Räuber/Kopfgeldjäger und Privat Ermittler in Italien und den Provinzen

Hannes

Aktives Mitglied
Hallo liebes Forum,

Gab es sie: die Räuber und Kopfgeldjäger im römischen Reich?
Es ist immer wieder zu lesen, das Reisen gefährlich war. Das es viele Räuber in Italien und den Provinzen gab.

Ist es da so unwahrscheinlich das die Menschen zu Selbsthilfe griffen? Das sich Männer organisierten und sich zusammen taten um den Räubern das Handwerk zu legen?

Wie sah es mit Privat Ermittlern aus?
Das System der römischen Starfverfolgung war ja ein recht Privates. Es gab ja nicht wirklich eine echte Polizei Truppe. Ist es da nicht möglich das sich Männer darauf spezialisierten Morde aufzuklären, und Diebe zu verfolgen?

Danke für eure Hilfe
 
Wie sah es mit Privat Ermittlern aus?
Das System der römischen Starfverfolgung war ja ein recht Privates. Es gab ja nicht wirklich eine echte Polizei Truppe. Ist es da nicht möglich das sich Männer darauf spezialisierten Morde aufzuklären, und Diebe zu verfolgen?

Private Ermittler, also Leute die mehr oder weniger regelmäßig gegen Geld Verbrechen oder andere Vorgänge aufklären, scheinen ein Phänomen der Neuzeit zu sein.

Sowohl die deutsch- als auch die englischsprachige Wikipedia geben als ersten bekannten Privatdetektiv Eugène François Vidocq an, der 1833 in Paris eine entsprechende Agentur gründete.
 
Hallo liebes Forum,

Gab es sie: die Räuber und Kopfgeldjäger im römischen Reich?
Es ist immer wieder zu lesen, das Reisen gefährlich war. Das es viele Räuber in Italien und den Provinzen gab.

Ist es da so unwahrscheinlich das die Menschen zu Selbsthilfe griffen? Das sich Männer organisierten und sich zusammen taten um den Räubern das Handwerk zu legen?

Wie sah es mit Privat Ermittlern aus?
Das System der römischen Starfverfolgung war ja ein recht Privates. Es gab ja nicht wirklich eine echte Polizei Truppe. Ist es da nicht möglich das sich Männer darauf spezialisierten Morde aufzuklären, und Diebe zu verfolgen?

Danke für eure Hilfe


Aber ja und nicht zu knapp! Räuber und Gauner gab es in allen Provinzen, und es gab weite Gebiete im Imperium, die nur oberflächlich im römischen Sinne befriedet waren und wo Räuber und Räuberbanden weitgehend ungestört agieren konnten. In Italien und auf Sizilien und Sardinien gewannen zur Zeit des Augustus Banditen soviel Einfluss, dass Augustus die senatorischen Statthalter abberief und Truppen unter Kommando eines Ritters entsandte.

Auf Sizilien kontrollierte Seluros "Sohn des Ätna" weite Gebiete. Um 200 trieb der "römische Robin Hood" Bulla Felix sein Unwesen in Italien. In Obergermanien verbreitete Maternus Schrecken, der aus Deserteuren eine Bande bildete und Güter, Weiler und ganze Dörfer überfiel. Herodian beschreibt Maternus sogar als Herausforderer des Kaisers Commodus.

Im "wilden Osten" in Pisidien und Isaurien gewann zu Probus Zeit ein gewisser Lydios Einfluss. Lydios verschanzte sich in der Stadt Kremna und nahm die Bevölkerung als Geiseln.

In Apulien, Kalabrien, Samnium und Lukanien sahen sich die Kaiser seit Anfang des 4. Jahrhunderts gezwungen, weiten Teilen den Besitz von Pferden zu verbieten, um Raubüberfälle von Hirten zu verhindern.

Banditen rekrutierten sich vor allem aus zwei Berufsgruppen: Hirten und (ehemalige) Soldaten. Auch in Judäa trieben Banditen ihr Unwesen. Josephus beschreibt einen gewissen Johannes von Gischala.

Zur Bekämpfung des Bandenwesens gab es, zumindest im Westen des Reiches keine oder kaum eine spezielle Institution, und erst recht nicht machte man sich Gedanken über die Ursachen des Bandenwesens. Nur wenige Städte verfügten über eine Art Polizei wie die Vigiles, die Augustus gründete.

