Rüstung und Bewaffnung des (west-)europäischen Ritters

Der Ritter im 2. Viertel des 14. Jh. (bis etwa 1350)

Jetzt befinden wir uns am Beginn jener Zeit, in der die Ritterschaft mehr und mehr das äußere Bild entwickelt, welches in vielen Köpfen recht romantisiert herumspukt. Ironischerweise jedoch beginnt der militärische Untergang des Rittertums aber schon zu Beginn des 14. Jh. bspw. mit den Niederlagen gegen Fußheere in den Schlachten von Kotrijk (1302) und am Morgarten (1315).

Der Ritter trägt nun:

- ein kurzes Kettenhemd und darüber eine Brustplatte (welche mit mehreren Reifen in eine Art ärmelloses Wams eingenäht wurden)
- Diechlinge mit Kniebuckeln und Beinschienen
- Ellbogenkacheln, Metallscheiben (an Ellbogen und Schulter) sowie Armschienen und Panzerhandschuhe
- einen Helm mit Klappvisier (der sich sowohl auf den Kübelhelm als auch auf die Beckehaube zurückführen läßt), z.T. auch noch den Kübelhelm (vgl. Ritter bis 1320)

- das Schwertgehänge ging weg vom traditionellen Riemenzungensystem und wurde zum einfachen Schwertgurt
- der sog. Birnenkopfknauf wurde neben dem Polygonknauf bestimmend

- der Dreiecksschild wurde weiter verkleinert

(Rekonstruktion nach Andreas Schlunk/Peter Giersch "Die Ritter" - Begleitbuch zur gleichnamigen Ausstellung)

Anm.: Wie schon geschrieben sind meine Angaben zum Ritter des Spätmittelalters nicht vollständig, da dies nicht mehr mein Hauptinteressengebiet ist. Wer Ergänzungen und/oder Korrekturen hat, darf und soll diese gern hier einstellen!
 

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timotheus schrieb:
... also weiter im Thema :winke:

Ende des 13. Jh. kam das sog. Sattelbaumschwert auf - dieses war der erste Anderthalbhänder, d.h., es war deutlich gegenüber den Einhandschwertern verlängert und konnte sowohl ein- als auch zweihändig geführt werden. Wei der Name schon sagt, wurde es eigenständig am Sattel befestigt und diente dem abgesessenen Ritter beim Kampf zu Fuß.
Anderthalbhänder oder Schwerter zu anderthalb Hand waren das gesamte Spätmittelalter hindurch bis in die Frühe Neuzeit verbreitet, taugen jedoch wirklich nur für den Fußkampf.
(vgl. Lehnart, Schlunk/Giersch, David Harding "Waffenenzyklopädie - 7000 Jahre Waffengeschichte")

Unten wieder eine Übersicht zu verschiedenen Anderthalbhändern: links oben und unten jeweils die Variante des Spätmittelalters, rechts der Anderthalbhänder der Frühen Neuzeit...

Anm.: Die anderthalbhändigen Schwerter dürfen nicht verwechselt werden mit den Bidenhändern, die erst im ausgehenden Mittelalter (beginnend ab 1450) aufkamen, obwohl diese ihrerseits eine Weiterentwicklung des Anderthalhänders sind!

Hallo Timme,

hier sind drei Bidenhänder, falls Du sie nicht sowieso noch bringst :)
Angeblich waren sie im Hundertjährigen Krieg im Einsatz, und zwar bei französischen Infantrie-Einheiten,
Weißt Du, wie lange sie benutzt wurden?
 

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Crawford schrieb:
... hier sind drei Bidenhänder, falls Du sie nicht sowieso noch bringst :)
Angeblich waren sie im Hundertjährigen Krieg im Einsatz, und zwar bei französischen Infantrie-Einheiten,
Weißt Du, wie lange sie benutzt wurden?

Die bzw. ähnliche bringe ich noch, wiewohl ich die Datierung Hundertjähriger Krieg bezweifle; die abgebildeten Modelle gehören sämtlich ins 16. Jh. - sogar 2. Hälfte 16. Jh.
Trotzdem danke :yes:
 
timotheus schrieb:
Die bzw. ähnliche bringe ich noch, wiewohl ich die Datierung Hundertjähriger Krieg bezweifle; die abgebildeten Modelle gehören sämtlich ins 16. Jh. - sogar 2. Hälfte 16. Jh.
Trotzdem danke :yes:

Das ist richtig, diese Modlle sind jünger. Ich wollte sagen, dass Bidenhänder generell im 100-jährigen Krieg eingesetzt wurden. Beschwören würde ich das aber auch nicht.
Aber wie lange wurden sie im Kampf eingesetzt? :hoch:
 
Der Ritter in der 2. Hälfte des 14. Jh.

