Historisch gewachsene Vorurteile gegenüber dem Islam

Musst mal im Internet nach "islamischer Kunst" suchen, dort wird in Definitionen auch immer betont, dass damit keine religiöse, bzw. sakrale Kunst gemeint ist, sondern Kunst aus dem islamischen Kulturraum.

Übrigens, ich bin blind, und müde, ich hatte oben im letzten Post gesagt, schaue mal nach dem Zeitungsartikel, den wir analysiert hatten. Genau dieser Thread handelt ja von eben diesem Zeitungsartikel, auf der ersten und zweiten Seite wird er langsam analysiert. Ich Dummkopp... :D

Nichts zum machen ehrlich gesagt bin ich kein experte über den arabischen Raum.

Bin eher im europäischen Mittelalter und in der Geschichte des Balkans vertraut. (Obwohl wenn man die verschiedenen Foren in BiH, Srb und Hr anschaut muss man ja schon langsam Schizofren werden. :rofl:)

Hoffe werde diese wissenslücken über die Araber schließen.
 
Wenn wir "historisch gewachsene Vorurteile gegenüber dem Islam" diskutieren, dann möchte ich noch kurz auf zwei, drei kleinere Aspekte hinweisen.

Vorurteile sind nur allzu menschlich und keiner von uns kann für sich in Anspruch nehmen, gänzlich frei davon zu sein. Psychologisch ist das nicht so einfach zu erklären (es gibt zumindest keine in sich geschlossene, akzeptierte psychologische Theorie des Vorurteils). Es gibt aber deutliche Hinweise darauf, dass Vorurteile besonders dann ausgeprägt gebildet werden, wenn bestimmte Informationsdefizite bestehen.

Wir versuchen, uns Meinungen und Ansichten zu bilden, jedoch sind unsere Informationen lückenhaft. Deshalb sind wir gezwungen, diese Lücken zu füllen. Dies machen wir meistens durch Analogieschlüsse mit bisherigen Erfahrungen und durch das, was wir im Rahmen unserer Sozialisation "gelernt" haben. I. d. R. geschieht dies unbewusst. Fremdes ist aber nicht nur wegen unseres Wissensdefizits anfällig für Vorurteile, sondern auch deswegen weil es fremd ist. D. h. Der Mensch fühlt sich prinzipiell wohler wenn er die Kontrolle hat und das ist in einer vertrauten Umgebung mit vertrauten Menschen einfacher, als mit Fremden.

Aber zurück zur Geschichte.

Ich beziehe mich mal auf das 15. und 16. Jahrhundert. Nach der Eroberung Konstantinopels waren die Türken "auf einmal" in den Köpfen des christlichen Europa präsent, wobei die "fremdartige" Religion zur Entwicklung des "Türkenbilds" noch "erschwerend hinzukam". Reisende in islamischen Ländern wie dem osmanischen Reich gab es kaum. Man muss sich also fragen, welche Quellen stehen uns (bzw. standen den Europäern damals) zur Verfügung, um sich ein Bild vom Islam zu machen?

Wenn Reiseberichte im Wesentlichen ausfallen, bleiben noch die Berichte derer übrig, die in offizieller Mission islamische Länder aufsuchten (Gesandte), Handel trieben oder schlicht und einfach unfreiwillig dorthin gelangten, wie z. B. Kriegsgefangene. Vor allen die Berichte letzterer sind, durch persönliche Erfahrungen von Kriegsgefangenschaft und Sklaverei geprägt, oftmals nicht gerade schmeichelhaft für die Muslime (auch wenn teilweise die schlichte und ehrliche Lebensart und ihre Frömmigkeit anerkannt werden.

Des weiteren liegen Berichte von Gesandten und Kaufleuten vor. Im Bezug auf das osmanische Reich waren hierzu die Venezianer führend. Diese steckten in dem Dilemma, mit den Osmanen öfters im Krieg zu liegen (und dabei meistens zu verlieren und große Gebietsverluste hinnehmen zu müssen) und andererseits aber ihr Handelsmonopol im Mittelmeer aufrecht erhalten zu wollen. Die Berichte der Venizianer (bzw. ihrer Spione) sind meistens etwas objektiver, jedoch wurden sie seinerzeit für politische Zwecke benötigt und deshalb nur selten veröffentlicht.

Die verbreiteteren Berichte der Kriegsgefangenen konnten sich also viel eher auf die Ausbildung eines Islambilds auswirken, wie die besser "recherchierten" Berichte der offiziellen Gesandtschaften. Dazu kam, dass die Osmanen durchaus daran interessiert waren, Angst und Schrecken unter ihren Gegnern zu verbreiten und deshalb bei ihren Eroberungen Brutalität und Grausamkeit manchmal gezielt als Werkzeug eingesetzt haben dürften.

Was bisher noch nicht angesprochen wurde, sind die Türkensteuern. Unter dem Deckmantel realer oder auch nur behaupteter Türkengefahr bzw. eines Szenarios der Bedrohung des christlichen Abendlands durch die Türken konnten zusätzliche Steuern erhobern werden, die nicht immer für ihren eigentlichen Zweck verwendet wurden. Die Aufrechterhaltung der (nicht ganz grundlosen) Behauptung der Türkengefahr erfolgte mit einiger Sicherheit auch aufgrund handfester finanzieller Interessen bestimmter Kreise (z. B. waren einige Habsburger dabei ganz tüchtig mit von der Partie, wenn es galt, Türkensteuern zu erheben).

