L Domitius Ahenobarbus' Zug über die Elbe - noch von der Donau o. bereits vom Rhein?

Dio schreibt jedenfalls, dass Ahenobarbus umherirrende Hermunduren unter seinen Schutz nahm und in einem Teil der Markomannis ansiedelte.

Wenn wir das so nehmen, wie es dasteht, müssen wir voraussetzen, dass die Markomannen die Ansiedlung der Hermunduren in einem Teil ihres Gebiets geduldet haben.

Und dazu würde der Rest auch ganz gut zusammenpassen: Die Römer bekräftigten ihren Anspruch als Schutzmacht durch militärische Präsenz in diesem Teil des Markomannengebiets, sie rückten ungehindert bis über die Elbe vor, und sie verpflichteten die Markomannen mittels eines förmlichen Vertrags auch zu zukünftigem Wohlverhalten.

Marbod stand laut Velleius mit Rom über Gesandte in Verbindung, er hütete sich davor, Rom offen zu provozieren, er baute aber seine Macht immer mehr aus, bis er endlich aus römischer Sicht zu einem ernstzunehmenden Rivalen geworden war, den man durch einen Präventivschlag zurechtstutzen wollte.

Vielleicht ist ein Fach der Teil der Markomannis gemeint, der gerade geräumt wurde. Oder ein Gebiet, dass ihnen von den Römern zugeordnet wurde, obwohl es unbesiedelt war. Oder die Hermunduren ordneten sich Marbod unter, während Rom sich beide verpflichtete. Oder was Du sagst. Wiedermal viele Möglichkeiten...
 
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Vielleicht ist ein Fach der Teil der Markomannis gemeint, der gerade geräumt wurde. Oder ein Gebiet, dass ihnen von den Römern zugeordnet wurde, obwohl es unbesiedelt war. Oder die Hermunduren ordneten sich Marbod unter, während Rom sich beide verpflichtete. Oder was Du sagst. Wiedermal viele Möglichkeiten...

Zumindest wissen wir aber, dass zwischen Saale und Mulde schon mehrere Jahrhunderte ununterbrochen die gleichen Germanen wohnten, die man als Hermunduren einstuft. Es gab zwar direkt nebeneinander extrem reiche und arme Germanen, aber eben Hermunduren. Wo hat also Arhenobarbus seine versprengten Hermunduren angesiedelt? Zwischen Saale und Mulde ist er wohl nicht zur Elbe gezogen.
 
Ich habe jetzt schnell Johne gelesen, Die Römer an der Elbe, Seite 120-125, Johne rekapituliert die Diskussion der Cassius Dio -Stelle seit T.Mommsen, und erklärt drei Varianten, um eine Anomalie der Dio-Stelle zu erklären.
Es ergibt sich einmal ein Datierungsproblem:
Domitius Ahenobarbus war Statthalter von Illyrien von 5 bis 2. v.Chr. - ein möglicher Feldzug wäre zum Beispiel dann in Carnuntum gestartet, und hätte dann in das nördliche Böhmen gehen müssen. Dort war Marbod mit dem Aufbau seines Reiches beschäftigt, eine solche Handlung der Römer, ebenso wie die Ansiedelung der Hermunduren in der Markomannis, hätte von ihm als Kriegserklärung aufgefasst werden können (Zwischenfrage von mir, ob es 9 v.Chr. eine förmliche Deditio/Unterwerfung der Markomannen nach den Niederlage gegen Drusus gegeben hat?). Dass dieser Feldzug durchaus kriegerisch aufgefasst wird, dafür spricht Tacitus: Ahenobarbus hat für den erfolgreichen Feldzug die Triumphalornamente verliehen bekommen (auch bei Sueton, Nero).
Johne fragt nun, ob nicht umgekehrt die Hermunduren von den Markomannen aus Böhmen vertrieben worden sind. Dagegen spricht meiner Ansicht nach schon kurz später die Koalition der Hermunduren mit Marbod. Ein weiterer Einwand gegen diese Südvariante ist, dass die Elbe vor dem Zufluß der Moldau im Oberlauf nicht der beeindruckende Strom ist, die von den Römern mystifizierte Grenze, die sie im Mittel - und Unterlauf gewesen ist.
Ein zweites Problem ist der Begriff der Markomannis - Johne tendiert eher dazu, diese im ehemaligen Bereich der Markomannen zu suchen, aus dem sie nach Böhmen geflohen / abgezogen sind, Mainfranken, eventuell auch Teile Hessens. Archäologisch muss ich einmal schauen, ob dies möglich ist, in meiner Erinnerung kann es sein, dass eine Großromstedter Kulturgruppe in Mainfranken auch nach den Markomannen präsent war. Der Startpunkt eines solchen Feldzuges müsse aber eher in Regensburg oder Augsburg liegen, vom damals erst im Aufbau befindlichen Legionslager, im Militärbezirk der Vindeliker, allerdings ist dies eigentlich kein Zuständigkeitsbereich des illyrischen Statthalters, sondern zugehörig zu dem des rätischen. Mommsen hat wohl für diese Variante plädiert, ein Vorschlag des Feldzugwegs ist daher Donauwörth / Regensburg zur Saale und dieser folgend zur Elbe zwischen Halle und Leipzig. Oder über die Naab, vom Main direkt zum Mittellauf der Saale. Die dritte Variante, wohl auch von D.Timpe vertreten (2006), dass dieser Feldzug erst in der germanischen Statthalterschaft um 1 n.Chr stattgefunden hat, lehnt Johne ab, sie wäre überzeugend von Wolters (1990) wiederlegt worden.

