Schloss-Wiederaufbau - ein deutscher Trendsport?

...Ich hab auch kein Problem mit "Neo-Historismus", den gibt´s seit Anbeginn der Architektur.
Stimmt - hat aber so etwas Rückwärtsgerichtetes.

Das Berliner Olympiastadion ist ein sehr gutes Beispiel, wie man mit "geschichtsbelasteter" Architektur auch umgehen kann.


Gruss Pelzer

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Stimmt - hat aber so etwas Rückwärtsgerichtetes.

Gruss Pelzer

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Das ist ja nix schlechtes, ganz im Gegenteil. Jeder Stil baut auf dem bereits bestehenden auf und aus jedem Rückgriff enstand Neues. Die Architekturgeschichte ist voller Rinascimentos, nicht nur um 1500. Ich finde immer den Wechsel zwischen ornamentalen und schlichten Epochen spannend (und immer wiederkehrend). Auf Barock folgt Klassizismus, danach wuchert das Ornament im Historismus bis hin zum floralen Jugendstil, Bauhaus wechselt mit Art Deco und dem Neo-Klassizsimus der 30er bis 50er Jahre. Der letzte Triumph des Ornaments finden wir in der Postmoderne der 80er Jahre, wer weiß was jetzt kommen wird?
 
Das ist ja nix schlechtes, ganz im Gegenteil. Jeder Stil baut auf dem bereits bestehenden auf und aus jedem Rückgriff enstand Neues. Die Architekturgeschichte ist voller Rinascimentos, nicht nur um 1500. Ich finde immer den Wechsel zwischen ornamentalen und schlichten Epochen spannend (und immer wiederkehrend). Auf Barock folgt Klassizismus, danach wuchert das Ornament im Historismus bis hin zum floralen Jugendstil, Bauhaus wechselt mit Art Deco und dem Neo-Klassizsimus der 30er bis 50er Jahre. Der letzte Triumph des Ornaments finden wir in der Postmoderne der 80er Jahre, wer weiß was jetzt kommen wird?
An dieser Abfolge von Baustilen ist ja auch nichts auszusetzen. Fraglich ist aber, wie man diese neuen Rekonstruktionen einorden soll/kann. Ist das, ähnlich der Postmoderen, ein Zeitbild. Oder ist es eben doch bloss fehlender Mut, etwas Neues zu schaffen? Wie man sieht, kann man mit Rekonstruktionen (und dem Entfernen belasteter Bauten) viel Beifall ernten.
Zurück in die "Gute alte Zeit"?

Gruss Pelzer

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Das ist eine hoch interessante Frage und wäre ein Thema, das ausführlich besprochen werden müsste.

Gruss Pelzer

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Ja Zwiefalten, Klosterkirche,
tolle Barockfassade die nie fertig wurde, die Skulpturen auf und in der Fassade sind schon lange Kopien, die gehörig zerbröselten Originale stehen im Eingangsbereich der Kirche, wettergeschützt.

Ach noch was, die Orgel haben sie im 19. Jahrhundert ausgebaut, "Mediationsbeute" die ist 1944 in einer Bombennacht in der Stuttgarter Stiftskirche verbrannt.

Und so zieht sich das doch quer durch die Republik.
 
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Böse Zungen behaupten ja immer wieder, Archäologen und Denkmalschützer hätten an den Kulturgütern mehr Zerstörung angerichtet als der Krieg... :devil:

Gruss Pelzer

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Heute früh nach Mitternacht lief auf dem ZDF eine Reportage über die Gestalltung des Humbold-Forums im Rahmen des Museuminsel-Projekts. Das Museum Berlin-Dahlem soll in das neue Schloss, das übrigens nicht 1:1 kopiert wird, einziehen.
 
Ich hab mir am Wochenende ein wenig das Projekt Braunschweiger Schloss angesehen (natürlich nur online) und ich weiß echt nicht was ich dazu sagen soll. Zum einen ist die Fassade ja gut gelungen und viel Originalbausubstanz konnte dafür verwendet werden. Auch die Rekonstruktion der Quadriga ist imposant und beeindruckend.
Aber irgendwie hat diese Kombination aus Schlossfassade und dem dahinterliegenden Einkaufszentrum etwas mehr als Potemkinsches. Man schreitet durch das gewaltige Entree und steht vor einer "New Yorker"-Filiale.

