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askan schrieb:...(Die Oghusen die sich in Römer/ Rum umbenannten und sich mit dem Imperium identifizierten)
Also Mitte des 12. Jh. somit fingen die Türken mit der europäisierung wesentlich früher an, als so manches europäisches Volk an sich.
In Deinem ersten Posting hast Du geschrieben, dass man der Frage nachgehen sollte, ab wann die Ideologie von Europa zu greifen begann und ob das Osmanische Reich diesem Idealbild entsprach.Saint-Just schrieb:beides setzt voraus, dass "europa" neben der idee überhaupt eine realität hat. um die frage mit "ja" oder "nein" zu beantworten, muss man das unhinterfragt einfach glauben. genau das habe ich in meinen ersten posting bestritten (und bestreite es noch).
Auch hier ein Denkfehler! Kornkreise existieren. Man kann auch darüber diskutieren, wie diese entstanden sind und was sie bedeuten. Und man kann auch darüber diskutieren, ob eine Ansammlung von Kornpflanzen, die sich am Rande eines solchen Kreises befinden, zu diesem gehört oder zu dessen Umwelt.:devil:(sonst kann man auch darüber diskutieren, wie sich echte und falsche kornkreise unterscheiden lassen )
Viele Zeitgenossen des Pariser Vertrages fanden ebenfalls, dass die dortige Aufnahme des Osmanischen Reiches in das europäische Staatensystem purer Formalismus war. Ihrer Meinung nach gehörte das Osmanische Reich schon vor 1856 zu Europa, was sich aber wegen der schrittweisen Entwicklung dieser Zugehörigkeit schlecht datieren lasse (vgl. # 1 zu Pariser Vertrag).Joinville schrieb:Im Vertrag von Paris mag das OR zwar eine formele Anerkennung als "europäischer" Staat gefunden haben, ...
Erstens gehören "Bruder"-Kriege zum europäischen Machtkampf.... jedoch unterstützen in der Folge viele "neutrale" Staaten die Aufstände und Unabhängikeitsbestrebungen der Balkanvölker. Ich glaube daher nicht das das OR von den Großmächten Europas als eine Art "Bruder" anerkannt wurde.
Gandolf schrieb:Zweitens gab es im europäischen Machtkampf auch Unterstützung für das Osmanische Reich: im Krimkrieg intervenierten F, GB und Sardinien zu Gunsten der Türkei; die Interventionen ÖU und GB gegen den Vorfrieden von San Stefano im russisch-osmanischen Krieg (1877/78) führten zum Berliner Vertrag (13.7.1878). Ziel dieser Interventionen war es, den Zusammenhalt des Osmanischen Staates in Europa zu garantieren.
Drittens gab es diese Unterstützung auch für die Osmanische Hoheit gegenüber den verschiedenen christlichen Balkanvölkern: so sprach sich z.B. 1798 der orthodoxe Patriarch von Jerusalem Anthimos gegen die Unabhängigkeit der christlichen Völker aus, die im Osmanischen Reich lebten. Gott habe das Osmanische Reich geschaffen, um die Orthodoxie vor der Beschmutzung durch die Katholiken zu bewahren. Im gleichen Jahr wurde in Belgrad der griechische Dichter und Revolutionär Rigas Velestinis hingerichtet, der zuvor von Österreich an das Osmanische Reich ausgeliefert wurde (vgl. Klaus Kreiser, Der Osmanische Staat 1300-1922, 2001, S. 36).
Anders ausgedrückt: sie benötigten das Osmanische Reich um das Gleichgewicht der Kräfte in Europa aufrecht zu erhalten. Deshalb wollten GB und ÖU das Osmanische Reich auch zum Wiener Kongreß (1815) einladen, was aber am Einspruch des Zaren scheiterte. Dieser Befund spricht eher für die These, dass Briten und Österreicher das Osmanische Reich schon vor dem Krimkrieg als einen europäischen Machtfaktor ansahen, oder nicht?Mike Hammer schrieb:Zu den beiden Punkten einige Bemerkungen.
