Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben

Glaube ich nicht. Eine wirkliche Bedeutung hatte die División Azul ja weder für Nazideutschland, noch für Francospanien. Angesichts ihrer geringen Bedeutung findet man aber in den historischen Abteilungen spanischer Buchläden große Bildbände zu ihr.


Der ungarische Beitrag am Ostkrieg findet im ungarischen Heeresmuseum in Budapest eine recht breite Darstellung, bis zu Dioramen im Maßstab 1:1.
Die offene Rechnung des Jahres 56?

Aber auch die ital. Buchläden bieten eine recht breite Darstellung des ital. Anteils.

Schwierig dies alles einzuordnen.
 
Ihm zufolge ist es vor Leningrad "ganz schön hergegangen"...

Würde ich als Hinweis auf das halbe Dutzend der schweren Leningrad-Schlachten deuten, die 1942/44 abliefen und mit denen die Rote Armee mehrfach versuchte, den Belagerungsring zu sprengen. (die Division wurde mW in 1943 wieder abgezogen, bekam aber die 1943er Schlachten mit und hatte auch hohe Verluste)
 
Glaube ich nicht. Eine wirkliche Bedeutung hatte die División Azul ja weder für Nazideutschland, noch für Francospanien. Angesichts ihrer geringen Bedeutung findet man aber in den historischen Abteilungen spanischer Buchläden große Bildbände zu ihr.
Vor kurzem kamen einige Bücher zum Thema heraus, früher gab es kaum etwas. Wirklich informativ sind diese Bände aber eher nicht. Der übliche Tenor ist sowieso "wir Spanier waren ja so human und haben uns mit den Russen, im Gegensatz zu den Deutschen ja soooo gut verstanden." So harmlos ist es jedoch anscheinend nicht gewesen, tiefergehende Information ist aber schwer zu finden.

Vor einiger Zeit habe ich die Memoiren eines Mannes gelesen ("Soldado de poca fortuna") aufgezeichnet und geschrieben von seinen Söhnen, Jorge M.Reverte und Javier Reverte) der im Bürgerkrieg auf der "falschen" Seite war, zum Ende hin überlief und danach zur Bewährung bei der División Azul mitmachte. Den Bürgerkrieg erzählte er Akribisch so wie auch die Gründe die ihn zu der División Azul führten. Als es aber um die Erlebnisse bei dieser ging, kriegte der Vater jedoch die Krise und weigerte sich weiter zu erzählen. Ähnliches ist mir schon ein paar mal aufgefallen.

So wenige waren es übrigens nicht. Zwischen 20.000 und 30.000 Mann sind durch diese Einheit gegangen. Nachdem Franco sie dann zurückzog, blieb ein kleiner fanatischer Kern, die "Legión Azul," die in die Waffen SS integriert wurde (Die División gehörte Offiziell zur Wehrmacht). Die Überlebenden gehörten dann mit zu den letzten Verteidigern Berlins.

Als Spanien in die Nato kam gab es noch ein paar Generäle die sich mit Eisernen Kreuz an der Brust zeigten.
 
Der ungarische Beitrag am Ostkrieg findet im ungarischen Heeresmuseum in Budapest eine recht breite Darstellung, bis zu Dioramen im Maßstab 1:1.
Die offene Rechnung des Jahres 56?

Aber auch die ital. Buchläden bieten eine recht breite Darstellung des ital. Anteils.

Schwierig dies alles einzuordnen.


Könnte mir vorstellen, das Stalingrad dabei eine nicht ganz unwesentliche Rolle spielt.

Für die Ungarn dürfte die Schlacht um Budapest ihr Stalingrad gewesen sein.
 
Wir können uns ziemlich sicher sein, dass die Blaue Division mit den "Rojos" nicht besser umgegangen sein wird, als während des Bürgerkriegs in Spanien. Irgendein Zeitgenosse des Bürgerkriegs sagte mal, dass im Bürgerkrieg die Menschen gemäht wurde, wie das Gras bei der Heuernte.
Ein sehr erleuchtendes Bild gibt das Buch von Peter Kemp: "Mine were of Trouble" auf spanisch als "Legionario en España" veröffentlicht. Kemp hat sich, ähnlich wie Orwell aber mit der entgegengesetzten Ideologie, als Freiwilliger bei den "Nacionales" gemeldet. Er war zuerst bei den Karlisten, wurde dann aber zu der Fremdenlegion überstellt, wo er als Leutnant diente.

