Idistaviso

Stimmt ihr mir zu, dass im Altsächsischen 'hatuuari' eine Bezeichnung für Menschen gewesen sein könnte, die irgendwas mit Kämpfen zu tun gehabt haben könnten?

Nein.

Ich nehme an, du bist darauf gekommen, weil ich dich vor einiger Zeit darauf hinwies, dass das altsächsische Wort haþu Kampf bedeutet?
Das hat aber nichts mit den Chattuariern zu tun. Strabon gibt sie als Χαττουάριοι wieder. Würde darin das germanische /þ/ stecken, hätte er *Χαθθουάριοι schreiben müssen. Auch die Römer haben, so wie sie das griechische <θ> regelmäßig mit <th> wiedergaben das germanische /þ/ mit <th> wiedergegeben.

Ich gebe dir mal eine Hausaufgabe, wie sie typisch für die erste oder zweite Sitzung eines Einführungsseminars für Erstsemester in die Sprachwissenschaft ist: Beschäftige dich mit dem Begriff der Minimalpaarbildung.
 
Delbrück meint, die Schlacht habe nicht stattgefunden: nachdem es nicht gelungen wäre, das politische Ziel zu erreichen, die Cherusker dem Einfluss des Arminius zu entziehen, indem Segestes, Segimer und sein Bruder Flavus die Cherusker zum Überlaufen überreden und überzeugen, trotz der Drohung mit einer überlegenen Militärmacht im Rücken , wurde der Feldzug abgebrochen, ohne dass es zu entscheidenden Gefechten gekommen wäre. Schon im nächsten Jahr konnte Arminius ein gewaltiges Heer gegen Marbod aufbringen - er sieht nicht anch einen zweifach verlustreich geschlagenen Heerführer aus.
 
Ich gebe dir mal eine Hausaufgabe, wie sie typisch für die erste oder zweite Sitzung eines Einführungsseminars für Erstsemester in die Sprachwissenschaft ist: Beschäftige dich mit dem Begriff der Minimalpaarbildung.

Stimmst du mir zu, dass im Altsächsischen 'hathuuari' eine Bezeichnung für Menschen gewesen sein könnte, die irgendwas mit Kämpfen zu tun gehabt haben könnten?
 
Delbrück meint, die Schlacht habe nicht stattgefunden: nachdem es nicht gelungen wäre, das politische Ziel zu erreichen, die Cherusker dem Einfluss des Arminius zu entziehen, indem Segestes, Segimer und sein Bruder Flavus die Cherusker zum Überlaufen überreden und überzeugen, trotz der Drohung mit einer überlegenen Militärmacht im Rücken , wurde der Feldzug abgebrochen, ohne dass es zu entscheidenden Gefechten gekommen wäre. Schon im nächsten Jahr konnte Arminius ein gewaltiges Heer gegen Marbod aufbringen - er sieht nicht anch einen zweifach verlustreich geschlagenen Heerführer aus.

Ja, genau das habe ich auch in seinem Buch gefunden, wobei, wenn ich das richtig sehe, in deiner ersten Zeile "Schlachten" statt "Schlacht" stehen müßte, aber das wird ja in deinem letzten Satz richtiggestellt.

Delbrück bezieht sich also nicht nur auf den Angrivarierwall, sondern auch
auf Idistaviso, womit der Zusammenhang mit diesem Thread gegeben ist.

Jedoch, Riothamus interessanten Hinweis, daß es sich bei der Schilderung der beiden Schlachten (zumindest teilweise) um eine Nacherzählung der Varusschlacht mit einem für die Römer glücklicheren Ausgang handelt, kann
ich so direkt bei Delbrück gar nicht finden.

Nun, vielleicht erinnert sich irgendwer, wo es explizit steht?
 
Vielleicht sollte ich noch dazuschreiben, warum mich das so interessiert.

