Mythos Rommel

"Ab Herbst 1943 führte die Wehrmacht in Italien einen „schmutzigen“ Krieg: Am 23. September 1943 gab Rommel, der den ehemaligen italienischen Verbündeten überaus kritisch gegenüberstand, die Weisung:
„Irgendwelche sentimentalen Hemmungen des deutschen Soldaten gegenüber badogliohörigen Banden in der Uniform des ehemaligen Waffenkameraden sind völlig unangebracht. Wer von diesen gegen den deutschen Soldaten kämpft, hat jedes Anrecht auf Schonung verloren und ist mit der Härte zu behandeln, die dem Gesindel gebührt, das plötzlich seine Waffen gegen seinen Freund wendet. Diese Auffassung muss beschleunigt Allgemeingut aller deutschen Truppen werden.“

.“

Das meinte ich, danke.

Noch ein Detail, Burgdorf, der Überbringer des Selbstmordbefehls, hatte ebenfalls keine Generalstabsausbildung, wobei Burgdorf durch die Prüfung gefallen ist.
 
Rommel in Italien:


Schröders Buch war leider ein totalausfall, aber Schreiber bringt einiges.

Rommel hatte zunächst das Kommando in Saloniki (OB Südost) übernehmen sollen. Dabei gab es bereits Probleme mit dem Kommandeur der 11. ital. Armee bezüglich der Unterstellung, da Rommel "von den Italienern als feindselig angesehen wurde". Hier gab es Briefwechsel der 11. Armee mit dem Commando Supremo.

Am 27.7. kam es zur Besprechung in Hitlers FHQ über den "Fall Schwarz". Dönitz, Rommel und Richthofen äußerten sich zurückhaltend zur Frage, den Faschismus in Italien wieder zu erwecken, sahen allerdings ein deutsches Eingreifen als unausweichlich an. Es käme auf die Wahl des richtigen Zeitpunktes an. Jodl und Kesselring lehnten ein Vorgehen gegen die italienische Regierung ab, schlugen ab vor, mehr Divisionen nach Italien zu schicken. Dafür war auch die Fraktion um Rommel, um im Fall des unausweichlichen Eingreifens aus ihrer Sicht mehr deutsche Truppen zur Verfügung zu haben.

Am 15.8. wurde dem Commando Supremo mitgeteilt, dass Rommel den Befehl über die HG B übernehmen werde (Norditalien). Bereits im Juli war Berlin unterrichtet worden, dass Italien das nicht gerne sehen würde. Das CS protestierte über das Außenministerium, dabei wurde der hohe Dienstgrad von Rommel als Grund vorgeschoben. Die Sitzung bei Bologna fand in einer beiderseitigen aggressiven Stimmung statt.

Am Tag des Waffenstillstands erließ der als italienfreundlich geltende Kesselring einen im Tenor ähnlich lautenden Befehl wie den oben von Rommel angegebenen: "Gegen Verräter gibt es keine Schonung." Auch rommel wies die Entwaffnungsaktion mit der seiner Ansicht nach notwendigen Schonungslosigkeit und Rücksichtslosigkeit an.

Die Weitergabe von Hitlers Erschießungsbefehl bzw. Verschleppungsbefehl schließlich ist von Keitel unterzeichnet worden. Diesen Schicksal erfuhren mindestens 10.000 italienische Offz. und Mannschaften (Waffenübergaben an Aufständische oder Übertritte). Über die Ausführung im Bereich der Heeresgruppe rommel habe ich keine Einzelheiten gefunden, die Zahl bezieht sich auf Italien, Jugoslawien und Griechenland zusammen. Rommel geriet nun übrigens auch mit Dönitz wegen des Entkommens der italienischen Kriegsmarine aneinander, er war über das schwache Agieren der Kriegsmarine unzufrieden.

Am 21.9.1943 legte er seinen abschließenden Bericht über die Entwaffnung vor. Darin kam ein eigenes "scharfes Zupacken" und ein geringschätziges Urteil über Kampfkraft und Moral der italienischen Soldaten zum Ausdruck, wobei letzeres allerdings auf das auf Widerstand verzichtende Hauptquartier zurückzuführen war. Er bedauerte, dass die "Größe des Raumes nicht die vollständige Entwaffnung möglich" mache.