1) Ich denke die Unterstützung des Osm. Reiches durch Großbritanniens ist nicht zurückzuführen, dass die Briten die Osmanen als Europäer ansahen oder dass sie zusehr besorgt um die territoriale Integrität des Osm. Reiches waren. Sie wollten lediglich vermeiden, dass die Russen oder Österreicher zu stark werden.
Da sieht man mal, wie absurd folgende Argumentation ist: das Osmanische Reich gehöre wegen seiner afrikanischen und asiatischen Besitzungen nicht zu Europa - obwohl große Teile dieser außereuropäischen Besitzungen im Laufe des 19. Jahrhunderts de facto unter europäischen Einfluss gerieten.Die Engländer haben nie gezögert Teile des Osm. Reiches zu annektieren, wenn es sie selber genützt hat. Siehe Teile von Arabien, Ägypten, Zypern, etc. Die übliche Politik des "Herrsche und Teile"...
Das mag ja sein. Aber vielleicht waren sich die Balkanvölker und die Türken im 19. Jahrhundert auch viel ähnlicher als wir dies heute in Kenntnis nationalistischer Exzesse für möglich halten.2) Lieber Gandolf, jeder der die Geschichte der Griech. Orthodoxen Kirche im Osmanischen Reich und die Befreiungsbewegungen der Griechen kennt weis, dass die Kirche IMMER gegen jeden Aufstand und gegen jede Freiheitsbewegung war. Die Patriarchen haben regelmäßig die Aufständischen Griechen mit dem Kirchenbann belegt, öffentlich verurteilt um dadurch in erster Linie ihre eigenen kirchlichen Pfründe, Privilegien und Rechte zu verteidigen. Was die Kirche heute erzählt ist naürlich eine andere Sache... Bei Interesse kann ich gerne Beispiele bringen.
Gandolf schrieb:Anders ausgedrückt: sie benötigten das Osmanische Reich um das Gleichgewicht der Kräfte in Europa aufrecht zu erhalten. Deshalb wollten GB und ÖU das Osmanische Reich auch zum Wiener Kongreß (1815) einladen, was aber am Einspruch des Zaren scheiterte. Dieser Befund spricht eher für die These, dass Briten und Österreicher das Osmanische Reich schon vor dem Krimkrieg als einen europäischen Machtfaktor ansahen, oder nicht?
Da sieht man mal, wie absurd folgende Argumentation ist: das Osmanische Reich gehöre wegen seiner afrikanischen und asiatischen Besitzungen nicht zu Europa - obwohl große Teile dieser außereuropäischen Besitzungen im Laufe des 19. Jahrhunderts de facto unter europäischen Einfluss gerieten.
Das mag ja sein. Aber vielleicht waren sich die Balkanvölker und die Türken im 19. Jahrhundert auch viel ähnlicher als wir dies heute in Kenntnis nationalistischer Exzesse für möglich halten.
Gandolf schrieb:In Deinem ersten Posting hast Du geschrieben, dass man der Frage nachgehen sollte, ab wann die Ideologie von Europa zu greifen begann und ob das Osmanische Reich diesem Idealbild entsprach.
Gandolf schrieb:Ferner scheinst Du zu verkennen, dass es mehrere Deutungen/Ideologien von Europa gibt. Man kann also durchaus über die verschiedenen Europabilder und deren Konsequenzen über die Zugehörigkeit des Osmanischen Reiches zu diesen Bildern sprechen.
Gandolf schrieb:Und nur am Rande sei darauf hingewiesen, dass gerade Glaubensgemeinschaften zu heftigen Diskursen darüber neigen, welche Schlussfolgerungen aus den Glaubensinhalten zu ziehen sind, mit der Konsequenz, dass sich Fraktionen herausbilden. Der Glaube ist halt doch eine individuelle Angelenheit.
