Und welcher Historiker hält die DDR für einen totalitären Staat.
Eckhard Jesse unteruchte das DDR-System anhand einiger Kriterien und kam zu dem Schluss, dass die DDR unter Ulbricht totalitär, unter Honecker autoritär war.
Ebenso nennt Klaus Schroeder die DDR einen "totalitären Überwachungs- und Versorgungsstaat".
Im Bezug auf die innenpolitische Organisation und Umsetzung der innenpolitischen Interessen, mal unabhängig von der unterschiedlichen Ideologie, kann ich auf den ersten Blick keine Unterschiede finden.
Auch der Militarisierung der Gesellschaft, die Gleichschaltung, die Jugendorganisation...
Die Aufarbeitung der DDR ist schwierig, vor allem, wenn man selbst betroffen ist und sich einem das Leben ohne Repressalien durch die DDR führte.
Da muss ich dir völlig zustimmen; so sehe ich das auch. Der Vergleich Drittes Reich/DDR liegt gar nicht so abwegig, wie man vielleicht denken mag. Es gibt zahlreiche Parallelen in vielen Aspekten der Systeme. Die Unterschiede kann man natürlich nicht leugnen, aber das hat hier auch keiner vor.
Die Totalitarismus-Kriterien passen sowohl auf die DDR als auch auf das Dritte Reich, um ein Beispiel zu nennen (neben den von dir genannten).
Ich tue mich mit so eindimensionalen Begrifflichkeiten wie "Rechts/Links" ein wenig schwer. Sicherlich gab es keine rassistische Verfolgung in der DDR. Dafür wurden bestimmte Klassen verfolgt, aber nicht ermordet im Gegensatz zur frühen SU.
Im Dritten Reich gab es allerdings ein mit Einschränkungen marktwirtschaftliches System mit Privateigentum, während in der DDR das Volkseigentum bestand.
Neutral und faktisch gesehen, wird die politische Gesinnung von Parteien, Organisationen und Privatpersonen mit links, rechts etc. dargestellt. Das Dritte Reich ist ganz klar rechts, die DDR ganz klar links.
Welche Klassen wurden denn in der DDR verfolgt? Es gab in der DDR genauso Unternehmer wie im Westen, genauso Reiche wie im Westen und genauso Arme wie im Westen. Der Unterschied allein war, dass man dieses Faktum schlichtweg ignoriert hat und im Westen den "Imperialismus" sah.
Wenn du von Volkseigentum sprichst, ist das ganz klar ideologisch eingefärbt. In der DDR gab es nach der Ideologie, Propaganda und Dialektik "Volkseigentum". Aber ich frage dich: War wirklich das Volk Eigentümer einer Produktionsstätte oder waren es vielmehr vom System eingesetzte Unternehmer/Gesellschaften?
Nach der Wiedervereinigung stellten aber viele fest, dass es durchaus einiges in der DDR gab, was besser oder viel einfacher geregelt war als in der Bundesrepublik und durchaus erhaltenswert gewesen wäre.
Dazu fällt mir der "Aufruf für unser Land" vom 26. November 1989 ein. Viele Systemkritiker kritisierten das System, aber ohne es abschaffen zu wollen; vielmehr wollten sie es umgestalten, die DDR aber beibehalten. Auch Oskar Lafontaine sprach von "nationaler Besoffenheit" und kritisiert damit die hundertprozentige Übernahme des kapitalistisch-sozialmarktwirtschaftlichen Systems der BRD für die Ostbundesländer.
Viele DDR-Bürger, die vielleicht kritisch, aber nicht oppositionell eingestellt waren, verfolgten und unterstützten das Ziel, dass die DDR bestehen bleibt, nur in gewissen Punkten reformiert.
In diesem Sinne wäre es verfehlt, nur die kommunistische Herrschaft in der Sowjetunion und das NS-Regime in Deutschland als totalitär zu klassifizieren, wenngleich sich die totalitären Elemente bei diesen besonders krass ausprägten. Schließlich wurden und werden in anderen Staaten ebenfalls totalitäre Herrschaftssysteme errichtet. Auch die DDR-Diktatur lässt sich im oben genannten Sinn als totalitäres Regime interpretieren, wenngleich in der zweiten Hälfte der 80er Jahre aufgrund einer Reihe unterschiedlicher Faktoren der repressive Charakter zurückgegangen war.
Eine sehr interessante Argumentation. Kann ich eigentlich auch nur unterstützen.
Ich würde in diesem Zusammenhang die Ideologie der DDR angreifen, da der "real existierende Sozialismus" nichts weiter war als ein Deckmantel für die Unterdrückung. Der Sozialismus in seiner reinen Urform war gänzlich anders konzipiert als die SU-/DDR-Interpretation.
Um es trivial an einem Beispiel festzumachen: Ich nehme "Utopia" von Thomas Morus und errichte eine Diktatur. Ich unterdrücke das Volk, verfolge und ermorde die Opposition und mach alles so wie im NS-Staat respektive in der DDR. Ich berufe mich dabei aber auf "Utopia" und legitimiere meine Herrschaft somit, als dass sie auch nur das Allerwenigste mit der Schrift zu tun hätte.
Eine weitere Parallele könnte man auch zum Gottesgnadentum ziehen. Gott wurde instrumentalisiert, um die monarchische Herrschaft zu legitimieren, ohne wirklich handfeste Beweise für die Rechtmäßigkeit zu haben.
Und genau diese Haltung wirft bei mir Unverständnis auf. Also nicht gegen Dich Galetto, sondern die Haltung, die du da beschreibst, denn niemand will bei alle dem einsehen, daß an der gesamten Situation der Bevölkerung der DDR, auch nach dem Mauerfall das SED Regime die Schuld trägt.
Diese Behauptungen, in der DDR gab es auch gute Dinge, ist reinste Augenwischerei, denn der Staat hat nie etwas für seine Bürger getan, Menschlichkeit diente nur als Mittel zum Zweck und der sah sich darin, seine Machterhaltung durchzuboxen, egal wie und egal zu welchen lasten.
Sich später hinzustellen und zu sagen: "Seht liebe DDR Bürger, wie Gold der Westen ist, wenn alle Arbeitslos sind ..." und diese Lebensangst der Arbeitslosigkeit zu schüren, auf Lasten des anderen Systems bzw. der Bundesrepublik, ist immer noch ein Lügengerüst ala Schnitzler, denn in die Situation hat sie nicht der Westen gebracht, sondern die SED Bonzen!
Auch wenn du hier stark polemisierst, muss ich dir doch abermals zustimmen. Genauso gut können "Arier" sagen: Im Nationalsozialismus war nicht alles schlecht.
Ja, es gibt immer mehrere Gruppen. Die eine Gruppe genießt durch das System Vorzüge, die andere Gruppe muss den Gürtel etwas enger schnallen und die wieder andere Gruppe wird unterdrückt.
In der DDR wurde erst sehr spät das Leistungsprinzip eingeführt: Wer viel arbeitete, verdiente zuvor genauso viel wie der, der wenig arbeitete. Eine Fehlinterpretation des Sozialismus. Einen finanziellen Bonus gab es nur in Form von Prämien und selbst dies war zum größten Teil nur Propaganda.