Zur Karte unten, Glossar:

Abb. 1. Die archäologische Situation in Mitteleuropa um die Zeitenwende. Römische Militärlager: a – augusteisch, b – tiberisch, c – augusteischer Stützpunkt; Kulturkreise: A– Rhein-Weser-Germanen, B– Elbgermanen, C– Przeworsk-Kultur, D– Púchover Kultur, E– spätkeltische/frührömische Kultur. Bedeuten der eim Text erwähnte Fundstellen siehe unten:1 – Mühlhausen, 2 – Schkopau, 3 – Schwabhausen, 4 – Großromstedt, 5 – Aubstadt, 6 – Altendorf,7–Lužice, 8 – Kadaň-Jezerka, 9 – Trmice, 10 – Lovosice, 11– Mlékojedy/Tišice, 12– Třebusice, 13 – Ořech,14 – Praha-Běchovice, 15 – Dobřichov-Pičhora, 16 – Slepotice, 17 – Rataje, 18 – Dub-Javornice, 19 – Zli
 

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Sie rückten ungehindert bis zur Elbe vor ...
So stehts da.

... und trafen erst nördlich der Elbe auf die Germanen.
Das steht so nicht da.


Nicht der Wortlaut, aber das Verständnis dessen, in welcher Relation L. Domitius' Verlegung von der Donau an den Rhein zu der Elbüberquerung steht.

Cassius Dio aber berichtet, dass Ahenobarbus von der Donau kam: Somewhat earlier Domitius, while still governing the districts along the Ister, had intercepted the Hermunduri, a tribe which for some reason or other had left their own land and were wandering about in quest of another, and he had settled them in a part of the Marcomannian territory; then he had crossed the Albis, meeting with no opposition, had made a friendly alliance with the barbarians on the further side, and had set up an altar to Augustus on the bank of the river.
Erst dann verlegt er sein Hauptquartier an den Rhein
Just now he had transferred his headquarters to the Rhine,...
Aber ich mache mich hier abhängig von einer Übersetzung, ergo einer Vorinterpretation.

Hast Du inzwischen eine Übersetzung gefunden, die den zeitlichen Schnitt zwischen Donau und Elbüberquerung nahelegen würde statt zwischen Elbüberquerung und Rhein?

... was wiederum das Problem aufwirft, dass nicht klar wäre, wer zwischen Tibeirus und Ahenobarbus die Statthalterschaft am Rhein ausfüllte.
Ist das denn ein echtes "Problem"? Statthalterschaften sind nun mal nicht immer und überall lückenlos belegbar.
Wie man es auch dreht und wendet: Auch Dio verrät nirgends, wer am Rhein der unmittelbare Nachfolger des Tiberius war. Das könnte Sentius Saturninus gewesen sein, der laut Velleius irgendwann mal "legatus ... in Germania" gewesen sein muss.
 
Sie rückten ungehindert bis zur Elbe vor und trafen erst nördlich der Elbe auf die Germanen. Warum?
Zogen sie durch das leere Markomannengebiet, wo sie die Hermunduren ansiedelten? Wohnten schon Hermunduren südlich der Elbe? Die Frage ist noch offen.

