Kurland-Kessel 1944/45

D
Analog dazu könnte man auch fragen, weshalb die Westalliierten sich keine Mühe gaben, die französischen Kanalhäfen zu erobern.
Wozu? Man braucht sie nicht und es kostet nur militärische Kräfte, die anderso sinnvoller eingesetzt werden können. Mit "militärische Kräfte" meine ich hier nicht Soldaten und Panzer, denn davon hatten die Westalliierten und die Sowjets in diesem Stadium des Krieges sicherlich ausreichend. Ich meine, wie erwähnt, Nachschubgüter und den dazu gehörenden logistischen Aufwand.

Das sind nur Überlegungen von mir für die ich keine Quellennachweise anführen kann. Insofern wäre es interessant zu wissen, in welcher logistischen Verfassung die sowjetischen Verbände in Kurland waren.
Waren sie übrhaupt so großzügig versorgt, dass man von ernsthaften Angriffsabsichten ausgehen kann?

Teile Kretas und einige weitere Inseln der Ägäis, auch die Kanalinseln waren bis zuletzt deutsch besetzt.

Für die Alliierten die billigsten Gefangenen, sie mussten sich selbst versorgen.

Zu Kurland,
ich kenne den Fall eines zum Tod verurteilten und erschossenen deutschen Soldaten. Wegen nicht mal 5 Litern Benzin. Die er allerdings aus einem Sanka abzapfte. Und an Letten verschacherte.
Da er schon etliches auf dem Kerbholz hatte, konnte ihm niemand mehr helfen.
Von einer Instandsetzungs-Staffel ist ein Teil über die Ostsee nach Schweden abgehauen, noch am 10. Mai. Motorboote hatten sie noch ein paar mehr aufgetrieben, aber Sprit gab es keinen mehr, keinen Tropfen.
So ging ein Teil der Staffel in die russische Gefangenschaft. Wer die Geschichte der Kurland-Soldaten kennt, weiß allerdings, dass die geflüchteten 1947 von Schweden an die Russen ausgeliefert wurden.
Als mancher der direkt in die Gefangenschaft gegangen war, schon zu Hause war, ich weiß es zumindest von einem sicher.

Mit anderen Worten, ab April 1945 war auch in Kurland der Ofen absolut aus.
 
Schon nach der Besetzung Ostpolens Sep. 39, befuerchtete Stalin, dass die Alliierten auch Russland den Krieg erklaeren - was aus wunderlicher Weise ausblieb. Auf jeden Fall waeren die Baltischen Staaten ein Einfallstor gewesen, dass Stalin schnell zu schliessen wusste - Okkupation.

Stalin fürchtete nach dem Zusatzprotokoll 1939 die Westmächte? Wer hat dir denn das erzählt? Die baltischen Staaten standen im Zusatzprotokoll zur freien Verfügung für die Sowjets.
Das Münchener Abkommen 1938 war faktisch der Verzicht auf politische Einflussnahme der Westmächte in Osteuropa.
 

Gut, dass du den ersten Link verlinkt hast. Ich habe mich mit dem Leningrader Militärbezirk vertan. Die 2. Baltische Front wurde in Leningrader Front ab 1.4.1945 umbenannt. Leningrader Militärbezirk wurde es erst nach Kriegende.
Leider meint wikipedia zur Leningrader Front in Kurland wieder was anderes. Dort wird ein Teil der aufgelösten (nicht mehr benötigten) Leningrader Front zur 2. Baltischen Front abgezogen. Um dann weiter unten als Kapitulationsannehmer wieder aufzutauchen.
Zumindest ist Marschall Goworow somit der letzte höchste Oberbefehlshaber der Roten Armee-Truppenteile in Kurland.
 
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Nochmal zum Aspekt "Wahrnehmung" nach dem Krieg:

Oben ist schon auf Schörner hingewiesen worden, der hier wohl einen Teil seines Rufs bezog. Einen Teil dieser Wahrnehmung spiegeln auch die "Landser-Hefte" und diverse andere Publikationen wider, beim Suchen in einem bekannten Auktionshaus unter dem Titel "Kurland" trifft man auf Folgendes:

- die unbesiegte Armee
- die Hölle von Libau
- die letzten Flieger von Kurland
- die vergessene Front Kurland 1945
- Kurland - tapfer bis zum Ende
- Kurland 1944/45 - Die vergessene Heeresgruppe
- Todeskessel Kurland Herresgruppe Nord 1944-1945
- Kurland: Die letzte Front - Schicksal für zwei Armeen
- Das war Kurland: Die 6 Kurland-Schlachten
- Frontalltag 1944/45 - Als Infanterist im Kurland-Brückenkopf. Erinnerungen eines Soldaten der "unbesiegten Armee"


