Ethnogenese der Deutschen.

Witiko, recht hast du, dass sehr viel Ideologie einfließt: hier zum Beispiel wird eine in der römischen Kaiserzeit verehrte Muttergottheit, von der es keinen Nachweis ihrer Existenz in keltischer Zeit gibt,
zu einer österreichischen Landesgöttin umgebogen - das Noricum breitete sich zwar kurz nach der Niederlage der Boier gegen die Daker 60/59 v.Chr. weiter nach Norden aus, es war jedoch nie "gesamtösterreichisch". Zusätzlich ist diese "erfundene Landesgöttin" wahrscheinlich eine römische Schöpfung, und keine altkeltische Gottheit, die der Interpretatio romana unterworfen wurde:
"Der Kult der Noreia ist inschriftlich seit Claudius nachweisbar. Ein erster Tempel wurde am ehesten unter den flavischen Kaisern, möglicherweise bereits früh unter Vespasian (69–79), errichtet, wenn die Zuweisung der Architravinschrift vom Ulrichsberg an Hohenstein akzeptiert wird. Dieser könnte durchaus noch innerhalb des umfriedeten Platzes errichtet worden sein, insbesondere, wenn der der Noreia gewidmete Zugangsbrunnen nach dem Fundort seiner Weihinschrift tatsächlich an der Westseite des Platzes vor der an diesen angebauten Halle lag. Unter Hadrian kam es zur Hervorhebung des Noreiakultes und zu seiner räumlichen Absetzung durch den Bau eines in seinen Abmessungen immer noch bescheidenen Podiumstempels mit dreiseitiger Hofhallenanlage außerhalb des seit fast einem Jahrhundert bestehenden Temenos. Bei beiden Tempelbauten fungierten procuratores Augusti oder ihnen nahe stehende Personen als Bauherren. Frühestens unter Vespasian wurde Noreia, wohl als politische Loyalitätsadresse, mit Isis in Verbindung gebracht, später wurde von der Eisengrubenverwaltung diese Gleichsetzung, vielleicht wegen der besonderen Funktion der Isis als Schutzgöttin des Bergbaues, übernommen. Die Verbindung von Noreia und Isis blieb aber auf diese beiden speziellen Fälle beschränkt und fand in zeitgleichen oder jüngeren Weihungen anderer Stifter keine Nachahmung.
Alle bisher aus Inschriften bekannten Kultträger waren ortsfremde Angehörige der Reichsverwaltung bzw. des Militärs oder gehörten zu den mit der Provinzverwaltung eng verquickten Familien, die die Zoll- und Eisengrubenpacht innehatten. Unter den Verehrern der Noreia lassen sich somit keine Privatpersonen und niemand, der in irgend einer Weise als einheimischer Noriker zu bezeichnen wäre, nachweisen. Zum offiziösen Charakter der Inschriften passt, dass keine (Ehe)-Frauen und Kinder begegnen und auch nicht — wie sonst regelmäßig nachweisbar — als Mitweihende genannt werden.
Die Einstellung des Kultbetriebes in Hohenstein fand frühestens in der zweiten Hälfte des 2. Jh.s statt; aus späterer Zeit konnten keine datierbaren Kultobjekte festgestellt werden. Dieser Umstand könnte mit der Abwanderung der meisten Reichsbeamten von Virunum nach Lauriacum, an die Donaugrenze, in den letzten Jahren der Regierungszeit des Marcus Aurelius zusammen hängen. Im Zuge der Markomannenkriege war ab 171 n.Chr. in Noricum die legio II Italica stationiert worden, die zuerst in Locica in Nordslowenien, dann in Albing an der Ennsmündung ihr Lager hatte und spätestens um das Jahr 200 ihren endgültigen Stationsort Lauriacum bei Enns bezog. Ihr Kommandant war nunmehr gleichzeitig auch Provinzstatthalter. Außerdem wurden im Zuge einer Verwaltungsreform die Zoll- und Bergwerkspacht abgeschafft und diese wichtigen Einnahmequellen unter direkte staatliche Verwaltung gestellt. Damit wurde dem Noreiaheiligtum sein Publikum – römische Militärs, Beamte und Pächter – entzogen.
Dafür sind von verschiedenen Militärangehörigen – einem Tribun, einem Centurio, Reiterdecurionen, Benefiziariern, kaiserlichen Gardereitern – sowie kaiserlichen Zollsklaven von der Mitte des 2. bis zur Mitte des 3. Jh.s, im Territorium von Celeia, am Inn in Oberösterreich, in Rom selbst und sogar in der Provinz Mauretania Caesariensis, wo vorübergehend in Noricum stationierte Truppen tätig waren, Weihinschriften für Noreia gesetzt worden. Dies zeigt, dass sich die römische Verwaltung und vor allem die Armee in Noricum neben ihren angestammten Gottheiten unter den speziellen Schutz der Noreia gestellt hatte und diese Tradition auch nach der Verödung des Heiligtums in Hohenstein weiterführte."
Unbenanntes Dokument

Ich würde die ideologische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit einer esoterischen oder nationalistischen Strömung nicht unterschätzen. Auch das Noricum ist schon ganz rechts angekommen, unten Mitglieder der identitären Bewegung Österreich 2018 bei einem Rechtsrock-Festival der Partei "Die Rechte"
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100% typisch deutsch sehen die aber auch nicht alle aus.
 