Im Westen blieb eigentlich nur die Selbsthilfe der Städte, die aus Bürgern "Posses" Suchtrupps aufstellten. Verantwortlich waren vor allem die Ädile, die Vigiles aufstellten und sogenannte Viatores, stationarii und nocturni beauftragten, die Sicherheit der Landstraßen zu organisieren.

Im Osten war das Polizeiwesen weiterentwickelt. In Ägypten und Kleinasien sorgten Irenarchen und Nykostrategen für die Sicherheit der Bürger. Für Kleinasien ist bekannt, dass größere Städte dem Proconsul Vorschläge für Irenarchen und Nykostrategen machen konnten, der dann aus den Bewerbern einen oder mehrere Kandidaten auswählte. Aufgabe der Irenarchen und Nykostrategen war es, Räuber zu verhaften, zu verhören und die angefertigten Protokolle an die Statthalter weiterzuleiten.

Für die frühe Kaiserzeit sind auch sogenannte Archepoden überliefert, die Überstellungsbefehle ausführten und über Gau- und Provinzgrenzen hinweg Gauner verfolgten.

Die Irenarchen und Nykostrategen konnten wiederum sogenannte Diogmiten (diogmitai) beauftragen, Banditen umzubringen oder gefangen zu nehmen.

Neben diesen organisierten Formen der Bandenbekämpfung konnten im Notfall aber auch die Städte auf Beschluss des Stadtrats die führenden Magistrate "Posses" aus Bürgern und Nichtbürgern zusammenstellen.

Im Jahre 190 lobte Commodus die Bürger von Bubon in Lykien, weil sie den Mut besaßen , gegen die Räuber in ihrer Umgebung vorzugehen. Wie die Bewohner von Bubon vorgingen, ist leider nicht mehr bekannt. Vermutlich stellte der Stadtrat einen bewaffneten Suchtrupp auf und griff auf die Ortskenntnisse von Kopfgeldjägern (Diogmitai) zurück. Dennoch war der Erfolg der Stadt Bubon eher eine Ausnahme, die kleineren Stadtgemeinden waren mit großen Banden wie sie Bulla Felix, Seluros Sohn des Ätna, Maternus oder Johannes kommandierten überfordert, und sie waren selten in der Lage, Banden bei schnellem Ortswechsel und über Provinzgrenzen hinweg zu verfolgen. Hier hätte es einer koordinierten und reibungslosen Zusammenarbeit über Provinzgrenzen hinweg bedurft.

In Provinzen, in denen Legionen stationiert waren, übernahm auch das Militär die Bandenbekämpfung. Bei sehr großen Banden griffen die Kaiser selbst ein. Sie hatten die Möglichkeit, praefecti oder praepositi zu ernennen, deren einzige Aufgabe die Bandenbekämpfung war.
Solche Offiziere für Spezialaufträge lassen sich für Germanien, Makedonien, Thrakien und Italien nachweisen. Um Bulla Felix zu bekämpfen, setzte Septimius Severus keinen Präfekten, sondern einen Militärtribun der Prätorianer mit starker Reiterei ein.

In gefährdeten Gebieten baute man Wacht- und Polizeiposten ( stationes und burgi) aus, die allerdings für große Banden kaum Gefahr bedeuteten, und man wird wie im Osten auch Kopfgeldjäger (diogmitai) beauftragt haben, Banditen umzubringen.

Literatur:

Frank Ausbüttel, Die Verwaltung des Römischen Kaiserreiches Artikel "Innere Sicherheit" S. 47-64.

Thomas Grünewald, Räuber, Rebellen, Rivalen und Rächer- Studien zu latrones.

Interessant ist vielleicht auch ein älterer Thread im Forum.

Banditen, Piraten und Lokaldynasten- Roms "Wilder Osten".
 
Ist es da nicht möglich das sich Männer darauf spezialisierten Morde aufzuklären, und Diebe zu verfolgen?

