Römische Feldzüge - Das Leben im Felde

BerndHH

Aktives Mitglied
Guten Morgen,

wie muss man sich bei einem römischen Feldzug eigentlich das Leben im Felde vorstellen?
Nehmen wir mal die Drusus- oder die Germanicus-Feldzüge. Wir muss man sich das plastisch vorstellen?

Berittene Aufklärer|Späher schwärmen aus und suchen nach geeigneten Anmarschrouten, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Gangbare Routen für ein größeres Heer, mehrere Legionen mit Reiterei, Troß, etc. Vielleicht auch um festzustellen, ob die auf dem Weg liegenden Stämme freundlich oder feindlich gesinnt sind. Oder um geeignete Stellen für mögliche Hinterhalte so weit wie möglich im Vorfeld aufzuklären.

Was geschieht dann?
Ist mit Feindwiderstand zu rechnen? Ja/Nein? Muss ich mit dem gesamten Lindwurm der Legion vorgehen oder aufgelockert Zenturie für Zenturie, Manipel für Manipel, die über berittene Reiter untereinander Verbindung halten.
Die Römer wussten ja auch, wo ist ein geeignetes Gelände, um mich zur Gefechtsformation zu entfalten und wo muss ich aufgelockert vorgehen, um maximale Marschleistung zu erreichen.
Wie gut ist die Aufklärung? Es wurde hier ja schon einmal gesagt, dass das römische Heer dies im heutigen Sinne also übertragen der Panzeraufklärer mit leichten Panzerspähtrupps nicht so vorhanden war. Ja, ist Quatsch aber vielleicht leichte Aufklärer wie eine Art der antiken Husaren, wisst Ihr, was ich meine?

Was können wir aus den Drusus- und Germanicus-Feldzügen entnehmen?
Es gab befestigte Kastelle am Rhein und Marschlager auf den Annäherungswegen. Man sah also die Lippe als Vormarschroute und in bestimmten Abständen wurden befestigte Lager errichtet, um diese Signalkette zu haben - ich weiß nicht wie ich das besser beschreiben sollte.

Wenn ich es richtig verstanden habe, dann führten die Römer ihre Feldzüge in einem Wechsel aus Sommer- und Winterlagern. Sommerlager für die aktive Kriegsführung im Operationsgebiet und Winterlager, um passiv die "Winterruhe" zu überstehen, um nach der Schneeschmelze sehr rasch wieder vor Ort aktiv zu sein.

Um auf das eigentliche Topic zurückzukommen.
Wie war bei einer römischen Legion das Leben im Felde? Also zwischen Sommer- und Winterlagern ohne ortsfeste Unterkunft. Wurde ein Biwak aufgeschlagen, welches in der Nacht bewacht wurde (gibt es Analogien zur heutigen Alarmpostenregelung?). Wurde die Verpflegung über mitgebrachten Proviant und/oder auch Aquirierung von Nahrung aus der Umgebung.
Was gibt es über die Aspekte Hygiene, Waffenpflege, Bekleidung zu sagen. Bekannt ist ja, daß die Römer trotz enormen Marschgepäcks (anscheinend haben sie ALLES mitgeführt) zu enormen Marschleistungen imstande waren.
Man möchte doch meinen, daß eine römische Legion mit/ohne Reiterei ein mehr oder weniger schwerfälliger Moloch war, deren Annäherung der Feind schon sehr weit im voraus mitbekommt und entsprechende Maßnahmen treffen kann.

Bin auf Eure Antworten sehr gespannt,
Grüße
 
Ja, ich weiß, die Kriegsführung der Antike war eine vollkommen andere als in der Moderne.
Aber vielleicht gibt es ja Aufzeichnungen, die belegen, wie - abgesehen von der Feuerkraft, damals Schlagkraft im Felde - die römische Legionen in den verschiedensten Territorien und den unterschiedlichsten Gegnern so erfolgreich sein konnten. War es nur die Kriegstechnik und die Disziplin und was war dazwischen - eben jenes Leben im Felde?
 
Was geschieht dann?
Ist mit Feindwiderstand zu rechnen? Ja/Nein? Muss ich mit dem gesamten Lindwurm der Legion vorgehen oder aufgelockert Zenturie für Zenturie, Manipel für Manipel, die über berittene Reiter untereinander Verbindung halten.
Die Römer wussten ja auch, wo ist ein geeignetes Gelände, um mich zur Gefechtsformation zu entfalten und wo muss ich aufgelockert vorgehen, um maximale Marschleistung zu erreichen.

Ich denke, aber das ist nur meine persönliche Vorstellung, dass aufgelockertes Vorgehen keine großen Vorteile gehabt hätte, jedenfalls im Normalfall nicht.
Die Marschleistung einer römischen Armee wurde unter Normalbedingungen ja bereits dadurch limitiert, dass sie am Ende des Marschtages ein Lager errichten musste, außerdem durch die maximale Geschwindigkeits des Trosses, die sich gerade wenn Engstellen, Steigungen etc. zu bewältigen waren, nicht beliebig erhöhen ließ.

Die Marschleistung der Intanterie zu erhöhen, wenn aber der Tross nicht mitkam oder dadurch die Errichtung der Marschlager gelitten hätte, weil verzögertes Eintreffen der einzelnen Truppenkontingente auch den Bau verzögert und damit die Erhohlungszeit bis zum nächsten Tag verringert hätte, hätte im Normalfall wenig Sinn ergeben.