100% typisch deutsch sehen die aber auch nicht alle aus.
Na ja, was ist schon "100% typisch deutsch"?
Früher galt bekanntlich folgender Merkspruch, wie ein typischer Deutscher aussehen soll:
"Blond wie Hitler, groß wie Goebbels und schlank wie Göring"
Vielleicht sehen sich die Leute ja als Noriker.
Das ehemalige Noricum ist sprachgeschichtlich eine überaus interessante Gegend.
- Die ältesten überlieferten Ortsnamen weisen auf eine nicht mehr direkt (schriftlich) fassbare, "alteuropäische" (vorkeltische) Sprache hin, die man früher den "Illyrern" zugeordnet hat.
- Dann kommt eine Schicht keltischer Ortsnamen. Die Noriker müssen irgendwann mal keltisch gesprochen haben.
- Dann kamen die Römer. Die Noriker wechselten zum Latein.
- Im 6. Jahrhundert kamen die Slawen. In den meisten Gegenden sprach man nun slawisch. (Aus dieser Zeit stammen auch noch viele Ortsnamen.)
- Durchgesetzt hat sich dann aber fast überall das Bairische. Nur in einigen Gegenden Kärntens und der Steiermark wird bis heute Slowenisch gesprochen.
 
Wir hatten auch das preußische Reich. War das nicht was deutsch-polnisches?
Das war doch auch ein Schmelztiegel. Oder?


Gruß Sandy
 
Es gibt ja keine harte Sprachgrenze zwischen "Französisch" und "Provençalisch"

Das habe ich auch nicht behauptet. Nun ist aber Provençalisch auch nicht gleichzusetzen mit Parisisch-Staatsfranzösisch. Sowohl (Aus-)Sprache als auch Kultur und Geschichte Okzitaniens (Langue d'oc) unterscheiden sich ziemlich deutlich von (Aus-)Sprache, Kultur und Geschichte nördlich der Loire (Langue d'oïl). Das werte Forum wird ja sicherlich wissen, dass das Languedoc erst im XIII. Jhd. der französischen Krone einverleibt wurde, also etwa um die gleiche Zeit, als Wales englisch wurde. In Wales wird auch heute noch in weiten Teilen des Landes munter Walisisch gesprochen. In Okzitanien hat es nach der Revolution eine uniformisierende Sprachpolitik vereitelt, dass sich diese schöne Sprache mehrheitstauglich gegen das Französische behaupten konnte.

Der zweisprachige Provençale aber, den Riothamus als Beispiel für seine These anführt, Sprache habe in Hinsicht auf ethnische Identität keinerlei Bedeutung, ist also in Wirklichkeit sehr wohl berechtigt, sich als zwei verschiedenen Kulturen angehörig zu betrachten. Nicht zuletzt aufgrund seiner vom Staatsfranzösischen relativ unabhängigen Sprachtradition.
Ich kenne übrigens einen solchen zweisprachigen Provençalen persönlich; mit dessen Identifikation als »Franzose« ist es nicht besonders weit her. Aber das nur am Rande...

In diesem Fall haben wir ein Dialektkontinuum, das von Portugal bis Belgien läuft, mit Sprachen wie Portugiesisch-Galicisch-Asturisch-Kastilisch-Aragonesisch-Katalanisch-Okzitanisch-Frankoprovenzalisch...Ist das nach sprachlichen Kriterien jetzt alles ein "Volk"? Oder sind es doch mehrere Völker, und wenn ja - wie viele?

Dazu müssen wir uns erst einmal über die Bedeutung des Wortes »Volk« einig sein. Der Duden schlägt folgende Definition vor:

  1. durch gemeinsame Kultur und Geschichte [und Sprache] verbundene große Gemeinschaft von Menschen
  2. Masse der Angehörigen einer Gesellschaft, der Bevölkerung eines Landes, eines Staatsgebiets

Es ist offensichtlich, dass Portugiesen und Belgier weder nach 1. noch nach 2. ein gemeinsames Volk bilden. Es müssen also mehrere Völker sein.

Da zum Zeitpunkt der Herausbildung moderner europäischer Staatengebilde (also im Mittelalter) das ethnisch-sprachliche Kriterium nur eine untergeordnete Rolle spielte, können wir Definition Nr. 2 auslassen und Volk nur nach gemeinsamer Kultur, Geschichte und Sprache definieren.
In dem Sinne gibt es also heute z. B. in Spanien mehrere Völker, etwa Galizier, Asturier, Katalanen, usw.

Moderne Staaten wie Frankreich oder Spanien sind eben keine nationalen (provinziellen), sondern imperiale (universalistische) Wesenheiten, in der Tradition des römischen Reiches also, als dessen Nachfolger sich sowohl der französische als auch der spanische Thron, driekt oder indirekt, begriffen haben.

Ob eine regionale Sprachvarietät als "Dialekt" oder als "eigene Sprache" definiert wird, ist immer eine politische Entscheidung.

Durchaus. Ich bin aber nicht sicher, ob du bei einem Ukrainer lächelndes Wohlwollen auslöst, wenn du Ukrainisch als »regionale Sprachvarietät« des Russischen definierst.

Wichtig ist es trotzdem, zwischen einer Sprache und ihren Trägern zu unterscheiden. Eine Sprache kann aussterben, obwohl sich die Nachkommen ihrer Träger weiter munter fortpflanzen.

Auch umgekehrt wird ein Schuh draus: die heutigen in der Türkei lebenden Menschen sind fast alle Nachkommen von byzantinischen Reichsbürgern (Griechen, Armenier, Georgier, Syrer, usw.). Genetisch gesehen ist der Anteil der Altaï-Türken in der Türkei verschwindend gering.

Der Bereich der Jastorf-Kultur käme dann lediglich als sekundärer "Expansionsraum" in Frage, nicht jedoch als germanische "Urheimat".