Gandolf schrieb:Auch hier ein Denkfehler! Kornkreise existieren. Man kann auch darüber diskutieren, wie diese entstanden sind und was sie bedeuten. Und man kann auch darüber diskutieren, ob eine Ansammlung von Kornpflanzen, die sich am Rande eines solchen Kreises befinden, zu diesem gehört oder zu dessen Umwelt.:devil:
Wie sie sich das Osmanische Reich selbst gesehen hat und wie es betrachtet wurde, sollten wir anhand von Quellen diskutieren. Im Pariser Vertrag (1856) wurde es jedenfalls als Teil Europas behandelt. Und wie bereits gepostet, viele Zeitgenossen fanden, dass es schon längst ein Teil Europas war.Mike Hammer schrieb:Ein europäischer Machtsfaktor zu sein, heisst nicht auch kulturell, geistig, traditionell, religiös, und von der eigenen Grundeinstellung her, tatsächlich sich auch als ein Europäer zu betrachten.
Nein, ich meine das, was ich geschrieben habe. Man muss schon Tomaten auf den Augen haben, wenn man ausgerechnet die nominelle Zugehörigkeit Nordafrikas und Teilen von Asiens als Argument gegen die Zugehörigkeit des Osmanischen Reiches zu Europa anführt, obwohl große Teile dieser Gebiete Ende des 19. Jahrhunderts gar nicht mehr vom Sultan regiert wurden sondern von Franzosen (z.B. Tunesien) und Briten (z.B. Ägypten).Mike Hammer schrieb:Zu deiner 2. Bemerkung... du willst doch wohl nicht sagen, dass Großbritannien damals als Kolonialmacht asiatischer geworden ist ?
Ist es nicht formaljuristisch spitzfindig zunächst auf die nominelle Zugehörigkeit z.B. von Ägypten abzustellen und die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse (britische Kolonie) zu ignorieren und dann über diese spitzfindige Zuordnung auf ein asiatisch-afrikanisches Selbstverständnis des Osmanischen Reiches zu schliessen?Dieter schrieb:Formaljuristische Spitzfindigkeiten ändern nichts an dieser Tatsache.
Nein, natürlich nicht. Aber bei so viel Übernahme und kultureller Vermischung halte ich das Argument, dass sich die Kulturen der Balkanvölker und der Türken stark unterscheiden lassen würden (in europäisch und nichteuropäisch) dann doch für etwas aufgesetzt.Mike Hammer schrieb:Die Balkanvölker können nichts dafür, dass die Osmanen vieles übernahmen und verändert für sich einsetzten. (...) Im übrigen, lieber Gandolf...wenn man lange genug zusammenlebt, dann vermengen sich auch kulturelle Eigenschaften. Warum auch nicht ?
War es bei den Deutschen und Slawen z.B. anders ?
Nun, ich bin nicht Deiner Meinung, dass Deutschland beinahe der totalen Vernichtung bedurfte, um einen normalen Patriotismus entwickeln zu können. Die Deutsche Geschichte führte keinesfalls zwangsläufig zur Machtergreifung Hitlers. Es gab durchaus gute Chancen für eine Deutsche Geschichte, in der der Nationalsozialismus nur eine Randerscheinung geblieben wäre. Aber das ist ein anderes Thema.Das extremer Nationalismus eine schlimme Krankheit ist, da stimme ich dir unbedingt zu. Es gibt diesbezüglich noch eine Menge zu tun in der heutigen Türkei aber insbesondere auch im Balkan. Deutschland bedurfte ja beinahe der totalen Vernichtung und konsequenten Umerziehung, damit ein Umdenken erfolgen konnte. Jetzt ist man erfreulicherweise auf der Suche nach einem normalen Patriotismus... vielleicht hilft ja die WM :yes:
Gandolf schrieb:Wie sie sich das Osmanische Reich selbst gesehen hat und wie es betrachtet wurde, sollten wir anhand von Quellen diskutieren. Im Pariser Vertrag (1856) wurde es jedenfalls als Teil Europas behandelt. Und wie bereits gepostet, viele Zeitgenossen fanden, dass es schon längst ein Teil Europas war.
