thanepower
Aktives Mitglied
Insgesamt wundert mich, wie unkritisch die Rhetorik/das Wirken von Wilhelm vor 1914 als alles durchdringende, monolithisch formende Kraft in einer Art uniformierten Gesellschaft wahrgenommen wird. Also ob vor 1914 schon ein totales Propaganda-Regime, eine gleichgeschaltete Ordnung wie 1933 nachfolgend bestanden hätte.
Mich wundert, welche Popanze aufgebaut werden, die wenig mit der eigentlichen Argumentation zu tun haben. Aber diese werden dann besonders heftig kritisiert. Und mich wundert, dass qualifizierte Darstellungen zur Entwicklung der Kontinuitäten, u.a. auch bei der extremen Rechten, inklusive der entsprechenden Autoren, nicht zur Kenntnis genommen werden. Und es wurde auch nicht da, nämlich bei der Entwicklung des Rechtsextremismus, über Kontinuitäten und Brüche diskutiert. Da hätte man angemessen komplex ein Thema diskutieren können. Es gib also vielerlei Formen der Verwunderung.
Das zudem sinnentstellend zitiert wird, was - komischerweise - von Dir @andreassolar - nicht angemerkt wird, obwohl Du normalerweise beanspruchst sehr quellen- bzw. literaturkritisch zu arbeiten, ist auch verwunderlich.
Dass zudem relativ veraltete Literatur "akzeptiert" wird, neuere Ergebnisse dabei schlichtweg ignoriert werden. Und witzerweise dann Bücher von 2008 zitiert werden, die natürlich wichtige Arbeiten von 2016 nicht in ihren Schlußfolgerungen berücksichtigen konnten, auch verwunderlich.
Aber vermutlich waren die Nationalsozialisten doch kleine grüne Männchen, die ohne eine entsprechende Historie aus dem Nichts kamen.
Und wenn schon komparativ, warum wurde dann nicht MacGregor Knox (To the threshold of Power) wenigstens angeführt, da er - so mein unbedeutender Kenntnisstand - eine wichtige Referenzliteratur ist.
Und die m.E. wichtigste empirische Analyse zur Bestimmung der zentralen Variablen, die die "Machtergreifung" komparativ erklärt, wurde noch gar nicht angeführt. An diesem Punkt wird ein angemessenes Niveau von Komplexität erreicht.
Bromhead, Alan de; Eichengreen, Barry; O'Rourke, Kevin H. (2013): Political Extremism in the 1920s and 1930s: Do German Lessons Generalize? In: J. Econ. Hist. 73 (02), S. 371–406.
Jedem sein eigenes Geschichtsbild, weil "Referenzliteratur" wohl unterschiedlich bewertet wird, aber man sollte nicht anderen "unkritische" Sichten unterstellen, wenn die Positionen noch nicht mal richtig zur Kenntnis genommen werden.
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