Nun ja, es ging ja auch nicht um die Frage nach der »Urheimat«, sondern generell um den Siedlungsraum der (Proto-)Germanen.

Udolph definiert hier "Kelten" nach sprachlichen Kriterien. Archäologisch gesehen, lebten in Hessen eindeutig Träger der keltischen Kultur. Offensichtlich waren die sprachlichen Grenzen und die kulturellen Grenzen zwischen "Kelten" und "Germanen" nicht deckungsgleich.

Das liegt vermutlich daran, dass keltisches Handwerk, Kunstobjekte, Wertgegenstände bzw. keltische Kultur ganz allgemein in hohem Ansehen standen, und daher Gegenstand regen Handels waren.

Dass es zwischen Germanen und Kelten zumindest in späterer Zeit erhebliche sprachliche, kulturelle und religiöse Unterschiede gegeben haben muss, zeigt z. B. eine Studie über Variationen im Y-Chromosom in den britischen Inseln. Aus dieser Studie geht hervor, dass die Angeln, Sachsen und Jüten, und später die wikingischen Dänen und Norweger die männliche keltische Bevölkerung Britanniens in weiten Teilen des Landes vertrieben oder töteten, und ihre Frauen zu Eheweibern nahmen. Aus allen historischen Zeugnissen dieser Zeit geht klar hervor, dass sich die einheimischen Kelten von den einfallenden Germanen abgrenzten; dass diese Invasion nicht friedlich ablief, wie man es bei zwei kulturell und sprachlich verbrüderten Ethnien erwarten würde, liegt auf der Hand, und wird von besagter Studie bestätigt.

Die Frauen der besiegten Kelten wurden also sexuell integriert, und die Männer getötet; das weist eindeutig auf unterschiedliche Götter hin, da diese den Stamm, die Polis repräsentieren. Fremde Götter sind innerhalb des patriarchalen Stammes nicht zugelassen. Antike Klanstrukturen wie Germanen- oder Keltenstämme, aber auch griechische Stadtstaaten, identifizierten sich über die jeweiligen Götter des Stammes oder der Polis.

Wieso wird hier eine antike gesamtgriechische Kultur samt Zusammengehörigkeitsgefühl nicht infrage gestellt, wenn gleichzeitig sich die Germanen lediglich als Einzelstämme verstanden haben sollen? Die Stammesgötter sind ja das Eine; dass man mit dem Nachbarstamm aber über einen deckungsgleichen Pantheon verfügt, gleiche Ideale, Bräuche und Sprache pflegt hat sowohl bei Griechen wie auch bei Germanen und Kelten zu einem Gemeinschaftsgefühl als Ethnos geführt.
 
Daraus, dass etwa Isländisch und Gotisch als germanische Sprechen bezeichnet werden, wird eine germanische Ethnie postuliert. Mit gleichem Recht kann man baskisch und estnisch als "europäische" Sprechen bezeichnen, niemand hat deshalb aus beiden ein einheitliches "Europa-Volk" machen wollen.

Estnisch (Finno-ugrisch) und Baskisch (ein Isolat) gehören zwei völlig unterschiedlichen Sprachfamilien an. Nicht so Isländisch und Gotisch (wobei es wenig Sinn macht, das heutige Isländisch mit dem lange ausgestorbenen Gotischen zu vergleichen); wenn man die Ähnlichkeiten zwischen den germanischen Sprachen betrachtet, etwa zwischen dem Gotischen und dem Altnordischen, da liegt es auf der Hand, eine gemeinsame ethnische Abstammmung zu vermuten. Bei Basken und Esten kann uns die Sprachwissenschaft in dieser Hinsicht nicht weiterhelfen.

Zur Entstehung "der Deutschen" könnte man anfügen, dass diese heute vermutlich nicht gäbe, wenn die fränkischen/karolingischen Erbfolgen nicht auf Teilung beruht hätten. Hätte jeweils nur der älteste geerbt, wären wir vermutlich Franzosen, bei sonst gleichen Genen und Kulturgewohnheiten.

Das halte ich für ausgesprochen unwahrscheinlich. Im westlichen Teil des Frankenreiches sorgten alte römische Staatsstrukturen, der Einfluss der (lateinischen) Kirche sowie eine stark romanisierte Bevölkerung dafür, dass der Adel letztendlich seine fränkische Sprache aufgab und somit aus der Francia occidentalis schliesslich Frankreich wurde.
Im östlichen Teil waren sowohl der Adel als auch die Bevölkerung germanisch, und römisch-lateinische Traditionen waren bei Weitem nicht so entwickelt wie im Westen. Es gab also nicht den geringsten Grund, selbst innerhalb eines ungeteilten Frankenreiches die romanischen Bräuche und Sprachen des Westens anzunehmen. Eine jakobinische Sprachunterdrückungspolitik wie im XIX. und XX. Jhd. in Frankreich vollzogen, wäre von Kaiser Karl dem Großen (der ja selbst fränkisch sprach) wohl eher nicht zu erwarten gewesen...