Es gibt nach den archäologischen Funden eine Zuwanderung nach Nordböhmen aus dem Mittelelbe-Saale-Gebiet angesetzt wie oben geschrieben auf 45 bis 35 v.Chr., also vor der markomannischen Einwanderung ab 9 v.Chr. ich zitiere:
Die gegenwärtige Forschung in Tschechien neigt ebenfalls zur Ansicht, dass der Übergang von der Latènekultur zu der des Großromstedter Horizontes schneller war und seine Folgen stärker, als bisher angenommen (Droberjar 2006a; Salač 2006 ; 2008). Aus diesem Grund wird der Terminus Übergangs- oder latène-kaiserzeitlicher Horizont für das böhmische Gebiet nicht für geeignet gehalten.Die Funde der Latènekeramik in germanischen Siedlungen können zumindest in Böhmen auch anders erklärt werden. Offensichtlich hatte hier die neue Großromstedter Kultur in der Zeit nach Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. das ganze in der Latènezeit besiedelte Gebiet übernommen (Waldhauser 1992; Salač 1995; 2008).
Vladimír Salač, Zum keltischen Erbe in der älteren Römischen Kaiserzeit in Böhmen und Mitteleuropa, 2011
*die Karte oben habe ich aus diesem Beitrag entnommen, weil sie den geographischen Raum gut abbildet

Daher kann deine Frage vorsichtig mit "Ja" beantwortet werden, wenn du nach Nordböhmen gefragt hast. Zur kompletten archäologischen Argumentation anhand der Funde,
Zum keltischen Erbe in der älteren Römischen Kaiserzeit in Böhmen und Mitteleuropa | Vladimir Salac - Academia.edu

Zusätzlich noch ein Text zur Ausbreitung eines Großromstedter Horizontes im Westen, dort finden sich auch Fundkartierungen, die M.Meyer allerdings nicht chronologisch datiert, es ist auch nur ein kurzer Überblicksartikel. Siehe dort Mainfranken und Saale-Unstrut-Elberaum.
Elbgermanen im Westen? Zu den Elementen des Großromstedter Horizonts zwischen Rhein und Werra | Michael Meyer - Academia.edu
 
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Domitius Ahenobarbus war Statthalter von Illyrien von 5 bis 2. v.Chr.
So genau wissen wir das nicht.
8 v. Chr. hatte Sextus Appuleius das Kommando. Danach wird es sehr lückenhaft, und vieles muss geraten werden ("Not much is known about the situation in Illyricum after 8 BC and frequently relies on guesswork.")
Daniel Dzino: Illyricum in Roman Politics 226 BC - AD 68

Irgendwann nach 8 kam Ahenobarbus. Und der war ab 1 n. Chr. am Rhein.

Dort war Marbod mit dem Aufbau seines Reiches beschäftigt, eine solche Handlung der Römer, ebenso wie die Ansiedelung der Hermunduren in der Markomannis, hätte von ihm als Kriegserklärung aufgefasst werden können
Hätte können, sicher. Aber er kann auch gute Gründe gehabt haben, dem großen Zusammenprall mit den Römern aus dem Weg zu gehen.


Dass dieser Feldzug durchaus kriegerisch aufgefasst wird, dafür spricht Tacitus: Ahenobarbus hat für den erfolgreichen Feldzug die Triumphalornamente verliehen bekommen

Tacitus weiß andererseits auch von Aktionen römischer Feldherren, bei denen man sich fragt, wo denn da die militärische Leistung erbracht wurde.

Corbulo hätte gern Krieg gegen die Germanen geführt, erhielt aber den Befehl zum Rückzug. Um die Legionen sinnvoll zu beschäftigen, ließ er sie einen Kanal zwischen Maas und Rhein bauen.
Und Curtius Rufus ließ seine Legionäre auf dem Gebiet der Mattiaker nach Silber buddeln:

Tacitus: Annales (11,16-20), Kaiser Claudius und die Cherusker und Chauken (lateinisch, deutsch)

So untersagte denn auch Claudius neue Gewaltanwendung gegen die germanischen Provinzen und befahl sogar, die Besatzungstruppe hinter den Rhein zurückzuziehen. Schon war Corbulo daran, sein Lager auf dem feindlichen Boden aufzuschlagen, als ihm das Schreiben überbracht wurde. So viel Verdruss sich ihm bei der überraschenden Nachricht aufdrängte, - Furcht vor dem Kaiser, Verachtung von Seiten der Barbaren, Verhöhnung bei den Bundesgenossen, - ließ er doch nichts anderes verlauten als: "Wie glücklich waren doch die alten Heerführer Roms!" und gab das Zeichen zu Rückzug. Damit aber das Heer nicht von Müßiggang befallen würde, zog er zwischen Maas und Rhein einen Kanal von 23 Meilen, der es ermöglichte, den Unwägbarkeiten des Ozeans zu entgehen. Die Insignien des Triumphes jedoch gestattete ihm der Kaiser, wenn er ihm auch den Krieg verweigert hatte.

