Frankreich - Königliche Machtausweitung

Laura123

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Hallo an alle,
ich lese gerade über die Staatsbildung in England und Frankreich im Hochmittelalter. Im Falle von Frankreich steht: "Durch den Einzug von Lehen, durch Heirat, Kauf und Eroberung sowie durch den Aufbau einer funktionierenden Verwaltung konnten die Kapetinger den Hochadel im 12. Jh. in die Schranken weisen."

Ich verstehe den Teil "Einzug von Lehen" nicht ganz, wurden die betroffenen Fürsten dann entmachtet? Und ging das Lehen dann wieder in königlichen Besitz zurück oder wurde es geneigteren Personen verliehen?
Wieviel Kronbesitz hatte der französische König?

Vielen Dank im Voraus,
Laura
 
Einzug von Lehen bedeutet generell, dass der Lehensvertrag durch den Tod des Vasallen verfallen war ("erledigtes Lehen"), wodurch der König das Lehen wieder an sich nehmen konnte.

Zu Konflikten konnte es kommen, wenn ein Verwandter des Verstorbenen Erbansprüche auf das Lehen anmeldete. Das war z.B. Anfang des 12. Jh. der Fall, als Louis VI. die strategisch wichtige gelegene Grafschaft Corbeil nach dem Tod des Grafen Odo de Corbeil an sich nahm, weil er das Lehen als "erledigt" betrachtete, und dadurch Theobald IV. du Blois gegen sich aufbrachte, der auf die Grafschaft als Erbe ebenfalls Anspruch erhob.

Nach einer anderen Quelle machte der zu diesem Zeitpunkt wegen Beteiligung an einem antiroyalen Aufstand eingekerkerte Hugo III. von Le Puiset dem König ebenfalls das Lehen streitig, verzichtete dann aber darauf, um aus dem Kerker freizukommen.
 
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Der unten verlinkte Wiki-Artikel gibt Auskunft über die Entwicklung des französischen Kronbesitzes ("domaine royal") von ca. 1000 CE bis kurz vor der Französischen Revolution. Die Tendenz ist generell steigend, wie auch diese Grafik zeigt:

(blau = französischer Kronbesitz, grün = Lehensbesitz des frz. Königs, rot = Lehen des englischen Königs, gelb = Kirchenbesitz)

Die starke Reduktion der englischen Lehen geht darauf zurück, dass Philipp II. im Jahr 1202 den englischen König zum Rebellen erklärte und die ihm zugestandenen Lehen wieder an sich nahm. Diese Lehen waren ursprünglich Besitz des englischen Königs in Frankreich, sie wurden dem frz. König im Jahr 1200 aber übergeben, so dass dieser 2 Jahre lang der Lehnsherr des englischen Königs war, bis die Lehen, wie gesagt, dem englischen König 1202 komplett entzogen wurden. Bis 1223 (siehe Karte) gelangte der englische König aber wieder zu einigen Lehen, wobei ich Stand Jetzt nicht sagen kann, auf welche Weise.

Der Wiki-Artikel enthält keine vollständigen Angaben über die Entwicklung im 12. Jahrhundert.

Domaine royal – Wikipedia

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Es gab keine "englischen Lehen" in Frankreich, die 1200 an den König von Frankreich zurückgegeben worden wären. Die Plantagenets waren ihrer Herkunft als Grafen von Anjou nach schon von Haus aus Angehörige der französischen Feudalaristokratie, genauso wie die Rolloniden es als Herzöge der Normandie waren. Die meisten englischen Könige im 12. Jahrhundert, besonders Heinrich I und II und Richard Löwenherz, hatten für ihre französischen Lehen(!) mehrfach gegenüber den Kapetinger-Königen eine entsprechende Lehnshuldigung erbracht.
 
Es gab keine "englischen Lehen" in Frankreich, die 1200 an den König von Frankreich zurückgegeben worden wären.

Mit "englische Lehen" meinte ich die Gebiete, die der englische Landbesitz in Frankreich waren, bevor Philip der Lehnsherr dieser Gebiete und der englische König ihr Lehnsnehmer wurde. Verleitet hat mich zu diesem Ausdruck die Bezeichnung "Fiefs du Roi D´Angleterre" auf obiger Graphik, was "Lehen des englischen Königs" bedeutet. "Französische Lehen" können im gegebenen Zusammenhang doch nur die Gebiete sein, die ab 1200 den französischen König zum Lehnsherrn hatten.