Der Mythos um die paar Quadratkilometer Schlamm schlägt einen weiten Bogen, wie man sehen kann, dramaturgisch eine Art "last stand hill" a la Custer. Nach dem Krieg dürfte das ein Baustein für die Darstellung der Wehrmacht im Kampf 1944/45 gegen die "russische Dampfwalze" und "Schutz des deutschen Ostens" gewesen sein. Bereits Monate zuvor - die Wehrmacht stand noch tief in der Sowjetunion - war der Krieg klar verloren. Die Kurland-Armeen schützten weder Flüchtlingstrecks noch hielten sie den Vormarsch nach Westen auf, sondern sind nur Sinnbild für die irrationale Weiterführung des Krieges ab Juli 1944. Den führte eben nicht nur Hitler, sondern auch die Generalität. Soldaten, die da nicht mehr mitmachen wollten, wurden hingerichtet.
 
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...Die Tatsache, dass 80-100 Großverbände irgendwo rumstehen, heißt nicht automatisch, dass diese auch zu einer größeren Offensive befähigt sind.
Um offensiv werden zu können, noch dazu gegen einen vertedigungsbereiten Gegner, muss der Angreifer gut mit Resourcen versorgt sein, insbesondere mit Betriebsstoff, Ersatzteilen und Munition...

Richtig, dieser Aspekt wurde in der ganzen Diskussion bislang vernachlässigt.
Was nützt es mir, wenn ich 80 Großverbände auf dem Papier bzw. Schachbrett habe - aber diese nicht vollständig einsatzbereit sind.

Wenn ich mich recht entsinne, war der allgemeine Dialog damals.
"Welche Kräfte haben wir in dem Gebiet xy?"
"...5xy und 5 yz"
"Wie viele sind Einsatzbereit?"
"..von den 5 xy sind 2 Einsatzbereit und 3 erreich 50% ihrer Stärke. Von den 5yz können 3 sofort eingesetzt werden, 2 erreichen 35% der Kampfstärke"

Die Zahlen sind natürlich reine Fiktion ;) aber so in der Art dürften die Lagebesprechungen auf deutscher Seite gelaufen sein.

... Der Angriff nach Deutschland hinein und letztendlich auf Berlin war zweifellos wichtiger als die Wegnahme des, pardon, Arschs der Welt. Noch dazu im Angesicht des Wettlaufs mit den Westalliierten. Kurland erobern und dafür möglicherweise den Amis Berlin überlassen? Für Stalin und seine Generäle sicherlich undenkbar...

Auch das dürfte soweit richtig sein.
Wenn ich dich töten wollte, würde ich dir auch ins Herz stechen und nicht in den Allerwertesten :D

Gerade im Vergleich "Alliierte vs. Kommunisten" darf man das Renommee nicht außer Betracht lassen. Die Frage der Ehre dürfte eine nicht unwesentliche Rolle gespielt haben.
 
Richtig, dieser Aspekt wurde in der ganzen Diskussion bislang vernachlässigt.
Was nützt es mir, wenn ich 80 Großverbände auf dem Papier bzw. Schachbrett habe - aber diese nicht vollständig einsatzbereit sind.

Hallo Friesengeist + Panzerreiter,

das kann man wohl in der Diskussion beiseite legen. Selbstverständlich waren die Kurland-Verbände der Roten Armee offensivfähig, wie sich an 6 großen Kurland- (imho sämtlich in der Anlage Fesselungs-) Schlachten ablesen kann. Nur sah die "Offensivfähigkeit" hier anders aus als bei der Weichsel- oder Ungarnfront, da es in Kurland nicht auf großräumige Bewegungen in der Offensive ankam, sondern auf Artillerie und Infanterie (statt einer großen Zahl von Panzer- und mechanisierten Korps).

Zur Einsatzfähigkeit: vgl. Mehner, Die Geheimen Tagesberichte zur gegenseitigen Unterrichtung der Wehrmachtteil, "riesiger" vermerkter Materialeinsatz zB 3. Kurlandschlacht, 22./23.12.1944.

Die Bindung der Kräfte spielt mE eher deswegen keine Rolle, weil hier keine signifikant höhere Bindung als an den übrigen Fronten vorlag.