Nicht lange danach erlangte Curtius Rufus die selbe Ehre. Er hatte auf dem Gebiet der Mattiaker auf der Suche nach Silberadern Schächte ausheben lassen, die für kurze Zeit eine geringe Ausbeute lieferten. Aber die Legionen kostete es ihre Opfer und Anstrengungen, dass sie Wasserleitungen graben und unterirdisch Erdarbeiten verrichten mussten, die schon im Freien beschwerlich sind.

Auch in republikanischen Zeiten hatte es schon Triumphe ohne Schlachten gegeben. Quintus Fabius Labeo soll - lediglich durch Androhung von Gewalt, ohne einen einzigen Schwertstreich - 4000 Gefangene freigepresst und dafür einen Triumph erhalten haben:

Da also Quintus Fabius in Überlegung nahm, auf was für eine Unternehmung er sich eigentlich einlassen sollte, um sich nicht etwa einem Scheine von Unthätigkeit auf seinem Posten auszusetzen; so glaubte er, am besten zu thun, wenn er auf die Insel Creta hinüberginge. Dort führte der Stat von Cydonia Krieg mit denen von Gortyna und Gnossus; auch hieß es, eine große Anzahl gefangener Römer und Italier lebe, auf der ganzen Insel zerstreuet, in der Sklaverei. Sobald er nach seiner Abfahrt von Ephesus mit der Flotte das Ufer von Creta erreicht hatte, ließ er den sämtlichen Staten kund thun, sie sollten die Waffen niederlegen, jeder die in seinen Städten und Dörfern aufgesuchten Gefangenen ihm wieder zuführen und Gesandte schicken, mit denen er sich über Gegenstände, welche die Cretenser eben so wie die Römer angingen, auseinandersetzen könne. Auf die Cretenser machte dies wenig Eindruck, und außer den Gortyniern gab niemand Gefangene zurück. Valerius von Antium hat angegeben, die ausgelieferten Gefangenen, die man aus Furcht vor dem angedroheten Kriege von der ganzen Insel zusammengebracht habe, hätten sich auf viertausend belaufen, und eben aus diesem Grunde habe Fabius, ohne alle weitere Verrichtung, vom Senate einen Seetriumph bewilligt erhalten.
Römische Geschichte von Livius - Text im Projekt Gutenberg

Aber Du hast im Prinzip Recht: Der Zug über die Elbe war eine militärische Unternehmung. Und wenn es zu keiner Schlacht gekommen ist, sondern der Droheffekt ausreichte, um einen für die Römer günstigen Friedensvertrag zu erzielen, war es natürlich ein erfolgreicher Feldzug.

Ob hier Dio ganz bewusst die erfolgreiche Aktion von der Donau aus (Ansiedlung herumirrender Hermunduren) in einen Kontrast zur erfolglosen Aktion vom Rhein aus (Repatriierung versprengter Cherusker) setzt?


Ein weiterer Einwand gegen diese Südvariante ist, dass die Elbe vor dem Zufluß der Moldau im Oberlauf nicht der beeindruckende Strom ist, die von den Römern mystifizierte Grenze, die sie im Mittel - und Unterlauf gewesen ist.
Ein ziemlich gezwungener Einwand. Dio schreibt ja nicht, dass die Elbe an der überquerten Stelle von beeindruckender Breite gewesen sei.


Ein zweites Problem ist der Begriff der Markomannis
Ja, es gibt halt zwei Möglichkeiten:
- Man sucht sie da, wo sie zu der Zeit nachweislich war.
- Man sucht sie irgendwo anders.

Die dritte Variante, wohl auch von D.Timpe vertreten (2006), dass dieser Feldzug erst in der germanischen Statthalterschaft um 1 n.Chr stattgefunden hat, lehnt Johne ab, sie wäre überzeugend von Wolters (1990) wiederlegt worden.
Auch ohne Wolters Widerlegung zu kennen, finde ich Timpes Versuch, Dio zu zerlegen, argumentativ sehr, sehr dünn.
 
So genau wissen wir das nicht.
8 v. Chr. hatte Sextus Appuleius das Kommando. Danach wird es sehr lückenhaft, und vieles muss geraten werden ("Not much is known about the situation in Illyricum after 8 BC and frequently relies on guesswork.")
Daniel Dzino: Illyricum in Roman Politics 226 BC - AD 68

Irgendwann nach 8 kam Ahenobarbus. Und der war ab 1 n. Chr. am Rhein.
Ich zitiere hier Johne, seine Fußnote ist J.Fitz, Die Verwaltung Pannoniens in der Römerzeit, Band 1, Budapest 1993