Ich gebe aber zu, dass ich das in meinem Artikel etwas missverständlich dargestellt habe.

John trat im Jahr 1200 einen Teil des englischen Landbesitzes in Frankreich vollständig an Philip ab und akzeptierte ihn für den restlichen Teil als Lehnsherrn, womit John zum Vasall von Philip wurde (was alles im Vertrag von Le Goulet geregelt ist). Im Gegenzug wurde John von Philip als englischer König anerkannt, was sich auch dadurch ausdrückte, dass Philip den mit John um den englischen Thron rivalisierenden Arthur von Bretagne nicht mehr unterstützte. 1202 beschwerten sich französische Lehnsnehmer (= Unter-Vasallen) des englischen Königs, die Lusignans, bei Philip über John und ersuchten ihn, den englischen König vorzuladen. Weil John 4 Vorladungen ignorierte, erklärte ihn Philip zum Rebellen, entzog ihm jegliches Recht auf die englischen Gebiete in Frankreich und nahm seine Unterstützung von Arthur wieder auf.

Stimmt das soweit?
 
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Ich bin davon ausgegangen dass diese Gebiete bereits vor 1200 Lehnsgebiete des französischen Königs waren.

So wie ich das sehe, aber nur formal, weil der englische König formal auch Herzog der Normandie und damit formeller Vasall des französischen Königs war. In der Praxis waren die Gebiete aber englischer Besitz, der französische König trat erst ab 1200 als Lehnsherr dieser Gebiete auf, siehe mein voriger Beitrag. Wären sie schon vor 1200 rechtskräftige "Lehnsgebiete des französischen Königs" gewesen, hätte es den Vertrag von Le Goulet ja nicht gebraucht.
 
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Der Vertrag von Le Goulet regelte die Erbfolge des Johann Ohneland in den angevinischen Kernterritorien (Normandie, Anjou, Maine, Touraine), die König Philipp II. zuvor an dessen Neffen Arthur von der Bretagne verliehen hatte. Johann aber konnte sich militärisch gegen seinen Neffen durchsetzten (den er dabei gefangen nahm) worauf Philipp II. gezwungen war, die neu geschaffenen Fakten anzuerkennen. Er ließ Arthur als Lehnsmann fallen und machte sich nun Johann zu ebendiesen, der ihm dann auch den Lehnseid schwor, wie es schon Arthur, Richard Löwenherz und Heinrich II. vor ihm getan hatten. Johanns gewonnene Machtstellung wurde nach dem damals geltenden Nomos legitimiert und mittels des Vertrags schriftlich fixiert.

Das ändert letztlich nichts an der Tatsache, dass die angevinischen Gebiete sowohl vor als auch nach 1200 de facto wie de jure Rechtsobjekte der französischen Feudalordnung waren, mit der französischen Krone als Oberlehnsherr und letzter juristischer Appellationsinstanz. Ein Vasall der Plantagenets aus einem der betreffenden Gebiete konnte sich im Streitfall jederzeit an den König von Frankreich als höchste Rechtsprechende Instanz wenden, als eben "seinen König", wie es dann z.B. im Fall der Lusignans 1204 geschah.

Das "angevinische Reich" war eine Personalunion, in der verschiedene Rechtstitel des mittelalterlichen Feudalrechts in einer Person zusammengefasst waren. Im Falle der Plantagenets (Angevinen) war damit das Handicap verbunden, dass die Könige von England zugleich auch Vasallen der Könige von Frankreich waren, eben für die betreffenden Gebiete. Aber sie stellten keinen zusammengefasstes unabhängiges Territorium eigenen Rechts dar. Die in diesem Kontext so häufig oft unkritisch gebrauchte Umschreibung "englische Gebiete in Frankreich" oder ähnliches suggeriert, dass die genannten Gebiete (in der Karte rot dargestellt) zum Königreich England und seiner Feudalordnung wie Feudalrecht gehört hätten, was allerdings zu keinem Zeitpunkt zutraf.
 
Die in diesem Kontext so häufig oft unkritisch gebrauchte Umschreibung "englische Gebiete in Frankreich" oder ähnliches suggeriert, dass die genannten Gebiete (in der Karte rot dargestellt) zum Königreich England und seiner Feudalordnung wie Feudalrecht gehört hätten, was allerdings zu keinem Zeitpunkt zutraf.