Ausgenommen Situationen, die Gewaltmärsche aus zwingenden Gründen unbedingt notwendig machten und in Situationen stattfanden, in denen eine Trennung vom Tross oder ein Verzicht auf Marschlager möglicherweise notwendig gewesen wären.
 
Lies Caesar, de Bello Gallico. auch bei Velleius, Tacitus, Frontinus wirst du Antworten auf deine Fragen finden.
Der Begriff ‚Sommerlager‘ ist der moderner Historiker, wir kennen nur den Begriff hiberna (pl. von hibernum), den wir bei Velleius finden.
Die römischen Soldaten teilten sich zu i.d.R. acht Mann (Contubernium) ein Zelt aus Ziegenleder und ein bis zwei Maultiere. Ob der Maultiertreiber beim Contubernium schlief, oder ob die Maultiertreiber eigene Zeltgemeinschaften bildeten, weiß ich nicht.
Und ja, immer wenn die Römer sich irgendwo niederließen, wurde geschanzt.
 
Du kannst Gift darauf nehmen dass die Römer bestens informiert waren.

Kaufleute, freundlich gesonnene Barbaren, Feinde der Feinde Roms, das Wissen früherer eigener Spähtrupps, parallel reitende Spähtrupps bzw. Auxiliareinheiten, Teilnehmer früherer Feldzüge, Bericht erstattende Offiziere und eigene Schreiber: das waren genügend Informanten, Informationen und "Informationsverarbeitungssysteme".

Hinzu kommt eine de facto keineswegs rudimentäre, eher gut erschlossene Infrastruktur, wenn man in halbwegs zivilisierten Gegenden Feldzug führte.
Wildnis gab es nicht. "Urwälder" vielleicht als Auenwälder in Flusslandschaften, und in denen waren die Römer, allein schon durch ihre leichten Schiffe, immer und jederzeit überlegen. Sümpfe waren auch damals in nur teilweise sumpfigen Landstrichen mit Bohlenwegen erschlossen.

Diese erschlossene Landschaft musste nur feldzugtauglich gemacht werden, da wo sie es nicht war.
Und da waren die Römer nun einmal die besten Pfadfinder. Oder im Militärjargon: "Pioniere".
Wege freimachen, Holz hacken, Lager aufbauen, Feuerchen machen und abends lecker essen.

Eine gute Anschauung mit Bildchen gibt die Trajanssäule in Rom.

Und ein sehr schöner Beitrag von @Sepiola:
in einem lesenswerten Thread:

Eine andere, ebenso gängige Übersetzung* hat "Heerstraßen und Dammwege" - hier geht es tatsächlich nur um den Straßenbau und sonst nichts.
Der Sinn ist klar: limites (Schneisen) braucht man, wenn der Weg durch Wälder führt, aggeres (Aufschüttungen) braucht man, wenn der Weg durch Moore führt.
Die aggeres erwähnt Tacitus auch beim Marsch zum Ort der Varusschlacht:
praemisso Caecina, ut occulta saltuum scrutaretur pontesque et aggeres umido paludum et fallacibus campis inponeret, incedunt maestos locos visuque ac memoria deformis ("Vorausgeschickt wurde Caecina, um das unübersichtliche Waldgebiet zu erkunden und Brücken und Dämme über die feuchten Sümpfe und trügerischen Moorwiesen anzulegen").
Und auch die pontes longi werden in ganz ähnlicher Weise beschrieben: "Ein schmaler Dammweg war dies zwischen weit ausgedehnten Sümpfen; einst von L. Domitius angelegt" (angustus is trames vastas inter paludes et quondam a L. Domitio aggeratus)


Ja. Können.
Nur lässt sich aus dem Tacitus-Text nirgends eine "erhebliche Höhe" herauslesen.
Vergleiche mit Festungswällen sind fehl am Platz.


* https://books.google.de/books?id=UgzoBQAAQBAJ&pg=PA119&lpg=PA119&dq=heerstraßen+und+dammwege&source=bl&ots=mJRr2YIfME&sig=qMtCD_x9V9C-YnleYnM3BdSU3FM&hl=de&sa=X&ved=0ahUKEwjMztXT3bLSAhVCnRoKHTDvCxQQ6AEIJDAB#v=onepage&q=heerstraßen und dammwege&f=false
siehe auch:
https://de.wikipedia.org/wiki/Aliso
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo liebe Leute,
vielen herzlichen Dank für Eure hilfreichen Antworten!!! Ja, das war unüberlegt von mir. Vor den Germanicus-Feldzügen lagen ja die langwierigen Operationen des Drusus, Tiberius, ... Das war dann längst keine Terra icognita mehr aber halt auch keine Straße durch Latium oder Kampanien - aber das hatten wir schon mal.
Gut, die Infrastruktur war vorhanden und bekannt. Dann war die Feindlage wohl der variable Faktor. Welche Fraktion der Brukterer, Marser & Co. verhält sich gerade romfreundlich oder feindselig und da konnten sich die Römer wohl nie sicher sein.
Ich glaube im Großen und Ganzen habe ich es schon verstanden, (hoffe ich).
 
Ein wirklich hervorragender Buchtipp, Neddy.
Besten Dank !!!

  • Marcus Junkelmann: Panis Militaris. Die Ernährung des römischen Soldaten oder der Grundstoff der Macht. ISBN-13: ‎ 978-3805323321. 2006
  • Marcus Junkelmann: Die Legionen des Augustus: Der römische Soldat im archäologischen Experiment. ISBN-13: ‎ 978-3805308861. 1986
 
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