Nun, ich finde, Delbrücks Analyse hat etwas Geniales, vor allem, wenn man
bedenkt, daß er das ja weit vor dem Auffinden des Kalkrieser Walls, ich denke,
so um 1920, geschrieben hat.

Der Wall, den man bei Kalkriese gefunden hat, ist doch ein ganz starkes Indiz dafür, daß Delbrück im großen und ganzen richtig liegt. Ein Teil der Varusschlacht findet vor dem Kalkrieser Wall statt (nehme ich jetzt mal an). Tacitus (oder vielleicht seine Quelle) läßt nun sieben Jahre später den Germanicus diesen Teil der Schlacht an einem (vielleicht erfundenen) Angrivarierwall erneut stattfinden, mit einem für die Römer besseren Ausgang. Damit niemand dies bemerkt, wird ein Fluß dazu erfunden, den es in Kalkriese ja nicht gibt.

Dann liegt es doch nahe, daß auch die Idistaviso-Schlacht in Wirklichkeit ein Teil der Varusschlacht ist, wobei auch hier dies wieder verschleiert wird durch Ausschmückungen (Streit des Arminius mit Flavus etc.) und natürlich der Kampfhergang zu Gunsten der Römer verändert wird. Dann kann man lange nach Idistaviso suchen, an der Weser wird man es kaum finden.

Ein zugegeben schwacher Hinweis könnte auch die von Salvus in seiner Einführung in diesen Thread geschilderte Begebenheit mit den acht Adlern sein. Dieser Teil der Geschichte kann unmöglich wahr sein, da Steinadler
als (lebenslange) Brutpaare leben, niemals aber weitere Adler in ihrem Revier dulden. Dies wird aber auch Tacitus klar gewesen sein, der es wahrscheinlich nur zur mythischen Überhöhung seiner Schilderung so
schreibt, also in dem Bewußtsein, daß es niemand für bare Münze nimmt
(darum "schwacher Hinweis").
 
dass im Altsächsischen 'hathuuari' eine Bezeichnung für Menschen gewesen sein könnte, die irgendwas mit Kämpfen zu tun gehabt haben könnten?
das altsächsische Wörterbuch kennt nur hathu (Kampf) as_h
as_h

die altsächsische Sprache ist erst etliche Jahhunderte nach Idistiavisio & Co. schriftlich belegt

warum soll ein deiner Ansicht nach altsächsisches (sic!) Wort in Quellen aus dem 1. Jh. auftauchen? wäre das nicht eine sprachhistorische Sensation?
 
warum soll ein deiner Ansicht nach altsächsisches (sic!) Wort in Quellen aus dem 1. Jh. auftauchen? wäre das nicht eine sprachhistorische Sensation?

Das Altsächsische wird aber sicherlich auch aus einem germanischen Dialekt entstanden sein. Und die Namen Hathuwig oder Hathumar sind auch nicht nach der Christianisierung Germaniens entstanden sein. 'Hathu' ist also wahrscheinlich ein sehr alter Begriff.
 
'Hathu' ist also wahrscheinlich ein sehr alter Begriff.
das bedeutet aber nicht, dass dieser Begriff - dessen genaues Alter man nicht kennt - in lateinischen Quellen aus dem späten 1. Jh. auftauchen muss (zu schweigen von der Frage nach der sprachl. Kontinuität bis ins 9. Jh., als überhaupt die ersten altsächsischen Sprachzeugnisse auftauchten)

mir ist immer noch nicht so ganz klar, wie du im Zusammenhang mit den kriegerischen Vorgängen bei Idistiavisio und Angrivarierwall auf vermeintlich altsächsische Wörter kommst?
 
Stimmst du mir zu, dass im Altsächsischen 'hathuuari' eine Bezeichnung für Menschen gewesen sein könnte, die irgendwas mit Kämpfen zu tun gehabt haben könnten?