Ich erwähnte schon in meiner kurzen Anwort an Lafayatte, dass besagte Gebiete vor 1200 formal Lehensgebiete des französischen Königs waren, in der Praxis aber englischer Besitz. Ich finde in der Sekundär- und Tertiärliteratur auch nichts, was dem widersprechen würde in dem Sinne, dass die Gebiete vor 1200 als französische Lehen bezeichnet würden. In mehreren einschlägigen Wiki-Artikeln, deutsch und englisch, gelten die Gebiete vor 1200 durchweg als englische "Besitzung" o.ä. Ein BBC-Artikel "King John, the Lusignan Affair and the Early Years" bestätigt, was ich über den Unterschied zwischen der formalen Rechtslage und der realen Praxis, dass die Gebiete eben doch souveräner englischer Besitz waren, sagte:

The kings of England were always technically vassals of the kings of France, but over the centuries the relationship had become a mere formality. This is how John will have seen it when signing at Le Goulet, but Philip Augustus would be able to exploit the technicality in the crisis to come.

In "Royal Authority and the Angevin Kings, 1154-1216", S.89, heißt es über den Vertrag von Le Goulet:

In the treaty Philip recognized John as Richard´s legal heir in all the French territories he possessed.


Logisch betrachtet war John nach dieser Formulierung also schon im Besitz der Gebiete, bevor er offiziell damit belehnt wurde. Deshalb kann man auch nicht sagen, dass Besitz hier im Unterschied zu Eigentum gemeint wäre, wie es der Fall ist, wenn man vom Lehnsherrn als Eigentümer und vom Lehnsnehmer als Besitzer spricht. "Besitz" meint hier die faktische Souveränität über die Gebiete unabhängig von einer Verantwortlichkeit gegenüber dem französischen König als Lehnsherrn, die du vorauszusetzen scheinst ("de facto und de jure").

Selbst du scheinst dich in einem früheren GF-Artikel von 2009 in diese Richtung zu äußern, wenn du von "französischen Besitzungen" des englischen Königs sprichst, für die er Philip nachträglich den Treueid leistet:

"Richard Löwenherz und Prinz John", #124 / Joinville:

Es gibt übrigens auch eine Darstellung Philipps II. August wie er Johann Ohneland, den Bruder Richards, küsst. Das war vor dem Hintergrund des Vertrags von Le Goulet 1200, indem Johann von Philipp II. in seinen französischen Besitzungen anerkannt wurde, für die Johann wiederum das hommagium leisten musste.


Das ändert letztlich nichts an der Tatsache, dass die angevinischen Gebiete sowohl vor als auch nach 1200 de facto wie de jure Rechtsobjekte der französischen Feudalordnung waren, mit der französischen Krone als Oberlehnsherr und letzter juristischer Appellationsinstanz. Ein Vasall der Plantagenets aus einem der betreffenden Gebiete konnte sich im Streitfall jederzeit an den König von Frankreich als höchste Rechtsprechende Instanz wenden, als eben "seinen König", wie es dann z.B. im Fall der Lusignans 1204 geschah.

Kennst du denn auch ein Beispiel aus der Zeit vor 1200?

(War die Lusignan-Affäre nicht 1201/02 statt 1204, wie du schreibst?)
 
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Selbst Wilhelm der Bastard musste dem König von Frankreich huldigen für die Normandie. Und seine Nachfolger über mehrere Jahrhunderte. Und ein König kann formal das Lehen einziehen unter gewissen Gesichtspunkten, z.B. Rebellion des Lehensnehmers. Nur, der König muss dabei auch Unterstützung seines eigenen Adels haben. Da zu diesem Zeitpunkt ein stehendes Heer unbekannt war, bis auf die Ritterorden. Oder der Lehensnehmer in einer sehr geschwächten Position. Dies war Johann ohne Land der Fall. Ihm wurde in England dank seiner schwachen Position die Magma Charta abgerungen. Dadurch konnte der Französische König einige Lehen einziehen, da eJohann Ohneland genug auf den Britischen Inseln zu tun hatte.
 
Selbst Wilhelm der Bastard musste dem König von Frankreich huldigen für die Normandie. Und seine Nachfolger über mehrere Jahrhunderte.