Es ist also nicht verwunderlich, wenn sich in den Köpfen der Europäer ein eher negatives Bild des Islam festsetzte.

Viele Grüße,

Bernd

Empfehlen würde ich dazu: Höfert, Almut: Den Feind beschreiben. „Türkengefahr“ und europäisches Wissen über das osmanische Reich 1450 – 1600.
 
Ich möchte Dir im "psychologischen" Teil beipflichten. Was jedoch die Quellen betrifft, so sieht die Sache etwas differenzierter aus. So gibt es Rückkehrer aus "türkischer" Gefangenschaft, die zu Reichtum gekommen waren - der Grabstein des Hark Oluf auf dem Friedhof von Nebel, Amrum berichtet davon. Reiseberichte, wie etwa der des Arnold von Harff oder Felix Fabri berichten auch durchaus wertneutral bis positiv vom osmanischen Reich und den davon mehr oder weniger abhängigen Staaten. Arnold von Harff berichtet etwa von deutschen Renegaten (also zum Islam Übergetretenen) die ihm Zugang zum Sultan von Alkayr (Kairo) schufen und damit seiner weiteren Reise Erleichterung verschafften.
 
... deswegen habe ich ja auch "oftmals" geschrieben. Wirklich eindeutig ist die Quellenlage zu einem bestimmten Thema nur selten ;).

Viele Grüße,

Bernd
 
Interessant wären da vielleicht noch die Reiseberichte der Pilgerfahrten von Juden und Christen nach Jerusalem und andere "Heilige Städte". Steht in deinem Buch etwas darüber? Immerhin war es in Zeiten des sog. Pax Osmanica nun wieder nach Jahrhunderten möglich relativ sicher zu reisen und dabei nur wenige Grenzen zu passieren, sollte man auf dem Landwege kommen. Allerdings ist die theologische Bedeutung der Pilgerfahrt nicht mehr so gegeben, wie noch Jahrhunderte zuvor. Dazu kommt dann noch der Protestantismus, usw.
 
Soweit ich das im Kopf habe, steht darüber in dem Buch nichts oder nur wenig. Frau Höfert hat in ihrer Dissertation bzw. in dem Buch ein paar wenige (12?) "Reiseberichte" ausgewertet, wobei eine der Bedingungen für die Aufnahme ein bestimmterer größerer Verbreitungsgrad war (mehrere gedruckte Auflagen in einem bestimmten Zeitraum).

Ggf. müsste ich da nochmal genauer Schmökern...

Viele Grüße,

Bernd
 
Ich habe im Buch Suraiya Faroqhi: The Ottoman Empire and the World Around It. 2006. ein Kapitel über Pilger im Osmanischen Reich gelesen.

Hier auch online einsehbar:
The Ottoman Empire and the World ... - Google Book Search

recht interessant. ab S. 164, Juden, Christen, katholische Missionare im Osmanischen Reich, usw.

(ich stelle mir grad muslimische "Missionare" in Regensburg 1550 vor.... ein undenkbares Szenario... ;))
 
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Ich habe im Buch Suraiya Faroqhi: The Ottoman Empire and the World Around It. 2006. ein Kapitel über Pilger im Osmanischen Reich gelesen.

Hier auch online einsehbar:
The Ottoman Empire and the World ... - Google Book Search

recht interessant. ab S. 164, Juden, Christen, katholische Missionare im Osmanischen Reich, usw.

(ich stelle mir grad muslimische "Missionare" in Regensburg 1550 vor.... ein undenkbares Szenario... ;))

Haben die versucht Muslime zu missionieren oder andere christliche Glaubensrichtungen ? Z.B. Orthodoxe.
 
Steht in dem Buch nichts darüber? Wenn, dann wohl eher u.a. Orthodoxe, denn Muslime dürften schwerer bekehrbar gewesen sein und (offiziell) sicher kaum geduldet werden.
 
Steht in dem Buch nichts darüber? Wenn, dann wohl eher u.a. Orthodoxe, denn Muslime dürften schwerer bekehrbar gewesen sein und (offiziell) sicher kaum geduldet werden.

Hmm, Seite 166 kann man leider nicht einsehen. Dort steht was zum Thema drin :hmpf: Ich denke du dürftest recht haben.
Muss mal schauen, ob es dieses Buch nicht auch auf deutsch gibt.
Wie auch immer, danke für den Tip :)
 
Steht in dem Buch nichts darüber? Wenn, dann wohl eher u.a. Orthodoxe, denn Muslime dürften schwerer bekehrbar gewesen sein und (offiziell) sicher kaum geduldet werden.
Ich habe mich geirrt, selbst katholische Missionare durften im Osmanischen Reich missionieren, wenn auch z.B. die Franziskaner in Bosnien nicht sehr erfolgreich waren. Energischer waren da schon die Maroniten in Syrien, die stark missionierten.

Siehe S. 78:
Der osmanische Staat 1300-1922: 1300 ... - Google Buchsuche
 
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