Dieser Einwurf von Stilicho gibt mir aber Gelegenheit zu einem kleinen Exkurs, der noch weiter verdeutlichen soll, wie sehr sich die Germanen als ihrem Stamm, ihrer Rasse zugehörig fühlten.
Jedem belesenen Menschen ist bekannt, dass zum Beispiel die Franken in Gallien, nachdem sie sich zur dominierenden Volksgruppe erhoben hatten, eine klare rechtliche Trennung zwischen dem fränkischen Adel und dem gallorömischen Plebs markierten. Wenn also ein Streit zwischen einem Gallorömer und einem Franken ausbrach, wandte man das römische Recht auf den Ersten an, das fränkische Recht aber auf den Zweiten. Im Falle eines Widerspruchs zwischen beiden Rechtssprechungen obsiegte die Lex salica. Im Zuge der Jahrhunderte vermischte sich der fränkische Kriegeradel immer mehr mit der gallorömischen Oberschicht; eine politische Allianz, die im Laufe der Zeit immer mehr an Gewicht zunahm. So sehr, dass zur Zeit Karls des Großen die Zahl der Mischlinge so groß war, dass das alte duale Rechtssystem, das wir gerade beschrieben haben, aufgegeben werden musste. Aber der Adel hielt dennoch stolz an seiner mehr oder weniger germanischen Herkunft fest, die er auch in einem exklusiven Sinne verstanden sehen wollte. Dies war der Ursprung des sogenannten Schwert-Adels (noblesse d'épée), der älteste, soldatische, erbliche Adel, als Gegenstück zum sog. Adel »des Gewandes« (noblesse de robe, Hofadel), welcher in der Renaissance aus der städtischen Oberschicht hervorging, als sich etwa reiche Kaufleute einen Adelstitel erkauften. Der Adel des Schwertes erklärte sich von »blauem Blut« (de sang bleu). Dies bedeutete, dass die Haut dieser Edelleute so weiß war, dass die Farbe der Venen blau hervortrat. Im Gegensatz dazu wies eine dunklere Haut auf einen gallo-römischen, lateinischen Ursprung.

Das fränkische Gesellschaftssystem basierte also auf einer Ideologie der rassischen Überlegenheit der Germanen. Und es sind die heidnischen altgermanischen Stammesreligionen, die dieser Mentalität zugrunde liegen. Dabei waren die Lombarden in Italien und die Vandalen in Nordafrika in ihren Beziehungen zu den eroberten Völkern noch viel radikaler als die Franken.

Dies bezeugt also ein gesamtgermanisches Überlegenheits-, und eben auch Gemeinschaftsgefühl; sonst hätten sich solche Verhaltensweisen kaum bei so "unterschiedlichen" Völkern finden lassen.

Quellen: Jean-Louis Harouel, Jean Barbey, Eric Bournazel, Jacqueline Thibaut-Payen, Histoire des institutions de l'époque franque à la Révolution, éd. Presses universitaires de France, coll. Droit fondamental, 9. Auflage, 2001.
Siehe auch : P. C. Timbal, Histoire des institutions et des faits sociaux, éd. Dalloz, 1966 (etwas veraltet zwar in Bezug auf das Hoch- und Spätmittelalter, bewahrt aber seine Gültigkeit bei der uns hier beschäftigenden Thematik).

Die unterschiedliche Einteilung stammt zunächst von Caesar: Alle unterworfenen Stämme waren Kelten ("ganz Gallien ist besetzt!"), alle anderen Germanen. Eine rein innenpolitisch motivierte Behauptung.

Eine "rein innenpolitisch motivierte Behauptung" ist also zwingend falsch?

Auch Tacitus muss man nun einmal mit großer Vorsicht hinzuziehen. Ein Römer der für Römer die römische Sicht beschreibt, seine Quellen sind meist nicht bekannt, wir wissen aber, dass viele seiner anderen Schriften stark politisch motiviert waren

Das trifft auf ungefähr sämtliche Quellen der Geschichte zu, von den Tontafeln Mesopotamiens bis hin zu CNN.
 
Dies bezeugt also ein gesamtgermanisches Überlegenheits-, und eben auch Gemeinschaftsgefühl; sonst hätten sich solche Verhaltensweisen kaum bei so "unterschiedlichen" Völkern finden lassen.

Jetzt habe ich es endlich verstanden. So sind zum Beispiel auch die Japaner eine "germanische Rasse", anders ist ihr Verhalten den chinesischen oder koreanischen Nachbarn gegenüber nicht zu erklären.
 
Stilicho, ich würde es vorziehen wenn du sachlich und argumentativ auf das was ich geschrieben habe eingingest.
 
Vielleicht habe ich mich ja nicht klar ausgedrückt. Was ich meinte war nicht, dass rassische Abgrenzung ein Eigenmerkmal germanischer Stämme ist... wobei ja wohl jedem klar sein dürfte, dass hier nicht die römisch-imperiale, universalistische Tradition fortgeführt wurde, sondern die alte Stammesgesellschaft als Modell wieder Oberhand gewann. Da wir sehr wohl wissen, dass sowohl Franken als auch Vandalen und Lombarden germanische Stämme waren, ist dieses Verhalten ein weiteres Indiz für eine gesamtgermanische Kulturgemeinschaft.

Es kann also keine Rede sein von ethnisch undifferenzierten Germano-Galliern, Germano-Kelten oder Germano-Römern, wie von einigen hier behauptet wird.
 
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Erstmal Danke für die Links, Biturigos.

Nach den Markomannenkriegen verschwand der Germanentopos fast gänzlich aus der römisch/byzantinischen Histographie.

Fast. Was ja übrigens nicht heisst, dass die Germanen sich nicht länger als kulturell verwandt ansahen.

Und in der Eigenwahrnehmung der germanisch Sprechenden? Warum führten die Franken ihre Origines auf Troja, die Burgunder auf die Römer, und die Goten auf ein mythisches Skandia zurück, und bezeichneten sich selbst nicht als Germanen?