Wenn man den diversen Statements im Netz glauben kann, dass das Lehnsverhältnis zum französischen König über weite Strecken nur ein formales war (siehe z.B. der von mir zitierte BBC-Artikel mit der Aussage "The kings of England were always technically vassals of the kings of France, but over the centuries the relationship had become a mere formality"), dann waren solche Huldigungen wohl oft nur Formalitäten.

Aber darum geht es hier nicht in erster Linie. Was zählt, ist die Situation um 1200, und die sah überhaupt nicht nach einer Anerkennung des französischen Königs als Lehnsherr durch die englischen Könige aus. Dass John im Jahr 120o Philip II. den Lehnseid schwor, hatte nicht mit der Loyalität eines Lehnsnehmers zu tun, sondern war pures Kalkül, oder anders gesagt, ein Deal, denn im Gegenzug verzichtete Philip auf seine Unterstützung von Johns Thronrivalen Arthur. Nur darum ging es John, und nicht darum, irgendeine Pflicht zu erfüllen, wie sie formal zweifellos bestand, auf die er aber nicht den geringsten Wert gelegt hat.

Die unmittelbare Vorgeschichte zeigt ebenfalls, dass die englischen Gebiete in Frankreich zu dieser Zeit nur abstrakt (in Joinvilles Worten: "de jure") an Philip gebunden waren, der real aber nicht die Macht eines Lehnsherrn über sie hatte, womit sein Status als Lehnsherr gegen Null tangierte (das Lehnsverhältnis bestand also nicht "de facto", wie Joinville behauptet).

Ein Überblick:

König Richard von England war mehr daran interessiert, auf dem Festland ein Reich zu errichten, als sein eigentliches Königreich zu regieren. Also tat er alles, um den französischen König zu schwächen und die Macht des festländischen Teils des angevinischen Reichs zu stärken. Zwar huldigte er dem französischen König 1189 ein letztes Mal, widersetzte sich aber der Forderung seines nominellen Lehnsherrn, Philip, nach einer Ehe mit dessen Schwester Alice, und begründet das vordergründig damit, dass sein, Richards, verhasster Vater Heinrich mit Alice geschlafen habe, weshalb eine Heirat kein Thema sein kann. Philip ist wegen dieser Unterstellung und der Weigerung des Vasallen Richard, seiner Forderung zu entsprechen, doppelt düpiert.

Als Richard im nächsten Jahr eine andere Frau heiratet, ist das Maß für Philip voll, da Richard nicht die Loyalität übt, zu der er als Vasall verpflichtet wäre. In der Folge, nebst anderen Rangeleien, unterstützt Philip Richards Bruder John in seinen Intrigen gegen Richard und erobert einige Burgen auf dem französischen Territorium, das unter Richards Herrschaft steht. Im nächsten Jahr (1193) erobert er weitere Burgen in der Normandie.

Auch setzt er seine Unterstützung für Richards Gegner John und die gegen Richard rebellierenden Vasallen in Aquitanien fort. 1194 gelingt es Richard, seinen Bruder auf seine Seite zu ziehen. In England macht er sich mächtige Gegner, weil er Geld für seine Feldzüge gegen den französischen König fordert und die Belange Englands vernachlässigt. 1196 verbündet sich Richard mit dem Grafen von Flandern, um Philip nachhaltiger zu schwächen. 1198 wird Philips Heer von Richards Heer in der Schlacht von Gisors geschlagen. 1199 will der Papst beide Streithähne versöhnen, doch Richards Tod kommt einem Friedensvertrag zuvor.

Philip führt seinen Krieg daraufhin gegen Richards Nachfolger John fort und setzt ihn durch Eroberungen in der Normandie und die Unterstützung von Johns Thronrivalen Arthur schwer unter Druck. Im Jahr 1200 (Vertrag von Le Goulet) tritt John dem französischen König einige Gebiete ab, sichert sich aber - u.a. unter der Bedingung, dass Philip Arthur nicht mehr unterstützt - die restlichen ihm zustehenden Gebiete in Frankreich, indem er Philip den Vasalleneid schwört.

So viel zu "de facto"...
 
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Der entscheidende Machtfaktor war das Verhältnis der Vasallen zu den Plantagenets bzw. zum franz. König. Deswegen konnten die englischen König nicht ihre volle Stärke in die Waagschale werfen (z.B. bei der gescheiterten Belagerung von Toulouse 1159), aber auch die französischen Könige hatten nur ihre kleine Krondomäne zur uneingeschränkten Verfügung und Phillip II. brauchte 40 Jahre um die Krondomäne vor allen in der Bretagne zu vergrößern und stärker als jeder einzelne Vasall zu werden. Dabei war der Streit der Plantagenets untereinander eine notwendige diplomatische Angriffsmarke.
 