Jetzt muß ich die weitere Entwicklung in einem Schritt abhandeln, obwohl es eigentlich drei Etappen sind :rolleyes:

Nach 1350 bis etwa 1370 bieten die Ritter das folgende Bild:

- die eiserne Brustplatte wurde gewölbt und nochmals vergrößert und war nun in einen körperbetonteren Rock eingenäht (Lendnerpanzer)
- vergrößerte Metallscheiben vor der Schulter
- das Klappvisier des Helmes erhielt eine zugespitzte Schnauzenform (sog. Hundsgugel)

Nach 1370 verändert sich folgendes:

- die eiserne Brustplatte wurde nicht mehr eingenäht, sondern offen getragen
- eiserne Oberschenkelplatten waren fest mit den Kniekacheln verbunden
- die Waden steckten nicht mehr in Beinschienen, sondern in röhrenförmigen Plattenteilen
- analog die Entwicklung auch bei Oberarmplatten und Ellbogenkacheln sowie Unterarmplatten
- dazu Fingerhandschuhe mit Plattenschuppen, welche die vorherigen Panzerfäustlinge ersetzen

Frühestens um 1380 (Grabmal des Ulrich von Matsch in Tirol), aber noch vor 1400 vervollständigte sich der Plattenharnisch, da nun Brustplatte, Oberschenkelschutz und Plattenröhren zum Vollpanzer zusammengeschlossen wurden :fs:

(Rekonstruktion nach Schlunk/Giersch ebd.)

@Crawford: Zu den Bidenhändern schreibe ich noch etwas, wenn ich beim 15. Jh. bin... ;)
 

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Der Ritter im 15. Jahrhundert

Ich beschränke mich auf die wichtigsten Punkte nach dem bereits genannten Buch von Schlunk & Giersch :fs:

Die Schulterpanzerung wird optimiert: sog. Vorder- und Hinterflüge bildeten nun die Panzerung um die Schulter - darunter versteht man gewölbte Geschübe aus einzelnen Reifen.

Desweiteren wurden textile Gestaltungsmerkmale integriert: gefältelte Rockteile u.ä.
In der 2. Hälfte des 15. Jh. wurde der Harnisch dann immer mehr auch zum Kunstobjekt: der Brustteil wurde prismatisch gestaltet, der Bauch- und Gesäßteil kegelstumpfförmig, so daß der Harnisch sehr tailliert erschien. Außerdem zeigten die Platten oftmals getriebene Grate und graphische Gestaltungen der Oberfläche :rolleyes:

Als neue Helmformen dominieren fortan ab 1400 der Armet (links) und der Schaller (rechts).

Anm.: Nun, Hand aufs Herz - sieht so nicht das Bild des Ritters in den Köpfen vieler Menschen aus? Doch genau zu dieser Zeit gehen die letzten großen Ritterheere endgültig unter und weichen den Gewalthaufen der Söldner/Landsknechte ;)
 

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Noch eine Bemerkung zum Plattenpanzer

Viele Plattenrüstungen, welche wir heute in Museen bewundern können, stammen übrigens nicht mehr aus der Zeit, da die Ritter ihre Schlachten schlugen, sondern sind Turnierpanzer der Frühen Neuzeit - genauer gesagt: Renaissance und Barock (um kunsthistorische Begriffe zu verwenden)!
Wie zum Beispiel auch dieser hier...
 

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Abschließend noch die Bidenhänder

Mit der Verdrängung der Ritterheere durch die Gewalthaufen änderten nicht wenige Ritter auch ihre Kampfesweise und gingen in der Schlacht zu Fuß (Quelle: Bayerische Handschrift um 1450)
Hier kamen neben den bereits erwähnten Anderthalbhändern die gegenüber diesen nochmals verlängerten Bidenhänder oder auch Schwerter zu zwei Hand oder eben Zweihänder zum Einsatz.
Die ersten Bidenhänder tauchen im 15. Jh. auf (@Crawford: also eher gegen Ende des Hundertjährigen Krieges ;) ), doch sind sie da noch recht schlicht anzusehen.
Die Bidenhänder, welche wir (ich übrigens auch :rolleyes: ) mit dem Begriff assoziieren, stammen alle erst aus der Frühen Neuzeit (16. Jh.)...