Am 1.10.1943 unterzeichnete er einen Befehl an alle arbeitsfähigen Männer der Jahrgänge 1910-25 zur Arbeit auf kriegswichtigen Arbeitsplätzen in Italien oder im Reich: BA-MA RH 24-73/4.

In der Praxis begann daraufhin dass, was Botschafter Rahn als "Menschenjagd und modernen Sklavenhandel" beschrieb. Mit Kälte und Zynismus berichtete bspw. der Ia der PD "Hermann Göring", dass in seinem Bereich "3.000 Sklaven gefangen" seien - Bericht "Greifaktion gegen wehrfähige Italiener". Die Ergriffenen wurden auch als "Gefangene" bezeichnet. Auch Kesselring äußerte, dass er die von ihm früher so geschätzten Italiener nur noch hassen könne (laut Rahn). Die mit den Entwaffnungs- und Greifaktionen verbundenen wahlosen Requirierungen und Plünderungen durch Wehrmachtsverbände führten schließlich Anfang Oktober zum Vorschlag an die HG B, das den Regimentskommandeuren vorbehaltene Beschlagnahmerecht zeitweise aufzuheben, um die wilden Plünderungen und die chaotischen Zustände zu unterbinden.

Rommel und Kesselring meldeten schließlich akribisch die "Rückführungsaktion" der italienischen Militärinternierten aus Italien, bis 11.10.1943 zusammen 375.716 Mann. Teile davon landeten zB. im KZ Dora-Mittelbau. Für den Abtransport war General Witthöft zuständig, allerdings unter Rommel. Sauckel beabsichtigte dagegen, bis zu 1,5 Mio. Italiener zu verschleppen. Diese Zahl konnte jedoch schon aus organisatorischen Gründen nicht erreicht werden.
 
Nochmal zurück zu Rommels operativen Fähigkeiten, insbesondere hinsichtlich der Logistik.


Bereits die Diskussionen vom Februar 1941 ließen an der Verstärkung des Sperrverbandes mit Panzern erkennen, dass "die Abwehr offensiv geführt werden" sollte (zB KTB Halder 1.2.41: Verteidigung durch angriffskräftigen Verband, der die durch Vormarsch geschwächten britischen Truppen zerschlägt) . In der Weisung OKW vom 3.4.41, Hitlers Anordnung: Hauptaufgabe des DAK bleibt es vorerst, erreichte Stellungen zu sichern und möglichst starke britische Kräfte zu binden (Halder, KTB 3.4.41).

Unter diesen Umständen startete Rommel seine April-Offensive, drang schnell vor und warf die tatsächlich schwachen britischen Truppen (Anfang April auf 4 Divisionen in der Cyrenaika geschätzt) mit seinen noch schwächeren Truppen zurück. Dem schnellem Vormarsch folgte das ernüchternde Liegenbleiben vor der Festung Tobruk, ohne realistische Möglichkeiten zu ihrer Erstürmung. Trotzdem läßt Rommel mit der Festung im Rücken bis zur ägyptischen Grenze vormarschieren.

Nun zeigten sich bereits drastische Versorgungsengpässe. Halder notiert unter 11.4.41 nach Gespräch mit Wagner: "Rommel fordert Unsinniges an. Für die Erfüllung muss Barbarossa maßgebend bleiben." (Parallel lief auch noch der Balkan-Feldzug). Am 12.4. wurde Bardia, kurz vor der Grenze, zurückerobert.

Doch Rommels utopische Pläne reichten weiter, er stand hier auch offenbar in Kontakt mit Hitler. Halder berichtet unter 13.4., Hitler erwäge für die weiteren Vormarschpläne Rommels ein zusätzliches motorisiertes Regiment (Anm: von der Kräftezufuhr eine völlig absurde Diskussion über niemals ausreichende Stärken) zuzuführen. OKH habe dieses abgelehnt, und sehe keine Möglichkeit, Nordafrika weitere Truppen zuzuführen. Die Truppenverstärkungen seien auch "kraftfahrtmäßig und betriebsstoffmäßig nicht zu machen". Ohne stärksten Lufteinsatz seien Operationen in Nordafrika nicht zu führen, mit dem Vordringen nach Ägypten werde der englische Widerstand immer stärker werden. Dies sind alles sehr realistische Einschätzungen des OKH.

