Pius XII

Sehr ergiebig kann ein Buch über die Bestrebungen der Kirche Juden zu retten auch nicht sein, wenn die Kirche nicht sehr viel für die Juden getan hat.

Mehrere Tatsachen die in diesem Buch beschrieben werden, waren mir auch vorher bekannt. Der größte Teil des Buches ist dann aber doch sehr zäh un beschreibt im wesentlichen die Rahmenbedingungen unter denen die Kirche arbeiten konnte. Was die Kirche dann während der deutschen Besetzung getan hat erstreckt sich im wesentlichen nur über 4 Kapitel.

Aber ich wollte ja auch nicht unbedingt perfekt über das Thema informiert sein, sondern im wesentlichen nur wissen, warum die Lügen der katholischen Kirche über den römischen Klerus und Castel Gandolfo falsch sind.

Hier wieder was zum Thema:
17 Februar 2006 - Radiodiskussion mit Rabbi David Dalin und Ronald Rychlak zum Thema.

Wenn man sich das so anhört gleitet man fast schon in den Wahnsinn ab:
1.Argumentieren die beiden auf allerniedrigstem Niveau.
2.Ist die Sendung ein wenig wie FOX-News aufgemacht, also sehr amerikanisch.
3.Verteidigt ausgerechnet ein Juden Pius XII.

Dalin und Rychlak gelten als die beiden wichtigsten Verteidiger des Papstes in den USA. Und so schlecht wie die beiden argumentieren, argumentieren natürlich auch ihre Mitstreiter.

Beide haben aber jeweils ein Argument gebracht, das natürlich einwandfrei die Unschuld des Papstes belegt.

Dalin erwähnte ausführlich, dass der Mufti von Jerusalem ein glühender Antisemit war, der aktiv am Holocaust mitwirkte und auch nach Kriegsende weiter hetzte.

Rychlak belegte seine These, dass die Kritiker des Papstes für ihre Behauptungen Beweise fäschen damit, dass die amerikanische Ausgabe des Buches "Hitlers Papst" von Cornwell ein entstellendes Bild zeigt, dass Pius in die Nähe der Nazis rückt. Wieso dies aber repräsentativ sein soll, wenn es dabei doch nur um ein Buch, ja nur um eine Ausgabe geht(in Deutschland gibt es das Bild nicht), wenn der Autor des Buches das Bild garnicht erstellt hat usw. das erklärt Rychlak nicht.
 
Scheint noch mehr zu geben, die sich mit Cornwell, Zucchotti, Goldhagen & Co. nicht nafreunden können:
"Mit seinem Urteil steht Goldhagen nicht allein. Großzügig schrieb er andere Autoren aus und verschärfte deren Urteile: David Kertzer, Michael Phayer, Susan Zucchotti und John Cornwell. Sie alle haben sich in die bereits 1954 von sowjetischer Propaganda losgetretene Debatte um die Rolle Pius' XII. während der nationalsozialistischen Gewaltherrshcaft eingeklinkt und in immer neuer Form Klischees kolportiert. Bekanntermaßen aber stützt sich Cornwells Antisemitismus-These vor allem auf eine doppelt falsche Übersetzung eines Briefes Pacellis oder eines Mitarbeiters der Münchener Nuntiatur aus dem Revolutionsjahr 1919. Bekanntermaßen gab es zur Anti-Rassismus-Enzyklika von 1938 drei verschiedene Entwürfe, die gerade in jenem Teil, der auf die Juden Bezug nahm, wesentlich voneinander abweichen. Erkenntnisse, die, ebenso wie andere entlastende Zeugnisse, von Goldhagen nicht wahrgenommen oder bewußt verschwiegen werden."

zit. aus: D. Burkard: Häresie und Mythus des 20. Jahrhunderts, Paderborn 2005, S. 19.

Das wollte ich nur zu bedenken geben, damit von meinem künftigen Arbeitgeber noch was übrig ist, wenn ihr hier fertig seid. Und jetzt gehe ich in Deckung:pfeif:.