Es gibt keine Hathuuari sondern nur Chattuari/Hattuari! Minimalpaarbildung!!!
Germanisch [θ] bzw. <þ> (entspricht griechisch <θ> lateinisch <th>, Aussprache entsprechend dem englischen -th-!!!) wird im Deutschen regelmäßig zu [d]
Germanisch [d] wird im Deutschen regelmäßig zu [t]
Germanisch [t] wird im Hochdeutschen regelmäßig zu [ts] (<z>) oder .

Zwischen den Chattuariern und dem sächsischen haþu gibt es KEINE etymologische Verwandtschaft.
Deine Annahme ist historisch unsinnig und historiolinguistisch so gut wie unmöglich. Das hättest du bereits meinen gestrigen Beitrag von 17:36 entnehmen können.
Ehrlich, beschäftige dich mit Phonetik und Phonologie und der Minimalpaarbildung!
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht sollte das mit dem Ethnonym etwas ausführlicher und übersichtlicher erklärt werden.

Die Wissenschaft hat festgestellt, dass sich Sprache im Laufe der Zeit verändert. Diese Veränderungen folgen bestimmten Regeln, und zwar so regelmäßig, dass diese Regeln auch schon mal als 'Gesetz' benannt werden.

Eine, bzw. ein ganzes Bündel solcher Regeln ist die sogenannte 2. Lautverschiebung. Die Sprachen vor dieser Lautverschiebung werden traditionell als Germanische Dialekte bezeichnet, die Sprachen, die die Lautverschiebung mitmachten als Deutsch. Dabei wird noch unterschieden, wie weit die Sprache den Wandel mitmachte: Oberdeutsch, Mitteldeutsch und Niederdeutsch. Niederdeutsch machte nur den Wandel von th (engl. th, also þ und auch ð) zu d, also die letzte Phase der Lautverschiebung, die ins 9. und 10. Jahrhundert fiel, mit.

Dann hatte sich in der sogenannten 1. Lautverschiebung, deren Zeitstellung umstritten ist, das k in ch gewandelt. Seitdem bestand die Tendenz, dass aus 'ch' 'h' wurde und ,dass das 'h' wegfiel. (Chlodwig wird zu Ludwig.)

Wie hätte das altsächsische Hadu, unser heutiger Hader, im 1. Jh. geklungen? Haþu oder Chaþu. Woher ist man sich da so sicher? Die letzte Phase der 2. Lautverschiebung fand in Zeiten statt, als schon die ersten erhaltenen Niederdeutschen Sprachdenkmäler aufgezeichnet wurden. Es ist also sogar noch mit 'th' überliefert.

Wozu hat sich Chattuarier weiterentwickelt? Zu Hattuarier im Niederdeutschen und zu Hassuarier im Hochdeutschen. Die Entwicklung von 't' zu 's' im Wortinneren betraf nur den Ober- und Mitteldeutschen Sprachraum, fand also bei den Sachsen nicht statt. Woher wissen wir so genau, dass wirklich 'tt' gemeint ist? Die Römer haben þ regelmäßig als 'th' wiedergegeben, die Griechen hatten einen eigenen Buchstaben ('θ') dafür. Statt dessen schrieben sie 'tt', bzw. 'ττ'.

Somit handelt es sich ganz klar um verschiedene Wörter.

Hinzukommt, dass es sich bei Chattuarier um ein ganz einfach zu erklärendes Wort handelt. Der Bestandteil '-varier' ist die Antwort auf unser 'wer' und wird oft für Etnonyme benutzt: Bajuwaren, Teutonovarier, Bruktovarier, Angrivarier, Ampsivarier und der fränkische Teilstamm der Ripuarier fallen mir ohne nachzuschlagen ein. Die vorderen Bestandteile der ersten 4 gehen auf Ethnonyme zurück. ('Angri-' kommt wohl eher von 'Angeln', als von 'Enge', aber das habe ich irgendwo im Internet gelesen, bin also nicht ganz sicher.) Die letzten beiden von Gewässernamen. Die Rückführung auf eine Ethnie, hier die Chatten, die nach den Regeln des Sprachwandels heute Hessen sind, ist also durchaus gewöhnlich. (Der Vokal der ersten Silbe von Chatti hat sich in Althochdeutscher Zeit zu 'e' gewandelt, wofür es Sprachzeugnisse gibt, z.B. in der Bezeichnung des südwestfälischen Hessengaus.)

