als auch für einige arabisch-islamische Staaten zutreffen und, dass die von dir als negativ genannten Faltoren im Islam ebenfalls für beide Seiten zutreffen. Sie können also nicht als maßgebliche Faktoren für die Vormachtsstellung des Westens so benannt werden. Gründe für die Vormachtstellung u. die Vormachtstellung selbst sind auch nicht maßgeblich für den Zorn der arabischen Welt. Dieser Zorn hat vielschichtige Ursachen, die weiter oben auch schon von anderen beschrieben wurden. Und um den Zorn geht es ja in diesem Thema.
 
Was die 'arabischen' Zahlen und die Null angeht: ich habe gelernt, wie es hier geschrieben wurde, dass die Zahlen aus "Indien" zu den Arabern kamen, aber entgegen dem was hier geschrieben wurde, dass die Null eben eine arabische Erfindung sei.
Was den gewaltbereiten Islamismus und Armut anbelangt: sicher, Armut ist nicht grundsätzlich die Wurzel für Terrorismus, noch ist jeder, der sich dem gewaltbereiten Islamismus anschließt oder damit sympathisiert aus armen Verhältnissen. Usama bin Ladin ist ja das beste Beispiel dafür. Aber es ist doch auffällig, dass sich die 'Kämpfer' und Sympathisanten innerhalb der arabischen Welt besonders aus den Armenvierteln rekrutieren, wie in Ägypten, Palästina, im Libanon oder in Marokko. Wir können das auch außerhalb Arabiens in der islamischen Welt beobachten. Außerhalb der islamischen Welt sind es dagegen häufig gebildete Personen aus den Mittelschichten involviert, wie wir vor 5 Jahren gesehen haben.
 
Gruss an die Runde!

Was mir noch schnell zu Thomas von Aquin einfällt: Der Bezug zu Aristoteles, den er nur deshalb kommentieren konnte, weil dieser vorher im muslimischen Spanien übersetzt worden war. Dort hatte einige Jahrhunderte zuvor auch ibn Rushd / Averoes dicke Kommentare über den griechischen (also europäischen???) Philosophen geschrieben.


Zum Thema arme Völker fangen keine Kriege an (Verzeihung, wenn das hier allzu frei war): Die Fähigkeit und der Wille zum Kriegführen ist doch eher eine Frage der Macht, die dann mit aggressivem Handeln den Krieg ergibt. Oft ist doch gerade Armut oder das Überleben ein Grund für Konflikte?

Mongolen, Germanen und Araber mögen im Vergleich zu den Reichen (Ländern), die sie zerstörten, eher arm gewesen sein.


Überlegenheit / Unterlegenheit von Kulturen
: Es ist immer wieder zu sehen, dass es seit den Pharaonen zwischen allen benachbarten Völkern und darüber hinaus zum Austausch und zur Weitergabe von Gütern materieller wie geistiger Art gekommen ist, so wie auch der o.g. Aristoteles seine Vorläufer (Platon, Sokrates, Sophisten) hatte, die sicher auch nicht der "Urquell" des Wissens gewesen sind.

Eine Erkenntnis der (zeitweiligen) geistigen Unterlegenheit gegenüber dem Westen gibt es in der intellektuellen islamischen Welt in moderner Form seit dem 19. Jh. Die muslimischen Aufklärer (jaja, Aufklärung hat nicht stattgefunden im Islam) waren sich einig darüber, dass der Islam wie das Christentum einer Erneuerung bedürfe.
Der Rest würde den Rahmen endgültig sprengen.

wie immer
 
Eine kleine Korrektur, nimm´s mir nicht übel:

immer so schrieb:
Was mir noch schnell zu Thomas von Aquin einfällt: Der Bezug zu Aristoteles, den er nur deshalb kommentieren konnte, weil dieser vorher im muslimischen Spanien übersetzt worden war. Dort hatte einige Jahrhunderte zuvor auch ibn Rushd / Averoes dicke Kommentare über den griechischen (also europäischen???) Philosophen geschrieben.
 
Irene schrieb:
Wenn ich mich jetzt richtig erinnere, war Hildegard von Bingen eine Grafentochter- wo es schon schwierig wird mit deiner These, denn aus dem Adel an sich dürften alle Äbtissennen stammen, dann gab es Klöster, in denen die Witwen und Töchter von Kaisern residierten, von Gleichberechtigung des des weiblichen Geschlechtes kann man da wohl noch nicht mal ausgehen. Geschweige denn Gleichberechtigung der Geschlechter an sich. In einem Kloster für Nonnen konnte auch schlecht ein Mann Abt sein.

Also zumindest den adligen Frauen hat man zum Teil mehr Rechte zugestanden, als man allgemeinhin denkt:
Die Äbtissinnen der zehn freiweltlichen Damenstifte verfügten seit dem 13. Jahrhundert über Sitz und Stimme auf dem Reichstag, hatten alle Rechte und Pflichten einer Reichsfürstin (zum Beispiel Gerichtsbarkeit, Steuerrecht, Gesetzgebung, Münzprägung, Heeresfolge) und waren nur dem Kaiser untertan. Sie erhielten ihr Amt allerdings nicht wie weltliche Monarchen durch Erbfolge, sondern durch Wahl ihres jeweiligen Konvents. Anschließend wurden sie vom Papst in ihrem geistlichen Amt, das mit quasibischöflichen Funktionen verbunden war, und vom Kaiser in ihrem weltlichen Amt bestätigt.
Sechs Soldaten müssen genügen

Gruß
Cassandra
 
So, bevor ich mir diesen Thread reinziehe, will ich euch die Möglichkeit geben, die Thesen bzw. Erklärungen des Bernhard Lewis in Auszügen selber zu lesen.