Hätte können, sicher. Aber er kann auch gute Gründe gehabt haben, dem großen Zusammenprall mit den Römern aus dem Weg zu gehen.
Deswegen fragte ich nach der förmlichen Unterwerfung. Allgemein galt aus Sicht Roms Germanien zumindest in der Propaganda als besiegt, nachdem die sugambrische Koalition 9./8 v.Chr zerschlagen war, und es zur Dedition zahlreicher Stämme zwischen Elbe und Rhein gekommen war, der Feldzug des Tiberius 8 v.Chr lief so Paterculus (Tiberius Hofbiograph) ähnlich wie der Ahenobarbaus: "Siegreich durchzog er alle Gebiete Germaniens, und zwar ohne Verlust für die ihm anvertrauten Truppen.." (Vell.2,97,4).
Bei Tiberius Triumph am 1.Januar 7 vChr. wurde symbolisch die sakrale Stadtgrenze Roms, das pomerium, erweitert, womit sich Augustus festlegte, dass das römische Reich sich räumlich ausgedehnt hatte (siehe auch letzte Diskussion im Kalkriese-Thread um die Provinzialisierung Germaniens). Neue Silber - und Goldmünzen mit dem Motiv eines stehenden Germanen, der dem sitzenden Augustus ein Kind als Geisel reicht, wurden ausgegeben. Soweit ich mich erinnere war der Janus-Tempel auch geschlossen worden?

Tacitus weiß andererseits auch von Aktionen römischer Feldherren, bei denen man sich fragt, wo denn da die militärische Leistung erbracht wurde.

Corbulo hätte gern Krieg gegen die Germanen geführt, erhielt aber den Befehl zum Rückzug. Um die Legionen sinnvoll zu beschäftigen, ließ er sie einen Kanal zwischen Maas und Rhein bauen.
Und Curtius Rufus ließ seine Legionäre auf dem Gebiet der Mattiaker nach Silber buddeln:

Tacitus: Annales (11,16-20), Kaiser Claudius und die Cherusker und Chauken (lateinisch, deutsch)



Auch in republikanischen Zeiten hatte es schon Triumphe ohne Schlachten gegeben. Quintus Fabius Labeo soll - lediglich durch Androhung von Gewalt, ohne einen einzigen Schwertstreich - 4000 Gefangene freigepresst und dafür einen Triumph erhalten haben:


Römische Geschichte von Livius - Text im Projekt Gutenberg

Aber Du hast im Prinzip Recht: Der Zug über die Elbe war eine militärische Unternehmung. Und wenn es zu keiner Schlacht gekommen ist, sondern der Droheffekt ausreichte, um einen für die Römer günstigen Friedensvertrag zu erzielen, war es natürlich ein erfolgreicher Feldzug.

Ob hier Dio ganz bewusst die erfolgreiche Aktion von der Donau aus (Ansiedlung herumirrender Hermunduren) in einen Kontrast zur erfolglosen Aktion vom Rhein aus (Repatriierung versprengter Cherusker) setzt?
Bis hierin bin ich einverstanden.

Ein ziemlich gezwungener Einwand. Dio schreibt ja nicht, dass die Elbe an der überquerten Stelle von beeindruckender Breite gewesen sei.
Ich referiere nur Johnes Aussagen - allerdings muss ich auch mit Johne festhalten, dass die Elbe in der römischen Sicht auf Mitteleuropa doch eine entscheidende Rolle spielte, als Völkergrenze, Raumordnungsgrenze, das Beispiel der Erscheinung an der Elbe, die Drusus warnte, die Elbe zu überschreiten, ist die erzählerische besonders eindrucksvolle Darstellung der mystifizierten Grenze.
(Timpe, "Mitteleuropa in den Augen der Römer", als PDF online

Ja, es gibt halt zwei Möglichkeiten:
- Man sucht sie da, wo sie zu der Zeit nachweislich war.
- Man sucht sie irgendwo anders.
Nun, ganz wahllos ist dies nicht, sondern wird ernsthaft unter den Althistoriker*innen diskutiert.(Kehne, RGA 19, 2001, Markomannen, S. 291 f.)
 
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Ich zitiere hier Johne, seine Fußnote ist J.Fitz, Die Verwaltung Pannoniens in der Römerzeit, Band 1, Budapest 1993
Ja, ich weiß.
Dzino 2010 ist da skeptischer, er erwähnt zwar auch Fitz' Datierung, stellt sie aber der von Dobó 1968 gegenüber, der Ahenobarbus 6 v. bis 1 n. ansetzt.

Bei Tiberius Triumph am 1.Januar 7 vChr. wurde symbolisch die sakrale Stadtgrenze Roms, das pomerium, erweitert
Hingegen feierte Ahenobarbus keinen Triumph. Er bekam "nur" die ornamenta triumphalia verliehen.