Ist jemand aus dem Forum vielleicht schon dort gewesen? Wie wirkt das ganze wenn man in Natura davor steht?

Darüber kann ich dir aus erster Hand Auskunft geben. :winke:

Das Braunschweiger Schloss wurde im Zweiten Weltkrieg schwer getroffen und brannte aus. Es standen allerdings noch beträchtliche Teile der Umfassungsmauern, der gewaltige Portikus nahezu komplett. Da solche Bauten damals rasch erledigt wurden, drückte auch in Braunschweig die SPD mit nur einer Stimme Mehrheit den Abriss des Residenzschlosses durch. Trotz zahlreicher Proteste kam es also zum Abriss, wobei noch so viel Pietät aufgebracht wurde, schützenswerte Kostbarkeiten wie Säulenkapitelle, Säulenschäfte, besonderen Schmuckzierat und den gesamten Portikus für spätere Generationen im Bauhof und unter Schrebergärten zu verbuddeln.

Als Braunschweig vor einigen Jahren eine CDU-Mehrheit im Rat erhielt, wurde das Thema "Schloss-Wiederaufbau" erneut aus der Schublade geholt. Die Kosten wären jedoch so immens gewesen, dass alle Pläne scheiterten.

In dieser Situation machte das ECE (Shopping-Mail-Projekte) den Vorschlag, Teile des Schlosses in eine Kaufhausfassade zu integrieren, die an gleicher Stelle wie das abgerissene Schloss erstehen sollte.Lange Rede, kurzer Sinn: Es kam schließlich zu einer detailgetreuen Rekonstruktion der Schlossfassaden des Nord-, Süd- und Westfflügels unter Einbeziehung aller erhaltenen und einst verbuddelten originalen Bauteile. Der Portikus konnte sogar völlig aus der Originalsubstanz wieder errichtet werden.

Diese rekonstruierte Fassade kostete rund 150 Millionen Euro, die ECE auch unter Verrechnung mit dem einstigen Schlossgrundstück aufbrachte. Die Kröte, die angesichts fehlender Finanzmittel geschluckt werden musste, war folgende: Während das Schloss selbst die Stadtbibliothek, das Stadtarchiv und ein noch zu bestückendes Museum aufnahm, schließt sich direkt an das Schloss ein rückwärtiges Kaufhaus an, das auch baulich mit der Rückfront des Schlosses verzahnt ist. Leider gab es hier keinen Bundestag, der generös einige hundert Millionen Euro ausschüttet, wie das in Berlin der Fall ist.

Selbst größte Feinde dieses Kompromisses bzw. der Fassadenrekonstruktion geben heute allerdings zu, dass das "Schloss" eine gewaltige bauliche Bereicherung ist und der große Schlossplatz ein urbanes Zentrum erster Güte wurde. Wer die Zusammenhänge nicht kennt, glaubt in der Tat, er stünde vor dem originalen Braunschweiger Residenzschloss.
 
OT:

Es wird so 1970 oder 1971 gewesen sein, war ich noch Schüler. In meiner Heimatstadt gab es einen recht großen gusseisernen Brunnen Neogotik Mitte 19. Jahrhundert.
Steht in der Zeitung: "der Sowieso-Brunnen der lange schon dem Verkehrsfluss im Wege war, ist abgebaut, die Teile liegen auf dem Bauhof zum verschrotten"
Sag ich zu Papa, ich brauche heute Nachmittag den Pritschenwagen, den hole ich.
Sagt Papa, lass es bleiben, da vergehen keine 5 Jahre und sie wollen ihn wieder von Dir, und alles was Du reingesteckt hast, ist futsch.

Papa hat es nicht mehr erlebt, aber keine 10 Jahre später, erste Fussgängerzone braucht ein "Highligth", der Brunnen war natürlich tatsächlich entsorgt, sie haben trotz intensivster Suche kein Fetzelchen mehr gefunden.
Große Spendenaktion in der Bürgerschaft, langer Rede kurzer Sinn, an gleicher Stelle erstand knapp 15 Jahre nach Verschrottung ein neuer "Bürgerbrunnen" bezahlt aus Spendengelder der Einwohner.
Aber von Repo kein Pfennig. Da blieb ich stur.