Bezüglich Delbrücks werde ich noch mal nachschlagen. Ich meine, es steht bei der Varusschlacht, nicht bei den Germanicus-Feldzügen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zwischen den Chattuariern und dem sächsischen haþu gibt es KEINE etymologische Verwandtschaft.
Deine Annahme ist historisch unsinnig und historiolinguistisch so gut wie unmöglich. Das hättest du bereits meinen gestrigen Beitrag von 17:36 entnehmen können.
Ehrlich, beschäftige dich mit Phonetik und Phonologie und der Minimalpaarbildung!

Unbeantwortet bleibt weiterhin die Frage, ob, ganz losgelöst von Erwähnungen von Hattuariern in den antiken Quellen, im Altsächsischen 'hathuuari' eine Bezeichnung für Menschen gewesen sein könnte, die etwas mit der Tätigkeit Kämpfen zu tun gehabt haben könnten.

Und ja, Hathuari und Hattuari unterscheiden sich durch genau ein phonologisches Merkmal, wodurch sich in diesem Fall auch eine neue Bedeutung ergeben könnte. Sie sind sich aber immer noch sehr ähnlich. Noch auffallender ist die Ähnlichkeit mit Hasuari (ob die nun nach der Hase benannt wurde oder die Hase nach den Hasuariern, so wie die Hetter nach den Hattuariern benannt wurde, wer weiß).

Ich will jetzt aber Salvus' Thread auch nicht weiter für etymologische Diskussionen missbrauchen, ich nehm mir ElQs Rat zu Herzen und les mich nächsten Winter etwas besser in Phonetik und Phonologie ein.
 
Da Arminius und die von ihm geführten cheruskischen Hilfstruppen das römische Kriegshandwerk in römischen Diensten gelernt hatten, dürfen wir positiv annehmen, dass auch schon 16 Arminius seine Truppen entsprechend ordnen konnte.

Da gebe ich dir natürlich grundsätzlich recht.
Eine andere Frage die dann aber auftaucht, ist die nach der Disziplin dieser germanischen Truppen. Ein möglicher großer Sieg ist ein Jahr vorher in der Caecina Schlacht genau daran zumindest wohl in erster Linie gescheitert. Muß man also annehmen, daß diese Probleme ein Jahr später nicht mehr vorhanden waren? Das auch die innergermanischen Konflikte aus der Welt waren?
Oder anders: Das Arminius der von allen akzeptierte Anführer war?
 
wir kennen zwar aus der taciteischen Germania einen Göttinnennamen Nerthus (Njörd könnte daher kommen)
Vorausgesetzt natürlich, sie hätte ihr Geschlecht geändert. Und da Tacitus Nerthus ausdrücklich als Göttin der Erde bezeichnet, sind die Parallelen mit Njörd, der in den Edda-Texten als Meeresgott erscheint, auch eher vage. Obendrein ist Tacitus' Nerthus nur eine Regionalgöttin von Ostseeanrainern.

Eigentlich ist es doch der Normalfall, dass sich Göttergestalten in mündlich überlieferten Religionen über die Jahrhunderte eher langsam entwickeln. Mit anderen Worten: Das ist eher wahrscheinlich.
Das Problem sehe ich weniger darin, ob zu Arminius' Zeiten schon ein Donar(-Vorläufer) verehrt wurde, sondern mehr darin, ob Tacitus mit "Hercules" wirklich "Donar" meinte. Ich habe in #16 schon angeführt, was er alles über den germanischen "Hercules" berichtete. Das ist nicht gerade sehr Donar-spezifisch. Man sollte vielleicht auch nicht unbedingt davon ausgehen, dass alle römischen Autoren und Inschriftenverfasser mit "Hercules" immer denselben germanischen Gott meinten.

