Kronen - Insignien der Macht

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<DT>... Es wäre sicher interessant, Hinweise darauf zu haben, wie die Kaiser- oder Königskrone (HRR) damals ausgesehen haben dürfte.

In dem Aufsatz wurden u. a. die Aussagen von Anwesenden bei den Kaiserkrönungen von Sigismund und Friedrich III. (z. B. aus der "Historia Austrialis" von Enea Silvio Piccolominis) gebracht, die im Widerspruch zum Aussehen der Kaiserkrone (oder vielleicht auch nur jener Krone, die letztlich im Kampf um den Platz der "echten" Kaiserkrone "gesiegt" hatte) stehen.

Und außerdem wurde in einer Fußnote eben auch eine Skizze für die "Türe" von Albert Dürer erwähnt, wo Düres Karl der Große angeblich noch mit einer anderen Krone dargestellt war.


<DT>Dass die Kaiserkrönungen im Widerspruch zum Aussehen der Reichskrone stehen kann ein Trugschluss sein. Lange wurden die dabei benutzten Kronen der Kirche geschenkt. Vielleicht nicht immer, aber doch so häufig, dass man von Gewohnheit sprechen kann. Das wurde auch noch eine Zeit lang fortgesetzt, als es schon Kronen mit herausgehobener Bedeutung gab. Dann wurden zum Verschenken natürlich andere Kronen genutzt. Ob solche Bräuche aber noch zur Zeit Friedrich III. bestanden, kann ich nicht sagen. Jedenfalls steht fest, dass nicht immer die 'echte' Krone benutzt wurde. Selbst bei prominenten Ereignissen. Vielleicht ist es aber auch einfacher: Das große Trumm passt nicht auf normale Köpfe. Ein eitler König wird andere Kronen bevorzugt haben. Und irgendwann ging das Wissen darum, wie sie im Mittelalter getragen wurde unwiederbringlich verloren. Und das hat ihre Benutzung sicher nicht befördert.

Aber die Bedeutung der Reichskrone steht etwa seit dieser Zeit durch ihre Besondere Aufbewahrung fest. Und wo -wie in der erwähnten Dichtung- der Waise erwähnt wird, ist die Zuordnung klar. Daher ist dann auch ihr hervorgehobener Status klar. Bedeutungen können aber auch schwanken, und wie mag man es aufgenommen haben, als sich der Waise veränderte?

Bezüglich der Reichskrone konnte man in der frühen Neuzeit natürlich auch den Namen Konrad auf dem Bügel lesen. Dieser offensichtliche Anachronismus mag für Dürer ein Grund gewesen sein, zunächst eine andere Krone darzustellen.

Die Reichskrone ist untersucht in Mechthild Schulze-Dörrlamm, Die Kaiserkrone Konrad II. (1024-1036) - Eine archäologische Untersuchung zu Alter und Herkunft der Reichskrone, Sigmaringen 1991. Ihrer Datierung muss man nicht folgen, aber die Beschreibung beinhaltet auch die Erwähnung von Veränderungen an der Krone. Leider sind diese nicht vollständig aufgelistet.

Daneben kann man, um zu klären, wie die Krone ursprünglich aussah, die mittelalterliche Formensprache bemühen. Stirnplatte und Kreuz stellen z.B. auf zweifache Art und Weise die Welt dar. Die Steine und Perlen auf der Platte folgen der Anordnung nach dem Jerusalemer Tempel: Garten/Welt, Hof, Vorplatz, Tempel, Allerheiligstes. Dabei sind 6 Steine nochmals kreuzförmig hervorgehoben. Und den Positionen innerhalb und zu einem Kreuz wurden ebenfalls Bedeutungen zuerkannt, was dann auch für das Kreuz über der Platte gilt. Aus der Numerologie und 'Materialkunde', also der Zuordnung bestimmter Bedeutungen zu bestimmten Zahlen und Materialien ergaben sich bestimmte Aussagen. Die Bedeutungen variieren allerdings auch etwas von Autor zu Autor. An einigen veränderten Stellen kann man, wenn ich mich korrekt erinnere, dadurch erkennen, was für Steine ersetzt wurden. Eine genauere Beschreibung bringt für die Reichskrone aber nicht wirklich Erkenntnisse, da der Waise ja als einzigartig galt, und die Interpretation für uns durch ihn mangels Kenntnis unwegbar wird. Man kann aber immerhin erkennen, dass keine grundlegende Änderung bei den Anordnungen erfolgte. (In 'Der Name der Rose' werden einige Beschreibungen ungefähr in der gedachten Art und Weise vorgenommen, daher kann ich mir hier ersparen, selbst eine Beschreibung anhand der Handbücher zu erarbeiten, die sowieso nur eine mögliche Interpretation wäre.)