TT:
Es ist die Raumwirkung die von solchen Dingen ausgeht. Schaut man sich einen Platz, ein Gebäude-Ensemble an, denkt irgendwas fehlt da...
Sieht man sich ein historisches Bildchen vom selben Ort an, und plötzlich weiß man was fehlt.
 
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Mal etwas Grundsätzliches.

Jede Zeit bringt ihren eigenen Stiel.
Warum muss man denn Ruinen wieder aufbauen?
Das Beispiel, eine Burg. War früher wichtig, hat aber heute seine Existensberechtigung verloren.
Ein Schloss ebenso.
Man definiere mal Schloss.
Eine repräsentative Wohnung für einen Herrscher.
Brauchen wir auch nicht mehr.
Was soll das ganze Gezicke also?
 
Das müssen wohl eher blöde als böse Zungen sein. M. E. könnte das aber für Verkehrsplaner durchaus zutreffen.
Gibt es zerstörungsfreie Archäologie?
In Fachkreisen wird das Thema seit Jahren kontrovers diskutiert. Aber in einem Punkt ist man sich weitgehend einig, Archäologie bedeutet Störung - Zerstörung...

Gruss Pelzer

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Gibt es zerstörungsfreie Archäologie?
In Fachkreisen wird das Thema seit Jahren kontrovers diskutiert. Aber in einem Punkt ist man sich weitgehend einig, Archäologie bedeutet Störung - Zerstörung...

Gruss Pelzer

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Nein, da liegst du falsch.
Archäologie ist wichtig um etwas über uns kennenzulernen.
Man muss etwas über die Vergangenheit wissen, um das zukünftige Leben besser zu gestalten.
 
Das stimmt schon, was Pelzer sagt: Die Archäologie zerstört häufig ihre Befunde. Deshalb wird sie ja auch nur dann eingesetzt, wenn das Interesse etwas zu bergen besonders hoch ist, also, wenn ein Bodendenkmal etwa durch Raubgräber oder in aller Regel durch Neubauten sowieso zerstört wird. Die Archäologie soll dann den Befund durch die Entnahme von Bodenproben, und insbesondere zeichnen und fotographieren des Befundes sichern.


http://www.geschichtsforum.de/346701-post7.html
 
Mal etwas Grundsätzliches.

Jede Zeit bringt ihren eigenen Stiel.
Warum muss man denn Ruinen wieder aufbauen?

Ein Schloss ebenso.
Man definiere mal Schloss.
Eine repräsentative Wohnung für einen Herrscher.
Brauchen wir auch nicht mehr.
Was soll das ganze Gezicke also?

Ach was, welcher Herrscher hat denn noch in einem Schloss gewohnt.
Man braucht die Dinger der Raumwirkung wegen, dem Ensemble zuliebe.
Gärten, Parks, Regierungsviertel drum rum sind gewachsen


Das Beispiel, eine Burg. War früher wichtig, hat aber heute seine Existensberechtigung verloren.
Dann schau Dir mal den Rummel in Neuschwanstein an, die spielen Geld rein, dass es nur so klappert.
Die Existenzberechtigung ist da sehr vorhanden.
 
Ach was, welcher Herrscher hat denn noch in einem Schloss gewohnt.
Man braucht die Dinger der Raumwirkung wegen, dem Ensemble zuliebe.
Gärten, Parks, Regierungsviertel drum rum sind gewachsen

Dann schau Dir mal den Rummel in Neuschwanstein an, die spielen Geld rein, dass es nur so klappert.
Die Existenzberechtigung ist da sehr vorhanden.
Ja, und warum reisst man Neuschwanstein jetzt nicht ab und rekonstruiert die Burgen Vorder- und Hinterhohenschwangau, die vorher da standen?

Gruss Pelzer


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Nein, da liegst du falsch.
Archäologie ist wichtig um etwas über uns kennenzulernen.
Man muss etwas über die Vergangenheit wissen, um das zukünftige Leben besser zu gestalten.

Hast Du zweifellos recht.
Aber, wetten dass die heutigen dem Urvater Schliemann so manche Verwünschung in den Hades nachschicken?
Hat auch mal ein bißchen Dynamit genommen....

Das ist nur die Spitze des Eisbergs.
 
Mal etwas Grundsätzliches.