Ach ja, wenn Tacitus als Beleg nicht verwendbar ist, muss viel aus der Geschichte gestrichen werden.
Es geht nicht darum, ihn nicht als Beleg zu verwenden, sondern in ihn nicht etwas hineinzuinterpretieren, was er so nicht geschrieben hat. Geschrieben hat er nun einmal nur von einem "heiligen Wald des Hercules".

Die antiken Qellen berichten, dass in den Jahren 15 und 16 in der Koalition des Arminius auch Chattuarier (Hattuarier, Altenglisch Hetware) mitkämpften.
Welche Quellen sollen das eigentlich sein? In Tacitus "Annales" finde ich weder Chattuarier noch Attuarier. Er erwähnt sie nicht einmal in seiner "Germania", dort finde ich in Kap. 34 nur die "Chasuarii", aber auch sie ohne Zusammenhang mit der Koalition des Arminius.
Weder Tacitus noch Velleius, auch nicht Cassius Dio, erwähnen die Chattuarier als Teil der Koalition.

Wenn wir die Hattuarier nun gleichsetzen würden mit den im 'Siedlung nach 9' diskutierten Siedlern bzw. Veteranen (hatuuari), könnte das ein Mitgrund sein, warum Arminius sich auf eine offene Feldschlacht einließ. Die römischen Veteranen waren es gewöhnt, in Formation in Feldschlachten zu kämpfen, wenn sie sich im Jahr 15 Arminius angeschlossen haben werden sie diese Vorgehensweise beibehalten haben wollen, und Arminius musste seine Taktik anpassen.
Diese Chattuarier wurden, wie El Quijote bereits erwähnt hat, schon vom zur Zeit Augustus' schreibenden Strabon (7,1) zweimal eindeutig als germanischer Stamm erwähnt.
Es wird ferner vermutet, dass sie mit den von Velleius Paterculus (2,105) erwähnten Attuarii identisch sind, die Tiberius 4 n. Chr. unterwarf. (Da Velleius damals selbst in Tiberius' Heer diente, muss er wohl genau gewusst haben, ob sie ein Stamm oder abtrünnige römische Veteranen/Siedler waren. Letzterenfalls hätten die Römer ihnen ohnehin bestimmt keine Gnade gewährt, denn für Abtrünnige aus den eigenen Reihen gab es kein Pardon.)

Dafür, dass die Chattuarier - für deren aktives Engagement in Arminius' Heer es ohnehin keinen Beleg zu geben scheint - abtrünnige Römer gewesen wären, gibt es somit nicht nur keinen positiven Beleg, sondern es widerspricht auch den Quellen.

Und das germanische Heer flieht in zwei unterschiedliche Richtungen - was auch Tacitus als seltsam empfindet. Zumindest hört sich diese "Flucht" ziemlich geplant an.
Warum? Bei einem geplanten Rückzug sollte das Heer eigentlich nicht in zwei verschiedene Richtungen davonlaufen. Überhaupt liest es sich für mich eher so, als wären die Germanen eher quer durcheinandergelaufen (die einen vom Wald ins Freie, die anderen von der Ebene in den Wald) und hätte keiner so recht gewusst, wohin. Dass etliche durch die Weser schwimmen wollten und andere sich gar in die Bäume flüchteten, klingt auch nicht nach durchdachter Flucht.
Mir scheint es eher so, als hätten sie sich erst danach wieder gesammelt.
 
