Biturigos
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Politischen und militärische Gründe für eine Alpenüberquerung
1. Das Bündnis zwischen cisalpinen Kelten und Karthagern
In meinem vorherigen Posting hatte ich den Oberitalienischen Krieg Roms gegen die Kelten 225 bis 222 BC erwähnt, bei dem die norditalienischen Gentes der Boier und Insubrer von transalpinen Kelten unterstützt wurden, deren Heerkönige bei Poybios genannt werden (Geschichte II,21-31), und die als Anführer der Gaesaten bezeichnet wurden - bei Polybios werden in der Schlachtaufstellung der Schlacht auch die Taurisker erwähnt, ein späterer Bündnispartner der Boier aus dem ostalpinen Raum, für die Gaesaten wird eine Herkunft aus den Alpen und vom Rhodanus (und dem umliegenden Gallien) angeben. Auch von späteren und früheren Zuzügen von Söldner/Gefolgschaftsheeren transalpiner Kelten im Oberitalienschen Krieg berichtet Polybios. Es überschritten daher kurz vor Hannibal größere Heere die Alpen in Richtung der Poebene.
Titus Livius bezeichnet meiner Ansicht nach im Gegensatz zu Polybios richtig den Stamm, der Hannibal beim Übergang über die Alpen mit Kleidung, Proviant usw. unterstützt, als Allobroger, deren Hauptort an der Rhone das heutige Vienne war, und deren Einfluss sicher von Valence bis zum Genfer See reichte. Für den Alpenraum selbst werden keine Stammes-bezeichnungen bei Livius angegeben, Polybios spricht meiner Ansicht nach fälschlich von Gefechten mit den Allobrogern in den Alpen.
In der Küstenfahrtsbeschreibung des R.F.Avienus, Ora maritima , werden Namen einheimischer Stämme überliefert. Nach Avienus «erheben die Alpen
im Osten ihren schneeigen Rücken zum Himmel, und es werden die Fluren des gallischen Landes durch schroffe Bergspitzen durchschnitten, und immer wehen dort die Winde in Stürmen. In breitem Strome drängt die Rhone aus der Öffnung einer gähnenden Höhle hervor und pflügt mit
unbändiger Kraft den Boden Der Fluß aber nimmt von der Quelle seinen Weg durch das Gebiet der Tylangier, der Daliterner, durch die Fluren der Clahilker und das lemanische Land.»Auch Cäsar erwähnt im Bello gallico Stammesnamen (Seduner, Verargrer, Nantuaten), beim gescheiterten Versuch das Wallis zu gewinnen, um einen noch schnelleren Passweg über den St.Bernhard zu sichern. Er ordnet diese Stämme den Kelten zu, ob dies für die eventuell auf älteren Quellen beruhenden Stämme des Avienus gilt, ist wohl unsicher, eventuell sind dies ligurische Stammesbezeichnungen. Livius spricht von einer den Galliern ähnlichen Sprache der Bergbewohner (21,32). Ich beschreibe dies so ausführlich, weil es meiner Ansicht nach zusätzlich einmal das transalpine Bündnis der Kelten bezeichnet, der Allobroger und die oberitalienischen Kelten, auf die sich Hannibal stützen konnte, und der daher politisch/militärisch sichereres Glacis bedeutete, und den kürzesten Weg durch unsicheres Gebiet. Die Seealpen, das Hinterland der Hanibal feindlichen massaliotischen Küstenorte wie Nicea (Nizza) oder Antipolis (Antibes) beherrschten immer noch ligurische Stämme, so dass auch die Römer im späten 2.Jahrhundert BC nicht entlang der Küste die Straßenverbindung zur neuen südgallischen Provinz bauten. Die Via Domitia (gebaut zwischen 120 und 118 v.Chr.) verlief aus der Poebene zum Col de Montgenevre und folgte dann dem Durancetal. Erst nach Unterwerfung der Seealpenvölker unter Augustus wurde die Via Iulia