Rommel schien das wenig zu beeindrucken, allein das Luftargument schien ihn zu beunruhigen. Im OKH wurde dann am 14.4. vermerkt: "Rommel will von Sollum über Marsa Matruk gegen Suez. Reichsmarschall (Göring) will Fliegerkräfte dazu geben (Anm.: wo er die hernehmen wollte, wird wohl ein ungelöstes Rätsel bleiben).

Abends entschied Hitler die Auseinandersetzung (Halder, KTB 14.4.41): "Entscheidung des Führers über die Anträge Rommel: Es kommt darauf an, jetzt in Gegend Sollum erst eine ausreichende breite Basis auszubauen (einschließlich Shiwa). Darüber hinaus nur Raids."
Dies ist ein Stopp-Befehl, der allerdings wiederum die entscheidende Größe "Tobruk" verkannte. Wenige Tage zuvor hatte die Marine gewarnt, dass die Nachschubversorgung Nordafrika nicht auf Dauer sichergestellt werden könne.

Rommels Ernüchterung kam einen Tag später, die Fügung in die Realitäten:

"Rommel meldet, dass er in Tobruk hartnäckigen Widerstand findet und nicht durchkommt. Anscheinend starke eingeschlossene Kräfte, die von See ... unterstützt werden. (Anm.: sollte das nun tatsächlich eine Überraschung gewesen sein, die gesamte Operation Rommels auf Tobruk/Bardia diente der Einschließung rückfließender Kräfte bei Tobruk und Bardia?) Er muss die beiden italienischen Divisionen zur Verdichtung der Einschließungslinie einsetzen. Außerdem wird er von Ägypten her auch auf der Landseite angegriffen. Nun meldet er selbst, dass seine Kräfte nicht ausreichen, um die "beispiellos günstige" (Anm: zynische Anführungszeichen stammen vom genervten Halder) Gesamtlage ausnützen zu können. Diesen Eindruck hatten wir hier in der Ferne schon länger."

(Halder KTB 15.4.1941).

Die deutliche Abqualifizierung der operativen Fähigkeiten des Kommandeurs muss man nicht kommentieren.
 
Offen blieb noch: Rommel und der Widerstand.

Zu Rommel und Dietrich habe ich einige indirekte Hinweise gefunden.

Verschiedene hochrangige Wehrmachtsoffiziere haben sich in MGFA-Materialien dazu geäußert, ob eine Kompromittierung im Fall von Kontakten zum Widerstand erfolgt wären. Gen. d.Pz.Truppen Eberbach hat in seinen Befragungsmaterialien geäußert, dass "weder Kluge noch Rommel, auch nicht Manstein, Guderian, "selbst Model" nicht, auch nicht Sepp Dietrich und Bittrich (zwei SS-Panzerkorps-Kommandeure) "Meldung" gemacht hätten nach Sondierungen, wie sie sich zu einem Staatsstreich stellen würden. In gleicher Weise wird auf Materialien von Guderian und von Plato, von Gablentz und von Hammerstein verwiesen.

Dietrich (!) und Guderian haben Speidel demnach im Züge der Säuberungen nach dem 20. Juli 1944 protegiert, während das Heerespersonalamt schon vorher, "rechtzeitig" und sorgsam Vorbereitungen für Rommels Staatsbegräbnis einleitete. Dietrich erhielt während des 20.Juli etliche Fernschreiben aus dem FHQ, Truppen aus der schwer kämpfenden invasionsfront herauszuziehen, passiert ist hier tatsächlich nichts.