Einmal war er Zeuge wie ein Soldat mit dem Gewehrkolben auf einen Toten eindrosch. Sein Kommentar zum Soldaten: "Sehen Sie nicht, dass der Mann schon Tot ist?" Antwort: "Doch, Herr Leutnant, aber er hat Goldzähne."

In einer anderen Szene erzählt er, wie ein Deutscher gefangen genommen wird, der bei den Republikanern dient. Ein deutscher Legionär bittet darum, ihn persönlich erschiessen zu dürfen was ihm auch gewährt wird..
 
Besagtes Buch ist ja mittlerweile auch veröffentlicht. Hats schon jemand gelesen? Also ich habe :winke:

(den Rest verkneife ich mir)
 
hehehe....nun wollen wir auch Dein Urteil hören!!!!!!!!:winke:
Schnell und in Summe: sehr lesenswert - die Verhörprotokolle werden nicht nur abgedruckt, sondern fachlich fundiert durchleuchtet und quellenkritisch bearbeitet und zwar sowohl in historischer als auch in psychologischer Hinsicht. Ich bin mir momentan nicht sicher, ob das nur der Begeisterung des Augenblicks geschuldet ist, aktuell würde ich mich aber sogar soweit aus dem Fenster lehnen und sagen, dass das die beste Coproduktion eines Historikers mit einem Psychologen ist, die ich bisher in Händen hielt. Die Veröffentlichung räumt mit so mancher Pauschalverurteilung und so einigen vorschnellen und wenig fundierten Aussagen auf. Detaillierter gibts meine Ausführungen dann spätestens am Wochenende.
 
Schnell und in Summe: sehr lesenswert - die Verhörprotokolle werden nicht nur abgedruckt, sondern fachlich fundiert durchleuchtet und quellenkritisch bearbeitet und zwar sowohl in historischer als auch in psychologischer Hinsicht. ...

Ich habe es bestellt.

Bei dem Spiegel-Artikel erscheint mir einiges fraglich, insbesondere bzgl. der im Artikel ausgewählten Aussagen von Hartwigs (Gefangennahme Ende Dezember 1944) und Solm (offenbar U-48). Ich bin dazu auf das Buch gespannt.
 
Soll ich die Spannung noch etwas steigern, oder am WE einfach alles verraten? :devil:
 
Ich überlege auch, ob ich es noch erstehe.

Wohl am Interessantesten ist denke ich die psychologische Einordnung des Ganzen - aber auch am Problematischsten.
 
Soll ich die Spannung noch etwas steigern, oder am WE einfach alles verraten? :devil:

Spannung steigern wäre nicht schlecht, ... :devil:

Gibt es denn weitere Erläuterungen zu Hartigs und Solm? [ich habe mir die beiden Fälle einfach mal heraus gegriffen, weil am besten recherchierbar]
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielen Dank für die schnelle Aufklärung. Heißa, viermal werden wir noch wach und dann ist Lili`s Enthüllungs-Tach (Bitte keine Roten für den schlechten Reim :nono:, ich übe noch :still:).
 
Ich habe es bestellt.

Bei dem Spiegel-Artikel erscheint mir einiges fraglich, insbesondere bzgl. der im Artikel ausgewählten Aussagen von Hartigs (Gefangennahme Ende Dezember 1944) ...


Um kurz zu erläutern, worum es geht (das Buch ist noch unterwegs).

Zitat aus dem link:
Manche Soldaten sind sogar besonders stolz, wenn sie möglichst viele Zivilisten getötet haben. Der Oberleutnant Hans Hartigs vom Jagdgeschwader 26 berichtet im Januar 1945 von einem Feindflug nach England, bei dem es ausdrücklich darum gegangen sei, "auf alles zu schießen, nur auf nichts Militärisches". "Wir haben Frauen und Kinder mit Kinderwagen umgelegt", berichtet der Offizier mit Genugtuung.

Was ich dazu herausgefunden habe:

Hans Hartigs kam Ende Juli 1943 mit einer großen Gruppe junger Piloten von der Flugschule zur I./Jagdgeschwader 26 (-> Caldwell, The JG 26 War Diaries, Vol. II, S. 131 - dort 2. Staffel/JG 26), da der Verband nach Einsatz an der Ostfront 1943 und anschließend "Reichsverteidigung" auf 40% seiner Sollstärke abgesunken war.