Augusta als schnellste Verbindung nach Hispanien und Südgallien an der Mittelmeerküste errichtet. Der Weg nach Norden bis Valence hatte daher meiner Meinung nach auch den Grund, den schnellsten Weg zu den verbündeten Kelten zu suchen, und weitgehend unsicheres (ligurisches, "berggallisches") oder feindliches (massaliotisches) Terrain zu meiden. Gleichzeitgig war umgekehrt dies das für die Römer schwierigste Terrain: auch wenn Livius Bericht eines gallischen Landtags, auf dem die römische Gesandschaft mit ihrem Anliegen, Hannibal nicht durchziehen zu lassen, verhöhnt wurde, historisch meiner Meinung nach eher schon auf den Gallischen Krieg verweisen sollte (als Vorgeschichte zu diesem), zeigt es jedoch richtig, dass dieses Terrain außer dem Gebiet des alten Bundesgenossen Massalia Ihnen gegenüber feindlich oder unfreundlich war - ein Freundschaftsvertrag mit den Häduern (gallischer Stamm in der heutigen Bourgogne) ist erst ab 157/154 BC bekannt, in einer Phase, in der auch der ökonomische Einfluss Roms in Gallien immer spürbarer wurde.
2.Das Gebiet nördlich und südlich des Po
Im oben erwähnten Oberitalischen Keltenkrieg überschritten das erste Mal römische Legionen den Po. Placentia, das heutige Piacenza, Mutina (Modena) und Cremona wurde am Ende dieses Krieges als nördlichste römische Kolonien errichtet, jedoch erst kurz vor dem 2.Punischen Krieg (218 BC). Wie wenig stabil die Besetzung war zeigte sich schon im Vorfeld des Eintreffens Hannibals, als Mutina von boischen Truppen angegriffen und belagert wurde. Erst im Keltenkrieg 200 bis 190 BC unterwarf Rom auch als Konsequenz des Punischen Krieges das spätere Gallia cisalpina, mit Bononia/Bologna fiel 193 BC die letzte keltische(boische) italienische Stadt.
Provinz wurde Norditalien auch erst nach dem Punischen Krieg (später Gallia cisalpina oder Gallia citerior). Daher war dieses Gebiet trotz der militärischen Unterwerfung der keltischen Stämme der Insubrer und Boier bis 222 BC kein Status Quo erreicht, in dem sich die Situation nicht durch Aufstände schlagartig verändern konnte. Entsprechend vorsichtig agiert nach den Quellen auch Publius Scipio, der zwar auf einer Brücke den Po überquerte, aber nach einem ersten Reitergefecht (Gefecht am Ticinus), bei dem er auch verletzt wurde, sofort wieder auf die Südseite des Padus (Po) zurückzog (nach Placentia). Keltische Hilfstruppen gingen nach diesem ersten für die Römer verlorenen Gefecht zu Hannibal über, auch die Boier erschienen im Lager Hannibals, die anscheinend zuerst noch gezögert und den Verlauf der Ereignisse beobachtet hatten. Dies zeigt sehr deutlich, dass Rom zwar Verbündete ( Cenomaner und Veneter) nördlich des Appennin hatte, erste Kolonien baute und militärisch präsent war, von einem festen Bundesgenossensystem oder einer Provinzalisierung noch lange nicht gesprochen werden konnte. Eher waren die Kelten noch politisch autonome Gentes, die zu bestimmten Vertragsklauseln verpflichtet waren (Stellung von Geiseln, Hilfstruppen, Tribute, Duldung von Besatzung, Abgabe von Land). Strassentechnisch war die Via Aurelia ab 241 BC bis Pisa gebaut worden, um 220 Bc die Via Flaminia bis Ariminium an der Adria.
Auch das Verkehrsnetz war auf römischer Seite noch lange nicht in der Poebene angekommen. Die spätere Via Emilia am Nordrand des Appenin wurde erst nach dem Keltenkrieg 200-190 BC 187 v.Chr. von Ariminium bis Placentia erbaut.