Soweit ich mich erinnere war der Janus-Tempel auch geschlossen worden?
Die dritte Schließung des Janus-Tempels unter Augustus lässt sich leider nicht durch halbwegs zeitgenössische Quellen datieren. Orosius' Datierung (1 n. Chr.) gilt im allgemeinen als wenig glaubhaft.

The exact date of the third closure remains a scholarly debate. The only ancient author to date the third closure was Orosius,[3] who associates the event with the birth of Christ, c. 1 BC. However, modern scholars almost universally reject Orosius because Roman armies were campaigning in Germany and/or the Far East elsewhere by 2 BC. Inez Scott Ryberg and Gaius Stern date the third closure to 13 BC based on the joint return of Augustus and Agrippa to Rome after pacifying the provinces.[4] Sir Ronald Syme[5] dated the closure to 7 BC, to coincide with the triumph of Tiberius and his second consulship, the events of which year are lost in a gap in the surviving manuscripts of Cassius Dio. Mario Torelli followed Orosius' date.[6]
https://en.wikipedia.org/wiki/Temple_of_Janus_(Roman_Forum)


der Feldzug des Tiberius 8 v.Chr lief so Paterculus (Tiberius Hofbiograph) ähnlich wie der Ahenobarbaus: "Siegreich durchzog er alle Gebiete Germaniens, und zwar ohne Verlust für die ihm anvertrauten Truppen.." (Vell.2,97,4).
Wobei - wiederum Velleius Paterculus zufolge - sich die Markomannen unter Marbod dem Zugriff der Römer entzogen hatten. (Könnte ein Grund gewesen sein, hier nochmals nachzuhaken...)



Ich referiere nur Johnes Aussagen
Ich kritisiere ja auch nur Johnes Einwand. ;)


allerdings muss ich auch mit Johne festhalten, dass die Elbe in der römischen Sicht auf Mitteleuropa doch eine entscheidende Rolle spielte
Unbestritten.
Noch Tacitus nennt die Elbe einen "einstmals berühmten Fluss". Allerdings im Zusammenhang mit der Erwähnung des Elbursprungs. Was wiederum bedeutet, dass die Römer durchaus die ganze Länge des Flusses im Blick hatten.
Und für eine symbolisch bedeutsame Flussüberschreitung ist die genaue Stelle und die genaue Breite an dieser Stelle wohl kaum entscheidend.


Nun, ganz wahllos ist dies nicht, sondern wird ernsthaft unter den Althistoriker*innen diskutiert.
Das ist mir auch bekannt.
Man kann sich aber nun fragen:
- Wo saßen die Markomannen zur Zeit des Cassius Dio?
- Wo saßen die Markomannen um 3 v. Chr.?

Werden diese Fragen kontrovers diskutiert?
 
seine Fußnote ist J.Fitz, Die Verwaltung Pannoniens in der Römerzeit, Band 1, Budapest 1993

Hab da noch direkt nachgeschaut.
Fitz weiß auch nicht mehr als alle anderen:

Sextus Apuleius ist für 8 v. Chr. belegt. Danach gibt es, wie gesagt, lange keine gesicherten Daten.

Dann kommt Ahenobarbus. Zu seiner Statthalterschaft gibt es nur die bekannte Stelle bei Dio.

Dann kommt Cn. Cornelius Lentulus. Zu diesem schreibt Fitz: "Der uns interessierende Abschnitt seiner Karriere ist zeitlich nur mit Vermutungen zu verbinden." Lentulus war 2/1 v. Chr. Proconsul in Asia. Dann könnte er direkt im Anschluss daran die Verwaltung von Illyricum übernommen haben.

Aus diesen dürftigen Daten konstruiert Fitz sein chronologisches Gerüst:
Appuleius 9-7 v. Chr., dann kommt eine Lücke, Ahenobarbus 5-2 v. Chr., Lentulus 1 v. - 2 n. Chr.
 
Guten Abend,

die entscheidende Frage ist doch, welche Landstriche zählten noch zu Ahenobarbus Zeiten zum Illyricum?