Der Verband war den Rest des Jahres 1943 weiter in der Reichsverteidigung eingesetzt, keine Einsätze gegen England. Seinen ersten Abschuss erzielte Hartigs im Jan44, eine P-38 bei Saarbrücken. Es folgten 5 oder 6 weitere, bis Hartigs am 26.12.1944 von einer Mustang der 361st FG im Raum Dinant-Liège abgeschossen wurde und in Gefangenschaft geriet, als er mit dem Fallschirm abgespringen konnte. Dazu passt das Datum Januar 1945 mit dem Abhörprotokoll. Einsätze 1944 der I./JG26 über England habe ich keine gefunden, ebensowenig Abschuss- oder Verlustmeldungen aus dem Raum.

Die im Westen eingesetzten Verbände an Jagdmaschinen (iW Teile JG 2 und JG 26) kamen 1943/44 nur zu einzelnen Vorstössen über den Kanal, bzw. kurzen Vorstössen in die Biskaya. Der englische Luftraum konnte wegen der alliierten Luftüberlegenheit, wenn überhaupt, nur nachts u.a. von Kampfverbänden, angeflogen werden.

Ein Erklärungsversuch: möglicherweise bezieht sich Hartigs bei dem Gespräch auf die so genannten "Baedeker-Angriffe" 1942 gegen Bath, Canterbury etc. Der Begriff bezieht sich auf die angebliche Zielauswahl nichtmilitärischer Objekte aus dem England-Baedeker (was wohl so nicht richtig ist), offiziell als Vergeltung für den Bombenangriff auf Lübeck.
Baedeker Blitz ? Wikipedia

Einsätze von Hartigs vor Juli 1943 habe ich nicht gefunden. Vor seiner Dez44 Gefangennahme nahm er gut 18 Monate an zahlreichen Luftschlachten im Westen und in der s.g. "Reichsverteidigung" teil. Berichte findet man noch zu seinem hasardeurartigen Flugstil, der dem Rotten-Kollegen häufig nicht das Folgen und Anhängen ermöglichte.

Nun bin ich auf den erläuternden Hinweis gespannt.
 
Ich habe es jetzt auch und bin ziemlich neugierig. Trotzdem werde ich erst einmal mein derzeitiges Buch beenden.
 
So, nachdem bereits mit platzen gedroht wurde, der Zeitpunkt nochmal nachverhandelt werden wollte und thanepower aus purer Verzweiflung anfängt zu reimen (hat was von Pumuckl, daher :yes:) und dabei entweder den Kalender aus den Augen verloren, oder aber direkt das Zählen verlernt hat, verrate ich jetzt endgültig den Schluss, ha!
Sönke Neitzel & Harald Welzer, im Dezember 2010
:p

Wie versprochen, mein ausführlicher Bericht zum (verlängerten) Wochenende:

Die grundsätzliche Problemstellung bei historischen Begebenheiten ist, dass Ereignisse an heutigen Maßstäben gemessen werden, sei es nun bewusst oder unbewusst. Die tatsächliche Wahrnehmung der damals Betroffenen, also wie wurde was erlebt, wie wurde welches Ereignis zeitgenössisch beurteilt, bleibt oft Spekulation bzw. bleibt auf wenige erhaltene Einzelaussagen reduziert. Mit dem Auffinden der Abhörprotokolle wurde das Kriegserleben des "namenlosen" Soldaten im 2. Weltkrieg auf einer breiteren Ebene nachvollziehbar. Allerdings ist es nicht so einfach, wie man glauben mag, nämlich wenn da "Spaß machen" steht, meinen die auch "Spaß machen", sondern auch hier spielen selbstverständlich die komplette Breite der Wirkmechanismen der menschlichen Kommunikation eine Rolle. Hinzu kommt, dass die Wahrnehmung der Soldaten, deren Aussagen in den Abhörprotokollen dokumentiert wurden, eine andere war, schlicht weil sie in einer anderen Zeit mit anderen Rahmenbedingungen lebten. Und genau das, das Herstellen dieser Nachvollziehbarkeit der Aussagen der Soldaten für den heutigen Leser hat sich das interdiszilinäre Projekt rund um Neitzel und Wehler zum Ziel gesetzt. Hierfür arbeiten die beiden mit der Methode der so genannten Referenzrahmenanalyse, die, wie viele sozialpsychologische Methoden online nicht wirklich sauber erklärt wird, daher umreiße ich direkt hier mal kurz, was sich dahinter verbirgt:

