Lager der Römer in Thüringen

Guten Morgen,

@ Sid. Callidus

ich habe gestern per Mail noch eine Antwort von Dr. Küssner erhalten. Er schreibt folgendes:

"Hallo Herr . . .,

Münze kann man das Ganze nicht mehr nennen. Es handelt sich um eine in der Größe und Zusammensetzung auf einen kaiserzeitlichen As passende Buntmetallscheibe, auf der tatsächlich nichts – auch nicht unter Streiglicht, Binokular usw. – zu erkennen ist. Eine Münze ist das Ganze also, zur Datierung trägt sie aber nichts entscheidendes bei. Ich glaubte, Ihnen das auch schon bei unserem vorletzten Gespräch mitgeteilt zu haben.

Viele Grüße aus Weimar

Mario Küßner"

Zitat Ende

Kann sein das er mir das mit der Münze beiläufig schon mal mitgeteilt hatte und ich es auf Grund der nicht möglichen Datierung wieder verworfen hatte. Somit ist alles wie gehabt - nichts genaues weiß man nicht. Den Welt-Artikel kann man getrost vergessen.

Grüße
 
Guten Morgen,

@ Sid. Callidus

ich habe gestern per Mail noch eine Antwort von Dr. Küssner erhalten. Er schreibt folgendes:

"Hallo Herr . . .,

Münze kann man das Ganze nicht mehr nennen. Es handelt sich um eine in der Größe und Zusammensetzung auf einen kaiserzeitlichen As passende Buntmetallscheibe, auf der tatsächlich nichts – auch nicht unter Streiglicht, Binokular usw. – zu erkennen ist. Eine Münze ist das Ganze also, zur Datierung trägt sie aber nichts entscheidendes bei. Ich glaubte, Ihnen das auch schon bei unserem vorletzten Gespräch mitgeteilt zu haben.

Viele Grüße aus Weimar

Mario Küßner"

Zitat Ende

Kann sein das er mir das mit der Münze beiläufig schon mal mitgeteilt hatte und ich es auf Grund der nicht möglichen Datierung wieder verworfen hatte. Somit ist alles wie gehabt - nichts genaues weiß man nicht. Den Welt-Artikel kann man getrost vergessen.

Grüße
Auch mit der Scheibe kann man noch etwas anfangen. Eine Metallanalyse kann die Verwandtschaft zu gängigen Münzen beweisen.
 
Kann sein das er mir das mit der Münze beiläufig schon mal mitgeteilt hatte und ich es auf Grund der nicht möglichen Datierung wieder verworfen hatte. Somit ist alles wie gehabt - nichts genaues weiß man nicht. Den Welt-Artikel kann man getrost vergessen.

Dann muss man aber auch den Vortrag von Herrn Dr. Küßner in der Arche Nebra "vergessen", denn der Welt-Artikel nimmt auf vieles Bezug, was Herr Küßner seinerzeit höchstpersönlich da zum Besten gegeben hat. Da stellt sich mir die Frage, warum er dem dort anwesenden Publikum (der eine oder andere Fachmann war darunter, wie z.B. der bereits erwähnte Dr. Geschwinde vom Landesamt für Denkmapflege Braunschweig) die Funde und Erkenntnisse mit der Schlussfolgerung "Zusammenhang mit Harzhorn-Ereignis wahrscheinlich" präsentiert hat. Ich hab mir das alles ja nicht umsonst so notiert, denn die Datierung des Marschlagers war bis zu dem Zeitpunkt das größte ungelöste Rätsel. Und auch wenn Herr Dr. Küßner sich natürlich auch in dem Vortrag nicht zu einer Festlegung hinreißen ließ (dafür sind die bisherigen Funde und deren Interpretation zu unsicher), war sein Fazit zugunsten einer höheren Wahrscheinlichkeit in Richtung 3. Jhdt. und Harzhorn schon recht deutlich.
 
Also, wenn ich das jetzt alles richtig verstehe, so haben wir zur Datierung des Lagers bisher zwei Indizien aus dem Fundort selber:
  • die über C14-datierte Holzreste aus der Verfüllung des Grabens (50 v. Chr. bis 125 n. Chr)
  • und die Nägel der römischen Soldatenstiefel, die den Zeitraum vom späten 1. Jahrhundert bis ins 3. Jahrhundert entstammen können.
Die bekannten historischen Ereignisse, wo römische Truppen weit im Inneren Germaniens operierten, sind im fraglichen Zeitraum:
  • der Feldzug gegen die Chatten unter Domitian (85 n. Chr.)
  • und unter Maximus Thrax (235/236 n. Chr.).
Bei letzterem liegt ein Zusammenhang mit dem Schlachtfeld von Harzhorn nahe. Die dreiflügeligen Pfeilspitzen, die zur Bewaffnung von Hilfstruppen aus dem Osten des Reiches gehören, fanden sich an beiden Fundplätzen. Es schließt natürlich nicht aus, dass sich derart bewaffnete Truppen auch unter Domitians Einheiten befanden.