Letzteres ist eher unerheblich. Die Finnen nennen die Deutschen ja auch saksalainen...
Und die trojanischen Ahnen der Franken kamen erst in der Renaissance ins Spiel, sind hier also auch nicht relevant.
Die "römischen" Ahnen der Burgunder sind im Kontext der Völkerwanderung zu sehen, und sind daher kein Indiz für eine "römisch-burgundische" Identität. Die Burgunder waren ethnische Germanen, die sehr wohl wussten woher sie kamen; sonst wäre es ja gar nicht nötig gewesen, sich römische Ahnen anzudichten. Gleiches gilt übrigens für die Franzosen der Renaissance.

Germanischsprechende begegneten den Menschen aus der geographischen Germania bei römischen Provinzialen in den linksrheinischen Provinzen und in der süddeutschen Provinz Rätien, als römische Auxiliareinheiten, Söldner und hohe Offiziere, wie Flavius Stilicho (also nicht "unser" Stilicho) oder Flavius Arbogast als römische Heermeister, verheiratet mit Römerinnen, mit römischen Müttern (Stilicho und Arbogast dem Jüngeren) - waren diese Germanischsprechenden in ihren Augen Römer oder "Germanen"?

Ich nehme an, sie waren in ihren Augen romanisierte Germanen. :p

Eine germanische Sprache sprechende Gruppen, Zuwanderer nach Rätien, germanisch (sprachige)-romanische Provinzialen,naristische, skirische, herulische, donausuebische und alamannische Elemente sowie Thüringer und Langobarden formierten sich zu den Bayern. Es gab vor allem im inneralpinen Bereich Romanen, die der bayrischen Rechtsgemeinschaft angehörten.Vom achten Jahrhundert an kennen die Quellen auch ›slawische‹ Bayern.

Nun ja, sicherlich haben bei der "bairischen Ethnogenese" verschiedene Völker mitgemischt. Das haben Ethnogenesen so in sich. Dass hier aber unter'm Strich zwischen germanischen Alamannen, Thüringern und Langobarden einerseits, romanischsprechenden Elementen und schliesslich Slawen andererseits unterschieden wird, zeigt ja schon dass es sich um distinkte Volksgruppen handelt. Dass sich also Thüringer und Langobarden näher standen als Slawen und Alamannen.


Klaus Tausend stellt in seinem Werk "Im Inneren Germaniens" fest, dass es fast keine Bündnisse zwischen den "Rhein-Weser-Germanen" und "Elbgermanen" gegeben hat, er analysierte alle aus den Schriftquellen bekannten Bündnisse und Foedus/Klientel-Verhältnisse zwischen den Stämmen. Sepiola erwähnt auch, dass die "Nordseegermanen" entweder neutral verblieben, oder sich auf Selbstverteidung beschränkten, oder sich sogar Rom unterwarfen, und sich den Konflikten zwischen Rom und dem Arminius-Bündnis fernhielten.

Wie gesagt, in Gallien haben sich auch nicht alle Stämme auf die Seite des Vercingetorix geschlagen. Das macht sie nicht zu Römern; und dass sich die gallischen Stämme mehrheitlich dem Vercingetorix anschlossen, weist auf ein gallisch-keltisches Zusammengehörigkeitsgefühl hin.
Warum sollte das auf dem anderen Rheinufer plötzlich ganz anders gewesen sein?
Desweiteren gab es gute politische Gründe, sich Arminius nicht anzuschliessen; es stand ja nicht fest, dass dieser obsiegen würde, bzw. nach der Varusschlacht war der Ausgang des Konflikts ungewiss.

Die Einteilung in verschiedene Kultverbände bei Tacitus und eingeschränkt Plinius, Kultverbände, die meiner Ansicht nach durchaus real waren, geschahen aus dem römischen Bedürfnis einen territorialen Raum ethnographisch zu ordnen. Gemeinsame Heiligtümer von Stämmen waren den Römern aus der eigenen Historie geläufig, ihres/ das der Latiner war das Heiligtum des Iuppiter Latiaris in den Albaner Bergen. Tacitus wollte seinen römischen Lesern den Status der gesellschaftlichen Entwicklung innerhalb der Germania nahebringen - ihr eigener Iuppiter war inzwischen vom an Naturerscheinungen verknüpften Himmelsgott zum Staatsgott mit Zentralheiligtum auf dem Kapitol geworden, auf den die griechische Mythologie des Zeus übertragen worden war.

Womit wir in gewisser Weise bei der indoeuropäischen Urmythologie/Dreifunktionalität angelangt wären. Diese Absicht des Tacitus mag es ja gegeben haben; erleichternd kam aber sicherlich der Umstand hinzu, dass es zwischen römischem und germanischem Pantheon durchaus reale Übereinstimmungen bzw. Äquivalenzen gab, wie dies auch im keltischen Gallien der Fall war.
 
Zuerst: ich hoffe einmal, dass du selbst nicht einer Rassenideologie anhängst - dann ist für mich jede Diskussion beendet.

Was genuin "germanisch" am fränkischen Königtum war, wird in der historischen Forschung kontrovers diskutiert:
ich hatte schon einmal einen Text von Matthias Becher eingestellt, der zum Beispiel die Kontroverse über den Rechtstatus des fränkischen Adels anhand der Quellen diskutiert - Erbadel oder doch ein Amt - und Dienstadel?