Kassia
 
Da hast du Recht. Cornwells These über den Antisemitismus Pius XII ist sehr dünn. Warum er nun zum Holocaust geschwiegen hat ist mir aber auch egal.
Das einzige Argument das ich gelten lassen würde ist, dass der Papst um sein eigenes Leben besorgt war, aber
a)hätte er sich ins neutrale Ausland begeben können um von dort aus zu protestieren
b)hat er nach der Befreiung Roms Mitte 1944 nicht protestiert
c)bestand nie eine wirkliche Gefahr für den Papst

Ob er nun schwieg weil er Antisemit war, weil er aus Rücksicht auf Hitler(dessen Sieg er ja wünschte ->s.o.) oder aus einem anderen Grund das ist mir egal. Eigentlich könnte mir die ganze Sache auch egal sein, wenn die Kirche nicht versuchen würde die damaligen Fehler nun in ein ganz anderes Licht zu rücken. Holocaustleugner sehe ich ja auch nicht als bloße Wissenschaftler an.

Wie die Entwürfe der Anti-Antisemitismus-Enzyklika aussehen interessiert mich auch nur wenig, wenn denn nichtmal deren mildeste Version veröffentlicht wurde.

Zu behaupten, dass die Diskussion von der SU losgetreten wurde halte ich auch nur für ein Argument ad hominem. Noch dazu ist es falsch, denn auch wenn die SU nicht gut auf den Papst zu sprechen war(mit guten Grund ->s.o.), begann die wissenschaftliche Debatte erst mit Hochhuth.
 
narziss schrieb:
Da hast du Recht.
Und ich stimme dir zu.
narziss schrieb:
Zu behaupten, dass die Diskussion von der SU losgetreten wurde halte ich auch nur für ein Argument ad hominem. Noch dazu ist es falsch, denn auch wenn die SU nicht gut auf den Papst zu sprechen war(mit guten Grund ->s.o.), begann die wissenschaftliche Debatte erst mit Hochhuth.

Die wissenschaftliche Debatte begann früher, wurde jedoch nach Hochhuth publikumswirksam (vgl. Guether Lewy, Die katholische Kirche und das Dritte Reich, 1964, deutsch 1965).
Was ein Argument ad hominem in diesem Zusammenhang bedeuten soll, ist mir verborgen.
Sub specie aeternitatis spielt das auch keine Rolle.
 
Dass schon vor Hochhuth eine wissenschaftliche Debatte über den Papst in Gang gewesen sein soll ist mir neu. Ich hab ne Menge Bücher zum Thema gelesen, die nach Hochhuth entstanden sind. Günter Lewy natürlich auch, auch wenn er den Papst nur ganz kurz behandelt. Ich wüsste höchstens von Büchern die das Verhalten der deutschen katholischen Kirche behandeln, beispielsweise "Kreuz und Hakenkreuz" von Neuhäussler aus dem Jahre 1946.

Wie genau sah die Forschung vor Hochhuth denn aus?

In dieser leichten Form kann ich kein "ad hominem" erkennen. Aber ich habe schon oft genug gesehen, dass man die Kritik an Pius XII nur als kommunistisches Lügenmärchen abtut.
 
narziss schrieb:
Dass schon vor Hochhuth eine wissenschaftliche Debatte über den Papst in Gang gewesen sein soll ist mir neu. Ich hab ne Menge Bücher zum Thema gelesen, die nach Hochhuth entstanden sind. Günter Lewy natürlich auch, auch wenn er den Papst nur ganz kurz behandelt. .

Guenter Lewys Opus hat ein Personenregister, das sieht nicht nach nur ganz kurz aus.

narziss schrieb:
Ich wüsste höchstens von Büchern die das Verhalten der deutschen katholischen Kirche behandeln, beispielsweise "Kreuz und Hakenkreuz" von Neuhäussler aus dem Jahre 1946.
Der ist bei Lewy ausführlich behandelt.

narziss schrieb:
Wie genau sah die Forschung vor Hochhuth denn aus?.

Bei Lewy kannst du es nachlesen. Forschungsstand allerdings nach 1960.
 
Lewy hab ich im wesentlichen wegen der deutschen Bischöfe gelesen - was Pius XII angeht war mir das Buch viel zu unergiebig.

Hab das Buch aber nur in der Uni gelesen und besitze es nicht selbst.
 
narziss schrieb:
Lewy hab ich im wesentlichen wegen der deutschen Bischöfe gelesen - was Pius XII angeht war mir das Buch viel zu unergiebig.

Zu unergiebig für was?
Für der Nachgeborenen billige Anklagen, schnell für ein billiges Referat zusammengeklaubt, zu beweisen, was du immer schon beweisen wollte?

Was studierst du denn?
 
Für mein eigenes Interesse.

Und wenn ich in der UB jede Menge Bücher über das Thema lesen kann, dann werd ich lieber die lesen als ein Buch, das sich hauptsächlich mit den deutschen Bischöfen befasst und dem Papst nur ein Kapitel widmet.