Neben Steiner, Dietrich, Bittrich war auch Hausser mindestens seit Ende 1943 im Bilde, dass "etwas passieren müsse" und dass sich Oppositionelle im Heer zusammen gefunden haben. Georg Meyer geht in seiner Schrift davon aus, dass sie sich bei einer Aktion im Westen Rommel angeschlossen hätten. Steiner gab später Bittrichs Zitat wieder, dass er im Fall des Falles "mit dem II. SS-Panzerkorps hinter ihm und seiner Führung stehe", und fügte an: "Meine Kommandeure denken genau wie ich." (wiedergegeben auch bei Befragung Eberbach, ebenso in von Gersdorff: Soldat im Untergang). Steiner verwandte sich persönlich bei Himmler - vergeblich - für Graf Fritz-Dietlof v. d. Schulenburg, Sepp Dietrich - erfolgreich - für den schwer gefährdeten Speidel, Lombard soll einiges unternommen haben, um den mit ihm befreundeten Graf Kielmansegg, sowie Heusinger von der Gestapo frei zu bekommen.

aus: Der militärische Widerstand gegen Hitler und das NS-Regime 1933-1945, u.a. mit Beiträgen von Krausnick, Ueberschär und Meyer, hrsg. vom MGFA.
 
Meinst du das Buch Aufstand des Gewissens, Der militärische Widerstand gegen Hitler und das NS-Regime 1933-1945?
 
Hallo ursi,

nein, ich meine:
Band 5 der "Vorträge zur Militärgeschichte", hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt., Mittler 1984.

Es kann sein, dass Aufsätze in beiden Bänden erschienen sind, da müßte ich mal nachschauen.

Im Band 5 sind zB noch ua.:
Kielmansegg (Gedanken eines Soldaten zum Widerstand), Krausnick (Zum militärischen Widerstand gegen Hitler 1933-1938)
Der Band nach dem 25. Fortbildungslehrgang für Lehrstabsoffiziere und Dozenten der Wehrgeschichte erschienen:

siehe hier: http://www.mgfa-potsdam.de/html/pub_v_mittler.php
Du findest es unter den im Mittler-Verlag publizierten Reihen.
 
Hallo ursi,

nein, ich meine:
Band 5 der "Vorträge zur Militärgeschichte", hrsg. vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt., Mittler 1984.

Es kann sein, dass Aufsätze in beiden Bänden erschienen sind, da müßte ich mal nachschauen.

Im Band 5 sind zB noch ua.:
Kielmansegg (Gedanken eines Soldaten zum Widerstand), Krausnick (Zum militärischen Widerstand gegen Hitler 1933-1938)
Der Band nach dem 25. Fortbildungslehrgang für Lehrstabsoffiziere und Dozenten der Wehrgeschichte erschienen:

siehe hier: Kapitel Service / Gesamtverzeichnis // MGFA | Militärgeschichtliches Forschungsamt
Du findest es unter den im Mittler-Verlag publizierten Reihen.

Ich denke es sind die gleichen Aufsätze. Der Titel im Buch Aufstand des Gewissens lautet:
"Auswirkungen des 20. Juli 1944 auf das innere Gefüge der Wehrmacht bis Kriegsende und auf das soldatische Selbstverständnis im Vorfeld des westdeutschen Vertreidigungsbeträges bis 1950/51"

Im Buch Aufstand des Gewissens gibt es ein Kapitle über Rommel:

Reinhard Sumpf, Erwin Rommel und der Widerstand, S. 432 -446

Sumpf schreibt:

"Ob man das, was Rommel dachte und tat als "Widerstand" bezeichnen konnte kann oder nicht, ist meines Erachtens keine wesentliche Frage. Zum Kern einer Widerstandsbewegung, die die Ausschaltung Hitlers und den Sturz des Regimes plante, hat Rommel nicht gehört. Von den Planungen für das Attentat, das schliesslich am 20. Juli stattfand, hat Rommel im Unterschied zu Stülpnagel nichts gewusst. In der staatspolitischen Erwägungen des Widerstandskreises um Beck und Goerdeler wer er nicht eingeschaltet. Immer wieder und auch noch nach seiner Verwundung vom Lazarett und vom Herrlingen aus wollte er auf Hitler einwirken und an seine Einsicht appellieren.

Gerhard Ritter hat schon 1954 betont, dass es sich bei Rommel um eine "Opposition grundsätzlicher anderer Art als die Goerdelers uns seinen Gesinnungsgenossen gehandelt habe." S. 443 - 444
 
Zuletzt bearbeitet:
Gerhard Ritter hat schon 1954 betont, dass es sich bei Rommel um eine "Opposition grundsätzlicher anderer Art als die Goerdelers uns seinen Gesinnungsgenossen gehandelt habe." S. 443 - 444

Das ist richtig.

