Den Frankfurter Friedensvertrag (1871) kann man unter
www.documentarchiv.de nachlesen.
Dessen Art. 2 Abs. 1 sah die Möglichkeit vor, sich bewußt für die Zugehörigkeit zu Frankreich zu entscheiden. Doch wer sich für Frankreich entschied, musste seine Heimat verlassen und nach Frankreich umziehen. Diese Bestimmung, die Repo für den Ausdruck von Liberalität hält, wurde von Frankreich bei den Verhandlungen durchgesetzt. Der deutschen Seite konnte es nur recht sein, wenn sich möglichst viele frankophile Elässer und Lothringer für eine Auswanderung nach Frankreich entschieden.
Bis zum Ende der Optionsfrist (1.10.1872) wurden 60.000 Optionen für 161.000 Personen (= 10% der Bevölkerung des Elsasses) abgegeben. Vielen der 161.000 Optanten fiel es - verständlicherweise - schwerer die eigene Heimat zu verlassen als die Optionen bei den Behörden abzugeben. So wanderten nur ca. 50.000 Personen nach Frankreich ab. Die Optionen der anderen 111.000 Personen, die ihre Heimat nicht entsprechend dem Friedensvertrag verließen, wurden von den Behörden annulliert (Stefan Fisch, Das Elsass im deutschen Kaiserreich (1870/71-1918), in: Michael Erbe (Hrsg.), Das Elsass. Historische Landschaft im Wandel der zeiten, 2002, S. 125).
Während der Repressionspolitik des Ersten Weltkrieges wurde das im Reichsland befindliche französische Immobilienvermögen in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht beschlagnahmt und zwangsverwaltet. Darüberhinaus wurde ähnlich der gegenüber den Polen verfolgten Germanisierungspolitik versucht, dieses Vermögen völkerrechtswidrigerweise an zuverlässige Deutsche zu übertragen (vgl. Stefan Fisch, aaO, S. 145).
Nachdem Elsass-Lothringen 1918 wieder zu Frankreich kam, stellte sich erneut die Frage nach der Staatsbürgerschaft der Bevölkerung; diesesmal in umgekehrter Richtung. Freilich hatte die französische Regierung bei dieser Frage keine Probleme mit der frankophilen Bevölkerungsmehrheit; dafür aber mit jenem Teil der Bevölkerung, den sie zu Recht für deutschfreundlich hielt: die nach 1870 aus Deutschland zugewanderten Deutschen und deren Nachfahren. Diese Gruppe wurde von der alteingesessenen elsass-lothringischen Bevölkerung gemieden, da sie sich aus den unbeliebten Beamten und Soldaten der neuen Obrigkeit zusammensetzte oder einfach nur aus lästigen wirtschaftlichen Konkurrenten bestand. Im Reichsland lebten Alteingesessene und Zuwanderer zumeist in Parallelgesellschaften nebeneinander her. Vor diesem Hintergrund stieß die französische Politik, diese Gruppe aus dem ehemaligen Reichsland zu vertreiben, eher auf die Zustimmung der Alteingesessenen als auf deren Ablehnung.
Auch im Ausland wurde Frankreichs "Ausweisungs-"Politik akzeptiert. Die Siegermächte des Ersten WK bewerteten die 1871 erzwungene Abtretung als Unrecht mit der Folge, dass Frankreich die "früheren rechtmäßigen Zustände wiederherstellen" und die nach 1870 erfolgte Zuwanderung von Deutschen rückgängig machen durfte. Diese Sichtweise liess keinen Platz für ein individuelles Recht auf Heimat und nach dem harten vierjärhigen totalen Krieg war wohl auch kein "Mitleid" mit dem deutschen Feind im eigenen Land zu erwarten.