Schloss-Wiederaufbau - ein deutscher Trendsport?

@Rovere, sicherlich ist es richtig, daß so ein Bau Werbewirksam eingesetzt werden kann. Das kann man aber mit anderen Mitteln auch.

Und so ein Bau schafft nur einmalig Arbeitsplätze, beim Bau, dannach kostet so ein Gebäude viel mehr Geld, denn unter Berücksichtigung von Unterhaltungskosten im Bereich des Facility Managment sind solche Bauten alles andere als Kostengünstig.

Da finde ich solche Projekte wie das Stuttgart21 schon ansprechender, im Bezug auf infrastrukturelle Attraktivität als Wirtschaftsstandort..aber ich glaube jetzt bin ich ziehmlich OT.:still:
 
Und es sollte bedacht werden das die Frauenkirche ausschließlich aus Spendengeldern finanziert wurde. Da wurde kein Haushaltsloch gerissen.
 
Ich spreche nicht von der Reparatur von Kriegsschäden. Ich spreche von der Rekonstruktion von Schlössern und Kirchen. Solche Rekonstruktionen sind in der Schweizer äusserst selten. Und wenn, so entstanden sie im Historismus und nicht Heute.
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Da ist schon was dran.

In der Nachwendezeit wurden erhebliche Mittel , bei weitem nicht nur
in den Residenzen für Sicherung und Renovierung von Kirchen und
deren Einrichtungen aufgewandt.
Zum einen war das auch notwendig - andererseits genoss die Kirche
auch Respekt als Unterstützer und Beförderer der " Wende " - nun gut
zumindestens durch allerhand von deren Personal.
Zum anderen kam es auch zu Unsinnigkeiten- ist aber meine Sicht.
Ich kenne den Wiederaufbau einer Kirche , welche nicht durch Krieg , sondern einfach durch einen Brand bis auf die Grundmauern weg war.
Der Sprengel umfasste nun 5 Dörfer - es waren also 4 Kirchen und die
Ruine vorhanden - Entfernungen 3-5-km ....
Über diese gebotene Notwendigkeit liesse sich gewiss streiten.

Was nun Berlin betrifft , so vermute ich , das es den Einwohnern vielleicht
wehtut , das der erste Vorzeigepunkt des preussischen Königtums -also
genau das Schloss nicht mehr da war.
Unter historischen und touristischen Gesichtspunkten finde ich das
Projekt verständlich und wenn man die beiden Dome und die Museumsinsel instandsetzen konnte , dann passt das auch dazu.

Der Gegensatz scheint mir aber auch gegeben - gerade legt man Hand an , Tempelhof plattzumachen :cool:
 
...Der Gegensatz scheint mir aber auch gegeben - gerade legt man Hand an, Tempelhof plattzumachen :cool:
Genau das meine ich. Tempelhof ist auch eine kulturelle Leistung, die es zu schützen, zu erhalten, zu nutzen gäbe.
Und die romanische Vorgängerkirche der Frauenkirche Dresden war auch eine kulturelle Leistung. Auch sie hätte damals den Schutz verdient, doch man hat sie wegen der neuen Frauenkirche abgerissen, 17??!
Wollte man kulturelle Leistungen, die baukultur, fördern, so muss man keine historischen Bauten rekonstruieren. Neue Architektur fördern wäre wesentlich wirksamer.

Gruss Pelzer

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Wollte man kulturelle Leistungen, die baukultur, fördern, so muss man keine historischen Bauten rekonstruieren. Neue Architektur fördern wäre wesentlich wirksamer.
Es gibt wohl kaum eine Großstadt in Europa in der so viel spannende neue Architektur entstand wie in Berlin. Das jüdische Museum von Liebeskind, die wunderbare Dresdner Bank am Pariser Platz von Gehry oder die Botschaft der Skandinavischen Länder um nur einige zu nennen die mir spontan einfallen.

Diesen Vorwurf kann man nicht erheben, es gibt wohl kaum ein europäisches Land dass derart von heutiger Architektur geprägt wird (und auch als Mittel der Repräsentation einsetzt) wie Deutschland.
 