Nein, ich meine das, was ich geschrieben habe. Man muss schon Tomaten auf den Augen haben, wenn man ausgerechnet die nominelle Zugehörigkeit Nordafrikas und Teilen von Asiens als Argument gegen die Zugehörigkeit des Osmanischen Reiches zu Europa anführt, obwohl große Teile dieser Gebiete Ende des 19. Jahrhunderts gar nicht mehr vom Sultan regiert wurden sondern von Franzosen (z.B. Tunesien) und Briten (z.B. Ägypten).
Ist es nicht formaljuristisch spitzfindig zunächst auf die nominelle Zugehörigkeit z.B. von Ägypten abzustellen und die tatsächlichen Herrschaftsverhältnisse (britische Kolonie) zu ignorieren und dann über diese spitzfindige Zuordnung auf ein asiatisch-afrikanisches Selbstverständnis des Osmanischen Reiches zu schliessen?
Ich räume ja ein, dass der Pariser Vertrag (1856) ein formelles Rechtsdokument und ich will unsere Diskussionüber die Zugehörigkeit des Osmanischen Reiches, die ich sehr schätze, nicht auf eine reine Rechtsfrage verengen. Aber der Vertrag ist immerhin eine Quelle, die dafür streitet, dass die europäischen Mächte des 19. Jahrhunderts das Osmanische Reich als europäischen Staat anerkannten. Und wie ich bereits gepostet habe, viele Zeitgenosse fanden, dass das Osmanische Reich schon zuvor ein Teil Europas wurde.
Nein, natürlich nicht. Aber bei so viel Übernahme und kultureller Vermischung halte ich das Argument, dass sich die Kulturen der Balkanvölker und der Türken stark unterscheiden lassen würden (in europäisch und nichteuropäisch) dann doch für etwas aufgesetzt.
askan schrieb:Zitat:"Religion, Tradition und Kultur angeht. Und diese sind asiatischen Ursprungs." Mir fallen jetzt auf Anhieb keine europäischen ein, bei denen es anders ist.
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Hat das jemand behauptet?Saint-Just schrieb:aus der existenz verschiedener europa-ideologien lässt sich aber nichts über die existenz "europas" an sich sagen. (die existenz verschiedener christentümer beweist ja auch nicht die existenz gottes).
Also ich fand, dass meine Kornkreisanalogie besser zum Kern unseres Streits passte, ob Europa existiert und wenn ja, ob das Osmanische Reich zu diesem gehörte.Saint-Just schrieb:eher fehlende bereitschaft, meine analogie zu verstehen .
Die von Dir beklagte Willkür des Betrachters kann man nie ausschliessen. Das Ignorieren von Fakten kommt selbst in den bestausgebildesten akademischen Kreisen vor. Ich denke da mal an die enthusiastischen Fehleinschätzungen so mancher Börsianer, die sich freilich gelegentlich nicht nur als naiv sondern auch als interessengeleitet erwiesen.Saint-Just schrieb:wer nach "echten" oder "falschen" kornkreisen fragt, will auf einen unterschied zwischen bloß menschengemachten und "übermenschlichem" hinaus. dieser unterschied lässt sich nicht empirisch feststellen und beruht auf glauben. so wie jede unterscheidung zwischen "echten" und "falschen" kornkreisen daher der willkür des betrachters überlassen bleibt, so auch die frage was europa ist und was nicht (mehr).
Vielen Dank für diesen Hinweis. Jetzt fühle ich mich viel sicherer.Mike Hammer schrieb:Es steht dir zu denken und zu glauben was du möchtest, lieber Gandolf.
Das stimmt. Ich muss Euch insoweit um Geduld bitten. Zur Zeit bin ich mit dem Lesen Eurer Beiträge und dem Sammeln von Argumenten beschäftigt. Ich denke, dass ich als nächstes so eine Art Zwischenbilanz ziehen werde, die die wichtigsten Schlachtfelder beschreibt, um die in diesem Strang bislang gestritten wurde.Dieter schrieb:Auf das von Mike und mir genannte Argument der kulturellen, religiösen und geistigen Traditionslinien, die das Osmanische Reich von Europa trennen, bist du nicht eingegangen.
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