Zur "Fesselungsschlacht":
Beispielsweise startete die 3. Kurlandschlacht zeitgleich mit der Großoffensive im Südabschnitt Ungarn, die über Budapest auf Wien zielte. Die deutsche Seite konzentrierte hier in der weiteren Folge ihre Kernverbände (Panzer-, Panzergrenadierdivisionen des Heeres und der Waffen-SS), die zum großen Teil aus dem Westen abgezogen worden sind.
Für mich ergibt sich daraus eher die Kette: 3. Kurlandschlacht - Fesselung für oder sogar gemeinsam/abgestimmt mit Südoffensive Brennpunkt Ungarn und Einkesselung Budapest - gleichzeitig liefen in der Mitte die letzten 3 Wochen Vorbereitung für die in der sowjetischen Vorbereitung alles andere überragende Weichseloffensive. Dort wurden geschätzt mindestens die Hälfte der Gesamtstreitkräfte der Roten Armee eingesetzt.

Ergänzung: nach DRZW 8, S. 660 wurden in der 2. Kurlandschlacht ca. 200 Gr0ßverbände, darunter 130 Infanteriedivisionen eingesetzt.
 
Zuletzt bearbeitet:
zu 1.
Wenn Kuland wie die Heimat - also Ostseekuestee - gehalten werden soll, ist das nur ein Hinweis, dass man mit dem Brueckenkopf Kurland mehr vor hatte.

zu 2.
Also aus humanitaeren Gruenden wurden die dt. Truppen dort gehalten, weil ein Abzug Opfer gefordert haette. So waren sie zwar verlohren, aber man hat sie zum Spass weiterkaempfen lassen???

Ich frage nur nach, weil man in Lettland die lettischen und estnischen migekaempften SS- Einheiten als Helden feiert. Jaehrlich gibt es Fackelumzuege und ein Denkmal wurde auch aufgestellt. Hier wird argumentiert, dass sie gemeinsam mit den Deutschen fuer die Freiheit des Baltikums kaempften. Naja.

Was waere passiert, wenn die Russen weitermaschiert waeren?
 
zu 1.
Wenn Kuland wie die Heimat - also Ostseekuestee - gehalten werden soll, ist das nur ein Hinweis, dass man mit dem Brueckenkopf Kurland mehr vor hatte.
Sinnleere Spekulationen helfen nicht weiter. Nimm Dir zur Abwechselung einfach mal eine Landkarte zur Hand. Was soll denn mehr sein, was dann weniger?


Also aus humanitaeren Gruenden wurden die dt. Truppen dort gehalten, weil ein Abzug Opfer gefordert haette. So waren sie zwar verlohren, aber man hat sie zum Spass weiterkaempfen lassen???
Verdrehungen helfen auch nicht wirklich weiter. Einfach mal oben nachlesen.

Ich frage nur nach, weil man in Lettland die lettischen und estnischen migekaempften SS- Einheiten als Helden feiert. Jaehrlich gibt es Fackelumzuege und ein Denkmal wurde auch aufgestellt. Hier wird argumentiert, dass sie gemeinsam mit den Deutschen fuer die Freiheit des Baltikums kaempften. Naja.
Aha, daher weht der Wind. War schon klar, nach dem Nachlegen auf die Ausgangsfrage.

Was waere passiert, wenn ...
Siehe Repos Hinweis auf seinen Onkel bei solchen Fragen.
 
Man muss bedenken, dass eine Räumung gar nicht möglich war. Die östliche Ostsee ist bis in den April vereist und die Flüchtlinge in Ostpreußen waren gefährdeter.
 