1. Das Bündnis zwischen cisalpinen Kelten und Karthagern
In meinem vorherigen Posting hatte ich den Oberitalienischen Krieg Roms gegen die Kelten 225 bis 222 BC erwähnt, bei dem die norditalienischen Gentes der Boier und Insubrer von transalpinen Kelten unterstützt wurden, deren Heerkönige bei Poybios genannt werden (Geschichte II,21-31), und die als Anführer der Gaesaten bezeichnet wurden - bei Polybios werden in der Schlachtaufstellung der Schlacht auch die Taurisker erwähnt, ein späterer Bündnispartner der Boier aus dem ostalpinen Raum, für die Gaesaten wird eine Herkunft aus den Alpen und vom Rhodanus (und dem umliegenden Gallien) angeben. Auch von späteren und früheren Zuzügen von Söldner/Gefolgschaftsheeren transalpiner Kelten im Oberitalienschen Krieg berichtet Polybios. Es überschritten daher kurz vor Hannibal größere Heere die Alpen in Richtung der Poebene.
Titus Livius bezeichnet meiner Ansicht nach im Gegensatz zu Polybios richtig den Stamm, der Hannibal beim Übergang über die Alpen mit Kleidung, Proviant usw. unterstützt, als Allobroger, deren Hauptort an der Rhone das heutige Vienne war, und deren Einfluss sicher von Valence bis zum Genfer See reichte. Für den Alpenraum selbst werden keine Stammes-bezeichnungen bei Livius angegeben, Polybios spricht meiner Ansicht nach fälschlich von Gefechten mit den Allobrogern in den Alpen.
In der Küstenfahrtsbeschreibung des R.F.Avienus, Ora maritima , werden Namen einheimischer Stämme überliefert. Nach Avienus «erheben die Alpen
im Osten ihren schneeigen Rücken zum Himmel, und es werden die Fluren des gallischen Landes durch schroffe Bergspitzen durchschnitten, und immer wehen dort die Winde in Stürmen. In breitem Strome drängt die Rhone aus der Öffnung einer gähnenden Höhle hervor und pflügt mit
unbändiger Kraft den Boden Der Fluß aber nimmt von der Quelle seinen Weg durch das Gebiet der Tylangier, der Daliterner, durch die Fluren der Clahilker und das lemanische Land.»Auch Cäsar erwähnt im Bello gallico Stammesnamen (Seduner, Verargrer, Nantuaten), beim gescheiterten Versuch das Wallis zu gewinnen, um einen noch schnelleren Passweg über den St.Bernhard zu sichern. Er ordnet diese Stämme den Kelten zu, ob dies für die eventuell auf älteren Quellen beruhenden Stämme des Avienus gilt, ist wohl unsicher, eventuell sind dies ligurische Stammesbezeichnungen. Livius spricht von einer den Galliern ähnlichen Sprache der Bergbewohner (21,32). Ich beschreibe dies so ausführlich, weil es meiner Ansicht nach zusätzlich einmal das transalpine Bündnis der Kelten bezeichnet, der Allobroger und die oberitalienischen Kelten, auf die sich Hannibal stützen konnte, und der daher politisch/militärisch sichereres Glacis bedeutete, und den kürzesten Weg durch unsicheres Gebiet. Die Seealpen, das Hinterland der Hanibal feindlichen massaliotischen Küstenorte wie Nicea (Nizza) oder Antipolis (Antibes) beherrschten immer noch ligurische Stämme, so dass auch die Römer im späten 2.Jahrhundert BC nicht entlang der Küste die Straßenverbindung zur neuen südgallischen Provinz bauten. Die Via Domitia (gebaut zwischen 120 und 118 v.Chr.) verlief aus der Poebene zum Col de Montgenevre und folgte dann dem Durancetal. Erst nach Unterwerfung der Seealpenvölker unter Augustus wurde die Via Iulia Augusta als schnellste Verbindung nach Hispanien und Südgallien an der Mittelmeerküste errichtet. Der Weg nach Norden bis Valence hatte daher meiner Meinung nach auch den Grund, den schnellsten Weg zu den verbündeten Kelten zu suchen, und weitgehend unsicheres (ligurisches, "berggallisches") oder feindliches (massaliotisches) Terrain zu meiden. Gleichzeitgig war umgekehrt dies das für die Römer schwierigste Terrain: auch wenn Livius Bericht eines gallischen Landtags, auf dem die römische Gesandschaft mit ihrem Anliegen, Hannibal nicht durchziehen zu lassen, verhöhnt wurde, historisch meiner Meinung nach eher schon auf den Gallischen Krieg verweisen sollte (als Vorgeschichte zu diesem), zeigt es jedoch richtig, dass dieses Terrain außer dem Gebiet des alten Bundesgenossen Massalia Ihnen gegenüber feindlich oder unfreundlich war - ein Freundschaftsvertrag mit den Häduern (gallischer Stamm in der heutigen Bourgogne) ist erst ab 157/154 BC bekannt, in einer Phase, in der auch der ökonomische Einfluss Roms in Gallien immer spürbarer wurde.