Für Kluge, Rommel etc. wäre es ausschließlich eine Frage der Haltung im Fall der Beseitigung Hitlers gewesen, wie auch für viele andere, die das Rumoren wahrgenommen haben. Wenn es einen Kontakt zB zu Dietrich gegeben haben sollte, wäre der sicherlich darauf beschränkt: "Was machen wir dann".

Dass hier möglicherweise selbst in der Waffen-SS (und diejenigen in der Normandie und in Weißrußland kannten die Lage vor Ort - siehe Denkschrift Rommel) Unsicherheit in der Haltung herrschte, zeigen die Zitate und das Verhalten gegenüber den Säuberungen. Rommels militärische Kontakte zur Waffen-SS gab es seit Italien 1943, u.a. zur SS-Leibstandarte und Dietrich. Für die Widerständler mußte er im Zuge einer Aktion eine wichtige Schaltstelle gewesen sein, wenn man (wohl realistisch) davon ausgeht, dass nur Rommel Autoritätsfigur/kommandierender Vorgesetzter der damals (mit Ausnahme der SS-Wiking und der SS-Totenkopf an der Ostfront) wichtigsten Waffen-SS-Divisionen gewesen ist. Diese mußten aus Sicht der Widerständler mitspielen, wenn es in die Verhandlungen mit den Westalliierten gegangen wäre.

Die SS in Paris (mE keine Waffen-SS-Verbände) wurde übrigens zeitweise von Stülpnagel am 20.7.1944 festgesetzt und mußte dann wieder freigelassen werden.
 
Das ist richtig.

Für Kluge, Rommel etc. wäre es ausschließlich eine Frage der Haltung im Fall der Beseitigung Hitlers gewesen, wie auch für viele andere, die das Rumoren wahrgenommen haben. Wenn es einen Kontakt zB zu Dietrich gegeben haben sollte, wäre der sicherlich darauf beschränkt: "Was machen wir dann".

Dass hier möglicherweise selbst in der Waffen-SS (und diejenigen in der Normandie und in Weißrußland kannten die Lage vor Ort - siehe Denkschrift Rommel) Unsicherheit in der Haltung herrschte, zeigen die Zitate und das Verhalten gegenüber den Säuberungen. Rommels militärische Kontakte zur Waffen-SS gab es seit Italien 1943, u.a. zur SS-Leibstandarte und Dietrich. Für die Widerständler mußte er im Zuge einer Aktion eine wichtige Schaltstelle gewesen sein, wenn man (wohl realistisch) davon ausgeht, dass nur Rommel Autoritätsfigur/kommandierender Vorgesetzter der damals (mit Ausnahme der SS-Wiking und der SS-Totenkopf an der Ostfront) wichtigsten Waffen-SS-Divisionen gewesen ist. Diese mußten aus Sicht der Widerständler mitspielen, wenn es in die Verhandlungen mit den Westalliierten gegangen wäre.

Die SS in Paris (mE keine Waffen-SS-Verbände) wurde übrigens zeitweise von Stülpnagel am 20.7.1944 festgesetzt und mußte dann wieder freigelassen werden.

Für die Widerständler war es sicher sehr Zentral ob bei einem geglückten Attentat Rommel auf ihrer Seite stehen würde oder nicht. Da der gesammte Widerstand im Dritten Reich ein Widerstand ohne das Volk (Zitat nach Mommsen) war. War es umso wichitger, Rommel war im Volk sehr beliebt und das war für die Widerständer schon von grosser Bedeutung.
 
Da der gesammte Widerstand im Dritten Reich ein Widerstand ohne das Volk (Zitat nach Mommsen) war. War es umso wichitger, Rommel war im Volk sehr beliebt und das war für die Widerständer schon von grosser Bedeutung.

wie gesagt, ich würde da ganz praktisch herangehen. Die Populariatät Rommels war eines, sicher auch mit ein Grund für seine Autorität bei der Waffen-SS, aber er kommandierte in der Heeresgruppe B in der Normandie mit 2 Ausnahmen die deutschen Stammdivisionen der Waffen-SS und die bedeutenden Neuaufstellungen:
1., 2., 9., 10., 12. SS-Panzerdivision, 17. SS-Pz-Gren-Division mit der hochrangigen Ss-Generalität: Dietrich, Bittrich, Ostendorff, Mohnke, Tychsen, Stadler, Harmel, Meyer, Baum usw.