Zitat Karl Kaus:

"Für das spätrepublikanische Rom war aber das ganze Gebiet jenseits der italischen Adria, also Dalmatien, Albanien und Hinterland, iIlyrisch. Ursache
waren die großen Schwierigkeiten der römischen Seefahrt mit den illyrischen
Piraten, hinter denen man eine illyrische, aus vielen Einzelstämmen bestehende Großmacht vermutete. Man glaubte auch, dass lllyrien bis in die
Alpen, zur Donau (zum Istros) und sogar bis zum Schwarzen Meer reichte.
Im 1 .Jahrhundert nach Chr. wurde dieser Irrtum korrigiert: statt "Großillyrien" wurden nun die Provinzen Raetien, Noricum, Pannonien, Moesien und Dalmatien, benannt nach der sprachlichen Vielfalt der dort lebenden Volksgruppen, eingerichtet. Die gemeinsame Zollverwaltung, das "publicum portorii lllyrici" mit Poetovio (Ptuj-Pettau) als Sitz des Finanzamtes, blieb jedoch weiter bestehen, verstand sich aber als administrativer Begriff und als Wirtschaftseinheit. Diese überprovinzielle Gemeinsamkeit kam ab Kaiser Traianus Decius (249-251) auch in der Münzprägung für den "Genius lllyrici", den "Genius exercitus Illyriciani" und die "virtus lllyrici" zum Ausdruck. Zur Unterscheidung zwischen den tatsächlichen Illyriern und dem weitläufigen "illyrischen Gebiet", in dem zahlreiche andere, vermeintlich verwandte Völkerstämme wohnten, hat schon C. Plinius Secundus der Ältere (in Anlehnung an Pomponius Mela) im dritten Buch seiner 79 nach Chr. erschienenen Naturkunde den Begriff "proprie dicti lllyrii Illyrier im eigentlichen Sinn" geprägt."

Quelle: DIE ILLYRIER UND DIE "ILLYRISCHE BESIEDLUNG" DES BURGENLANDES. Geschichtsfälschung, Wiederbetätigung oder nur Unwissenheit ? / 2/2009 Die Illyrier und die "illyrische Besiedlung" des Burgenlandes

Bei Peter Kovacs Beitrag findet man auf S. 218 folgendes:

"Er (gemeint ist Strabon) beschreibt in seinem VII. Buch Illyris von Westen nach Osten und beginnt wieder mit dem Gebiet der Raeter/ Vindeliker und Noriker..."

und weiter unten auf der gleichen Seite fügt er auf an:

"Bei der Beschreibung von Illyricum erwähnt Appian die Einöde der Boier."

Quelle: Der obere Donauraum von 50 v. Chr. bis 50 n. Chr. / S. 218; 2015

Die Einöde der Boier ist archäologisch nachgewiesen durch S. Rieckhoff und durch eine Keramikscherbe "BOIOS" aus dem Oppidum in Manching.

https://www.academia.edu/19278744/Boier_in_Bayern

Zudem lassen sich Manchinger Quinare auch auf anderen boischen Oppida in Böhmen nachweisen. Umgekehrt genauso. Das gleiche gilt für die Manchinger Goldstater (Blattkranz, Vogelkopf etc.). Es wurden deren Tüpfelplatten und Stempel auch in Unterfranken, sowie eine Matrize sogar in Thüringen gefunden. Es lassen sich neben den Münzen ferner sehr enge Kontakte der Boier mit den in Mitteldeutschland ansässigen Teuriern auch über Gürtelketten nachweisen.

Desweiteren wird von den bayerischen Archäologen eine Verbindungsstraße vom Lech aus über das Nördlinger Ries (Bernd Steidl 2009) zum Lager in Marktbreit (2 Lager - älter und kleiner; jünger und größer) vermutet. Dem kann ich nur beipflichten, da man auf dieser Strecke auch dementsprechenden frührömischen Münzfunde hat.

Cassius Dio hat also nichts falsches geschrieben ...

PS ELQ: ich warte noch auf meine Antwort

Grüße
 
Cassius Dio hat also nichts falsches geschrieben

Das wollen wir doch hoffen. :)


Seit dem Abschluss des ersten Pannonischen Kriegs unter Tiberius (9 v. Chr.) reichte Illyricum jedenfalls bis zur Donau.

Augustus, Res Gestae:

"protulique fines Illyrici ad ripam fluminis Danuvi"
=
"... und ich habe die Grenzen Illyricums ans Ufer des Flusses Donau vorgeschoben."
 
Bei Peter Kovacs Beitrag findet man auf S. 218 folgendes:

"Er (gemeint ist Strabon) beschreibt in seinem VII. Buch Illyris von Westen nach Osten und beginnt wieder mit dem Gebiet der Raeter/ Vindeliker und Noriker..."

und weiter unten auf der gleichen Seite fügt er auf an:

"Bei der Beschreibung von Illyricum erwähnt Appian die Einöde der Boier."

In "Der obere Donauraum 50 v. bis 50 n. Chr." (2015) stellt Peter Kovács im Zusammenhang mit den Boiern klar:

"Dieses bei Strabon genannte Illyricum kann aber nicht mit der Provinz Illyricum identifiziert werden."
 
Ist die Umschreibung einer Provinz Illyrien vor dem Aufstand wirklich bekannt? (Jenseits dessen, dass sich Region und Provinz nicht entsprechen mussten.)
 