Es gibt wohl kaum eine Großstadt in Europa in der so viel spannende neue Architektur entstand wie in Berlin. Das jüdische Museum von Liebeskind, die wunderbare Dresdner Bank am Pariser Platz von Gehry oder die Botschaft der Skandinavischen Länder um nur einige zu nennen die mir spontan einfallen.

Diesen Vorwurf kann man nicht erheben, es gibt wohl kaum ein europäisches Land dass derart von heutiger Architektur geprägt wird (und auch als Mittel der Repräsentation einsetzt) wie Deutschland.
...da hast schon Recht. Das erklärt aber immer noch nicht, weshalb man in Deutschland so gerne alte schlösser und Kirchen rekonstruiert?

Gruss Pelzer

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@Rovere

Vogelsang bleibt bestehen.

Aber interessant ist ja immer die Vorgeschichte. Die Landesregierung NRW wollte das Teil abreißen. (Das übliche Totschlagargument: Wer soll das bezahlen) Erst nach erheblichem Widerstand ist die Entscheidung für den Erhalt getroffen worden.
(Dabei gilt auch hier: Die Ordensburg + Nationalpark liegt in einem relativ strukturschwachen Gebiet und kann ebenfalls Geld ins Land bringen - Das Ganze hat jetzt schon für viele Arbeitsplätze gesorgt und die Besucherzahlen sprechen für sich)

Das gleiche gilt für Nürnberg. Die Gebäude waren dem Verfall preisgegeben und wären ebenfalls irgendwann verschwunden, wenn sich nicht Initiativen um eine entsprechende Weiternutzung gekümmert hätten.

Oder entmythisiert die Architektur durch pragmatische Nutzung wie zB. das Finanzministerium.

Da setzt Du halt voraus das diese Architektur "mythenumweht" ist.
Wäre eine eigene Diskussion wert.

Gruß

Cisco
 
Es gibt wohl kaum eine Großstadt in Europa in der so viel spannende neue Architektur entstand wie in Berlin. Das jüdische Museum von Liebeskind, die wunderbare Dresdner Bank am Pariser Platz von Gehry oder die Botschaft der Skandinavischen Länder um nur einige zu nennen die mir spontan einfallen.

Diesen Vorwurf kann man nicht erheben, es gibt wohl kaum ein europäisches Land dass derart von heutiger Architektur geprägt wird (und auch als Mittel der Repräsentation einsetzt) wie Deutschland.


gab ja auch genug Baugrund.:cool:

Witze zur seite....

TT:
Der Spreebogen beim Reichstag wurde wirklich Jahrzehntelang freigehalten für das neue Regierungsviertel, an das lange Zeit kaum einer mehr glaubte.
Auch Stadtautobahn usw. wurde ständig unter Berücksichtigung einer Ostanbindung geplant.
Dass sich vieles an Planung dann durch andere Entwicklungen erledigt hat, man zB keine derartige Stadtautobahn mehr wollte, liegt in der Natur der Sache und eben der Jahrzehnte.

Dass die Berliner ihr Schloss wieder wollen, Handlungsbedarf durch den maroden Plast der Republik bestand ja offensichtlich, kann ich verstehen. Und viel mehr als ein moderner Bau wird es anscheinend auch nicht kosten.

Ach so ja, ihr Luftkriegsmahnmal haben die Berliner ja, KW Gedächtniskirche
(haben meine Schwiegereltern nach illegalem Grenzübertritt einst als Treffpunkt ausgemacht)
So wird aus dem offiziellen Mahnmal plötzlich auch noch ein persönliches...
 
Dass die Berliner ihr Schloss wieder wollen, Handlungsbedarf durch den maroden Plast der Republik bestand ja offensichtlich, kann ich verstehen. Und viel mehr als ein moderner Bau wird es anscheinend auch nicht kosten.

..

So marode war der gar nicht.
Der wurde ja erst 1976 fertiggestellt und zwar mit fast ausschliesslich Materialien aus Schweden. Es war damals auch in der BRD gang ung gäbe mit Asbest zu arbeiten.
Das hat man nur vorgeschoben. Dann müsste man auch alle anderen öffentliche Gebäude, die zu dieser Zeit in West und Ost gebaut wurden abreissen.
 