Da es sich um einen Aufstand der Offiziere/Generalität gehandelt hat, müssen sie auch (mit) in diesen Kommando-Kategorien gedacht haben.
 
Nochmal zurück zu Rommels operativen Fähigkeiten, insbesondere hinsichtlich der Logistik.


Bereits die Diskussionen vom Februar 1941 ließen an der Verstärkung des Sperrverbandes mit Panzern erkennen, dass "die Abwehr offensiv geführt werden" sollte (zB KTB Halder 1.2.41: Verteidigung durch angriffskräftigen Verband, der die durch Vormarsch geschwächten britischen Truppen zerschlägt) . In der Weisung OKW vom 3.4.41, Hitlers Anordnung: Hauptaufgabe des DAK bleibt es vorerst, erreichte Stellungen zu sichern und möglichst starke britische Kräfte zu binden (Halder, KTB 3.4.41).

Unter diesen Umständen startete Rommel seine April-Offensive, drang schnell vor und warf die tatsächlich schwachen britischen Truppen (Anfang April auf 4 Divisionen in der Cyrenaika geschätzt) mit seinen noch schwächeren Truppen zurück. Dem schnellem Vormarsch folgte das ernüchternde Liegenbleiben vor der Festung Tobruk, ohne realistische Möglichkeiten zu ihrer Erstürmung. Trotzdem läßt Rommel mit der Festung im Rücken bis zur ägyptischen Grenze vormarschieren.

Nun zeigten sich bereits drastische Versorgungsengpässe. Halder notiert unter 11.4.41 nach Gespräch mit Wagner: "Rommel fordert Unsinniges an. Für die Erfüllung muss Barbarossa maßgebend bleiben." (Parallel lief auch noch der Balkan-Feldzug). Am 12.4. wurde Bardia, kurz vor der Grenze, zurückerobert.

Doch Rommels utopische Pläne reichten weiter, er stand hier auch offenbar in Kontakt mit Hitler. Halder berichtet unter 13.4., Hitler erwäge für die weiteren Vormarschpläne Rommels ein zusätzliches motorisiertes Regiment (Anm: von der Kräftezufuhr eine völlig absurde Diskussion über niemals ausreichende Stärken) zuzuführen. OKH habe dieses abgelehnt, und sehe keine Möglichkeit, Nordafrika weitere Truppen zuzuführen. Die Truppenverstärkungen seien auch "kraftfahrtmäßig und betriebsstoffmäßig nicht zu machen". Ohne stärksten Lufteinsatz seien Operationen in Nordafrika nicht zu führen, mit dem Vordringen nach Ägypten werde der englische Widerstand immer stärker werden. Dies sind alles sehr realistische Einschätzungen des OKH.

Rommel schien das wenig zu beeindrucken, allein das Luftargument schien ihn zu beunruhigen. Im OKH wurde dann am 14.4. vermerkt: "Rommel will von Sollum über Marsa Matruk gegen Suez. Reichsmarschall (Göring) will Fliegerkräfte dazu geben (Anm.: wo er die hernehmen wollte, wird wohl ein ungelöstes Rätsel bleiben).

Abends entschied Hitler die Auseinandersetzung (Halder, KTB 14.4.41): "Entscheidung des Führers über die Anträge Rommel: Es kommt darauf an, jetzt in Gegend Sollum erst eine ausreichende breite Basis auszubauen (einschließlich Shiwa). Darüber hinaus nur Raids."
Dies ist ein Stopp-Befehl, der allerdings wiederum die entscheidende Größe "Tobruk" verkannte. Wenige Tage zuvor hatte die Marine gewarnt, dass die Nachschubversorgung Nordafrika nicht auf Dauer sichergestellt werden könne.