"Das zweite Problem sind unsere Quellen. Während die Lex Salica vor allem im Rahmen ihres Wergeldkatalogs das Bild einer relativ homogenen Gesellschaft ohne adelige Spitze zeichnet,
lassen etwa die Gedichte des Venantius Fortunatus auf die Existenz eines Adels schließen. Das Werk des Bischofs Gregor von Tours ist wiederum als Beleg für beide Thesen herangezogen worden. Die Archäologie schließlich kann bei der Auswertung von Grabfunden natürlich nicht auf rechtliche Verhältnisse schließen, kann aber doch die Erblichkeit von Reichtum, Kriegertum und dem damit verbundenen Ansehen wahrscheinlich machen. So halten Teile der jüngeren Forschung die Frage nach einem Adel im Rechtssinne für grundsätzlich falsch gestellt, doch es bleibt erklärungsbedürftig, warum die Lex Salica im Gegensatz zu anderen Leges kein Adelswergeld kennt, dafür aber die Antrustionen, die königlichen Gefolgsleute, und die römischen convivae regis mit einem dreifachen Wergeld auszeichnet.
Auf den ersten Blick führt dies zu dem schlichten Ergebnis: kein erblicher Adel bei den Franken, allenfalls eine Art Dienst- oder Amtsadel."

Becher fasst die Forschungsergebnisse zusammen, - und dies widerspricht genau deiner Auffassung, dass die Franken eine Stammesherrschaft einsetzten - die die germanischen Ursprünge ihrer Herrschaft widerlegen.
Viele Elemente, die als Beleg für ein fränkisches Sakralkönigtum hergehalten haben, wie Abstammungslegenden, die langen Haare der reges criniti, - die Nutzung des Reisewagens entpuppt sich als Übernahme des cursus clabularis hoher römischer Provinzialbeamter - brachen als Beleg genui germanisch-heidnischer Tradierungen weg. Einzig das Heerkönigtum, und teilweise das Gefolgschaftswesen, hält Becher für germanisches Erbe im römischen Kontext, etwa in den Gefolgschaften der römisch-germanischen Heermeister.
Er konstatiert dann aber:

"Die genannten Fakten zeigen eines überaus deutlich: Das fränkische Königtum entwickelte sich zwar aus einer inneren Dynamik heraus, stand aber in seiner konkreten Ausformung zumindest bis Childerich und Chlodwig deutlich unter römischem Einfluss. Wie andere führende Franken auch waren diese beiden nicht nur Herrscher über ihr eigenes Volk bzw. Teile desselben, sondern auch Anführer römischer Truppenverbände, auch wenn diese sich ganz oder teilweise aus Franken rekrutierten. Anders als zu Zeiten ihrer Vorgänger im 4. und in der ersten Hälfte des 5. Jahrhunderts hatte das Imperium allerdings seine Lebensfähigkeit verloren. Davon profitierten Childerich und Chlodwig, da sie sich von Untertanen zu Partnern Roms entwickelten. Aber römisch blieben die Bezüge, in denen sie sich bewegten: Sie beherrschten ehemalige römische Provinzen, ehemalige römische Untertanen und standen in einem – angesichts der räumlichen Entfernung – regen Austausch mit den römischen Kaisern, selbst als diese nur noch im Osten residierten."

Die fränkischen Kleinkönige, die eng mit der senatorischen und christlichen Oberschicht Galliens zusammenarbeiteten, ein Autor spricht gar von einer Symbiose-waren viel römischer, als sich das die ältere Forschung noch vorstellen konnte.

Unten der Text von Matthias Becher: Herrschaft im Übergang von Spätantike zum Frühmittelalter
https://journals.ub.uni-heidelberg.de/index.php/vuf/article/viewFile/18006/11818
Ganz unten der Siegelring Childerichs - zum Siegeln von lateinischen Verwaltungs- Dokumenten, in Latein die Aufschrift Childirici Regis, ohne jede ethnische Attributierung wie fränkischer oder germanischer König....
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Stilicho, ich würde es vorziehen wenn du sachlich und argumentativ auf das was ich geschrieben habe eingingest.

Es tut mir leid, aber die von mir zitierte Stelle fand ich noch den interessantesten Teil.
Bei den Ausführungen über Okzitaner, Portugiesen, Belgier, Ukrainer und Angelsachsen komme ich aus dem Kopfschütteln nicht heraus und erspare mir weitere Kommentare.
 
Man kann ja verschiedener Ansicht sein. Ich sehe aber keinen Anlass für deine überhebliche Haltung, zumal ausser Gemeinplätzen und sinnlosen Vergleichen à la Baskisch/Estnisch von dir bisher nichts kam.
Mit dieser Einstellung ist jede Diskussion von vornherein zum Scheitern verurteilt. Aber gerade in einem Geschichtsforum sollte man offen für andere Meinungen sein, da ja alles eine Sache der Interpretation ist und daher niemand (!) behaupten kann, im Besitz der alleingültigen historischen Wahrheit zu sein. Niemand ausser dir natürlich...
 
Es geht nicht um Meinungen.
Wenn du behauptest, Fredegar habe in der Rennaisance gelebt oder die finnische Bezeichnung für Deutsche anführst, ist das einfach Unsinn.
Portugal ist nicht mehrsprachig und niemand hat behauptet, ukrainisch sei ein Dialekt.
Usw. usf., so könnte man fast jeden Satz auseinandernehmen. Es ist müßig.
 
Was ich meinte war nicht, dass rassische Abgrenzung ein Eigenmerkmal germanischer Stämme ist... wobei ja wohl jedem klar sein dürfte, dass hier nicht die römisch-imperiale, universalistische Tradition fortgeführt wurde, sondern die alte Stammesgesellschaft als Modell wieder Oberhand gewann. [...] Es kann also keine Rede sein von ethnisch undifferenzierten Germano-Galliern, Germano-Kelten oder Germano-Römern, wie von einigen hier behauptet wird.
Hier kann ich nicht ganz folgen - bin aber, wie gesagt, beileibe kein Spezialist: Rassisch grenzten sich die Germanen also nicht ab, sagst Du. Bleiben Sprache und Kultur - oder noch anderes? Wie verhält sich denn die althergebrachte Stammesgesellschaft gegenüber jemandem, der die selbe Sprache spricht (oder willens ist, sie zu lernen), die selbe Lebensart und die selbe materielle Kultur zu schätzen weiß? Wo genau ist hier der Unterschied zur "universalistischen Tradition" Roms, wenn wir Abstammung (bzw. Rasse) nicht als Abgrenzung annehmen?
Da wir sehr wohl wissen, dass sowohl Franken als auch Vandalen und Lombarden germanische Stämme waren
Wissen wir denn, daß sich Franken, Vandalen und Langobarden selbst als "Germanen" sahen?
 