So marode war der gar nicht.
Der wurde ja erst 1976 fertiggestellt und zwar mit fast ausschliesslich Materialien aus Schweden. Es war damals auch in der BRD gang ung gäbe mit Asbest zu arbeiten.
Das hat man nur vorgeschoben. Dann müsste man auch alle anderen öffentliche Gebäude, die zu dieser Zeit in West und Ost gebaut wurden abreissen.


So ist das aber auch Flo,

vor ein paar Jahren war das Balinger Finanzamt 9 Monate "außer Betrieb"
Asbest-Sanierung
Die Akten wurden in Folie eingeschweißt und dürfen nur in "Notfällen" geöffnet werden.
 
...ja und jetzt?
Ich hätte mir schon eine ernstgemeinte Antwort auf diese interessante städtebauliche Frage erhofft...


Mein lieber Pelzer,

manchmal stellt sich einem die Frage, wie jetzt, versteht einer nicht, oder will er nicht verstehen.

Die Deutschen sind durch den Luftkrieg um einen Gutteil ihres historischen Erbes gebracht worden. Ursache und Wirkung, Schuld usw. lassen wir mal fein außen vor.

Ich halte es für ein legitimes Anliegen wenn die Bevölkerung in dieser oder jener Stadt das eine oder andere Highligth wiederhaben will.
Denn unwiederbringlich zerstört wurde das Millionenfache. Ob das jetzt das Berliner Stadtschloss sein muss oder nicht, lässt sich sicher diskutieren. Das Anliegen als solches nicht.

Wenn Du das, der Du, unverdientermaßen, in der heilen Welt der unbeschädigten Schweiz lebst, nicht verstehen kannst, ist das nachvollziehbar, aber nicht zu ändern.
 
Da erscheint mir der Aufbau von Kulturdenkmälern mehr ein finanzieller Luxus.

Ich hätte auch gern nen 69iger Opel Commodore Coupe in der Garage...wenn weist wie ich das meine.:winke:


Ich kenne einen, der hat in den 90ern Schiffsladungsweise die Opel GT´s, Du wirst sie kennen, aus den USA importiert, in Deutschland hat das Streusalz in den 70ern fast alle vorhanden gefressen.
Er hat sie mit viel Kunststoff-Spoilern, extremen Kotflügelverbreiterungen, Walzenrädern usw. "aufgepeppt".
Aus Technik-Historischer Sicht gehört er in einer Jauchegrube ersäuft.

Aber der hat sich eine goldene Nase verdient.


Was ich damit sagen will? Kulturdenkmäler, Luxus hin oder her,
das Volk kriegt was es will.
 
Nb. sooo viel zerstört wurde durch den Luftkrieg nicht. Was zerstörend nach dem Krieg zusammenkam, war einerseits eine weitgehende Beschädigung historischer Bausubstanz – andererseits eine völlig durchgeknallte moderne Städtebaupolitik, die z. B. in Köln einige Pläne aus der Nazizeit (Nord-Süd, Ost-West-Achse) durchdrückte und verkehrstechnisch wie wohnungspolitisch dem neuesten Trend folgte, d. h. Stadtautobahnen, Wohnsilos, Halbhochhäuser als Firmen-Repräsentationsbauten.

Frankfurt a. M. hatte auch nach dem Krieg noch die größte zusammenhängende Altstadt Europas. Frankfurt hatte auch den Stadtrat "Dynamit-Meyer", und rumms! graben dreißig Jahre später alle in den Archiven, um die Baugruppen am Römerberg zu rekonstruieren.
 
Ich greife Pelzers Anregung gerne auf, genug abgeschweift nun!

Gestern war eine interessante Doku auf 3sat über das künftige Humboldt-Forum. Alexander von Humboldt, der geistige Pate der Forumsidee, war ein großer Bewunderer der aussereuropäischen Kulturen, auf seinen Reisen lernte er diese kennen und schätzen.

Die Berliner Museumsinsel ist ja eine der Schatzkammern des europäisch-abendländischen Erbes. Durch das Humboldt-Forum werden in Berlin erstmals die aussereuropäischen Kulturen diesem "Erbe" als gleichwertig gegenübergestellt - so sagt zumindest Prof. Parzinger von der Stiftung Preussischer Kulturbesitz. Durch das Humboldt-Forum im rekonstruierten Schloss hätte Berlin wahrscheinlich endgültig den größten Museumskomplex der Welt, insofern nämlich dass erstrangige Kulturschätze wirklich von allen Erdteilen präsentiert werden können. Das Nutzungskonzept finde ich daher mehr als überzeugend.