Chan schrieb:
Es gibt übrigens auch eine Darstellung Philipps II. August wie er Johann Ohneland, den Bruder Richards, küsst. Das war vor dem Hintergrund des Vertrags von Le Goulet 1200, indem Johann von Philipp II. in seinen französischen Besitzungen anerkannt wurde, für die Johann wiederum das hommagium leisten musste.

1189 küsste Richard Löwenherz den Philipp II. (und aß mit ihm von einem Tisch und schlief mit ihm in einem Bett) als dieser (in Rebellion zu seinem Vater) vom französischen König als designierter Erbe auf das Anjou, Normandie ect. anerkannt und beliehen wurde.

1160 leistete Heinrich der Jüngere im Einvernehmen mit seinem Vater gegenüber Ludwig VII. den Lehnseid als designierter Herzog der Normandie.

1120 leistete Wilhelm Aetheling, ein paar Wochen bevor er im Ärmelkanal ertrank, ebenfalls im Einvernehmen mit dem Vater (Heinrich I.) den Lehnseid für die Normandie, "so, wie einst der erste Herzog Rollo gegenüber Karl III. gehuldigt hatte".

Chan schrieb:
Ein Überblick:...

Was hier beschrieben wird, sind die in mittelalterlichen Feudalordnungen obligatorischen Machtspiele zwischen Vasallen und Lehnsherren. Man sei an dieser Stelle an den parallel dazu ausgetragenen Machtkampf zwischen Welfen und Staufern im HRR erinnert. Auch wenn Heinrich der Löwe hier im Streit mit Kaiser Friedrich I. Barbarossa lag, würde keiner darauf kommen das Herzogtum Sachsen als ein von der kaiserlichen Oberherrschaft unabhängiges Territorium zu begreifen. Es war ein Rechtssubjekt der deutschen Könige und Kaiser, die darüber und über ihre Inhaber zu Gericht sitzen und urteilen konnten. In diesem Falle wurde das Herzogtum am Ende sogar nach kaiserlichem Urteil zerschlagen.

Genauso wie der König von Frankreich über seine von ihm und seinen Vorfahren vergebenen Lehen urteilen und gegebenenfalls handhaben konnte. Und das betraf eben auch die Lehen die die Plantagenets/Angevinen in seinem Königreich inne hatten. Der König konnte dafür die Huldigung verlangen und erwarten, mit der eben die Anerkennung als Oberlehnsherr zum Ausdruck gebracht wurde. Kam ein Vasall seinen Verpflichtungen nicht nach konnte der König seinen Willen mit Gewalt zum Nachdruck verhelfen, was die Könige Ludwig VI., Ludwig VII. und Philipp II. übrigens auch gegen die Plantagenets und Rolloniden unternahmen. Inwiefern ihr herrscherlicher Wille dann durchgesetzt werden konnte, war dann natürlich von der Entscheidung der Waffen abhängig. In den meisten Fällen des 12. Jahrhunderts waren auch die Könige zumeist die Unterlegenen.

Chan schrieb:
Selbst du scheinst dich in einem früheren GF-Artikel von 2009 in diese Richtung zu äußern, wenn du von "französischen Besitzungen" des englischen Königs sprichst, für die er Philip nachträglich den Treueid leistet:

Eben das meine ich. Es waren Besitzungen die die Könige von England (in Personalunion nicht in Realunion mit diesem Rechtstitel) in Frankreich besaßen. Es waren keine "englischen Gebiete/Lehen" in Frankreich (oder gar "auf dem Kontinent"), der englische König hatte hier keine Lehen und Rechte zu verleihen. Sie waren auch nicht souverän, warum dann die regelmäßig geleisteten Lehnshuldigungen gegenüber der französischen Krone? Diese Huldigungen leisteten sie übrigens nicht in ihrer Eigenschaft als Könige von England, als solche waren sie tatsächlich souverän, sondern eben als Herzöge der Normandie, Grafen des Anjou ect., weshalb sie dazu überlicherweise ihre als Erben designierten Söhne vorschickten.
 
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