Was sind denn deine Kritikpunkte an meiner Position? Wenn du ehrliche Argumente zur Verteidigung des Papstes aufführen kannst würde ich sie schon gerne hören.
 
Zuletzt bearbeitet:
narziss schrieb:
Das sagt mir nun sehr viel über Pius.:grübel:

Aber vielleicht [sic] etwas [sic] über deine Methode, an ein Thema heranzugehen.
Der X bringt nicht das, was ich suche. der Y passt zu meiner These.
Wolle mern reilasse
Faschingshistorismus.
 
Lewy ist weder besonders kritisch gegenüber Pius XII, noch lobt er ihn in den Himmel. Ein präzises Urteil erlaubt er sich nicht, weil er garnicht genug weiß.

Was hat das nun damit zu tun, dass mir das Ergebnis nicht passt. Ich les eben lieber ein Buch das sich primär mit dem Papst befasst, als eins, dass ihn nur am Rande erwähnt. Da les ich dann lieber auch eins, dass ihn verteidigt.

Wenn man sich die Argumente der Verteidiger des Papstes anguckt, dann lösen sich die meisten in Wohlgefallen auf oder erscheinen längst nicht mehr so bedeutsam wenn man genauer hinguckt. Ich hab das in so vielen Fällen erlebt, dass mir klar war, dass das Beispiel der Rettung der römischen Juden nicht unbedingt viel mit dem Papst zu tun hat. Um zu wissen wieso genau das so war hab ich eben Zuccottis Buch gelesen.
 
So kommen wir wohl nicht weiter. Also die Gretchenfrage:

Sag Mercy, wie hälst du es mit Pius?

Ist meine Ansicht korrekt, nur lächerlich vorgetragen, hat der Papst sich genau richtig verhalten, hat er Fehler gemacht, denkst du, dass du kein genaues Urteil fällen möchtest?
 
narziss schrieb:
So kommen wir wohl nicht weiter. Also die Gretchenfrage:
Richtig, nur Gretchfrage stört mich etwas.
narziss schrieb:
Sag Mercy, wie hälst du es mit Pius?
Ich betrachte alle Piusse [?] Pii [?], alle Päpste für historische Persönlichkleiten. Damit sind sie auch der historischen Bewertung unterworfen. Ranke beurteilt Julius II. anders als Pastor (und treffender), Franzen/Bäumer haben die Gnade der späten Geburt, werden indes vom Autor der Kriminalgeschichte des Christentums nicht anerkannt.

narziss schrieb:
Ist meine Ansicht korrekt, nur lächerlich vorgetragen, hat der Papst sich genau richtig verhalten, hat er Fehler gemacht, denkst du, dass du kein genaues Urteil fällen möchtest?

Deine Ansicht ist z.T. lächerlich, dir fehlen wesentliche Grundlagen für deine Urteile [Urteile!].
Sicher bin ich mir, dass auch Pius XII. Fehler gemacht hat, selbst Dogmen von ihm wurden heftig kritisiert, aber er hat en guten Kampf gekämpft, den Glauben bewahrt.
Historiker sind da noch nicht am Ende.
 
Grad noch Latein rumposaunen und dann am Plural verzweifeln. :D
Naja gut, ich steh mit der Sprache auch auf Kriegsfuß.

Wieso fehlen wesentliche Grundlagen für die Urteile? Was ich alles gelesen habe und bloß noch nicht hier geschrieben weißt du ja nicht. Ich kann noch eine ganze Menge mehr erwähnen wenn man mir entsprechende Fragen stellt.

Aber der wichtigste Kritikpunkt wurde weder von mir, noch von Hochhuth, noch von der SU noch von sonstwem erfunden, sondern ist Fakt. Der Papst hat den Holocaust nie deutlich verurteilt obwohl das mehrere seiner Brüder im Bischofsamte getan haben (mit großem Erfolg).

Was man tun kann ist so gut es geht zu untersuchen was er als Politiker getan hat - also wie seine Diplomatie aussieht. Und wie sich herausstellt hat er in Italien nicht unbedingt viel getan und sich in anderen Ländern primär für die Juden christlichen Glaubens eingesetzt. Noch dazu gibt es Zeugnis dafür, dass man im Vatikan überlegte Juden zu retten um Schaden von der Kirche abzuwenden. Das nur mal ganz kurz zum Thema.

Ob nun Gretchenfrage oder Gretchfrage, eine Antwort zu geben wird doch nicht so wehtun. :p
 
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