Natürlich geht es um Meinungen. Was für mich Sinn ergibt, ist für dich Unsinn; und umgekehrt. Wer hat nun die Wahrheit auf seiner Seite? Derjenige, der die besseren Argumente hat? Das kann trügen. Zwei gegenteilige Meinungen lassen sich auf mitunter gleichwertiger wissenschaftlicher Basis rechtfertigen.
Kommen dir denn nie Zweifel am eigenen Weltbild? Änderst du nie deine Ansicht? Falls doch, solltest du vielleicht deine selbstgerechte Haltung überdenken. Vielleicht kann ja selbst ein so unbedeutender, uninteressanter Fliegenfurz wie ich die eine oder andere neue Erkenntnis oder Sichtweise beisteuern.

Wenn du behauptest, Fredegar habe in der Rennaisance gelebt

Die Franken waren bis zu Chlodwigs Taufe Ende des V. Jhds. Heiden, die ihren Stammbaum auf Wodan zurückführten. Was Biturigos ansprach, also die "trojanische" Genealogie des französischen Königtums, wurde im Zuge der Christianiserung und Romaniserung übernommen, was sich, da hast du ganz recht, sich bereits mit der sog. Fredegar-Chronik zeigt. Aber so richtig populär wurde diese Abstammung erst in der Renaissance, als alles Griechisch-Römische wieder in Mode kam.
Das heisst nicht, dass die Merowinger, Karolinger und Kapetinger diese Genealogie ablehnten.
Aber vor Chlodwig (und um diese heidnisch-germanischen Franken geht es mir) wussten die Germanen vermutlich nicht einmal, wer oder was Troja überhaupt war.

die finnische Bezeichnung für Deutsche

Ja? Wo ist das Problem?

Portugal ist nicht mehrsprachig

Habe ich das gesagt?

niemand hat behauptet, ukrainisch sei ein Dialekt.

Ich schlage vor, du liest nochmal genau Sepiolas Beitrag.

Kurzum: den Kopf schütteln und irgendwelche elfenbeinturmhafte Attitüden an den Tag legen, ist leicht. Wenn man sich aber auf das etwas gefährlichere Eis des argumentativen Diskurses begibt, kann es passieren, dass man von demjenigen, den man auseindandernehmen wollte, selbst auseinandergenommen wird. Vielleicht lassen sich aber dadurch nicht ganz so müßige Erkenntnisse ableiten.
 
Fast. Was ja übrigens nicht heisst, dass die Germanen sich nicht länger als kulturell verwandt ansahen.
Du hast gelesen, in welchem Zusammenhang die Bezeichnung germanisch in der Historiographie noch auftauchte? Als gelehrter Bezug zu Julius Cäsar, in der Benennung einzelner Gentes, anderer aber nicht.
Welchen Beweis hast du denn, das sich germanisch sprechende Gentes in der Spätantike als zusammengehörig betrachteten?
Franken gegen Allamannen, gegen Westgoten, mit dem römischen Heermeister, auf seiten der Hunnen...


Letzteres ist eher unerheblich. Die Finnen nennen die Deutschen ja auch saksalainen...
Und die trojanischen Ahnen der Franken kamen erst in der Renaissance ins Spiel, sind hier also auch nicht relevant.
Die "römischen" Ahnen der Burgunder sind im Kontext der Völkerwanderung zu sehen, und sind daher kein Indiz für eine "römisch-burgundische" Identität. Die Burgunder waren ethnische Germanen, die sehr wohl wussten woher sie kamen; sonst wäre es ja gar nicht nötig gewesen, sich römische Ahnen anzudichten. Gleiches gilt übrigens für die Franzosen der Renaissance.
Ist der Grund, warum Herrscher wie Theoderich sich für sich und ihre Familie eine Genealogie zulegten nicht darin begründet, erstens gleichrangig zum oströmischen Kaiser zu erscheinen, jedenfalls nicht unterlegen, sondern auf Augenhöhe, und zweitens nach innen der eigenen Herrrschaft eine sakrale Würde und Weihe zu geben, damit diese gegen Konkurrenz unantastbarer wird?
Solche Konstruktionen waren für die Herrschaftslegitimierung durchaus relevant - kein germanischer Rex sagte, du Justian, ich komme übrigens aus Jastorf, und mein Urgroßvater war ein freier Bauer....

Ich nehme an, sie waren in ihren Augen romanisierte Germanen.
Sicher? War das römische Reich nicht multiethnisch, es ganz normal, etwa für eine römischen Auxiliarsoldaten, in Latein den Namen ihrer Gens einzumeißeln, und dann mit seinem hispanischen Freund in die Therme zu latschen?
Als Theodosius I. den Gotenkönig Athanarich nach Konstantinopel einlud, soll letzterer aus dem Staunen nicht mehr herausgekommen sein. Athanarich soll in Bezug auf die großen und prachtvollen Gebäude und Straßen gemeint haben, nun sehe er, was er oft mit ungläubigen Ohren vernommen habe. Staunend herumblickend betrachtete er die vielen Schiffe, die prachtvollen Wälle und die Menschen (populi) verschiedenster Herkunft (diversarum gentium), die wie Wasserströme unterschiedlichen Ursprungs in einem Becken zusammenflossen. So überliefert es Jordanes im 6.Jahrhundert - für ganz unrealistisch halte ich dieses Bild nicht.

