Vielleicht gibt es Hinweise aus der Ära Philipps III? Dieser verlegte ja die Residenz wieder nach Vallodolid bevor er den Hof 1605 nach Madrid zurückbrachte.
Gute Idee, aber da muss ich passen. Vielleicht steht etwas in der 2-bändigen Historia de Valladolid von Juan Ortega y Rubio – Problem: ich kann kein Spanisch.
Dafür kann ich aber mit drei weiteren Hypothesen aufwarten:
William Prescott [1] schreibt, mit der Wahl Madrids als Hauptstadt habe Philipp Ideen seines Vaters Karl umgesetzt (carried out the ideas of his father), der den Ort wegen des ihm bekömmlichen Klimas geschätzt hatte.
Fernand Braudel [2] stellt die Rationalität in den Vordergrund: "Die spanischen Staaten hatten [beim Tode Karl V.] drei Hauptstädte und drei Regierungen": Brüssel (Philipp), San Yuste (Karl) und Valladolid (Prinzessin Johanna), und die Berichte aus dieser Zeit sind voller Klagen über die unglaublichen Wege, welche etwa die Post zurücklegen musste. An der Zentralität gemessen, war Madrid doch erheblich günstiger.
Sowohl Prescott wie Braudel weisen darauf hin, dass Valladolid (neben Sevilla) die einzige größere Stadt war, in der die Protestanten Anhänger gefunden hatten. Unter Karl hatte die Inquisition Milde walten lassen. Das änderte sich unter Philipp, dessen lebenslanger Leitstern allein der katholische Glaube war. Martin Philippson [3]:
Zuerst brach die Verfolgung über die Protestanten von Valladolid herein: am 21. Mai 1559 wurden vierzehn von ihnen lebendig verbrannt, während sechszehn ihren Glauben öffentlich abschwuren und an dem Marterpfahl [nur] erdrosselt wurden. Unter den Hingerichteten befanden sich ... mehrere adelige Damen. ... Am 8. Oktober desselben Jahres neues Auto [de fé] in Valladolid ...; der König, sein junger Sohn Carlos, der ganze Hof, Hunderttausende wohnten den letzten Qualen der Unglücklichen wie einem erhebenden Schauspiele bei.
Will sagen: Dass es überhaupt Protestanten dort gegeben hatte, mag Philipp gegen diesen Ort eingenommen haben.
[1] History of the reign of Philip the second king of Spain, London 1857, Vol. 1, S. 243
[2] Das Mittelmeer und die mediterrane Welt in der Epoche Philipps II,, Liz. Frankfurt 1992, Dritter Band, S. 82
[3] Westeuropa im Zeitalter von Philipp II., Elisabeth und Heinrich IV. [Teilband 2], Berlin 1882, S. 82 (Allgemeine Geschichte in Einzelsdarstellungen, Hg. W. Oncken, Dritte Hauptabteilung, Zweiter Theil)