Die Frage ist, wovon man lebt, wenn man sich darauf spezialisiert, Verbrechen aufzuklären, und niemand einem ein Kripo-Gehalt zahlt... ;)

Was ich mir vorstellen könnte (ist aber reine Spekulation): Es gab ein Gerichtswesen und Anwälte; da galt mWn die Rhetorik vor Gericht mehr als Kriminalistik und Indizienbeweise, aber vielleicht gibt es hier eine Möglichkeit für einen antiken Sherlock Holmes, entweder direkt als Anwalt, oder als Mitarbeiter oder Handlanger eines solchen, der dafür bezahlt wird, für einen Gerichtsprozess hilfreiche Hinweise und Informationen zu sammeln.
 
Ich denke mir ein Kopfgeldjäger, könnte neben dem Kopfgeld auch von dem Leben was er an Beute in den Räubernestern die er aushebt findet. Den die Beute wird wahrscheinlich schwierig ihren früheren Besitzer zu zuordnen gewesen sein.

Ein Ermittler, könnte ja von dem Leben was der Auftraggeber bezahlt.
Zb bei einem Mord, da könnte zb die Ehefrau, oder der Vater des Opfers den Ermittler bezahlen.

Oder einen Bauern werden Kühe gestohlen die seine Lebensgrundlage sind. An wenn wendet er sich? An seinen Patron, der könnte wiederum einen Ermittler beauftragen und auch bezahlen.

An so etwas dachte ich unter anderem.
 
Ich denke mir ein Kopfgeldjäger, könnte neben dem Kopfgeld auch von dem Leben was er an Beute in den Räubernestern die er aushebt findet. Den die Beute wird wahrscheinlich schwierig ihren früheren Besitzer zu zuordnen gewesen sein.

Ein Ermittler, könnte ja von dem Leben was der Auftraggeber bezahlt.
Zb bei einem Mord, da könnte zb die Ehefrau, oder der Vater des Opfers den Ermittler bezahlen.

Oder einen Bauern werden Kühe gestohlen die seine Lebensgrundlage sind. An wenn wendet er sich? An seinen Patron, der könnte wiederum einen Ermittler beauftragen und auch bezahlen.

An so etwas dachte ich unter anderem.

Vielleicht kennst du die Bände von Lindsay Davis über den römischen Detektiv M. Didius Falco. Davon gibt es inzwischen mehr, als 10 Bände.

Räuber haben sich selten reich gestohlen, und auch die unter ihnen, die Beute machten, gaben sie meist auch schnell wieder aus.
Es war keineswegs immer damit zu rechnen, dass bei der Aushebung eines Nests viel Beute zu holen war.

Es kam aber durch vor, dass Soldaten oder auch ein Suchtrupp Räuber oder Barbaren abpasste, wenn sie beutebeladen auf dem Rückweg waren.

Räuber, Banditen und Piraten wurden in der Antike eher als so etwas wie Naturgewalten betrachtet.

Wenn Bauern oder Handwerker durch Kriminalität Verluste erlitten, konnten sie sich eigentlich nur noch an die Götter wenden und versuchen, den Verlust zu verschmerzen. Eine Möglichkeit war, seinen Patron um Hilfe oder Vermittlung zu bitten. Schließlich auch die Selbsthilfe, indem man Nachbarn und Verwandte zusammentrommelte und einen Suchtrupp organisierte.

Kriminalität, Banden(un)wesen das war etwas, dem die Bevölkerung recht schutzlos ausgeliefert war. Man versuchte, es gar nicht so weit kommen zu lassen. Man versuchte, sich vor Kriminalität zu schützen, so gut es ging.

Es gab in Rom vieles, was recht modern anmutet: Kupplerinnen, Auftragsmörder, Giftmischerinnen. Dass es so etwas wie Privatdetektive gab, ist denkbar. Was fraglich ist, ob es für Privatermittlungen einen so großen Kreis an Interessenten und Auftraggebern gab, dass es sich lohnte, damit seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Ein Detektiv musste tage- und wochenlang ermitteln, und er hatte natürlich Auslagen und Spesen, und es war natürlich auch damit zu rechnen, dass ein Fall eben nicht (mehr) gelöst werden konnte oder dass die Ergebnisse den Auftraggeber nicht zufrieden stellten oder dass der Aufwand und die Kosten der Ermittlungen nicht so recht im Verhältnis zueinander standen.
 