Gegen Domitian spräche aus meiner Sicht, dass dieses Römerlager sich "ein wenig zu weit östlich" für den Chattenfeldzug befand. Es kann natürlich durchaus sein, dass man dabei tief ins Hinterland der Chatten vorgestoßen ist, um fliehende Gruppen zu verfolgen. Gegen Maximus Thrax spricht die Datierung der Holzreste. Allerdings könnte es sich dabei um Bauholz handeln, das zu dem Zeitpunkt mindestens 100 Jahre alt war.
 
Gegen Maximus Thrax spricht die Datierung der Holzreste. Allerdings könnte es sich dabei um Bauholz handeln, das zu dem Zeitpunkt mindestens 100 Jahre alt war.

Eine weitere Hilfshypothese für die völlig unterschiedlichen Schuhnägel müsste wohl auch noch her: etwa dass am Harzhorn andere Truppenteile kämpften als in Hachelbich lagerten.

Wäre ich zuständiger Archäologe, würde ich mir einmal den sogenannten Römerstein südwestlich von Bad Sachsa genauer anschauen; vor allem die unmittelbar südlich gelegene, von der Wipper eingerahmte Wiese [Edit: es sind Felder, keine Wiese]. Dieser Platz liegt direkt an einem alten, von Westen nach Thüringen führenden Handelsweg — wie auch der schon im 3. Jahrhundert besiedelte Ort Pöhlde weiter im Westen. Besonders interessant wären natürlich allfällige Schuhnägelfunde entlang dieses Weges.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die These, dass dort ein Römerlager zu finden sei, geht ziemlich deutlich davon aus, dass über den Namen Römerstein vom Zeitpunkt N, an dem dort ein Römerlager bestanden haben könnte, bis heute eine Tradition herrschen würde. Ich weiß ganz ausdrücklich nicht, woher der Römerstein seinen Namen hat. Aber es ist leider häufig so, dass scheinbar sprechende Namen eine suggestive Kraft ausstrahlen und ich möchte dringend davor warnen, sich dieser Suggestion unkritisch hinzugeben. Wer weiß, welche Lautwandel sich da im Vokalismus ergeben haben? Welche Verschleifungen die Konsonanten erfahren haben?

Z.B. gibt es das englisch Wort to roam ('wandern, umherstreifen'), das wird auf ein idg. 'fließen' zurückgeführt. Der Römerberg wird von einem Bach umflossen. Die germanische Form rumjan hätte das für die Bildung des Umlauts wichtige -i/j-.
Oder der Bergname hängt mit Raum (germ. ruma) zusammen, weil er einzeln in einer offenen Flur zwischen zwei Gebirgszügen liegt.
Oder es ist einfach der Rumpf (germ. rumpa), wo das -p- verschliffen ist.
Und das sind nur drei Möglichkeiten, die ich in den Raum werfe, ich vertrete nichts davon. Ich will nur zeigen, dass man es sich mit scheinbar sprechenden Namen nicht zu einfach machen sollte. Auch eine slawische Deutung wäre zwar nicht sehr wahrscheinlich, aber auch nicht ganz unmöglich.

Die größte Wahrscheinlichkeit ist aber, dass der Name Römerstein recht jung ist, vielleicht 500 Jahre oder weniger.
Es gibt Orte mit einer langen Namenstradition. Hydronyme - vor allem große - haben i.d.R. meist recht alte Namen (wobei das kein Naturgesetz ist, ich könnte ad hoc mehrere Flussnamen nennen, die sich in historischer Zeit geändert haben). Auch kontinuierlich besiedelte Orte wechseln selten den Namen. Aber bei einem einzeln stehenden Felsen kann eine Namenskontinuität schnell mal abbrechen. Denn ein Name einer geographische Größe muss auch von Generation zu Generation weiter gegeben werden. Und wenn die Ausstrahlung dieser geographischen Größe nicht reicht, um weitergegeben zu werden, dann bricht der Name ab und neue Siedler benennen den Ort neu.
Wenn also der Römerstein seinen Namen erst im SpätMA oder in der FNZ bekommen hat, wofür ich plädiere, dann ist natürlich zu fragen, wieso er so heißt. Möglich wäre - ganz hypothetisch! - , dass er eine Landmarke auf einem Pilgerweg war (man kann sich ja mal an Etzlaub versuchen). Oder er hatte eine Bedeutung in einer lokalen Wallfahrtstadition. Oder, oder, oder....
 