Jede Zeit bringt ihren eigenen Stiel.
Warum muss man denn Ruinen wieder aufbauen?
Das Beispiel, eine Burg. War früher wichtig, hat aber heute seine Existensberechtigung verloren.
Ein Schloss ebenso.
Man definiere mal Schloss.
Eine repräsentative Wohnung für einen Herrscher.
Brauchen wir auch nicht mehr.
Was soll das ganze Gezicke also?

Einerseits hast du recht, für den ursprünglich gebauten Zweck benötigen wir Burgen und Schlösser nicht mehr, wenn sie aber noch einigermaßen erhalten dastehen, nutzen wir sie gern und sehr erfolgreich bes. als Tourismusziel.
Wir schätzen sie als Anschauungsobjekt über die verschiedenen Baustile der Vergangenheit, die auch Ausdruck der sozialen Strukturen sind und lernen beim Besichtigen über unsere Geschichte.
Für mich gehört zum Erhalt dieser lebendigen Geschichte auch die Stadtsanierung Sanierung (Bauwesen) ? Wikipedia, die seit den 70er Jahren in vielen alten Städten der BRD und ab den 90ern auch in der ehem. DDR durchgeführt wurde, teilweise mit öffentlichen Mitteln.
Großfeuer in der historischen Altstadt von Hann. Münden ? Wikinews Hann. Münden ist mE ein Beispiel für eine gelungene Sanierung, in den alten Fachwerkhäusern läßt es sich wieder gut wohnen.
Hätte man die alle abreißen sollen und mit Betonhochhäusern bebauen, das wäre im Stil der Zeit 70er Jahre gewesen und ist anderswo gemacht worden und wäre erstmal sicher billiger gewesen.

Ich kenne die USA nicht aus eigener Anschauung, meine Tochter kam ganz enttäuscht aus Kalifornien wieder, in ihren Augen hätte sie dort keine "richtigen" Städte gesehen, da fehlen eben die Jahrhunderte, die man in unseren europäischen Städten wenigstens an einigen Stellen immer noch erkennen kann.

Nun ist Sanierung/Instandhaltung etwas grundsätzlich anderes als ein Wiederaufbau.
@Dieter hat bereits über Braunschweig berichtet, für Hannover möchte ich darauf hinweisen, dass das Schloss den Bezugspunkt in einem Barockgarten bildete und wieder bilden soll. HAZ.de - Hannovers starke Seiten

Es stehen Fragmente, die man irgendwie durch etwas Glas vervollständigt hat. Etwas im Stil der Neuzeit muß man da nun wirklich nicht hinbauen, denn Herrenhausen lebt von seinem Barockgarten mit Gartentheater etc und jeder genießt diese spezielle geschichtliche Atmosphäre dieses Gartens. Da kann man mE nur versuchen, die alte Fassade wiederaufzubauen und das Innere nach heutigen Bedürfnissen zu nutzen, wie es ja auch geplant ist.
 
Es ging hier aber ursprünglich um etwas ganz anderes: Schloss-Wiederaufbau - ein deutscher Trendsport?

Die Kernfrage ist also, soll man etwas Bestehendes abreissen um etwas Zerstörtes zu rekonstruieren? Es geht nicht um Renovation – es geht um Rekonstruktion.

deshalb seit konsequent: Neuschwanstein muss weg! :devil:

Gruss pelzer

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Es ging hier aber ursprünglich um etwas ganz anderes: Schloss-Wiederaufbau - ein deutscher Trendsport?

Die Kernfrage ist also, soll man etwas Bestehendes abreissen um etwas Zerstörtes zu rekonstruieren? Es geht nicht um Renovation – es geht um Rekonstruktion.

deshalb seit konsequent: Neuschwanstein muss weg! :devil:

Gruss pelzer

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Und in Luzern die Brücke?
Abfackeln
 
deshalb seit konsequent: Neuschwanstein muss weg! :devil:

Gruss pelzer

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das wäre der Selbstmord der Bayr. Schlösser und Seenverwaltung :mad:

Bei ca. jährlichen 5 Mio Besuchern der Gebäude und Parks der bayr. Schlösser -und Seenverwaltung bayernweit , entfallen ca. 1,2 Mio.
Besucher jährl. allein auf Neuschwanstein. Was dies für die Finanzierung der
anderen bayr. Events bedeutet, liegt auf der hohlen Hand....:)
 
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