Um den Unterschied Anderthalbhänder vs. Bidenhänder zu verdeutlichen, seien zunächst die Gesamtlängen der Waffen genannt:
Anderthalbhänder ca. 135...145 cm
Bidenhänder ca. 160...170 cm (das heißt zur damaligen Zeit - 15./16.Jh. - mannshoch bis übermannshoch!!!)

Auch bezüglich der Kampfesweise gibt es wichtige Unterschiede: dienen Anderthalbhänder noch dem Kampf gegen den Mann direkt, so sind die Bidenhänder ein Produkt der neuen Kampfform Haufentaktik, denn sie dienen dem Zerschlagen und Aufbrechen des gegnerischen Spießwalls!

Zur Vervollständigung noch ein spätmittelalterlicher Bidenhänder (1450), ein frühneuzeitlicher Bidenhänder (1550) und ein frühneuzeitlicher Bidenhänder in Flamberge-Form (1580/1600) - von links nach rechts... :fs:
 

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Oops... noch zwei kleine Bemerkungen...

... die mir erst wieder eingefallen sind, als ich die betreffenden Beiträge nicht mehr ändern konnte :rotwerd: :oops: :sorry:

Beitrag Nr. 20 "Streithammer"

Wichtige Ergänzung: auch der Streitkolben blieb neben dem Streithammer weiterhin in Verwendung - bis in die Frühe Neuzeit (16. Jh.); danach wurden beide (Streithammer und Streitkolben) mehr oder weniger zu Zeremonialwaffen.

Beitrag Nr. 28 "Bidenhänder"

Wichtige Ergänzung: während die frühen Bidenhänder des 15. Jh. von Söldnern wie auch von Rittern beim Kampf zu Fuß verwendet wurden, sind die Bidenhänder des 16. Jh. quasi reine Söldnerwaffen (diejenigen, die eine solche Waffe führten - eben als "Stangenwaffenbrecher" - bekamen doppelten Sold und hießen daher auch Doppelsöldner).

Wie geschrieben ist das ausgehende Mittelalter nicht mehr unbedingt mein Lieblingsgebiet...
 
Ich kann dir nicht zustimmen, dass die ersten Zweihänder im 15. Jahrhundert auftauchten. Das Claymore-Schwert tauchte um 1300 auf, also im 14. Jahrhundert.
 
William Wallace schrieb:
Ich kann dir nicht zustimmen, dass die ersten Zweihänder im 15. Jahrhundert auftauchten. Das Claymore-Schwert tauchte um 1300 auf, also im 14. Jahrhundert.

Dafür hätte ich gern einen Beleg, denn da kann ich Dir auf Basis verschiedener Waffenenzyklopädien nicht zustimmen; dort wird grundsätzlich die Zeit nach 1400 bis 1600 (sogar noch darüber hinaus verwendet) für den Zweihänder Claymore angegeben... :grübel:
Erstmalig taucht der Name für ein Zweihandschwert mW im Zusammenhang mit König Jakob I. auf (reg. offiziell 1406/37, faktisch 1424/37), während zwar schon vorher - ab 1300 - ein Schwert namens Claymore genannt wird, was aber der Vorläufer ist und deshalb waffentechnisch wohl in die Kategorie "Anderthalbhänder" fällt. Auch wenn mitunter Begriffe wie two-handed im gleichen Atemzug genannt werden...
 
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Wirklich sehr schön gemacht, timotheus! :)

Hast du auch Material und Informationen zu Kämpfern aus dem frühen Mittelalter (ca. 500-700 n. Chr.) in West- bzw. Mitteleuropa? Suche schon lange dazu Informationen, finde aber nur welche zu den Germanen zu Zeiten der Römer oder eben zu den Römern selbst.
 
Danke, Nietzsche :)

Nietzsche schrieb:
Hast du auch Material und Informationen zu Kämpfern aus dem frühen Mittelalter (ca. 500-700 n. Chr.) in West- bzw. Mitteleuropa? Suche schon lange dazu Informationen, finde aber nur welche zu den Germanen zu Zeiten der Römer oder eben zu den Römern selbst.