In mittelalterlichen Erläuterungen zu den Insignien ist bezüglich der Krone ausdrücklich von den 'geheimnisvollen Edelsteinen/gemmae mystici' die Rede. Dies wird also nicht einfach anhand damaliger gelehrter Spekulationen -an die Schrift Albertus Magnus über die Edelsteine habe ich ja schon erinnert- von uns heute an diese Gegenstände herangetragen. Es gehörte eindeutig zur mittelalterlichen Betrachtungsweise.

(Beispiele zur Numerologie: 1 steht für den einen Gott, 3 für die Dreifaltigkeit, 7 für die Schöpfung; 10 ist die Zahl des Gesetzes, 11 ihre Überschreitung. Das dumme daran ist, dass bei weniger eindeutigen Zahlen die Erklärungen der einzelnen Autoren voneinander abweichen. Schon das ist ein Grund, keine weiterreichenden Interpretationen anzustellen, sondern lediglich festzustellen, dass gewisse Anordnungen, Materialien und Zahlen festzustellen sind, denen damals weitergehende Bedeutung zugeschrieben wurde. Wenn man dann noch an den Universalienstreit denkt, erscheint dies für das Mittelalter nicht mehr als abwegige, esoterische Denkweise. Zu den Materialien und Edelsteinen kann man im Lexikon des Mittelalters suchen, und zu den Edelsteinen wird man meines Wissens nur dort fündig. Literatur zur Numerologie und Anordung reiche ich nach.)
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Im Jahr 2000 fand in Aachen die großartige Ausstellungen "Krönungen. Könige in Aachen" statt. Im Katalog findet man viele Beiträge, die sich mit Mythos und Bedeutung der Reichskleinodien und vor allem der Reichskrone beschäftigen. Es ist in der Tat so wie Teresa C. oben schreibt. Die überragende Bedeutung, die der Krone beikam, entstand erst im Spätmittelalter. Sie wurde zur Reliquie Karls des Großen und rückte dadurch in den Rang der anderen Heiltümer auf, die im Mittelalter über eine deutlich höhere Wertschätzung verfügten.
Eine legitimierende Wirkung einer Krönung durch die Reichskrone gab es hingegen nicht. Es konnten durchaus andere Insignien verwendet werden. Erst im 19. Jahrhundert wurde der ungarische Kronenmythos auf die Reichskrone übertragen. In Ungarn - wahrscheinlich ab dem beginnenden Spätmittelalter - "klebte" der König an der heiligen Krone, nur eine Krönung mit der "wahren" Stephanskrone legitimierte den Herrscher.
 
Die Krone der Aachner Karlsbüste

In dem in meinem vorigen Post erwähnten Ausstellungskatalog wird auch auf die Krone der Karlsbüste, heute im Aachner Domschatz, eingegangen.

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wurde diese für die Aachner Krönung Karls IV, Sigsimunds und zum letzten Mal 1533 bei der Königskrönung Ferdinands I. verwendet worden sein. Die Reliquienbüste, die diese Krone nun schmückt, wurde für die Krone angepasst - und nicht umgekehrt.

https://commons.wikimedia.org/wiki/File:KarlsbusteKrone1.jpg
 
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