Folgende Hinweise habe ich bisher zusammen getragen:
Zu Nerthus schrieb Tacitus (1. Jh. n. Chr.):
"...Dagegen macht die
Langobarden ihre geringe Zahl berühmt: umgeben von zahlreichen sehr starken Völkern sind sie doch nicht durch Gehorsam, sondern durch Kämpfe und Wagnisse sicher. Von den
Reudignern, Avionen, Anghern, Varinern, Eudosen, Suardonenund
Nuitonen sind sie durch Flüsse und Wälder getrennt. Im Einzelnen ist von ihnen nichts bemerkenswertes, außer dass sie gemeinsam die
Nerthus, die Mutter Erde, verehren und glauben, dass sie sich um die Angelegenheiten der Menschen kümmert, und sie meinen, dass sie zum Volk auf einem Wagen daher gefahren kommt. Auf einer Insel im Weltmeer ist ein heiliger Hain und auf diesem ein Wagen, der mit einem Tuch überdeckt ist; nur einem Priester ist es erlaubt, ihn zu berühren. Dieser erkennt, wenn die Göttin im Inneren ist, und begleitet sie, deren Wagen von Kühen gezogen wird, mit großer Ehrfurcht. Dann sind frohe Tage, alle Stätten sind festlicht geschmückt, die Göttin mit ihrer Ankunft und ihrer Einkehr würdigt."
Es wird weiterhin angenommen, daß Ingwaz der Name eines alten germanischen Erdgottes ist, der zusammen mit der Erdmutter Nerthus wirkte. Ihr Kult war in alter Zeit besonders in den Nordseegebieten stark ausgeprägt. In einem altenglischen Runengedicht wird berichtet:
"Ing wurde zuerst unter den Ostdänen von einem menschlichen Auge erblickt, bis er gegen Osten ging über das Meer, sein Wagen folgte ihm nach: so nannten die Heardings den Helden."
Auf der Halbinsel Walcheren, in der heutigen niederländischen Provinz Zeeland (früher Friesen)
hatte man der Göttin
Nehalennia 22 Altäre errichtet. Zu ihrem Emblemen gehörten außer einem Schiff (auch) andere aus dem Isis-Kult bekannte Symbole wie Früchte, Ruder und der Hund...Archäologische Untersuchungen des Kultplatzes von
Oberdorla (Thüringen) haben ein >Schiffsheiligtum< nachgewiesen. F. Kaufmann (1892) sieht in ihr die >
Isis< des Tacitus. In ihrem Kult waren anscheinend germanische und römische Vorstellungen zusammengeflossen. Der Name >Nehalennia< wird verschieden gedeutet: freundliche Geberin, Totengöttin, Göttin der Schifffahrt, Beistandsgewährende, Totenbringerin.
Mit dem Ausklingen der Mittleren Römischen Kaiserzeit nahm die Opfertätigkeit stark ab. Für die späte Römische Kaiserzeit konnte nur ein Opferplatz nachgewiesen werden, das Heiligtum der kleinen
Göttin Diana.
Weiteres zum Opferplatz in Oberdorla (Thüringen):
:-:OPFERMOOR:-:
Vor der Schlacht um den Salzfluß im Jahre 54 u. Z. hatten die beiden Stämme der Chatten und Hermunduren geschworen, die Gefangenen des unterlegenen Heeres dem Mars (=Wodan) und dem Merkur (=Tiwaz) zu weihen, wobei es Historiker gibt, die in Erwägung ziehen, daß
die Chatten die Kriegsbeute dem
Wodan,
die Hermunduren hingegen dem
Tiwaz weihten.
Tacitus berichtet, daß die Feinde durch die Zerstörung ihres Heiligtums zur Aufgabe des Kampfes gezwunen werden sollten. So wurde das Heiligtum der Göttin
Tamfana des Stammes der Marser z. B. ohne Gegenwehr zerstört, beim Hain der Göttin
Baduhenna des Stammes der Friesen fielen dagegen 900 Römer.
In Merseburg fand man 1841 in der Bibliothek des Domkapitels Merseburg in einer
aus Fulda (Franken) stammenden Handschrift des 9./10. Jahrhunderts die sogenannten „Merseburger Zaubersprüche, in denen einige Gottheiten genannt werden:
Phol und Wodan, Balder, Sinthgunt und ihre Schwester Sunna, Frija, und ihre Schwester Volla.
Sachsen:
In einem altsächsische Taufgelöbnis aus dem Jahre 772 wonach den Göttern Thaunar (Donar), Wôden (Wodan) und Saxnôt (Tîwaz?) abzuschwören ist, ist folgende Formel ist im genauen Wortlaut überliefert:
>
Ek forsacho allum Dieboles werkum und wordum, Thuner ende Wôden ende Saxnôte ende allum them unholden, the hira genotas sind.<
Somit waren Donar, Wodan und Saxnot, von dem man annimmt, dass er mit Tîwaz gleichzusetzen ist, die drei Hauptgottheiten der Sachsen.
Baden-Württemberg:
Zwei Gottheiten der Alamannen sind als Runenzeichen beleget:
Auf der Rückseite einer Bügelfibel aus Nordendorf (Kr. Augsburg) werden Wotan und Donar namentlich genannt und auf der Rückseite einer Scheibenfibel aus Bahlingen steht das Wort „ansuz“ (Ase) als Synonym für Wotan. Weitere Hinweise bieten pyramidenförmige Beinanhänger, die als Donaramulette gedient haben. Solche Amulette gehen auf antike Herkuleskeulen-Amulette zurück, welche Joachim Werner bereits 1964 als Donar-Amulette deutete.