Ein "Privatermittler" hätte in der Antike eher wenig tun können. Falls es ihn gab, war seine Tätigkeit im Allgemeinen wohl recht unspektakulär.

Von Cicero sind einige Reden erhalten, die er in Strafprozessen hielt, ebenso einige aus Athen. Das ermöglicht uns zumindest einen gewissen Eindruck, wie und was "ermittelt" wurde. An Beweismitteln kamen praktisch nur Zeugenaussagen und das Verlesen schriftlicher Dokumente (z.B. Briefe, Vertragsurkunden) in Betracht. Den Rest erledigte der Redner, indem er auf sein rhetorisches Geschick baute und versuchte, Stimmung für bzw. gegen (je nachdem, welche Seite er vertrat) den Angeklagten zu machen, mit dessen Charakter und bisherigem Werdegang und Lebenswandel argumentierte etc.; der Verteidiger versuchte außerdem Mitleid zu erregen.

Kurz gefasst etwa so:
Verteidiger: "Es ist allgemein bekannt, dass der Angeklagte Eltern, Göttern und dem Vaterland gleichermaßen in pflichterfüllter Liebe ergeben ist. Von Jugend an hat er einen tadellosen Lebenswandel geführt; vielen von euch hat er Wohltaten erwiesen. Wer könnte ihn da eines so abscheulichen Verbrechens für fähig halten? Seht ihn nur an, wie mitgenommen er von diesen unfassbaren Vorwürfen ist! Allein schon, dass ihm das jemand ernsthaft zutrauen könnte! Er, der noch nie etwas Arges gedacht, geschweige denn getan hat, muss jetzt um seine Stellung, seinen Ruf, seine ganze Zukunft fürchten!"
Ankläger: "Es ist allgemein bekannt, dass der Angeklagte von Jugend an allen Lastern verfallen war. Ihr alle kennt seine verbrecherische Gesinnung. Dieses abscheuliche Verbrechen ist nur der Tiefpunkt seines ganzen unwürdigen Lebenswandels."

Falls möglich, versuchte ein Verteidiger die Tatbegehung durch seinen Mandanten als unplausibel darzustellen bzw. ein Alternativszenario (mit einem anderen Täter) wahrscheinlicher erscheinen zu lassen. Harte Fakten, echte Beweise für Schuld oder Unschuld, konnten selten präsentiert werden (ein halbwegs plausibles Alibi war da schon das seltene Maximum), stattdessen ging es eher um Stimmungen und das Schüren von Zweifeln. So etwas wie eine Forensik gab es ja noch nicht. Ein Prozess endete (sofern es kein Geständnis gab) anscheinend eher selten damit, dass Schuld oder Unschuld wirklich erwiesen waren, sondern nur mit gewissen Wahrscheinlichkeiten - sowie den erzeugten Sympathien oder Antipathien der Richter und Geschworenen gegenüber dem Angeklagten.

Das zeigt aber wiederum, dass ein allfälliger Privatermittler im Allgemeinen wohl wenig erreichen konnte, er einen Fall also kaum wirklich "lösen" konnte, wie man es in einem modern anmutenden Krimi erwartet. Falls er eingesetzt wurde, wird seine Aufgabe eher darin bestanden haben, Argumentationsmaterial für den Redner zusammenzutragen, also sich z.B. nach Gerüchten über den Lebenswandel umzuhören. Dafür wird der Redner aber nicht unbedingt einen Profi gebraucht haben, das könnte auch jemand seiner eigenen Leute erledigen.

Im Übrigen gilt auch hier, was ich neulich in einem anderen Thema geschrieben habe: Nur weil etwas in einem "Historienroman" steht, muss es noch nichts mit "Historie" zu tun haben. Einen "modernen" Schnüffler (wobei man obendrein bedenken muss, dass das Agieren von Detektiven in Literatur und Fernsehen ebenfalls nur sehr begrenzt mit realer Ermittlungstätigkeit zu tun hat) in die Antike zu versetzen ist letztlich nichts anderes als eine emanzipierte moderne Frau in ein Klischee-Mittelalter zu versetzen. (Ich habe als Kind selbst drei Romane über ein paar römische Schüler, die zur Zeit von Kaiser Tiberius ermittelten, gelesen. So etwas kann man für realistisch halten, muss man aber nicht.)
 
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