Rommels Ernüchterung kam einen Tag später, die Fügung in die Realitäten:

"Rommel meldet, dass er in Tobruk hartnäckigen Widerstand findet und nicht durchkommt. Anscheinend starke eingeschlossene Kräfte, die von See ... unterstützt werden. (Anm.: sollte das nun tatsächlich eine Überraschung gewesen sein, die gesamte Operation Rommels auf Tobruk/Bardia diente der Einschließung rückfließender Kräfte bei Tobruk und Bardia?) Er muss die beiden italienischen Divisionen zur Verdichtung der Einschließungslinie einsetzen. Außerdem wird er von Ägypten her auch auf der Landseite angegriffen. Nun meldet er selbst, dass seine Kräfte nicht ausreichen, um die "beispiellos günstige" (Anm: zynische Anführungszeichen stammen vom genervten Halder) Gesamtlage ausnützen zu können. Diesen Eindruck hatten wir hier in der Ferne schon länger."

(Halder KTB 15.4.1941).

Die deutliche Abqualifizierung der operativen Fähigkeiten des Kommandeurs muss man nicht kommentieren.


Sehr schöne Demontage Rommels.:winke:

Hinzufügen wäre noch, das Halder seinen Adlatus Paulus, genau der Paulus, nach Afrika geschickt hatt, um Rommel "auf Kurs zu bringen." Die beiden Herren waren ja in der Vergangenheit Regimentskameraden gewesen. Als Paulus zurückkehrte sparte er nicht mit überdeutlicher Kritik und empfahl die Ablösung von Rommel.

Auch seine Qualitäten als Feldherr waren durchaus beschränkt. Das wurde schon im April 41 deutlich, als er meinte Tobruk angreifen und nehmen zu müssen. Tobruk wurde von über 20.000 Australiern verteidigt und verfügte über eine sehr starke Artillerieunterstützung . Entsprechend hoch waren die Verluste, ohne Tobruk genommen zu haben. Im OKH kam man daher zu der Auffassung, das Rommel als Feldherr überfordert sein könnte.
 
Wenn man vom "Mythos Rommel" spricht, dann geht es in erster Linie um sein militärisches Geschick.

Aber wie war sein Verhältnis zur nationalsozialistischen Ideologie?
Ist das jemals richtig untersucht worden?

Zu Beginn des Krieges scheint er Hitler militärisch bewundert zu haben. Das hat sich im Laufe des Krieges wohl ziemlich geändert. Hat er die Person Hitlers in erster Linie nur bzw. überwiegend militärisch beurteilt?
Parteimitglied war er meines Wissens nie. Aber spricht ihn das frei von einem möglichen Wissen, welches außerhalb des kriegerischen Geschehens stattfand?

Wie stand Rommel zur nationalsozialistischen Ideologie?
 
Nochmal:

Kann jemand da nähere Angaben machen?:confused:

Da wage ich eine Zusammenfassung:

Mit der Ideologie dürfte er als typischer "Nur-Militär" seiner Zeit wenig am Hut gehabt haben. Mit dem System NS hatte er sich jedenfalls bis 1944 arrangiert, immerhin spülte der (= Hitlers) Krieg seine Karriere vom Kompaniechef (Hitlers Begleitkompanie im Polenfeldzug) über den Divisionsführer im Frankreichfeldzug, den Korpskommandierender und später Armeegeneral in Nordafrika, den Organisator zur Besetzung Italiens bis zum Feldmarschall hoch.

Neben den Stichworten Ideologie und System würde ich noch seine Haltung zur Person Hitlers erwähnen. Die hatte die Stufe unbedingter Gefolgschaft und mit Sicherheit uneingeschränkter Bewunderung erreicht, jedenfalls vor der schriftlichen Aufforderung Mitte Juli 1944, die politischen Konsequenzen aus dem verlorenen Krieg zu ziehen. Interessant ist, dass dieser Knick offenbar noch nicht nach der Katastrophe in Nordafrika erreicht war, was Rückschlüsse auf den Grad der Gefolgschaft 1943 zuläßt.
 
Auch seine Qualitäten als Feldherr waren durchaus beschränkt. Das wurde schon im April 41 deutlich, als er meinte Tobruk angreifen und nehmen zu müssen. Tobruk wurde von über 20.000 Australiern verteidigt und verfügte über eine sehr starke Artillerieunterstützung . Entsprechend hoch waren die Verluste, ohne Tobruk genommen zu haben. Im OKH kam man daher zu der Auffassung, das Rommel als Feldherr überfordert sein könnte.