Es wurden weiterhin fünf eberförmige Gefäße gefunden, die dem Gott Frey zugeschrieben werden. Drei davon wurden allein in Bensheim, die in einem alten Neckarlauf versenkt wurden, was den Opfercharakter unterstreicht, weiterhin in Riedstadt-Goddelau und in Rüsselsheim, wo auch ein bronzener Stier gefunden wurde.
Die letztgenannten drei Opferplätze können jedoch nicht genau datiert werden, sodaß es auch nicht möglich ist, die Gegenstände einem bestimmten Stamm (Alamannen oder Burgunden?) zuzuordnen.
Auch die
Stierfigur gibt Rätsel auf, da Stierdarstellungen im germanischen Raum eher selten sind. Lediglich der griechische Historiker und Philosoph Plutarch (50-125 n. Chr.) erwähnt bei den
Kimbern auf ihrem Zug durch Gallien einen „ehernen Stier“, der bei Vertragsabschlüssen zugegen war.
Die Langobarden in Italien:
Eindeutig mit
Wotan ist ein Kult zu identifizieren, der noch in den 70er Jahren des 7. Jh. beobachtet wurde:
"Zur Zeit, als Grimoald das Langobardenreich regierte und sein Sohn Romoald über die Samniten (Beneventer) herrschte, stand ein hervorragender Priester namens Barbatus...in hohem Ansehen. Obwohl sich damals die Langobarden durch das Wasser der hl. Taufe reinigten, hielten sie dennoch an einem alten Volksbrauch fest. Sie verharrten in einer tierischen Gesinnung und beugten die Nacken vor einem tierischen Götzenbild, das gemeinhin Schlange genannt wird...Nicht weit vor den Mauern Benevents verehrten sie gleichsam an einem Festtag einen heiligen Baum, an dem sie einen Tierbalg aufhängten. Alle, die (beim Fest) anwesend waren, veranstalteten, verkehrt auf ihren Pferden sitzend, ein Wettrennen zum Baum und versuchten mit zurückgewandten Händen ein kleines Stück von dem Balg abzureißen, das sie dann abergläubischerweise verzehrten. ...Und weil sie an jenem Ort törichte Gelübde einlösten, nannten sie den Platz Votum, wie er bis heute heißt (wobei das "Votum" sicher ein verballhorntes Wotan ist).“
Wie bei den Nordgermanen, ist auch für die Langobarden die Existenz von Wolfskriegern durch archäologische Funde und schriftliche Quellen belegt. Mehrfach wurden Gegenstände mit Motiven von Waffentänzern und Kriegern mit Wolfsmaske gefunden.
In der zw. 770-790 von Paulus Diakonus niedergeschriebenen Langobardengeschichte werden für die Frühzeit der langobardischen Wanderung "Krieger mit Hundsköpfen" erwähnt.
Erst König Luitprand ließ unter hohen Strafen im fünfzehnten Jahr seiner Regierung (727) die Verehrung der heiligen Bäume und Quellen und auch das Wahrsagen lassen verbieten.
Ein anderes Mal wird berichtet, brachten die Langobarden 400 Gefangene um, weil sie nicht, wie von den Langobarden verlangt, einen Ziegenkopf anbeten wollten:
Die Langobarden opferten nach ihrem Brauch dem "Teufel" einen Ziegenkopf, indem sie im Kreis herumliefen und ein "lästerliches Lied" sangen. Sie beteten den Ziegenkopf an und zwangen auch die Gefangenen, es ihnen nachzutun. Wer sich weigerte - und das waren die Meisten - wurde von den zornerregten Langobarden umgebracht.
Was der Ziegenkopf im heidnischen Ritus bedeutete, ist unklar. Vielleicht ist er das Attribut
Donars/Thors, der mit seinem Hammer in der Faust auf einem von zwei Ziegenböcken gezogenen Wagen am germanischen Götterhimmel dahinzog.
dea Sandraudiga
Weitgehend unklar ist die „dea Sandraudiga“ auf einem Stein
in Nordbrabant (Friesen?), den die „cultores templi“ gestiftet haben. Der Name zerfällt in die germanischen Bestandteile:
sandr- = wahr, wahrhaft und got. audags, an. au(th)igr, = reich, glücklich.
Wer die „wahrhaft reiche“ Göttin ist, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. Sie wird aber von vielen Wissenschaftlern dem >Nerthus-Nehalennia-Tamfana-Kreis< zugeschrieben.
dea Vercana
Ähnlich, wie mit der „dea Sandraudiga“ verhält es sich mit der „dea Vercana“ auf einer Brunnenschale und auf einem Stein aus dem Nemetergau
bei Zweibrücken. Der Name deckt sich lautlich mit dem Beinamen der Athene (übersetzt: „Wirkerin“, bzw. „Göttin des Webens und Spinnens“.
(
dea Vagdavercustis?)
Ob die „
dea Vagdavercustis“, die ein Decurio Simplicius Super in
Geldern (Ostniederlande) einen Stein setzte, germanisch ist und möglicherweise mit der „dea Vercana“ gleichzusetzen ist, ist unklar. Der Wortstamm „verc-“ ist bei beiden der gleiche, doch das Übrige liegt im Dunkeln.
„Deo Requalivahano Q. Aprianus fructus ex imperio pro se et suis v. s. l. m.” lautet eine Inschrift auf einem Stein aus dem 2. Jh. der in der Nähe von Blatzheim bei Köln gefunden wurde. Der Name dieses Gottes „Requalivahanus“ ist aus germanischen Wortstämmen zusammengefügt: germ. rekwaz (got. riqis, an. roekkr) bedeutet „Finsternis, Dunkelheit“.
Die Bedeutung des Wortteiles „-livahanus“ ist unklar.