Ich bin auch fasziniert von der Rekonstruktion an sich. Die Zerstörung des Schlosses war ein (ich kanns nicht anders nennen) dummer und nutzloser Kraftakt eines autoritären Regimes, durch nichts zu rechtfertigen - das Schloss war ja bei weitem nicht so durch den Krieg beeinträchtigt.
Berlin ist eine moderne Metropole und gibt den europäischen Trend vor wie sonst nur London, Paris oder Barcelona. Diese Modernität wird durch eine Rekonstruktion aus meiner Sicht nicht in Frage gestellt, ganz im Gegenteil. Ein interessanter Kontrast aus Vergangenheit und Heute wird geschaffen.

Wie ich aber die Rekonstruktionen der Schlösser in Braunschweig, Hannover oder zB. Potsdam beurteilen soll kann ich noch nicht sagen, da wäre ich auf andere Beiträge und Meinungen gespannt.
 
Mein lieber Pelzer,

manchmal stellt sich einem die Frage, wie jetzt, versteht einer nicht, oder will er nicht verstehen.

Die Deutschen sind durch den Luftkrieg um einen Gutteil ihres historischen Erbes gebracht worden. Ursache und Wirkung, Schuld usw. lassen wir mal fein außen vor.

Ich halte es für ein legitimes Anliegen wenn die Bevölkerung in dieser oder jener Stadt das eine oder andere Highligth wiederhaben will.
Denn unwiederbringlich zerstört wurde das Millionenfache. Ob das jetzt das Berliner Stadtschloss sein muss oder nicht, lässt sich sicher diskutieren. Das Anliegen als solches nicht.

Wenn Du das, der Du, unverdientermaßen, in der heilen Welt der unbeschädigten Schweiz lebst, nicht verstehen kannst, ist das nachvollziehbar, aber nicht zu ändern.

Lieber Repo

Ich habe eine städtebauliche Frage gestellt. Und du antwortest mit persönlichen Anwürfen...

Ich verstehe sehr wohl das Bedürfnis nach dem verlorenen „historischen Erbe“. Das ist, wie du schreibst, ein legitimes Anliegen. Und ich will ja auch gar nicht bestreiten, dass viele deutsche Städte in einer schwierigen Situation sind. Sie verloren im Krieg (und erst recht nach dem Krieg) ihre Innenstädte und der notwendige Wiederaufbau in der Nachkriegszeit war oft etwas verunglückt. Ob aber die Rekonstruktion vom Stadtschlössern die richtige Antwort ist, darf ja wohl diskutiert werden!

Mich befremdet, dass historische Bauten neu gebaut werden. Das verfälscht die Geschichte. Man spiegelt der Bevölkerung Originale vor, wo in Wirklichkeit bloss Kopien sind. Das ist unredlich. (Schon in wenigen Jahren wird man die Dresdner Frauenkirche für ein Original halten).
Über die Amerikaner, die Venedig im Spielkasino rekonstruieren, lächeln wir. In Deutschland geschieht zur Zeit mancherorts das gleiche. Und erstaunt stelle ich fest, dass man auch nicht davor zurückschreckt, im Stadtschloss ein Einkaufszentrum und eine Tiefgarage unterzubringen. Und du nennst das "historisches Erbe"!!!

Gruss Pelzer
 
Die Zerstörung des Schlosses war ein (ich kanns nicht anders nennen) dummer und nutzloser Kraftakt eines autoritären Regimes, durch nichts zu rechtfertigen - das Schloss war ja bei weitem nicht so durch den Krieg beeinträchtigt.

Wer gibt vor, was zerstört werden muß, was der gegenwärtigen Regierung nicht in den Kram passt.
Ohne die Ostzone in Schutz nehmen zu wollen, werden deren Bauten nun ebenfalls zerstört.

Wie ich schon sagte, ist hier ein Zerstören und Aufbauen und Zerstören und Aufbauen im Gange, daß von der jeweilgen Regierung oder Regierungsform die Vergangenheit gelöscht wird, weil es dem Neuen nicht passt.
Ist für mich unverständlich.
 
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