Das Problem sehe ich weniger darin, ob zu Arminius' Zeiten schon ein Donar(-Vorläufer) verehrt wurde, sondern mehr darin, ob Tacitus mit "Hercules" wirklich "Donar" meinte. Ich habe in #16 schon angeführt, was er alles über den germanischen "Hercules" berichtete. Das ist nicht gerade sehr Donar-spezifisch. Man sollte vielleicht auch nicht unbedingt davon ausgehen, dass alle römischen Autoren und Inschriftenverfasser mit "Hercules" immer denselben germanischen Gott meinten.

Und ich rede davon, dass die Interpretatio Romana nicht von einem einzelnen Autoren abhängig ist und ihre traditionelle Deutung mehr als bloße Spekulation. Mit unseren Quellen kann diese Deutung nicht bestätigt und nicht verworfen werden.

Aber auch ich gehe davon aus, dass die Menschen damals zum einen intelligent waren und mitunter nur Aspekte gleichgesetzt haben.

Dann wäre ich auch bei den germanischen "Göttern" vorsichtig: Die anthropomorphen Darstellungen der Edda können durchaus sehr jung sein. Daher verweise ich auch so häufig auf das alte Buch Paul Herrmanns, der gerade andere Aspekte an diesen Gottheiten hervorhebt. Das birgt natürlich weitere Unwägbarkeiten.

Die traditionelle Deutung der Interpretatio Romana gibt uns somit nur eine These für die Interpretation der barbarischen Götterwelt durch die 'zivilisierte', griechisch-römische Welt an die Hand. Oder besser: für die gewöhnliche Interpretation. Eine Interpretation, die unsicher ist und eigentlich nur da interessant wird, wo es hakt: Dort können wir hoffen, einen Zipfel der tatsächlichen Vorstellungen zu erhaschen.

Und wenn jemand fragt, ob die Germanen tatsächlich Herkules erwähnt hat, werde ich auf den im antiken Heidentum üblichen Synkretismus verweisen und auch die traditionelle Deutung der daraus erwachsenden Interpretatio Romana nennen.

Wenn ich jemals an der Weser einen Donnerswald finde, werde ich aber auch nicht schreien: 'Hier ist irgendwo Idistaviso.' Dann würde ich in der Tat etwas in die Quellen interpretieren, da ich ja einen Zirkelschluss nutzen würde.

Es geht nicht darum, ihn nicht als Beleg zu verwenden, sondern in ihn nicht etwas hineinzuinterpretieren, was er so nicht geschrieben hat. Geschrieben hat er nun einmal nur von einem "heiligen Wald des Hercules".

Mehr habe ich nicht behauptet. Allerdings haben andere hier die Existenz einer solchen heiligen Stätte abgelehnt. Das als heilig angesehene Orte oft auch als Versammlungsstätten benutzt werden, wie hier von den Cheruskern, wird doch auch niemand ernsthaft bestreiten. (So verstehe ich den Text bisher, werde ihn mir aber nochmals ansehen.) Für die Identifikation dieses Herkules mit Donar habe ich mich auch nicht auf diese Stelle bezogen.

Was soll ich Tacitus hier überhaupt unterstellt haben?

(Siehe oben:
Wenn ich jemals an der Weser einen Donnerswald finde, werde ich aber auch nicht schreien: 'Hier ist irgendwo Idistaviso.' Dann würde ich in der Tat etwas in die Quellen interpretieren, da ich ja einen Zirkelschluss nutzen würde.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Eine andere Frage die dann aber auftaucht, ist die nach der Disziplin dieser germanischen Truppen. Ein möglicher großer Sieg ist ein Jahr vorher in der Caecina Schlacht genau daran zumindest wohl in erster Linie gescheitert. Muß man also annehmen, daß diese Probleme ein Jahr später nicht mehr vorhanden waren? Dass auch die innergermanischen Konflikte aus der Welt waren?
Oder anders: Das Arminius der von allen akzeptierte Anführer war?