Rommel hatte eine glückliche/geschickte Hand, wenn sich seine Operationen in Bewegung befanden. Da war er dem Gegner meist einen Schritt voraus und er konnte meisterlich improvisieren.
Wenn es dann aber zum Stehen kam, wie vor Tobruk, war er eindeutig überfordert.
Das ist aber völlig normal und war bei vielen Generälen so. Auch umgekehrt.

Ein Beispiel für Legendenbildung war z.B. auf der anderen Seite Lieutenant General, George S. Patton, der so gerne in Afrika gegen Rommel gekämpft hätte, dafür aber zu spät kam. Er durfte, nach seiner Meinung, nur gegen die zweite Garnitur kämpfen.
Es wäre jedenfalls sehr interessant geworden, wenn er auf Rommel getroffen wäre.
 
Neben den Stichworten Ideologie und System würde ich noch seine Haltung zur Person Hitlers erwähnen. Die hatte die Stufe unbedingter Gefolgschaft und mit Sicherheit uneingeschränkter Bewunderung erreicht, jedenfalls vor der schriftlichen Aufforderung Mitte Juli 1944, die politischen Konsequenzen aus dem verlorenen Krieg zu ziehen. Interessant ist, dass dieser Knick offenbar noch nicht nach der Katastrophe in Nordafrika erreicht war, was Rückschlüsse auf den Grad der Gefolgschaft 1943 zuläßt.

Vielen Dank für Deine Zusammenfassung.:winke:

Worin bestand die Bewunderung Rommels für Hitler? Wahrscheinlich war sie nur bzw. in erster Linie militärischer Natur.
Irgenwann hielt diese Bewunderung aber wohl der Realität nicht mehr stand. Soviel mir bekannt ist, hat Rommel als er nach Frankreich kam den sg. Atlantikwall als Hirngespinst aus Hitlers "Wolkenkuckusheim" bezeichnet. Das spricht von keiner hohen militärischen Meinung vom "Führer".

Aber noch interessanter ist wohl die Situation vorher in Afrika zu beurteilen. Am 9. Juni 1942 erreichte Rommels Hauptquartier der Befehl, daß insbesondere mit deutschen politischen Flüchtlingen innerhalb der freien französischen Verbände (Bir Hacheim) "mit äusserster Schärfe" vorzugehen sei. Spätestens hier ist Rommel mit der verbrecherischen Seite des Regimes konfrontiert worden.
TRotzdem war er wohl bei der Beförderung im Oktober 1942 zum Generalfeldmarschall noch voll auf der Linie Hitlers.
Im November 1942 dann die prekäre Lage in El Alamein. Der unsinnige Haltebefehl Hitlers (Sieg oder Tod). Rommel ist hin- und hergerissen, reagiert dann mit Rückzug. Spätestens hier muß Rommel bewußt geworden sein, daß Hitler eben nicht der "GröFaZ" ist.
 
Worin bestand die Bewunderung Rommels für Hitler? Wahrscheinlich war sie nur bzw. in erster Linie militärischer Natur.

Den Hinweis auf Rommel bei El Alamein hatte ich mir erspart, weil zwischen Afrika und Normandie seine Tätigkeit in Italien liegt. Die ist in ihrer negativen Form im Forum schon mal diskutiert worden. "Rommel in Italien" und seine dortige Beteiligung an Kriegsverbrechen ist ein höchst unschöner Aspekt der Regimetreue des "Soldaten Rommel".

Bir Hacheim ist Ausdruck seines soldatischen Verständnisses, wobei die Abgelegenheit des Kriegsschauplatzes und der "westalliierte Gegner" ihm diese Sonderposition wohl erlaubte. Ich bin sehr überzeugt, dass ein Rommel im Ostfeldzug sich ganz ähnlich verhalten hätte wie die übrige Generalität.
 
Bir Hacheim ist Ausdruck seines soldatischen Verständnisses, wobei die Abgelegenheit des Kriegsschauplatzes und der "westalliierte Gegner" ihm diese Sonderposition wohl erlaubte. Ich bin sehr überzeugt, dass ein Rommel im Ostfeldzug sich ganz ähnlich verhalten hätte wie die übrige Generalität.

Dies ist Spekulation. :winke:

Wenngleich ich Dir um die Unterschiedlichkeit der Kriegschauplätze recht gebe.
 
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