So stehts da.


Das steht so nicht da.
Gerade, weil es nicht da steht, ist es seltsam. Denn, wenn man, versprengte Hermunduren ansiedelnd, durch vermeintliches altes Hermundurenland zur Elbe zog, wäre das doch etwas anderes, als wenn man durch Feindesland gezogen wäre, und die Feinde sich nur nicht sehen ließen bzw. sich über die Elbe geflüchtet hätten. Beim Zug des Tiberius zur Elbe fällt ja auch kein Wort über die Bewohner des linkselbischen Gebiets, durch welches er zur Elbe kam und dort sein Lager errichtete. Der Germanenhäuptling kam ja auch vom rechten Ufer herüber gerudert.
 
Ich habe folgendes Problem mit einem Beginn eines Nordfeldzuges des Ahenobarbus von Illyrien aus:
wenn dieser wie beim Feldzug gegen das Marbod-Reich 6.n.Chr. in Carnuntum gestartet wäre, würde er sich als logistische Nachschublinie auf die March stützen und ihrem Flusslauf nach Norden folgen. Heute nur im Unterlauf schiffbar, wahrscheinlich konnten kleinere Versorgungsschiffe auch noch über die Thaya weiterversorgen.
Die Elbe würde dann jedoch von Süden nach Norden überquert, weil sie im Oberlauf von Ost nach West verläuft (korrekt von der Quelle im Riesengebirge zuerst nach Süden). Welchen Sinn würde eine solche Überquerung machen?
Dann die Frage nach dem Ursprung der Elbe? Kehne hat die Hypothese aufgestellt, wegen der Unstimmigkeiten bei Ptolemoios Angaben,(in den Sudeten) dass mit dem Ursprung / Quelle der Elbdurchbruch gemeint sein könnte, Johne schreibt, dass der Verlauf offensichtlich nicht richtig bekannt war, nur einmal wäre die Quelle richtig lokalisiert genannt worden, bei Cassius Dio, in den vandalischen Bergen (Riesengebirge) (Johne, Seite 49). Tacitus schreibt ungenau "im Hermundurenland".
Sind die Römer tatsächlich überhaupt in der Okkupationszeit an den Oberlauf gekommen? Die Elbe als Grenze, die man zu überschreiten erwähnenswert findet, damit scheint doch wirklich nur der Mittel - und Unterlauf gemeint gewesen sein.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerade, weil es nicht da steht, ist es seltsam. Denn, wenn man, versprengte Hermunduren ansiedelnd, durch vermeintliches altes Hermundurenland zur Elbe zog,

Ich verstehe gerade nicht, was Du meinst.

Wer "vermeint" oder "vermeinte", dass Ahenobarbus "durch altes Hermundurenland" zog?
Ahenobarbus?
Dio?
Ich?
 
Welchen Sinn würde eine solche Überquerung machen?
Welchen Sinn würde überhaupt eine Überquerung machen, an welcher Stelle auch immer?


Dann die Frage nach dem Ursprung der Elbe? Kehne hat die Hypothese aufgestellt, wegen der Unstimmigkeiten bei Ptolemoios Angaben,(in den Sudeten) dass mit dem Ursprung / Quelle der Elbdurchbruch gemeint sein könnte, Johne schreibt, dass der Verlauf offensichtlich nicht richtig bekannt war, nur einmal wäre die Quelle richtig lokalisiert genannt worden, bei Cassius Dio, in den vandalischen Bergen (Riesengebirge) (Johne, Seite 49). Tacitus schreibt ungenau "im Hermundurenland".
Und Springer hält es für wahrscheinlich, dass Tacitus damit die Moldauquelle gemeint hat.
Ptolemaios hat haufenweise Unstimmigkeiten hinterlassen, trotzdem verstanden auch die Römer in aller Regel unter dem Ursprung eines Flusses die Quelle.



Die Elbe als Grenze, die man zu überschreiten erwähnenswert findet, damit scheint doch wirklich nur der Mittel - und Unterlauf gemeint gewesen sein.

Das verstehe ich immer noch nicht.
Für die Römer dienten Flüsse als Grenzmarkierungen. Eine Überschreitung konnte weltbedeutend sein, auch wenn der Flusslauf selber noch so mickrig war.
(Siehe z. B.)
 
Hieß denn der gesamte Verlauf des Flusses Elbe? Es liegt nahe, dass die Römer solches 'korrigierten'. Aber schon in der Phase, in der sie die Geographie in Böhmen erst eruierten.

(Habe Fieber und stehe unter Medikamenten. Fall das Unsinn ist, bitte ignorieren.)
 
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