2.Das Gebiet nördlich und südlich des Po
Im oben erwähnten Oberitalischen Keltenkrieg überschritten das erste Mal römische Legionen den Po. Placentia, das heutige Piacenza, Mutina (Modena) und Cremona wurde am Ende dieses Krieges als nördlichste römische Kolonien errichtet, jedoch erst kurz vor dem 2.Punischen Krieg (218 BC). Wie wenig stabil die Besetzung war zeigte sich schon im Vorfeld des Eintreffens Hannibals, als Mutina von boischen Truppen angegriffen und belagert wurde. Erst im Keltenkrieg 200 bis 190 BC unterwarf Rom auch als Konsequenz des Punischen Krieges das spätere Gallia cisalpina, mit Bononia/Bologna fiel 193 BC die letzte keltische(boische) italienische Stadt.
Provinz wurde Norditalien auch erst nach dem Punischen Krieg (später Gallia cisalpina oder Gallia citerior). Daher war dieses Gebiet trotz der militärischen Unterwerfung der keltischen Stämme der Insubrer und Boier bis 222 BC kein Status Quo erreicht, in dem sich die Situation nicht durch Aufstände schlagartig verändern konnte. Entsprechend vorsichtig agiert nach den Quellen auch Publius Scipio, der zwar auf einer Brücke den Po überquerte, aber nach einem ersten Reitergefecht (Gefecht am Ticinus), bei dem er auch verletzt wurde, sofort wieder auf die Südseite des Padus (Po) zurückzog (nach Placentia). Keltische Hilfstruppen gingen nach diesem ersten für die Römer verlorenen Gefecht zu Hannibal über, auch die Boier erschienen im Lager Hannibals, die anscheinend zuerst noch gezögert und den Verlauf der Ereignisse beobachtet hatten. Dies zeigt sehr deutlich, dass Rom zwar Verbündete ( Cenomaner und Veneter) nördlich des Appennin hatte, erste Kolonien baute und militärisch präsent war, von einem festen Bundesgenossensystem oder einer Provinzalisierung noch lange nicht gesprochen werden konnte. Eher waren die Kelten noch politisch autonome Gentes, die zu bestimmten Vertragsklauseln verpflichtet waren (Stellung von Geiseln, Hilfstruppen, Tribute, Duldung von Besatzung, Abgabe von Land). Strassentechnisch war die Via Aurelia ab 241 BC bis Pisa gebaut worden, um 220 Bc die Via Flaminia bis Ariminium an der Adria.
Auch das Verkehrsnetz war auf römischer Seite noch lange nicht in der Poebene angekommen. Die spätere Via Emilia am Nordrand des Appenin wurde erst nach dem Keltenkrieg 200-190 BC 187 v.Chr. von Ariminium bis Placentia erbaut.