Reicht denn das Wasser des Bachs, um mehrere Legionen zu versorgen? Welche Vorteile brächte der Standort? Kann man vom Stein weit sehen?

Zunächst einmal muss ich mich für gestrige Tomaten auf den Augen entschuldigen. Der Bach heißt korrekt Steinaer Bach oder einfach Steina. Er wird heute in seinem Oberlauf gestaut, die Steinatalsperre "dient der Trinkwasserversorgung der Ortschaften Bad Sachsa, Osterhagen, Nüxei und Steina". Es sollte also für eine oder auch mehrere Legionen gereicht haben.

Der Standort hat einmal den Vorteil, direkt an einer West–Ost verlaufen Route zu liegen, die aller Wahrscheinlichkeit nach im 3. Jahrhundert bereits existierte. Die als frühmittelalterlich eingeschätzte Wallburg von Pöhlde liegt direkt auf diesem Weg, der mithin älter gewesen sein sollte.

Ein weiterer Vorteil führt zur dritten Frage. Selber bin ich noch nicht dort gewesen, aber das Wikipedia-Foto legt nahe, dass die Aussicht vom Gipfel hervorragend ist.

Hinzu kommt, dass der Römerstein genau zwei Tagesmärsche westlich von Hachelbich liegt.

Die These, dass dort ein Römerlager zu finden sei, geht ziemlich deutlich davon aus, dass über den Namen Römerstein vom Zeitpunkt N, an dem dort ein Römerlager bestanden haben könnte, bis heute eine Tradition herrschen würde.

Das halte ich für sehr unwahrscheinlich.

Die größte Wahrscheinlichkeit ist aber, dass der Name Römerstein recht jung ist, vielleicht 500 Jahre oder weniger.

D'accord.

Wenn also der Römerstein seinen Namen erst im SpätMA oder in der FNZ bekommen hat, wofür ich plädiere, dann ist natürlich zu fragen, wieso er so heißt. Möglich wäre - ganz hypothetisch! - , dass er eine Landmarke auf einem Pilgerweg war (man kann sich ja mal an Etzlaub versuchen). Oder er hatte eine Bedeutung in einer lokalen Wallfahrtstadition. Oder, oder, oder....

Oder man hat dort vor Zeiten etwas gefunden, das man für römisch hielt. Einen Grund für den Namen muss es jedenfalls geben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hinzu kommt, dass der Römerstein genau zwei Tagesmärsche westlich von Hachelbich liegt.
Wie sieht denn die Gegend in genau einem Tagesmarsch aus? Es gibt wohl bisher weder genaue Erkenntnisse über das Woher als auch das Wohin von Hachelbich. Als einzige Bedingung dürfte wohl ein Fluß/ großer Bach in einem Tagesmarsch zu erwarten sein.
 

Es fragt sich, was älter ist — die angebliche Sage (die eher an ein neuzeitliches Märchen erinnert) oder der Name des Zechsteinriffs.

Wobei ich allerdings nicht nur wegen der Holzverfüllungen und Schuhnägel selber eher skeptisch bin, was einen Zusammenhang von Harzhorn und Hachelbich anbelangt. Aus dem archäologisch recht gut erschlossenen Pöhlde auf der Strecke zwischen Schlacht und Lager ist offenbar nichts Römisches bekannt.
 
Wie sieht denn die Gegend in genau einem Tagesmarsch aus? Es gibt wohl bisher weder genaue Erkenntnisse über das Woher als auch das Wohin von Hachelbich. Als einzige Bedingung dürfte wohl ein Fluß/ großer Bach in einem Tagesmarsch zu erwarten sein.

Nach einem Tag wäre man wohl in der Gegend von Nohra, das wie Hachelbich direkt an der Wipper gelegen ist.
 
Immer voraus gesetzt, die Richtung war nordwest. Sonst wäre auch Mühlhausen denkbar.

Die Prämisse war ja eine allfällige Beziehung zwischen Hachelbich-Lager und Harzhorn-Ereignis. Aber da Du Mühlhausen erwähnst frage ich mich, welchen Typs wohl die Schuhnägel sind, die Grote in Ulfen gefunden hat. Weiß hier jemand mehr?

Im Vergleich zur Talsohle ist die Aussicht vom Römerstein-"Gipfel" sicher "hervorragend". Im Vergleich zum mehr als doppelt so hohen Staufenbüttel wird sie eher als "suboptimal" zu bewerten sein.

Allerdings führte am Staufenbüttel keine Straße in Richtung Hachelbich entlang.
 

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