Nein, habe ich leider nicht bzw. müßte ich da nochmal nachschauen. Wenn ich etwas finde, gebe ich Dir per PN Bescheid, OK?
Gegenfrage: Hast Du schon in den verschiedenen Unterforen hier im Mittelalter gesucht - also "Germanen", "Franken", "Wikinger", ...?
 
Erstmal ein großes LOB und Kompliment an Timotheus für dieses Thema und die Mühe und arbeit die er investiert hat.

Unterstützend möchte ich hinzufügen:
Viele Bidenhänder weisen über dem Griffstück noch eine sog. Fehlschärfe oder Ricasso auf, an der die Waffe unterstützend gegriffen werden konnte, etwas, dass sich aus den Vorgängern entwickelte, als man begann, die FInger am Griff nach vorne zu schieben.


Ich kenne ebenfalls keinen Beweis für die Verbreitung des Bidenhänders vor der Mitte des 15. Jahrhunderts. Einzelne Exemplare großer, zweihändig geführter Waffen gibt es aber wohl auch vorher schon, ohne sie klassifizieren zu können.


Nietzsche, am Ende der Spätantike, Völkerwanderungszeit und Frühmittelalter sind die Germanen nun mal dominierend, auch oder gerade im römischen Heer.
Falls du Alternativen suchst, wirst du nach Byzanz gehen müssen (und selbst dort triffst du auf Germanen).
Wenn du aber die Lokalität etwas eingrenzt kann ich dir vielleicht weiterhelfen.
 
Hallo Thimo,

dein Thema hier finde ich großartig. Schade nur dass Du es im 14 Jahrhundert ausklingen lässt. Ritter gab es danach auch noch und Rüstungen wurden noch lange gebraucht, auch wenn Gesellschaft und Kriegsführung sich dann rapide änderten.

Aber da ich weiß, dass Du hauptsächlich auf dem Hochmittelalter stehst und für das späte weniger übrig hast, möchte ich etwas zum weiteren verlauf beitragen. (Du hast doch hoffentlich nichts dagegen).

Zu den noch besprochenen Themen kurz:

Ich habe in meinen Büchern und im Netz zum Thema Claymore gesucht, und auch keine früheren Exemplare gefunden. Die erhaltenen stammen anscheinend alle aus dem XVI oder sogar XVII Jahrhundert.

Obgleich ich auf den Seiten eines ansonsten guten Replikenschmiedes etwas von Streithämmern bereits zur Kreuzzugszeit gelesen habe, wird diese stumpfe Hiebwaffe, welche tatsächlich einem Hammer ähnelt, dessen Rückhandseite eine dornenförmige Verlängerung aufweist, ansonsten frühestens für das späte 14. Jh. angegeben.
Wie dem auch sei, entspricht Funktionalität und - sehr verheerende - Trefferwirkung ganz der seiner "Ahnen" Keule und Streitkolben.

Auch der Streithammer existiert als Reiterwaffe bis in die Frühe Neuzeit.

Muss nicht unbedingt ein Widerspruch sein. Aus dem nahen Osten sind frühe Exemplare von Streithammern vermutlich aus den XII Jahrhundert erhalten. In Persien, Afghanistan und Indien gab es ähnliche Waffen (Zaghnal, Tabar und Tabarzin) bis in das XVIII Jahrhundert.
Es ist gut möglich, das (wie vermutlich auch die „mace turquese“) aus dem nahen Osten importiert wurde und sich erst später in Europa verbreitete.
 
Hallo Bdaian,

Bdaian schrieb:
... dein Thema hier finde ich großartig. Schade nur dass Du es im 14 Jahrhundert ausklingen lässt. Ritter gab es danach auch noch und Rüstungen wurden noch lange gebraucht, auch wenn Gesellschaft und Kriegsführung sich dann rapide änderten.

Aber da ich weiß, dass Du hauptsächlich auf dem Hochmittelalter stehst und für das späte weniger übrig hast, möchte ich etwas zum weiteren verlauf beitragen. (Du hast doch hoffentlich nichts dagegen).

naja, ein bißchen was hatte ich ja zum 15. Jh. noch geschrieben (Weiterentwicklung Schulterpanzer, Integration textiler Gestaltungsmerkmale etc., Armet, Schaller) :fs:

Ich habe überhaupt nichts dagegen, wenn Du da noch etwas dazu schreiben könntest - im Gegenteil: ich würde mich sehr freuen :yes:

Und wenn Wiederholungen dabei sind, laß Dich nicht abhalten! ;)

Dank & Gruß

Timo
 
Dann nur zu!