Tacitus berichtet ja für die Schlacht zwischen Arminius und Marbod, dass die Germanen sich daran gewöhnt hätten, den Feldzeichen zu folgen (insueverant sequi signa) und dem Befehl des Befehlshabers zu gehorchen (ihn anzunehmen: dicta imperatorum accipere).
Dass Arminius nicht der von allen akzeptierte Anführer war, wird vielleicht dadurch deutlich, dass sein Onkel Inguiomer laut Tacitus in die Marbod-Koalition wechselte und schließlich, dass Arminius später ermordet wurde.
Die Frage ist halt, woher unser guter Publius Cornelius seine Informationen bezog...
 
Und wenn jemand fragt, ob die Germanen tatsächlich Herkules erwähnt hat, werde ich auf den im antiken Heidentum üblichen Synkretismus verweisen und auch die traditionelle Deutung der daraus erwachsenden Interpretatio Romana nennen.
Warum spekulieren, wie die Germanen ihren "Herkules" genannt haben? Tacitus nennt doch die Namen: Tuisto, Mannus und (etwas verklausuliert) dessen Söhne, nach denen die Hauptstämme/Kultgemeinschaften der Germanen (Inguionen, Herminonen, Istävonen) benannt waren. Nichts, was nach "Donar" oder sonstigen Asen klingt. Allenfalls bei "Tuisto" könnte man nachdenken, ob damit Tiwaz/Tiu/Tyr (etc) gemeint sein könnte. Würde sogar passen. Laut der Edda Gott des Krieges und der Volksversammlung, erst später durch Odin als "Obergott" abgelöst...

Ich halte Odin und Donar für völkerwanderungszeitliche Erscheinungen, die am Tag der Schlacht bei Idistaviso noch nicht geboren waren.

Ich finde in den römischen Quellen auch nichts, was darauf hindeutet, dass die Germanen ihren "heiligen Plätzen" besondere militärische Aufmerksamkeit gewidmet hätten. Dass die Römer in einem heiligen Hain der Brukterer das Feldzeichen der 19. Legion fanden, wird einfach nur so erwähnt. Irgendwie "verteidigt" wurde dieser heilige Hain offenbar nicht. Es hat sich offenkundig auch niemand die Mühe gemacht, die den Göttern geopferten "Beutestücke" zu "evakuieren". Vielleicht waren die Germanen zufrieden, wenn sie den Göttern ein Beutestück geweiht hatten. Danach gehörte es eben den Göttern. Und wenn die es nicht mehr wollten, dann haben sie eben zugelassen, dass die Römer sich das Teil zurückholten.

Keine Quelle deutet an, dass religiöse Gefühle für die Germanen ein "Kriegsgrund" gewesen sein könnten.

MfG
 
Die Frage ist halt, woher unser guter Publius Cornelius seine Informationen bezog...
Dass die Römer aus Germanien abzogen, bedeutete doch nicht, dass sie sich nicht mehr für die Vorgänge dort interessierten. Man kann wohl davon ausgehen, dass sie auch weiterhin fleißig Informationen sammelten. Das mussten sie schon deshalb, weil sie auch weiterhin eine aktive Germanienpolitik betrieben und z. B. Stammesfürsten einsetzten oder unterstützten.

Warum spekulieren, wie die Germanen ihren "Herkules" genannt haben? Tacitus nennt doch die Namen: Tuisto, Mannus und (etwas verklausuliert) dessen Söhne, nach denen die Hauptstämme/Kultgemeinschaften der Germanen (Inguionen, Herminonen, Istävonen) benannt waren. Nichts, was nach "Donar" oder sonstigen Asen klingt.
Das bedeutet ja nicht, dass die Germanen zu Tacitus' Zeiten keine anderen Götter hatten. Dass sein "Hercules" noch neben Tuisto, Mannus und dessen Söhnen verehrt wurde, geht schon eindeutig aus dem Beginn des 3. Kap. der "Germania" hervor.
 
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