Wie gesagt, in Gallien haben sich auch nicht alle Stämme auf die Seite des Vercingetorix geschlagen. Das macht sie nicht zu Römern; und dass sich die gallischen Stämme mehrheitlich dem Vercingetorix anschlossen, weist auf ein gallisch-keltisches Zusammengehörigkeitsgefühl hin.
Warum sollte das auf dem anderen Rheinufer plötzlich ganz anders gewesen sein?
Desweiteren gab es gute politische Gründe, sich Arminius nicht anzuschliessen; es stand ja nicht fest, dass dieser obsiegen würde, bzw. nach der Varusschlacht war der Ausgang des Konflikts ungewiss.
Das ist wesentlich komplizierter, als du es darstelltst, erstaunlich ist doch vielmehr, dass die Remer und Lingonen während des allgemeinen gallischen Aufstands Cäsar treu blieben. Die Gallier der Provinz Narbonensis (Allobroger, Helvier, Vokontier, Volcae) fielen auch nicht ab - die Häduer wiederum schlossen sich dem Aufstand an, weil sie befürchteten, dass bei einem Erfolg des Aufstands die alte Hegemonie der Arverner wiederauferstehen könnte, und versuchten sich daher auch an die Spitze zu setzen, und den Oberbefehl zu erhalten - viel Politik, selbst in einer Situation, in der es doch ausschließlich um die Freiheit Galliens (besser: ihres Adels) zu gehen schien.
Meiner Ansicht nach gab es so etwas wie einen Pangallizismus, frei nach Panhellenismus, der sich in den Versammlungen bei den Karnuten, der Wahl eines obersten Druiden usw. äußerte. Ansonsten waren die Gentes und ganz Gallien von Parteiungen, Bündnissystemen, Klientelverhältnissen durchdrungen. Die Religion, siehe auch den Thread "keltische Relgion - eine Naturreligion?" war neben Verbindenden auch durch viel Partikularismus ausgezeichnet, in jeweils verschiedenen Gottheiten der Stämme zum Beispiel.

Unten ein Text von Raimund Karl von 2008, ich hatte den auch schon im Kelten-Ordner eingestellt:

"Nachdem im deutschsprachigen Raum noch immer Modelle der „Keltengenese“ kursieren bzw. sogar als neue wissenschaftliche Erkenntnisse vorgestellt werden (z.B. URBAN 2007, 604-7), die letztendlich nicht mehr als einen Rekurs auf die ethnische Deutung im Sinne KOSSINNAs (1920) darstellen, scheint es angebracht, ein alternatives, und meiner Meinung nach weitaus besser fundiertes und berechtigteres Modell der Keltengenese vorzustellen. Dieses beschreibt die Ontogenese keltischer Kulturerscheinungen, nicht die Entstehung eines keltischen Volks (bzw., wie es heute gerne moderner ausgedrückt wird, eines keltischen Ethnos). In Anbetracht der Tatsache, dass seit nunmehr gut 25 Jahren (cf. PAULI 1980) bekannt ist, dass es
sich beim Keltenbegriff nicht um die Bezeichnung eines Volkes handelt, und dass gerade in den letzten beiden Jahrzehnten der Begriff international intensiv diskutiert wurde (cf. CHAPMAN 1992; COLLIS 1994; 2003; JAMES 1999; KARL 2004b; RIECKHOFF 2007), ist ein solches Alternativmodell dringen nötig, das es ermöglicht, das alte ethnische Modell der „Keltenethnogenese“ endgültig zu überwinden."


(PDF) Feine Unterschiede. Zu „Keltengenese“ und ethnogenetischen Prozessen in der Keltiké. Available from: https://www.researchgate.net/public...und_ethnogenetischen_Prozessen_in_der_Keltike [accessed Oct 05 2018].
 
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Aber so richtig populär wurde diese Abstammung erst in der Renaissance, als alles Griechisch-Römische wieder in Mode kam. Das heisst nicht, dass die Merowinger, Karolinger und Kapetinger diese Genealogie ablehnten.
Aber vor Chlodwig (und um diese heidnisch-germanischen Franken geht es mir) wussten die Germanen vermutlich nicht einmal, wer oder was Troja überhaupt war.

So viel Rumgeeier, nur weil du es falsch zugeordnet hast?

Wo ist das Problem?

Du erwähnst, dass Portugiesen und Belgier "offensichtlich" keine eigenen Völker seien.
Im Kontext ging es um Mehrsprachigkeit. Oder doch nicht?


Ich schlage vor, du liest nochmal genau Sepiolas Beitrag.

Habe ich getan. Es kommen immer noch keine Ukrainer vor.

Es wird nicht besser.
Eine Zusammengehörigkeit einer angeblich existenten germanischen "Rasse" aufgrund des Verhaltens von verschiedenen Eroberern zu postulieren ist schon mehr als abstrus.
Der Rest eigentlich auch.
 
Stilicho, wie alt bist du wenn ich fragen darf? Dein jugendliches Ungestüm lässt auf ein recht junges Alter schliessen. Nimm's mir nicht übel, aber ich werde deine Beiträge ab jetzt ignorieren, bis du dich beruhigt hast und etwas Konstruktives zur Debatte beiträgst.
 
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