Erst einmal möchte ich wieder etwas zurückgreifen und noch mal in das XIV Jahrhundert gehen.

Hier sehen wir eine Schlachtenszene die um 1385 gezeichnet wurde. (Schlacht bei Sempach aus der „Weltchronik“ des Rudolf von Hohenems).

Die Aufmachung der Ritter entspricht dem, was Thimo oben beschrieb.

Die meisten der Ritter tragen Hundsgugel, andere Eisenhüte und Beckenhauben, darunter noch Halsbergen aus kettengeflecht oder aus Stoff mit Nieten (darunter verborgen vermutlich Lamellen oder Schuppen).

Arme und Beine sind schon mit Diechlingen, Schienen, Kacheln und Buckeln versehen. Einer der Ritter scheint einen Brustpanzer zu tragen, die anderen sind noch mit Kettenhemden und Brigantinen ausgerüstet. Das einzige was mich dabei irritiert ist, dass keine Schilder getragen werden, die damals eigentlich noch verwendet wurden. Die Tendenz zur geschlossenen Rüstung steht vor der Vollendung.

Als Waffen sind Schwerter, Nierendolche, Lanzen ohne Stechscheibe und ein Kriegshammer in Verwendung zu sehen.

Noch zwei etymologische Bemerkungen: Brustpanzer (so wie auch andere Rüstungsteile) waren zu diesem Zeitpunkt oft noch aus gehärtetem Leder (Cuir auf Französisch). Daher kommt der Begriff Cuirass (coraza auf Spanisch) und das spätere deutsche Lehnwort Kürass.
Das Wort „Panzer“ stammt dagegen direkt aus dem lateinischen. („Lorica panzeri“ oder „Panzeria“ lorica quae ventrem tegit“)
 

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Gegenfrage: Hast Du schon in den verschiedenen Unterforen hier im Mittelalter gesucht - also "Germanen", "Franken", "Wikinger", ...?

Oberflächlich ja. Und ich habe nichts gefunden. Zudem dachte ich, dass gerade du als Ergänzung dieses Themas und mit einer (oder mehreren) anscheinend vorzüglichen Quelle(n) diese Frage beantworten könntest.

Nietzsche, am Ende der Spätantike, Völkerwanderungszeit und Frühmittelalter sind die Germanen nun mal dominierend, auch oder gerade im römischen Heer.
Falls du Alternativen suchst, wirst du nach Byzanz gehen müssen (und selbst dort triffst du auf Germanen).
Wenn du aber die Lokalität etwas eingrenzt kann ich dir vielleicht weiterhelfen.

Ich meinte damit, dass ich über die Heeresausstattung der Germanen zu Zeiten des Römischen Imperiums Informationen habe (also vor 500 n. Chr.). Ich suche aber Informationen zu der Bewaffnung und Rüstung der Germanen im Frühmittelalter, also ca. 500-750 n. Chr.
Lokalität sollte der geographische Raum des heutigen deutschsprachigen Raumes sein.
 
Hier haben wir eine weitere zeitgenössische Darstellung von 1405, aus der kriegstechnischen Handschrift des Konrad Kyeser von Eichstädt.

Die Zeichnung ist etwas vereinfachend aber informativ. Einer der Kämpfer blendet den Anderen mit seinen polierten Panzer. Die Rüstung ist offensichtlich nun komplett als Plattenrüstung gebildet. Ein Schild wird aber noch dazu getragen.
Als Waffen tragen die beiden Herren einen Nieren- bzw. Ohrendolch, im Nahkampf gegen einen Geharnischten vermutlich effektiver als ein Schwert und oft in den Darstellungen zu sehen.
 

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Hier sind ein paar Beispiele dieser Waffen (Thimo hatte weiter oben schon eine).

Ein Nierendolch und ein Stilett gefunden in der Themse und vermutlich aus diesem Zeitraum, und ein Ohrendolch. Der Ohrendolch ist etwas moderner (ca. 1500) und gehörte Franz I von Frankreich. Er ist jedoch interessant, weil die Klingenform sehr gut zu sehen ist. Diese Waffe ist praktisch gesehen ein Dosenöffner!
 

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