Ich habe ein 28 seitiges Dokument (ich glaube) eines Vortrages gefunden. Ich weiß aber nicht mehr den Originallink, also habe ich ihn auf einen One-File-Hoster geuppt.




WHY SO MANY MUSLIMS DEEPLY RESENT THE WEST, AND WHY THEIR BITTERNESS WILL NOT EASILY BE MOLLIFIED
BY BERNARD LEWIS

http://www.filefactory.com/file/c3278c/

Hier einige Überschriften:

The Rise of the House of Unbelief

IN Islam the struggle of good and evil very soon acquired
political and even military dimensions. Muhammad, it will
be recalled, was not only a prophet and a teacher, like the
founders of other religions; he was also the head of a polity
and of a community, a ruler and a soldier...

Some Familiar Accusations
Among the components in the mood of anti-Westernism,
and more especially of anti-Americanism, were certain
intellectual influences coming from Europe. One of these
was from Germany, where a negative view of America
formed part of a school of thought by no means limited to
the Nazis but including writers as diverse as Rainer Maria
Rilke, Ernst Junger, and Martin Heidegger...

A Clash of Civilizations
THE origins of secularism in the west may be found in two
circumstances -- in early Christian teachings and, still more,
experience, which created two institutions, Church and
State; and in later Christian conflicts, which drove the two
apart. Muslims, too, had their religious disagreements, but
there was nothing remotely approaching the ferocity of the
Christian struggles between Protestants and Catholics,
which devastated Christian Europe in the sixteenth and
seventeenth centuries and finally drove Christians in
desperation to evolve a doctrine of the separation of religion
from the state....

So, dass war's erstmal.
Ciao, lynxxx
 
Im Polen gibt es auch "islamische" Minderheit - etwa 31 000 Menschen. Ich habe das mit "" geschrieben, weil heute nur 5 000 von ihnen weiter die Mosleme sind. Die polnischen Tataren. Sie wohnen in nord-ostlichem Polen als sehr hermeische Gruppe. Die ersten von ihnen sind nach Polen in XIV/XV Jhdt. aus Krymm Halbinsel gekommen. Sie waren immer die politischen Gegner des krymmeren Khans. Sie wurden gern besiedelt, weil sie wunderbare Soldaten waren. In z.B. 1410 am Grunwald (Tannenberg) haben die Tataren unter Dzelal el Dinn gegen dem Deutschen Orden gekampft. Die Tataren haben keine Steuern bezahlt, aber mussten sechs eigene Regimente haben und im jedem Moment fertig sein. Die letzte rein tatarische Einheit, der 1. Schwadron des 13. Wilner Ulanen Regiments, wurde in 1939 vernichtet. A propos: das Wort "Ulan" ist mongolich und bedeutet "der Reiter" oder "der Held" (Ulan Bator in Mongolien - "der Rotte Held" ). So genannte "polnische Schule der Reiterei" hat doch deutliche tatarische Grunde (die spezifische Vorbereitung des Pferdes).
Im Mittelalter wurden polnische Tataren "die Lipken" genannt, was von dem deformierten tatarischen Namen "Lipka Tataruar" (die Tataren aus Lithauen). Die Lipken waren im Polen sehr respektiert aber auch flaisig beobachtet. Konige Władysław Jagiełło, Zygmunt August, Zygmunt III Vasa und vor allem Jan Kazimierz in XVII J. haben die tatarischen Familien zu Adelstand mitgenomen und viele wichtige Vorrechte den Tataren gegeben. Jan Kazimierz war fur Tataren freundlich, weil sie die gnadlosen Kriege gegen... anderen Tataren organisiert haben, die das Polen regelmasig angegriffen haben. Die Tataren haben dem Polen Treue gehaltet, obwol ihre Vorrechte viel Neid bei dem polnischen Adelstand produziert haben. Aufstand der fest entschlossenen Tataren wurde blutig gebrochen. Die Tataren wurden langsam polonisiert. Die meisten von ihnen sind Katholiken geworden, besonders in der Ende des XVII Jhdt. Heutige polnische Namen Aleksandrowicz, Ordonowicz, Dawidowicz, Abramowicz, Abdugajewicz sind rein tatarisch. Was interessant ist - die tatarischen Dokumente und Bucher (auch Koran!) aus XVI-XVIII J. sind mit dem arabischen Alphabet aber auf altpolnisch geschrieben! Das zeugt sehr gut der Stand ihrer Polonisazion. Heute haben die Tataren im Polen ihrer eigenen Bund (mit Professor Selim Chazbijewicz als der Vorsitzende), sprechen polnisch, aber sind im Teil weiter islamisch. In der polnische Kuche sind die Speisen "schaschlyk", "tatar" (mniam!!!!), Knoblauch-Soße (bleee...) seit Jahrhunderten anwesend.
Ich habe das so lang ung langweilig beschrieben, um zu beweisen, dass die volle Integrazion der islamischen Minderheit moglich ist, weil es ein Beispiel gibt. Ich wohne aber etwa 100 Meter von dem Studentenheim, wo die arabischen Studenten wohnen. Das sind die Leute des ganz anderen Mentalitats als die Mosleme, die hier seit Mittelalter leben. Meine Koleginen haben die Araben geheiratet und das hat sich immer schlimm beendet... Die Kontakte zwiechen beiden Gruppen der Mosleme kann man auch nicht als "intensive" bezeichnen.
 
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