Schon der Rückzug der gesamten Heeresgruppe Nord, nach dem Zusammenbruch der Heeresgruppe Mitte, über das Nadelöhr Riga, fast ohne Verluste, ist eine Muster dt. Generalstabsarbeit.
Es wurde auch eine ganz erhebliche Menge an russ. Truppen gebunden, das 6-10fache der deutschen.
Nachstehender Link ist, obwohl privater Natur, seriös (dem Homepage-Besitzer wird es gegangen sein wie mir:D, Papa war stolz darauf zur HG Kurland gehört zu haben) Versorgung und Nachschub über die Ostsee war übrigens (Oktober 1944-April1945!)ebenfalls eine logistische Meisterleistung!
Ich dachte die Zeiten, in denen man ungerügt die "Meisterleistungen" der Wehrmacht preisen und den propagandierten "Kampf bis zum letzten Mann" gut heißen kann, seien vorbei. Anscheinend habe ich mich getäuscht. Aus heutiger Sicht sollte jedem halbwegs vernünftigen Menschen die Absurdität des Durchhalteglaubens und die Verblendung der damaligen Generäle einleuchten. Natürlich ging kein Soldat gerne in russische Gefangenschaft, doch die Motive zur Aufrechterhaltung des Kampfes waren sicher andere. Die Ideologie des unbesiegbaren Deutschtums und der Irrglaube an den Endsieg standen hier im Mittelpunkt. Es gibt demnach keinen Grund diese Ereignisse mit Stolz zu betrachten. Auch das Lob der Logistik ist völlig unangebracht. Die Bewaffnung und (schlechte) Ausbildung des letzten "Volkssturms" war logistisch gesehen bestimmt auch anspruchsvoll. Dennoch macht es keinen Sinn dies anzuerkennen, da ansonsten unweigerlich die verbrecherischen Motive in den Hintergrund rücken.
 
Doch nicht mehr im Frühjahr 1945! Die wollten einfach nur überleben.
Doch, sogar noch im Frühjahr 1945!! Die Bedingung um zu überleben hieß nicht "Weiterkämpfen". Wäre das Überleben, das einzige oder wichtigste Motiv der Generalität und der Soldaten gewesen, hätten sie ihre ausweglose Situation erkannt und sich ergeben. Gerade der Kampf birgt doch die große Gefahr nicht zu überleben.
 
Doch, sogar noch im Frühjahr 1945!! Die Bedingung um zu überleben hieß nicht "Weiterkämpfen". Wäre das Überleben, das einzige oder wichtigste Motiv der Generalität und der Soldaten gewesen, hätten sie ihre ausweglose Situation erkannt und sich ergeben. Gerade der Kampf birgt doch die große Gefahr nicht zu überleben.

Das mag ja sein, aber auch wenn die Überlebensrate in russischer Gefangenschaft damals noch nicht bekannt war so wollte doch sicher keiner in diese gelangen. Und die Hoffnung doch noch rauszukommen dürfte größer gewesen sein als der Wille sich zu ergeben.
 
Das mag ja sein, aber auch wenn die Überlebensrate in russischer Gefangenschaft damals noch nicht bekannt war so wollte doch sicher keiner in diese gelangen. Und die Hoffnung doch noch rauszukommen dürfte größer gewesen sein als der Wille sich zu ergeben.
Dann veratet mir doch mal, warum diese von Repo angesprochene "logistische Meisterleistung" der Versorgung nicht dazu benutzt wurde die Soldaten zu evakuieren und in Richtung der Westmächte zu bringen? Die Gefangenschaft war, wie gesagt, kein anzustrebendes Ziel, dennoch ging es gerade den Befehlshabern darum auszuharren. Die Propaganda über V2, Wehrwölfe und Endsieg hielt, wie auch ihre Wirkung an. Hätte das Überleben im Mittelpunkt gestanden, wäre eine Flucht vorbereitet oder Verhandlungen unternommen worden.
 
@Robert, du willst mir doch nicht ernsthaft weismachen, dass 1945 noch jemand an den Endsieg glaubte. Das konnte man vielleicht noch einem Hitler-Jungen erzählen, nicht aber altgedienten Landsern.
 
@Robert, du willst mir doch nicht ernsthaft weismachen, dass 1945 noch jemand an den Endsieg glaubte. Das konnte man vielleicht noch einem Hitler-Jungen erzählen, nicht aber altgedienten Landsern.
Ich sagte die Propaganda und deren Wirkung hielten an. Die regelrecht konditionierte Hoffnung auf einen Wendepunkt der Ereignisse, verbunden mit dem Gefühl auserwählt zu sein und der Angst vor dem "bösen Bolschewismus" spielte sicherlich eine wichtige Rolle bis in die letzten Kriegstage. Anders wären V2 (die bis Ende Februar 1945 getestet wurde), Volkssturm (bis min. Mai 1945) und eben die Kurlandschlachten nicht vorstellbar. Das waren, bezogen auf die Führungsebene, keine Maßnahmen um zu überleben oder um der Gefangenschaft zu entgehen, sondern die bewusste Umsetzung des nationalsozialistischen Gedankengutes. Der kleine Soldat mag gekämpft haben um zu überleben oder um den Russen nicht in die Hände zu fallen, doch ist er damit der Propaganda erlegen.
 
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