Ein Referenzrahmen ist grundsätzlich der Deutungsrahmen den wir alle nutzen um Vorfälle einzuordnen, Aussagen zu interpretieren etc. Grundsätzlich unterscheidet man vier Ebenen des Referenzrahmens. Der Referenzrahmen erster Ordnung wäre der soziokulturelle Hintergrund (also quasi der Kulturkreis), der Referenzrahmen zweiter Ordnung lässt sich in einer Steigerung dazu zeitlich eingrenzen, zum Beispiel auf "das Dritte Reich", der Referenzrahmen dritter Ordnung beschränkt sich auf konkreten soziokulturellen Geschehenszusammenhang ("der Krieg") und der Referenzrahmen vierter Ordnung stellt die personeninhärenten Bedinungen der Wahrnehmungsinterpretaion dar. Neitzel und Welzer weisen zwar darauf hin, dass man die Erläuterungen zur Theorie der Referenzrahmenanalyse auch überspringen könne, ich glaube aber, dass sich Nichtpsychologen schwer tun, die folgenden Ausführungen der beiden zu verstehen, ohne das Kapitel zur Methodik gelesen zu haben. (Mag sein dass ich dabei auch falsch liege, vielleicht probierts einfach mal einer? :winke:)

Ok, aber jetzt wieder zurück zu meiner Buchbesprechung. Nach einem allgemeinen Darstellen der Referenzrahmen "Drittes Reich" und "Krieg" werden mittels der Referenzrahmenanalyse die Aussagen der Soldaten in den entsprechenden Geschehenszusammmenhang eingeordnet und im folgenden nach Kernthemen (bspw. "Jagd", "Spaß", "Führerglaube" usw.) geclustert entsprechend ausgewertet.

Es geht also nicht um eine artreine historische Darstellung oder gar nur um eine Quellensammlung, sondern vielmehr um die Rekonstruktion der Erlebens- und Wahrnehmenswirklichkeit eines Soldaten im zweiten Weltkrieg, was wiederum dazu dient ihr Entscheidungsverhalten zu ergründen, also Mentalitätsgeschichte abbildet.

Leider geht genau das, nämlich die eigentliche Zielsetzung des Buches, im Spiegelartikel etwas unter. Dort werden zwar (die delikatesten) Auszüge aus den Abhörprotokollen zitiert, dabei allerdings aus dem Sinnzusammenhang des Buches gerissen ohne im weiteren darauf einzugehen, was die Zielsetzung von Neitzel und Welzer ist. Wer das Buch der beiden also nicht liest, sondern nur den Spiegelartikel kennt, bei dem wird genau das Gegenteil erreicht, was eigentlich Zielsetzung des Buches ist, nämlich den konkreten Sinnzusammenhang der Aussagen zu verstehen.

"Soldaten - Protokolle vom Kämpfen Töten und Sterben" ist trotz aller Wissenschaftlichkeit der Vorgehensweise für den psychologischen und historischen Laien geschrieben worden und daher wirklich sehrsehr verständlich. Den eigentlichen Studienbericht zur interdisziplinären Studie "Referenzrahmen des Krieges - ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zu Wahrnehmungen und Deutungen von Soldaten der Achsenmächte, 1939 - 1945" gibts noch dieses Jahr unter dem Titel "Der Führer war wieder viel zu human, viel zu gefühlvoll" (Welzer, Neitzel, Gudehus), dann wirds nochmal eine Spur spannender, weil dann auch die Abhörprotokolle der italienischen Soldaten mehr Berücksichtigung finden, die mentalitätsgeschichtliche Ausrichtung damit internationaler wird und dann auch die Wahrnehmungsmuster mit den soziographischem Profil der Soldaten in Verbindung gebracht werden (die amerikanischen Abhörprotokolle wurden um entsprechende Daten der abgehörten Soldaten ergänzt, so dass diese zusätzliche Analyse möglich ist).
 
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